
Dreams, shrines and magic
(Flos P.o.V) [03:19 Uhr]
Ich spürte Kälte. Eisige Kälte.
Man hätte bei diesen Temperaturen meinen können, man wäre auf dem Nordpol. Ich erkannte nichts, außer eine komplett eingeschwärzte Umgebung. Ich wusste weder wo ich war, noch was ich machen sollte.
Es war so, als wäre ich in einer Kapsel gefangen, aus der es kein Entrinnen gab. Ich war allein.
Ein Schmerz, stechend wie die Dornen einer Rose, durchzog meinen gesamten Körper.
Verzweifelt sah ich mich um und suchte einen Fluchtweg aus dieser eisigen Dunkelheit.
Zitternd rieb ich meine Arme, um wenigstens diese warm zu halten.
Wo war ich nur gelandet?
Vorsichtig wagte ich einen Schritt nach dem anderen vorwärts.
Jede einzelne Bewegung, die ich vollführte, ließ mich diese qualvollen Schmerzen erleiden.
Sie schmerzten so sehr, ich konnte sie nicht mal beschreiben.
Verzweifelt rief ich nach Roman, Lars und Yuki, in der Hoffnung sie hier zu finden. Ich bekam keine Antwort.
Ich versuchte es erneut, doch anstatt eine Stimme zu hören, wurde es noch kälter. Ich blickte auf meine Arme, auf denen sich Eisblumen bildeten und sie in ein eisiges Blau tauchten.
Diese Eisschicht verbreitete sich um meinen gesamten Körper herum und ließ meine Gelenke steif werden. Kaum noch fähig weiterzulaufen schrie ich nach meinen Freunden, dass sie mir doch helfen sollen. Heiße Tränen flossen meine Wangen herab und lösten für ein paar Sekunden das Eis.
Ich wimmerte Unverständliches vor mich hin und dachte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Ich vernahm einen spitzen, ängstlichen Schrei in meinen halbtauben Ohren.
Dieser Schrei, er konnte nur von einer Person kommen. Mein Herz krampfte sich erneut brutal zusammen und ein rosenroter Schein leuchtete aus meiner Brust. Der Schein wanderte immer mehr nach außen, bis ich schlussendlich die Lichtquelle fand.
Es war mein Herz.
Langsam entfernte es sich aus meiner Brust und verließ mich.
Irritiert sah ich ihm nach, bis es urplötzlich stoppte.
Das Leuchten wurde immer stärker und intensiver.
Ich hatte das Gefühl, es würde augenblicklich explodieren.
Doch das tat es nicht.
Stattdessen fing es an wie verrückt zu hämmern.
Eine halb durchsichtige, bläulich glitzernde Silhouette umschloss das Organ, wie ein Wintermantel den Oberkörper.
Es schien so, als wäre mein Herz, das Herz der Silhouette geworden.
Ein Herz, zwei Personen.
Die Silhouette hielt mir einladend die Hand hin, das Gesicht war jedoch unerkennbar geblieben.
So gut es ging bewegte ich meine frierende Hand auf die der Person zu.
Allein die Wärme ausstrahlende Aura dieses Lebewesens ließ mich sicher fühlen.
Wir waren nur noch ein paar Millimeter voneinander entfernt und ich versuchte irgendwie die Identität der Person ausfindig zu machen.
Je näher ich ihr kam, desto sichtbarer wurde ihr gesamter Körper.
Ich vernahm eine sanfte Berührung auf meiner Haut und ein leicht süßlicher Duft lag in der Luft.
Mit einem Schlag zersprang die gesamte Silhouette in tausende Scherben und meine Hülle aus Eis schmolz.
Etwas verwirrt begutachtete ich meine Arme. Sie hatten wieder eine menschliche Gestalt angenommen.
Mein Blick wanderte zu dem Ort, an dem die Silhouette zersprungen war.
Ich hatte keine Chance meinem Gegenüber auch nur in die Augen zu schauen, da ich etwas gegen meine Brust drücken spürte.
