Kapitel 17
Ich schluckte, als seine Worte endlich in meinem Gehirn ankamen. Seine dunklen Augen lagen auf meinen, wie die Augen eines Jägers auf seiner Beute. Ein Gefühl der Hilfslosigkeit stieg in mir hoch, als ich über seine Schultern in das Zimmer spähte. Die Matratze auf der ich geschlafen hatte, war umgeworfen worden, in der Mitte befand sich ein messertiefer Schnitt, aus dem die Federn hervorquollen. Ein paar kaputte Geräte waren umgeworfen worden, der Schrank in dem ich mein Geld aufbewahrte war ausgerissen, die Dose in der sich die Scheine befanden, lag zerquetscht auf dem Boden. Keine Scheine mehr in Sicht. Mein Körper fing an zu zittern und mir wurde schlecht. Aus den Augenwinkeln sah ich etwas Rotes an der Wand. Wie in Trance machte ich einen Schritt nach vorn, stellte mich auf meine Zehenspitzen, um genauer über seine Schultern blicken zu können. Ein Arm griff nach meinem und ich wurde grob wieder auf meine Füße gezogen. „ Taylor." warnte mich Macaulays tiefe Stimme, doch die Warnung kam zu spät. Ich hatte bereits die roten Worte gesehen, die an die Wand des Zimmers gesprüht worden waren. Schlampe. Übelkeit stieg in mir hoch und ich spürte, wie die Tränen sich in meinen Augen sammelten. Ich presste meine Lippen aufeinander und schluckte meine Tränen herunter. „ I...Ich will nicht bei dir wohnen." presste ich zwischen meinen bebenden Lippen hervor und versuchte meine Stimme nicht allzu weinerlich klingen zu lassen. Verdammt! Ich war 24 und keine 17 mehr! Ich griff mit zitternden Händen nach meiner Tasche und wühlte in ihr herum, auf der Suche nach meinem Handy. Meine Finger zitterten, als ich mein Telefonbuch öffnete und nach der Nummer von Drew suchte. Es tat in meinem Herzen weh, ihn wieder anrufen zu müssen. Dennoch wusste ich, dass er mich wieder bei sich aufnehmen würde. Zehn Jahre gingen nicht so einfach spurlos an einem vorbei. Wir fahren eine Familie. Als ich ihre Nummer gefunden hatte, drückte ich auf den grünen Hörer und hielt mir das Handy ans Ohr. Bevor das erste Klingeln jedoch durch den Hörer drang, wurde mir das Handy gewaltsam vom Ohr weggezogen. „ Was machst du da?" fuhr er mich an. Er warf einen kurzen Blick auf mein Handy, bevor ich ihn dabei beobachtete, wie er auflegte. „ Ich hab dir doch gesagt, du wohnst jetzt bei mir." seine Stimme klang kühl, als er mein Handy in die Innentasche seiner Lederjacke steckte. „ Aber ich will nicht bei dir wohnen." presste ich hervor, meine Stimme leicht unterdrückt. „ Ich werde wieder zurück zu meinem Freund gehen" das Wort „ Freund" fühlte sich an wie Säure, die über meine Lippen tropfte. „ Dein Freund, der dich betrogen hat?" seine Stimme klang sarkastisch . „ Glaub mir Taylor ich hab genauso wenig Bock darauf, dass du bei mir wohnst, aber ich kann dich ja schlecht hier alleine stehen lassen. " ein Stich fuhr bei seinen kalten Worten durch meinen Körper. Mir wurde schlecht, als ich an die einzige Möglichkeit dachte, die mir nur noch übrig blieb. Sicherlich würden sie es verstehen. Wem machte ich eigentlich etwas vor? Natürlich würden sie es verstehen. Mom und Dad hatten mich mein ganzes Leben lang unterstützt und würden auch mein ganzes Leben lang für mich da sein. Da war ich mir sicher. Trotzdem fühlte ich mich wie eine Versagerin, wenn ich sie nun anrufen würde. Mein Bruder Luke war bereits ausgezogen, als er an der Parsons School of Design in New York anfing zu studieren. Und heute lebte er ebenfalls alleine in einem Apartment in Toronto. Ich dagegen wohnte mit 24 immer noch bei meinen Eltern. Die Reise nach Edinburgh war der Pfeiler meiner Unabhängigkeit gewesen. Auch wenn er mit Drew zusammen gewesen war.
