Kapitel 23
Es war ruhig zwischen Macaulay und mir, während wir uns abwechselnd, manchmal auch gleichzeitig, die Löffel voller Ralston Cookie Crisps in den Mund schoben.
Mein Herz hatte sich inzwischen beruhigt, aber ich spürte immer noch, wie die Luft zwischen uns vibrierte.
Von Zeit zu Zeit, hob ich meinen Kopf und mein Blick fiel auf sein Halstattoo, das sich jedes Mal wenn er kaute bewegte. Die feinen, schwarzen Linien waren zu einem Muster verwoben. Dicht schlängelten sie sich um seinen Hals.
Mein Blick fiel auf etwas, das in dem Muster verwoben war. Wenn man genauer hinschaute erkannte man einen Buchstaben, dicht gefolgt von einer Zahl und einem weiteren Buchstaben. Sie waren kaum von dem Muster zu unterscheiden, vermischten sich mit den anderen, schwarzen Linien.
F-15E.
Sein Blick war komplett auf seine Schüssel gerichtet, während die Rädchen in meinem Kopf sich zu drehen begannen.
F-15E? F-15E?
Ich wusste nicht, was es mit dieser Buchstabenfolge auf sich haben konnte.
Vielleicht war es das Geburtsdatum von einer Person, die wichtig für ihn war?
Vielleicht gab es eine Frau in seinem Leben?
Emma, vielleicht?
Und diese Emma hatte am 15 Februar Geburtstag?
Ich sah, wie er plötzlich seinen Kopf hob und mich dabei erwischte, wie ich ihn anstarrte. So schnell ich konnte ließ ich meinen Blick wieder auf meine Schüssel wandern, griff nach meinem Löffel und kratzte die letzten Reste Ralston Cookie Crisps aus meiner Schüssel.
Ich spürte, dass er mich immer noch anschaute, aber traute mich nicht, noch einmal nach oben zu schauen. Normalerweise trank ich die Milch aus meiner Schüssel, aber stattdessen ließ ich sie vor mir stehen.
Ich hob meinen Kopf erst wieder, als ich mir sicher war, dass sein Blick nicht mehr auf meinem lag.
Er war gerade ebenfalls dabei seine Schüssel zu leeren. Der Verband an seinem unteren Hals spannte sich, als er schluckte.
Nachdem er zu Ende gegessen hatte, schob ich den Stuhl vorsichtig zurück, das Geräusch ließ mich erschrocken zusammenzucken. Es war so still in der letzten Stunde zwischen uns gewesen, dass ich nun das Gefühl hatte, jemand hätte eine Motorsäge angelassen.
Ich stand auf, lief um den Tisch herum und griff ganz selbstverständlich nach seiner Schüssel, um sie abzuspülen, doch stattdessen spürte, ich wie seine Hand meinen Unterarm kurz berührte.
„ Lass mich das machen. Geh schlafen, Taylor."
Seine Stimme war noch immer heiser, sein Ton hatte die Härte, die sie normalerweise besaß, wenn er mit mir redete, vollkommen verloren.
Ich schluckte, nickte jedoch und ließ die Schüssel wieder sinken.
Mein Blick fiel auf den Verband an seinem Hals und das Pflaster auf seiner Stirn um sicherzugehen, dass seine Wunden nicht wieder anfingen zu bluten.
Als ich mir sicher war, machte ich einen Schritt zurück und zupfte an meinem Tuturock, den ich immer noch trug, da ich damit auf der Couch eingeschlafen war.
„ Dann... ähhm ...geh ich jetzt mal schlafen.", murmelte ich vor mich hin, mein Blick war auf den Boden gerichtet, als ich mich umdrehte und im Inbegriff war die Küche zu verlassen.
Als ich schon fast an der Tür angekommen war, hörte ich plötzlich seine tiefe Stimme durch die Küche dringen. Sie war leise und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass ich sie mir nur eingebildet hatte.
„ Schlaf gut Taylor."
***
Als ich aufwachte, war es bereits Vormittag. Die Sonnenstrahlen schienen durch das Fenster des Wohnzimmers und blendeten mich.