Zwei überraschend zärtlich gebaute Arme umschlangen meinen Körper, und ich konnte einen warmen Atem spüren.
Ich konnte mich von nun an weder steuern, noch irgendetwas sagen.
Von ganz allein hob sich mein rechter Arm und fing an durch die schokoladenbraunen Haare des Jungens zu streichen, der mich umarmte.
Es roch nach süßen Früchten und ich fing an von dem Geruch wortwörtlich betört zu werden. Die Schmerzen, unter denen ich litt, ließen nach.
Etwas streichelte behutsam meine Wange und ein roter Schleier legte sich rund um meine Nase.
Mein Herz raste so schnell wie noch nie. Das wilde Gehämmere tat sogar beinahe in meiner Brust weh.
Doch dann fühlte ich auf einmal etwas Weiches auf meinen Lippen.
Erschrocken riss ich die Augen auf und sah in ein kastanienbraunes Augenpaar. Wunderschöne goldene Sprenkel wirbelten lebendig im Braun umher und ich versank in ihnen.
Ich wollte wissen, wer dieser Junge war, dessen Gesichtszüge ich nicht erkennen konnte. Vorsichtig löste ich mich von ihm, doch es verlief anders als geplant.
Kaum hatte ich mich von ihm entfernt und schon war er in tausende Glitzerteilchen verpufft.
Das übriggebliebene Herz zerbrach mit einem lauten Klirren vor meinen Augen.
Die eine Hälfte verfestigte sich wieder in meinem Körper, die andere jedoch färbte sich grau und zersprang in zahlreiche Scherben.
Panisch kniete ich ich mich zu Boden und hob diese auf.
Weinend drückte ich sie an meine Brust und plötzlich wurde alles schwarz.
Schweißgebadet wachte ich in meinem Bett auf. Was zum Teufel hatte ich da denn bitte geträumt?! Schockiert berührte ich mit meinen Fingern meine Lippen. Eine Hitze, beinahe so heiß wie die Sonne, stieg in mir auf. Ich hatte gerade nicht ernsthaft davon geträumt geküsst zu werden, oder? Ich war mir doch nicht mal seit einem halben Tag über meine Gefühle bewusst und schon fang ich an so eine Scheiße zu träumen! Das konnte doch nicht war sein!
Ich sah gen Wasseroberfläche. Der silbrige Mond spiegelte sich anmutig in den Meereswellen wider und ließ alles in einem angenehmen Licht erscheinen. Mein Blick schweifte träge zur rechten Bettseite.
In meinem inneren Auge stellte ich mir meinen Freund vor, der friedlich schlafend neben mir läge und sich in die flauschige Decke kuschle.
Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, wurde mein Puls um einiges höher und ich begann noch mehr zu schwitzen als vorher. Mann, das war doch echt lächerlich! Warum musste ich denn genau jetzt über meine Gefühle zu ihm erfahren?
Wieso jetzt? Wieso genau dann, wenn er nicht mehr bei mir ist?
Ein schmerzhaftes Ziehen machte sich in meiner Brust weit und es bildeten sich erneut unzählige Tränen in meinen Augen.
Ich hatte so große Angst um ihn, ich hatte Angst zu versagen und ihn zu verlieren.
Ich musste so schnell wie möglich weiterkommen und diesen Kristall finden! Es blieben uns nur noch zweieinhalb Tage Zeit und wir hatten bis jetzt noch keinen einzigen Kristall gesehen...
Uns rannte die Zeit davon.
Von Panik zerfressen, ließ ich mich wieder rücklings in mein Bett fallen und wischte mir mit meinem Arm die salzigen Tränen weg.
Mein Brustkorb bewegte sich sehr unregelmäßig auf und ab, woraufhin man schließen konnte, dass ich durch das ständige Schluchzen schwer atmete.
"VERDAMMTE SCHEIßE!", schrie ich in mein, vom Weinen durchnässtes, Kissen.