Ich schluckte meine Tränen herunter und streckte meine Hand aus. „ Gib mir mein Handy wieder." meine Stimme klang halbwegs standfest, als ich in die dunklen Augen von Macaulay blickte. Er schüttelte den Kopf und wandte sich ab, mein Handy immer noch in seiner Jackentasche. „Mein Handy!" rief ich ihm mit lauter, zitternder Stimme hinterher, doch er drehte sich keinen Zentimeter zu mir um. Stattdessen lief er in Richtung der Rezeption, seine Sneaker hinterließen dumpfe Geräusche auf dem Boden. Tränen stiegen in meine Augen, als ich ihm hilflos hinterherschaute. Mein ganzer Körper zitterte und eine Kälte stieg in mir hoch, die mich fast zu verschlucken schien. Ich schluckte, als er sich immer weiter von mir entfernte. Alles in mir sträubte sich, ihm hinterherzulaufen, geschweige denn bei ihm zu wohnen. Ich wünschte mir ich könnte die Zeit zurückdrehen. Zu dem Zeitpunkt, in dem ich mit Drew noch glücklich war oder zu dem Zeitpunkt, in dem ich ihn mit der Frau im Bett erwischt hatte. Zumindest hätte ich dann eine bessere Entscheidung getroffen. Ich hätte meine Eltern sofort angerufen und wäre jetzt nicht an diesem Punkt angekommen, an dem ich nicht mehr ein und aus wusste. Tränen liefen mir inzwischen das Gesicht herunter. Ich hob meine Hand und wischte sie schleunigst weg. Gerade noch rechtzeitig, denn kurz vor der Rezeption blieb Macaulay stehen. Sein Rücken war noch immer zu mir gewannt, einzig alleine seine Stimme drang durch den Flur. „ Entweder du kommst mit mir, oder du musst dir eine andere Bleibe suchen. Aber tu ja nicht so, als ob ich dir nicht meine Hilfe angeboten hätte. Es ist deine Entscheidung, Taylor" jedes seiner einzelnen Worte senkte sich in meinen Körper. Er tat so, als ob er ein barmherziger Samariter war und nicht jemand dem es vollkommen scheißegal war, wo ich wohnte. „ Du willst doch gar nicht, dass ich bei dir wohne." meine Stimme drang in einem Flüstern aus meinem Mund, aber er hatte sie dennoch gehört. Ich sah, wie sich sein Rücken kurz anspannte. Er drehte sich immer noch nicht zu mir um, als seine Stimme erneut kalt durch den Flur drang. „ Will ich auch nicht." bei seinen harten Worten schnappte ich kurz nach Luft. „ Aber Boyd. Und ich schulde ihm was." ein Stich fuhr bei seinen Worten durch meinen Körper und für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. „ Kommst du jetzt mit oder nicht?!" sein herrischer Ton drang zu mir, woraufhin ich meine Augen wieder öffnete. Ich biss mir auf die Lippe und versuchte, all meine Gefühle in meinem Inneren zu unterdrücken. Versuchte die Gedanken an meine Eltern zu unterdrücken. Es war nur für eine Nacht. Bis ich mein Handy wieder hatte. Bis ich die Gelegenheit hatte meine Eltern anzurufen und Ihnen die Trennung mit Drew zu beichten. Vermutlich musste ich dann immer noch eine Bleibe für die nächsten anderthalb Wochen finden, denn auf gar keinen Fall würde ich meine Eltern aus ihrem Urlaub zu Ehren ihres Hochzeitstags reißen. Natürlich würden die beiden mir sofort anbieten zurück zufliegen, aber das würde ich auf garkeinen Fall zulassen. „ Ja." gab ich kleinlaut von mir und machte einen Schritt nach vorne. Statt stehen zu bleiben und auf mich zu warten, lief Macaulay so wie immer vor. Meine Füße waren schwer, obwohl ich nicht mehr die Schuhe trug. An der Tür angekommen zog ich