Ich richtete mich in meinem Bett auf, streckte mich und gähnte.
Mein Blick fiel auf die Tür am anderen Ende des Zimmers. Sie war verschlossen, so wie sie es immer war.
Die Wohnung war still, einzig allein die Geräusche von fahrenden Autos rauschten an mein Ohr.
Ich schob meine Bettdecke zurück und lief barfuß über den Boden zu der verschlossenen Tür.
Ich spähte für einen kurzen Moment nach links und rechts, bevor ich mich auf meine Zehenspitzen stellte und mein Ohr an die Tür legte und horchte.
Auf der anderen Seite der Tür, war es komplett still.
Eine kleine Welle von Enttäuschung durchdrang meinen Körper, als ich einen Schritt zurück trat und auf die verschlossene Tür vor mir starrte.
Er war verschwunden.
Schon wieder.
Ich lief zurück zur Couch und entschied mich dazu erst einmal ein ausgiebiges Bad zu nehmen.
Als ich jedoch dabei war das Wasser einzulassen, realisierte ich, dass Macaulay keinerlei Badezeug in seiner Wohnung hatte. Schließlich griff ich zu einer dunklen Flasche die auf dem Baderand stand und spritzte ein paar Spritzer davon in das Wasser.
Die nächste halbe Stunde war dermaßen erholsam, dass ich fast einschlief so entspannten sich meine Muskeln.
Es war das erste Mal seit Wochen, dass ich mich richtig entspannen konnte.
Der Duft von Macaulauy's Shampoo umhüllte mich, als ich aus der Badewanne stieg und nach einem schwarzen Handtuch griff. Ich hüllte meinen Körper in das riesige Handtuch, ließ das Wasser ab und lief auf nackten Sohlen in das Wohnzimmer.
Die Wohnung war noch immer leer, der Himmel war inzwischen ein wenig wolkiger geworden und es sah aus, als ob es bald regnen würde.
Das Wetter in Edinburgh war unvorhersehbar. Das hatte ich in der kurzen Zeit, in der ich hier lebte schon erkannt. In der einen Sekunde schien die Sonne, während sich in der nächsten plötzlich dunkle Wolken über einem aufbrauten, darauf wartend, sich in Strömen über dir zu ergießen.
In den nächsten zehn Minuten fing ich an, die Kleidung in meinen Kartons zu ordnen. Da ich keinen Schrank hatte, in die ich sie packen konnte, blieb mir nichts Anderes übrig, als irgendein Ordnungssystem in meine Kartons zu bringen.
Schließlich hielt ich einen blauen Latzrock in der Hand, gepaart mit einer roten Strumpfhose, einem roten Pullover und rot-weiß gestreiften Kniestrümpfen. Als ich alles angezogen hatte, lief ich mit meinem mitgebrachten Föhn ins Badezimmer und fing an mir die Haare ausgiebig zu föhnen.
Nach einer fast Dreiviertelstunde war ich fertig, die Locken standen wild von meinem Kopf ab.
Ich zog die Nase kraus, als ich in mein Spiegelbild blickte und wünschte mir abermals, ich hätte die glatten Haare meines Vaters geerbt, statt die meiner Mutter. Stattdessen hatte mein Bruder Luke, all die guten Haargene geerbt.
Ich seufzte, während ich mir die Haare zu einem Zopf flocht und ihn mit einem Haargummi befestigte. Dann knipste ich das Licht aus, lief erneut ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an.
Nachdem ich durch ein paar Sender geschaltet hatte blieb ich bei MTV hängen, drehte den Fernseher ein bisschen lauter und entschied mich mir erst einmal etwas zum Frühstück zu machen.
Zwei Stunden später saß ich auf der Couch, meine linke Hand vor mir ausgestreckt, während ich mir die Nägel rot lackierte.
Ich sang lautstark zu Justin Bieber mit, der nun im Hintergrund lief. Mein Fuß wippte auf und ab, während die Stimme von Justin mich erfüllte. Ein Lächeln trat auf mein Gesicht, als Justin davon sang, dass er der Eine sei.
Ich war gerade mit der einen Hand fertig und begab mich konzentriert zu der nächsten Hand, da zuckte ich erschrocken zusammen.