Warum ging es mir so schlecht, nur weil Roman nicht da war? Dieser Liebeskummer traf mich eindeutig härter als erwartet.
Ich konnte nicht aufhören an ihn zu denken; ich konnte nicht aufhören um ihn zu weinen. Konnte ich mich denn nicht einmal zusammenreißen?
Mit starken Kopfschmerzen, die von meinem Geheule verursacht wurden, drehte ich mich auf die Seite und zwang mich weiterzuschlafen.
Weiterzuheulen brachte mir nämlich herzlich wenig dabei, Roman zu helfen.
"Ich werde dich retten...auch wenn es mich vielleicht mein Leben kostet."
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Am nächsten Morgen wachte ich überraschend früh auf.
Das Tageslicht war schon durch die Wasseroberfläche gebrochen, weshalb es auch schon so hell war.
Die Augen in Schlitzen geformt sah ich zu Yuki rüber, die immer noch seelenruhig schlief.
Sie sah so friedlich und ruhig dabei aus; ich konnte nicht verstehen, wie sie in so einer Situation so ruhig schlafen konnte. Am liebsten hätte ich sie einfach weiter schlafen gelassen, doch uns würde sonst die Zeit abhanden kommen.
Ich verschwendete noch einen kurzen Gedanken an die heutige Nacht, bevor ich seufzend vom Bett krabbelte und zu Yuki ging.
Vorsichtig schüttelte ich an ihrer Schulter, um sie aufzuwecken, jedoch drehte sie sich murrend von mir weg und zog sich ihre Decke über den Kopf.
"Yuki, aufstehen! Wir müssen sofort los!", versuchte ich ihr leise und doch etwas lauter zu sagen. Sie rührte sich kein bisschen. Deshalb versuchte ich es nun etwas hartnäckiger.
"Yuki! Uns rinnt die Zeit davon! Wir müssen los!"
Ein weiteres Murren kam aus ihrem Mund und auch nur ein Wort mit mir zu wechseln, saß sie sich auf.
"Hm?", sie rieb sich verschlafen die Augen, "Oh, Flo, du bist wach."
Sie gähnte laut und streckte sich.
"Yuki, wir müssen sofort weiter. Sonst schaffen wir es vielleicht nicht mehr!", quengelte ich wieder und blickte etwas bestürzt zur Seite.
Das Mädchen musterte mich mit komischen Blicken, lächelte jedoch dann. "Ok, Flo. Soll ich dir trotzdem noch schnell was zu essen machen?"
Ich schüttelte den Kopf.
"N-Nein, danke. Hab keinen Hunger..."
Yukis Augenbrauen zuckten sofort nach oben.
"Aber du hast gestern Abend schon so wenig gegessen. Ohne etwas Energie kannst du dir das Strahlender-Retter-in-der-Not-Spielen sowas von abschminken."
Trotz ihres Arguments blieb ich stur und schüttelte erneut meinen Kopf.
"Ich hab morgens generell nicht so viel Hunger...Und auf meinem nervösen Magen bin ich generell etwas empfindlich..."
Teilweise war das gelogen. Ich konnte und wollte einfach nur weiterkommen. Ich hatte das Gefühl entwickelt, ich müsse nun genau so leiden, wie es Roman in dem Moment tat. Ich erlaubte mir es nicht, mich an köstlichen Speisen zu erfreuen, während er vielleicht körperlich, sowie seelisch verletzt wurde.
Zu teils fühlte ich mich mitschuldig für das, was Roman gerade ohne meiner Anwesenheit durchleben musste.
Allein der Gedanke daran ihn traurig, verzweifelt oder verletzt zu sehen, zog mich runter.
Es war ein Teufelskreis! Mir ging es so richtig miserabel seit mein niedlicher kleiner Enderman nicht mehr bei mir war. Ich meine, ich war schon so durchgeknallt, dass ich ihn als mein niedlicher kleiner Enderman bezeichnete. Ich war verrückt geworden. Das war die einzige logische Erklärung, die es in dieser durchgeknallten Welt hier gab!