sie kraftlos auf und trat in die kalte Novemberluft nach draußen. Der Mond hang in einer riesigen Kugel über unseren Köpfen, der Himmel klar, sodass man die Sterne sehen konnte. Macaulay schien mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Nur mit Müh und Not konnte ich den Umriss seines Körpers in der Dunkelheit erkennen. Er bewegte sich leichtfüßig, sein Körper thronte über den Autos an denen er nun vorbei lief. Ich lief ihm hinterher, quetschte meinen Körper zwischen die Autos, bis wir vor einem schwarzen Camaro SS stehen blieben. Die Inneneinrichtung war genau wie der Wagen komplett in dunkel gehalten. „ Steig ein." befahl er mir barsch, als er die Fahrertür aufriss und in den Wagen kletterte. Ich schluckte, streckte meine Hand aus und drückte die Klinke der Beifahrertür herunter. Im Wageninneren war es kalt. Ein eisiger Lufthauch kam mir entgegen. Die Ledersitze fühlten sich neu an, als ich meinen Körper auf sie gleiten ließ. Ich zog die Tür hinter mir zu und platzierte meine Füße im Fußraum. Obwohl ich meine Schuhe für einen gewissen Zeitraum ausgezogen hatte, schmerzten meine Fußballen immer noch. Ich traute mich nicht meine Schuhe erneut in seinem Auto auszuziehen, weshalb ich mich entschied sie einfach an zulassen. Mein Sitz fing an zu vibrieren als er den Motor seines Wagens anließ. Doch er fuhr noch nicht sofort los. Erst als der Wagen sich langsam erwärmt hatte.
Auf der ganzen Fahrt sprachen wir kein Wort miteinander. Ich schaute aus dem Fenster, während aggressive Rapmusik aus den Lautsprechern drang. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo wir uns befanden, schließlich kannte ich mich in Edinburgh kaum aus. Irgendwann erreichten wir einen Stadtteil namens Dean village. In der Dunkelheit sah es sehr idyllisch aus. Viele alte Gebäude, Brücken und eine Kirche. Macaulay parkte den Camaro neben einem alten fünfstöckigen Backsteingebäude, mit einer Dachgeschosswohnung. Vor den kleinen Fenstern befanden sich Blumenkästen, in denen sich zu der aktuellen Jahreszeit keine Blumen drin befanden. Macaulay stellte den Motor ab und riss die Fahrertür auf. Mein Blick war noch immer auf das alte Backsteingebäude gerichtet, dass so anders aussah, als das Haus in Toronto, in dem ich mit meinen Eltern wohnte. „ Wirds bald mal!" ich zuckte zusammen, als Macaulays kalte Stimme zu mir drang. Hektisch öffnete ich die Beifahrertür und trat mit meinen Pumps auf das Kopfsteinpflaster. Macaulay warf einen etwas zornigen Blick auf meine Schuhe, sagte aber nichts, sondern schloss das Auto hinter sich zu. Je näher wir dem Haus kamen desto nervöser wurde ich. Mein Blick fiel auf Macaulays Nacken Tattoo und ich schluckte. Was machte ich hier eigentlich? Es war eine Sache bei ihm im Fitnessstudio zu wohnen und für ihn zu arbeiten , aber bei ihm Zuhause zu wohnen? Ich biss mir auf die Lippe und alles in mir schrie danach die Flucht zu ergreifen. Macaulay hatte inzwischen die Tür geöffnet und wie immer ging er vor. Manchmal fragte ich mich, ob der Kerl keine Manieren hatte, oder ob er schlicht und einfach keine haben wollte. Der Hausflur lag dunkel vor uns und statt das Licht anzuschalten, lief Macaulay strikt gerade aus die Treppen hoch. Ich wollte mir nicht die Blöße geben das Licht anzuschalten, weshalb ich in meinen zentimeterhohen silbernen