Der Pinsel verrutschte und ich hatte Nagellack auf meiner Hand verteilt.
Schritte hallten durch den Raum und als ich meinen Kopf hob, sah ich wie Macaulay durch den Raum lief.
Auf einmal war es mir unendlich peinlich, wie Justin im Hintergrund sang.
Ich richtete mich schnell auf, griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.
„ Ähm.. Hallo.", presste ich hervor, bekam jedoch keine Antwort von Macaulay.
Sein Auge hatte inzwischen eine dunkle Farbe angenommen, das Pflaster auf seiner Stirn war abgerissen, ebenso der Verband an seinem Hals.
Ich konnte die Wunde auf seiner Stirn erkennen. Inzwischen hatte sich eine leichte Kruste darauf gebildet.
Macaulay lief an mir vorbei, öffnete seine Tür und schloss sie hinter sich.
Perplext starrte ich auf die verschlossene Tür vor mir.
Keine Sekunde später drang ein aggressiver Rap Song aus seinen Lautsprechern.
Ein Stich fuhr kurz durch meinen Körper.
Ich versuchte die aufkeimenden Gefühle in meinem Körper zu ignorieren, in dem ich mir mein Nagellackfläschen schnappte und damit anfing mir die Nägel erneut zu lackieren.
In den nächsten Stunden hatte ich mehr „ fuck you's", „ hoes" und „nigga's" gehört, als in meinem gesamten Leben.
Das Buch, das ich mir auf dem Flug nach Edinburgh gekauft hatte und das ich eigentlich noch zu Ende lesen wollte, lag neben mir. Es war einfach zu laut zum Lesen und ich konnte mich nicht konzentrieren. Stattdessen lag ich auf der Couch und starrte die Decke an.
Meine Gedanken schweiften immer wieder ab, mein Blick fiel auf seine verschlossene Tür und nicht zum ersten Mal, versuchte ich Macaulay zu entziffern.
Er war wie ein Schloss, für das man noch nicht den richtigen Schlüssel hatte und wenn man glaubte man hätte den Richtigen gehabt, entpuppte er sich doch als der Falsche.
Aber erst, nachdem das Schloss sich ein wenig öffnen ließ.
Ich wusste nicht, wie lange ich auf der Couch gelegen hatte, aber irgendwann verstummte die Musik.
Es hatte draußen allmählich angefangen zu dämmern. Ich stützte mich auf meine Ellenbogen und starrte auf die Tür.
Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich einfach zu seiner Tür laufen sollte. Stellte mir vor, wie es wohl wäre, wenn ich anklopfen würde.
Würde er mich wohl reinlassen?
Meine Gedanken drifteten ab, ich sah seine braunen Augen vor mir die sich in meine bohrten, in meiner Fantasie trug er seinen dunkelgrauen Kapuzenpullover.
Das Knarzen seiner Tür ließ mich zusammenschrecken.
Ich richtete mich auf, mein Blick fiel auf Macaulay, der aus seinem Zimmer lief und nun auf ein schwarzes Paar Boots zulief, sich bückte und sich diese überzog.
Mein Atem stockte, als meine Augen seinen Körper entlangwanderten.
Er trug eine schwarze Hose und ein hellgraues Hemd. Der ordentliche Kragen verdeckte die Unterseite seines Halstattoos, darüber trug er eine passende schwarze Krawatte und eine schwarze Lederjacke.
Als er sich von seinen Schuhen aufrichtete, konnte ich kurz etwas Goldenes an seinem Kragen aufblitzen sehen. Doch bevor ich einen näheren Blick darauf erhaschen konnte, hatte er sich bereits umgedreht und lief in Richtung der Tür.
Kein einziges Mal, drehte er sich um, als er zur Tür lief und auch, als er die Tür öffnete richtete er kein einziges Wort an mich.
Ich versuchte den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken, als er mich weiter ignorierte und die Tür hinter sich zuzog.
Nach ein paar Minuten hörte ich den Motor seines Camaro aufheulen. Ich konnte nicht anders, als aufzustehen und ans Fenster zu laufen.
Als ich nach unten schaute, sah ich , wie der Camaro um die Ecke fuhr, bevor er verschwunden war.
Der Gedanke, dass ich nun wieder alleine war, schoss mir in den Kopf.
Mein ganzes Leben war ich es gewohnt alleine zu sein, doch zum ersten Mal, wünschte ich mir einen richtigen Freund.
Ich lief zurück zu der Couch, schnappte mir wieder die Fernbedienung und schaltete den Fernseher an.
Macaulay blieb den ganzen Abend weg.
Es war bereits Mitternacht, als er wieder kam.
Ich hatte mich schon schlafen gelegt, als sich die Haustür öffnete.
Ich hörte seine Schritte, die durchs Wohnzimmer liefen und kurze Zeit später seine Tür, die sich hinter ihm schloss.
Eine Weile später ging das Licht wieder an.
Ich drehte mich auf den Bauch und presste mein Gesicht in die Kissen.
Am nächste Morgen, war die Tür von Macaulay immer noch verschlossen.
Mein Blick fiel auf die Uhr, die mir sagte, das es zehn Uhr war. Ich blieb für einen kurzen Moment liegen und horchte, ob ich alleine war. Es war komplett still.
Ich warf die Bettdecke zurück, lief ins Badezimmer und spritzte mir Wasser ins Gesicht. Mein Blick fiel auf mein Spiegelbild. Meine Haare standen wild von meinem Kopf ab, mein Gesicht war zerknittert. Ich zog die Ärmel meines pink gepunkteten Schlafanzuges, die hochgerutscht waren, wieder herunter und knipste das Licht aus.
Ich war gerade im Inbegriff in die Küche zu laufen und mir etwas zum Frühstück zu machen, da erfüllte plötzlich das laute Geräusch der Klingel die Wohnung. Ich zuckte zusammen und blieb wie angewurzelt stehen. Ich starrte auf die Tür, als ein erneutes Klingeln durch die Wohnung drang.Es konnte unmöglich für mich sein. Ich hatte keine Freunde, die mich besuchen kommen konnten. Also musste es für Macaulay sein. Was bedeutete, dass dieser da sein musste....
Als ob er seinen Namen in meinen Gedanken gehört hatte, öffnete sich plötzlich seine Tür und hinaus trat ein etwas verschlafend aussehender Macaulay. Er trug eine Jogginghose und seinen dunkelgrauen Kapuzenpullover.
Ich hatte das Gefühl, als ob sein Auge über Nacht noch ein wenig mehr angeschwollen war.
Das Klingeln an der Tür hörte nicht auf, während Macaulay, ohne mich zu beachten, zur Tür lief. Er betätigte den Türöffner und keine Sekunde später nahm ich schwere Schritte wahr, die die Treppenstufen hinaufliefen.
Macaulay war so groß, dass sein Körper komplett den Türrahmen erfüllte und er mir somit die Sicht nahm. Erst als ich seine Stimme hörte, fand ich heraus, wer sich an der Tür befand. Er begrüßte Macaulay mit einem Handschlag, bevor ich seine Worte vernahm.
„ Hey, ist Ella da?"
Bei meinem Namen spürte ich, wie ich rot wurde.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich immer noch meinen Schlafanzug anhatte.
Macaulay musste nur genickt haben, denn keine Sekunde später sah ich ihn einen Schritt zurück gehen und Aiden auf mich zukommen. Sein Blick wanderte belustigt meinen Körper herunter und ich hatte das Bedürfnis mich zu verstecken.
„ Nettes Outfit", er zog seine Augenbraue hoch, in seinen Augen lag der Schalk.
Ich spürte wie ich erneut rot wurde.
„Ich bin gerade erst aufgestanden."
„Das seh ich", erwiderte er belustigt, als er auf mich zukam und mich in eine Umarmung zog.
Über seine Schulter hinweg, fing ich gerade noch den Blick von Macaulay auf, bevor dieser sich ertappt von uns abwand.
Aiden löste seine Umarmung und schaute mich aus seinen dunkelgrünen Augen, lächelnd an.