Pumps die Treppenstufen hinaufstieg. Meine Absätze klackerten über den Boden, Kälte kroch unter den Rock meines Kleides. Nach einer weiteren Minute wurde mir klar, dass er die Dachgeschosswohnung besaß, denn auch im vierten Stockwerk blieb er nicht stehen. Als wir die letzte Treppe erklommen hatten, war ich völlig außer Atem. Mein Atem ging unregelmäßig in meiner Brust und für einen kurzen Moment musste ich mich am Treppengeländer festhalten. Ich hörte wie Macaulay den Schlüssel im Schloss herumdrehte und die Tür aufsprang. Sein Rücken versperrte mir die Sicht, als ich hinter ihm in die Wohnung eintrat. „ Mach die Tür hinter dir zu." befahl er mir. Ich tat wie er mir befohlen hatte. Nachdem ich mich wieder umgedreht hatte, konnte ich seine Wohnung ganz in mich aufnehmen. Sie war klein. Eine spärlich eingerichtete Zweizimmerwohnung. Der Einrichtung nach zu urteilen, sah es so aus, als ob er nicht viel Zeit in seiner Wohnung verbringen würde. Vor mir befand sich direkt eine Art Wohnzimmer. Ein braunes Ledersofa war an eine steinerne Wand gestellt. Die Wände daneben waren in Weiß gehalten, kein einziges Bild. Neben dem Sofa befand sich eine kleine weiße Kommode mit einer Stehlampe. Gegenüber von dem Sofa ein kleiner altmodischer Fernseher. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. So einen Fernseher hatte ich nicht mehr gesehen, seit ich, als ich kleiner war, bei meiner Oma zu Besuch war. Für gewöhnlich besaßen Männer immer die größten Flachbildfernseher die es gab....
Mein Blick wanderte weiter zu einer kleinen Tür, die in eine ebenso kleine Küche führte. Gegenüber vom Wohnzimmer befand sich eine Tür die ins Schlafzimmer führen musste. Von dem Sofa war sie vielleicht einen halben Meter entfernt, so klein war die Wohnung. Links daneben befand sich eine weitere Tür, die zum Badezimmer führen musste. „ Das da, ist dein Schlafplatz für die nächsten Tage." Macaulays Stimme ließ mich zusammenzucken, als meine Augen seinem Finger zum braunen Ledersofa folgten. Es sah nicht sonderlich bequem aus, aber es musste reichen. Ich nickte nur stumm und beobachte wie Macaulay auf die gegenüberliegende Tür seines Zimmers zulief. „ Während du hier wohnst, möchte ich das alles so bleibt wie es ist. Du stellst keine Möbel um, kaufst keine Deko, streichst nicht meine Wände und mein Schlafzimmer..." er hielt kurz inne und drehte sich langsam zu mir um. Seine dunklen Augen bohrten sich in meine „ Ist tabu für dich. Haben wir uns da verstanden Taylor?" ich biss mir auf die Lippen und nickte. „ Gut." erwiderte er knapp und drehte den Türknauf seiner Tür auf. Doch bevor er hinter seiner Tür verschwand, warf er ein letztes Mal den Kopf über seine Schulter. „ Decken sind in der unteren Schublade der Kommode." seine Stimme klang noch genauso kalt wie zuvor. Ich nickte erneut, doch mein Nicken erreichte ihn nicht, denn bevor mein Kopf sich zu Ende bewegen konnte, hatte er die Tür bereits hinter sich zugeknallt.
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Was glaubt ihr wird nun passieren? Wir Ella bei Macaulay bleiben, oder wid sie wieder zurück nach Toronto fliegen? Oder wird sie glatt wieder zu Drew zurücklaufen?
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen :)
Feedback ist immer gerne gesehen :)
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