„ Der gute alte Macaulay hier, gibt dir heute frei, damit du auf ein weiteres Date mit mir gehen kannst. Nicht wahr?", er wand sich zu Macaulay aus dessen Miene ich allerdings nichts schließen konnte.
„ Ich dachte, dass ich dir Edinburgh vielleicht ein bisschen zeige."
Aiden lächelte mich an und zwinkerte mir zu.
Ich warf einen unsicheren Blick auf Macaulay, was definitiv ein Fehler gewesen war, denn seine dunklen Augen blickten derart intensiv in meine, dass mir für einen kurzen Moment die Luft wegblieb.
Sein Blick hielt meinen stand, als sein Mund sich öffnete und seine dunkle Stimme den Raum erfüllte.
„ Möchtest du das Taylor?"
Seine Stimme war tief und kratzig und nicht zum ersten Mal verursachte sie eine Gänsehaut auf meinem Körper.
Ich schluckte, während seine braunen Augen nun auf meinen lagen. Es war ein derart intensiver Blick, bei dem die Wärme meinen Körper hinaufkroch.
Ich räusperte mich und wand meinen Blick von ihm ab.
„ Ja", presste ich leise hervor, mein Blick war auf den Boden gerichtet, damit er nicht sehen konnte, wie sehr mich sein Blick durcheinandergebracht hatte.
Macaulay musste nur genickt haben, denn Aiden's Stimme hallte durch die Wohnung.
„ Danke, Alter."
Ich hob meinen Kopf und sah noch dabei zu, wie Aiden sich mit einem Handschlag bei ihm bedankte.
„ So sehr ich deinen Pyjama mag Cinderella, aber ich glaube du solltest etwas Anderes anziehen"
Er zwinkerte mir locker zu und auf einmal fühlte ich mich sichtlich unwohl in meiner Haut. Macaulay stand noch immer neben Aiden und ich konnte förmlich seinen Blick auf mir spüren.
„ Ähhm.. Ja stimmt...", presste ich stammelnd hervor.
„ Ich .. ich glaube ich ziehe mir mal eben etwas Anderes an. Warte hier.", ich warf die Hand hoch und deutete auf die Couch, so als ob Aiden weglaufen könnte.
Ich lief so schnell ich konnte zu meinen Kartons und nahm mir die erstbesten Sachen heraus. Dann lief ich ins Badezimmer, warf mir ein rosanes Oberteil mit Glitzer über und eine schwarze Hose. Ich warf einen kurzen Blick in den Spiegel, nahm meine Haare zusammen und machte mir einen Zopf.
Nachdem ich mir in Windeseile die Zähne geputzt hatte, verließ ich das Badezimmer und traf Aiden und Macaulay an, die dicht beieinander standen und sich flüsternd unterhielten.
„ ... Übung... ... ziemlich blaues Auge... rausgeschmissen."
Aiden's Stimme hallte durch den Raum, verstummte jedoch sofort als ich den Raum betrat.
„ Du hast einen sehr außergewöhnlichen Kleidungstil Cinderella. Das muss ich schon sagen"
Aiden lachte, als er mein glitzerndes Oberteil in sich aufnahm, das ich mir selber genäht hatte.
„Kannst du mir Tipps geben, wo ich auch so originelle Outfits bekomme?"
Er lachte und ich wusste, dass es eigentlich als ein Scherz gemeint war, aber irgendwie trafen mich seine Worte.
„ Sie näht", unterbrach ihn Macaulay knapp, aus den Augenwinkeln sah ich, dass seine Augen auf mich gerichtet waren.
„ Du nähst?"
Aiden's Stimme klang erstaunt.
„ Du meinst so richtig mit einer Nähmaschine und Allem ? "
Ich biss mir auf die Lippe und nickte.
„ Ist ja cool."
Aiden's Stimme klang unbegeistert, als er sich seine Jacke nun wieder überzog und darauf wartete, dass ich mir ebenfalls meine Jacke überwarf.
„ Ich glaub das letzte Mal, als ich so etwas gesehen hab, war bei meiner Grandma. Ich wusste garnicht, dass so etwas noch modern ist. Du etwa Macaulay?"
Seine braunen Augen lagen immer noch auf meinen, als sich sein Mund öffnete.
„ Ay."
Ich erschauderte bei dem tiefen schottischen Laut, den er von sich gab.
„ Na dann hab ich wohl was verpasst."
Aiden zuckte mit den Schultern, während er wieder nach meiner Hand griff.
„ Dann lass uns mal loslegen, Cinderella. Du weißt die Kutsche verwandelt sich um Mitternacht wieder in einen Kürbis."
Er zwinkerte mir zu und ich kicherte.
„ Bis später Mann! Und stell keine Dummheiten an"
Er klopfte Macaulay ein letztes Mal auf die Schultern, bevor er mich hinter sich durch die Tür zog.
Unten angekommen hielt Aiden die Tür seines Range Rovers für mich offen. Ich kletterte in ihn hinein und wartete darauf, dass er den Motor startete. Die Inneinrichtung war komplett neu, alles glänzte und der Geruch von Putzmittel drang mir entgegen.
Nachdem Aiden den Motor gestartet hatte, machte er das Radio an. Rapmusik lief aus den Lautsprechern, als er den Wagen aus der Parkbox manövrierte und losfuhr.
Auf der ganzen Fahrt unterhielten wir uns. Aiden erzählte mir Geschichten von ihm und seiner Schwester, während ich ihm Geschichten von meinem Bruder erzählte. Ab und An, spürte ich wie seine Hand meine streifte. Jedes Mal, wenn er das tat, kam dieses vertraute Gefühl in mir hoch . Dieses Gefühl, das ich immer dann gehabt hatte, wenn ich in der Nähe von Drew gewesen war. Es war gleichzeitig merkwürdig aber auch schön dieses jetzt mit Aiden fühlen zu können.
Nach einer Weile fuhren wir in die Stadt und Aiden fand schnell einen Parkplatz, auf dem er seinen Wagen abstellen konnte. Verwundert zog ich die Augenbrauen hoch.
„Wie hast du so schnell einen Parkplatz gefunden?"
Aiden lachte und nahm meine Hand in seine.
" Cinderella, ich leb mein Leben lang schon hier. Natürlich weiß ich dann auch wo ich parken kann." , er lachte, bevor er mir mit seinem Finger über die Nase stupste.
„ Also was willst du als Erstes anschauen?"
Ein paar Stunden später, war ich so viel gelaufen und Bus gefahren, wie noch nie in meinem Leben. Wir hatten fast alle wichtigen Sehenswürdigkeiten abgeklappert vom Calton Hill bis zum Arthurs Seat. Meine Füße taten weh, als ich mich stöhnend in den Sitz der Straßenbahn fallen ließ.
Es war inzwischen dunkel draußen, während wir vom Arthurs Seat zurück zu dem Parkplatz fuhren auf dem sich Aiden's Wagen befand. Ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen und hatte deshalb schrecklichen Hunger. Aiden schien dies nicht zu stören.
„ Hattest du Spaß?" unterbrach plötzlich Aiden's Stimme meine Gedanken.
Ich schreckte auf und schaute auf sein Gesicht, dass sich mir gegenüber befand.
„ Ja." ich unterdrückte ein Gähnen, in dem ich mir die Hand vor den Mund hielt.
„ Ich glaub Cinderella hat zu viel die Nacht durchgemacht." witzelte Aiden, während ich die Augen verdrehte.
Die Stimme in der Straßenbahn signalisierte uns das wir angekommen waren. Ich stand auf und trottete Aiden aus der Bahn hinterher. Als wir wieder vor seinem Auto standen hielt er mir die Tür auf. Ich kletterte in den Wagen und wartete darauf, dass er ebenfalls in den Wagen stieg. Nachdem wir beide angeschnallt waren fuhr Aiden los. Es war eine ruhige Fahrt, keiner von uns beiden sprach, was vermutlich auch daran lag, dass ich ziemlich müde war.
Nach zwanzig Minuten hatten wir das Haus von Macaulay erreicht. Licht brannte in seiner Wohnung und ich spürte wie die Nervosität in mir hochstieg.
„ Das war ein echt schöner Tag, Ella." hörte ich Aiden plötzlich ernst sagen.
Seine dunkelgrünen Augen waren auf mich gerichtet.
„ Ich hatte echt sehr viel Spaß." seine Stimme klang sanft, während er seine Hand ausstreckte und mir übers Gesicht streichelte.
Die Geste fühlte sich vetraut an und ich lächelte ihn an.
„ Ich auch."
Bei meinen Worten sah ich, wie sich ebenfalls ein Lächeln auf Aiden's Gesicht stahl.
„ Du weißt, dass ich liebend gerne noch weiter mit dir reden würde, aber meine Schwester wartet zu Hause und wenn ich zu spät komme, macht sie sich Sorgen."
Ich nickte und schnallte mich ab.
„ Ich weiß Aiden. Du bist ein guter Bruder."
Ich lächelte ihn an und wandte mich zu der Tür.
„ Wir sehen uns morgen."
Ich öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen.
„ Ella?" hörte ich plötzlich Aiden hinter mir rufen.
Ich drehte mich noch mal um und sah, dass sein Körper sich über den Sitz gelehnt hatte.
„ Komm noch mal her." er winkte mich mit seinem Zeigefinger zu sich und ich spürte, wie sich die Röte in meinem Gesicht ausbreitete.
Dann umfasste er mein Gesicht mit beiden Handflächen und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„ Schlaf gut, Cinderella." er zwinkerte mir ein letztes Mal zu, als ich mich von ihm loslöste.
Der Kuss hatte sich schön angefühlt. Fast zu schön.
Ich seufzte, als ich mit einem leichten Sprung im Schritt die Treppenstufen zu Macaulay's Wohnung hochlief. Oben angekommen, steckte ich den Schlüssel ins Schlüsseloch und öffnete die Tür.
Mein Blick fiel auf Macaulay, der auf der Couch saß und sich einen Kriegsfilm anschaute. Ich wusste nicht, ob ich ihn grüßen sollte oder nicht, weshalb ich es vorsichtshalber sein ließ. Stattdesse zog ich mir meine Jacke und Schuhe aus und lief in die Küche auf der Suche nach etwas zu Essen.
Als ich die Küche betrat, war mein Blick dermaßen auf den Kühlschrank fokussiert, dass ich sie zunächst erst garnicht wahrnahm. Erst, als ich den Kühlschrank schon geöffnet hatte, sprangen meine Augen, wie ein Gummiband zurück und ich starrte unglaublich die türkisene Nähmaschine an, die auf der Küchentheke stand.
Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus, als ich die Nähmaschine, die ich in dem kleinen Laden gesehen hatte, in mich aufnahm.
Ehrfürchtig streckte ich meine Hand aus und wanderte mit meinen Fingerspitzen über die glatte Oberfläche. Macaulay war der anonyme Käufer gewesen.
Plötzlich spürte ich, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich schluckte und wischte sie mir unter meinen Augen weg. Dann trugen mich meine Füße, wie von selbst durch die Wohnung.
Als ich ins Wohnzimmer kam, hatte Macaulay bereits den Fernseher ausgemacht. Er stand am Fenster, hatte seinen Rücken zu mir gekehrt und starrte nach draußen auf die Straße. Bei meiner Stimme drehte er sich um, seine braunen Augen lagen auf meinen.
„ Danke, Macaulay.. Sie ist.." ich schluckte, meine Stimme brach ab.
„ Sie .. sie ist..."
Macaulay hatte sich inzwischen von der Wand losgelöst und schaute mich nun eindringlich mit seinen braunen Augen an. Wärme durchflutete meinen Körper und zum ersten Mal, sah ich Macaulay nicht mehr als diesen harten Kerl an.
Und dann konnte ich nicht anders. Ich lief in ein paar Schritten auf Macaulay zu, schlang meine Arme um seine Taille und legte meinen Kopf unterhalb seiner Brust ab.
„ Sie ist wunderschön. Danke."
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Sorry, dass ich solange kein Update mehr gemacht habe, aber irgendwie hat mich ein bisschen der Mut verlassen...
Ich hoffe das Kapitel gefällt euch trotzdem:)
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