"Ehh, Flo?", riss Yuki mich plötzlich aus meinen Gedanken.
Ich brachte nichts außer ein simples "Hm?" zusammen.
"Ach nichts, du warst nur so abwesend." Sie stieß einen kaum hörbaren Seufzer aus und zog ihre Knie zu sich.
Stille.
"Tja, dann lass uns weitergehen."
Ich nickte.
Die Dunkelblonde ließ noch schnell die benutzten Betten verschwinden, wechselte per Zauber ihre Kleidung und schon brachen wir weiter Richtung Nordwesten auf.
***
Stundenlang wanderten wir ohne Pause durch. Meine Beine waren müde geworden und mein Magen knurrte tierisch. Am liebsten wäre ich jetzt einfach zu Boden gefallen und liegen geblieben, um mich auszuruhen, allerdings würde mir das nichts nützen.
Ich musste weiter. Ich musste es einfach!
Der Boden unter unseren Füßen war steinig und karg. Sein türkis-grünes Leuchten ließ sogar kleine glitzernde Funken sprühen und es wirkte alles so unfassbar magisch. Kaum hatte ich einen Fuß nach dem Anderen gestetzt wuchsen schon zahlreiche bunte Pflanzen aus den Ritzen. Ich hatte keine Ahnung wieso, aber es kam mir extremst suspekt vor. Hier irgendwo in der Nähe musste etwas sein, von dem diese Energie ausging.
Prüfenden Blickes sah ich mich um und hoffte endlich einen Hinweis auf das Herz des Ozeans zu finden.
"Flo? Hast du was gesehen?, fragte mich Yuki, die schon die ganze Zeit neben mir ging, ohne mich anzusehen.
Ich schüttelte nur stumm den Kopf.
"Jetzt noch nicht..."
Meine Stimme klang enttäuschter, als ich es in Wirklichkeit war.
Plötzlich berührte etwas meine Hand und ich sah in die Richtung, aus der dieses Etwas kam.
Yuki hatte meine Hand genommen und drückte diese vorsichtig.
"Wir werden schon bald da sein! Da bin ich mir zu 101% sicher!"
Sie lächelte mich schüchtern und doch selbstsicher an. In ihren Augen konnte ich denselben aufmunternden Glanz sehen, den Roman immer hatte, wenn er mich aufheitern wollte.
Meine Lippen formten daraufhin automatisch ein leichtes Lächeln.
Die Kleine war einfach nur herzallerliebst, wenn sie versuchte lieb zu sein.
Ich legte meine linke Hand auf ihren Kopf und verwuschelte ihr lachend die Haare.
Rapide wich sie zurück und sah mich mit kochrotem Kopf und dezent verärgertem Gesichtsausdruck an.
"Halt Stop! Haare verwuscheln ist böse, das ist gegen das yukianische Gesetz; Seite 781 Absatz 3!"
Kaum hatte sie ihre Beschwerde zu Ende gesprochen konnte ich mich vor Lachen nicht mehr zurückhalten.
"Ahahaha, ach Yuki, du bist echt unverbesserlich!"
Zuerst sah sie mich beleidigt an, doch schloss sich kurz darauf meinem Gelächter an.
"Okay, okay...Schluss jetzt mit rumblödeln und ran an die Arbeit!"
Sie fing erneut an die Gegend abzusuchen und rannte etwas voraus.
Immer wieder wechselte sie ihren Platz, bis sie plötzlich inmitten eines gelb blühenden Blumenkreises - wenn man die Pflanzen überhaupt als Blume bezeichnen konnte - stand und sich hinkniete.
"Vielleicht hat sie, ja, was gefunden!", dachte ich mir und gesellte mich im Laufschritt zu ihr.
Als ich sie endlich erreichte stand sie abrubt auf. Ein paar bunte Flecken zeichneten sich leicht auf ihren Händen, sowie Knien ab.
"Entweder ist das ein Hinweis, oder irgendein Hobbygärtner liebt es bunte Blumenkreise wie Wege darzustellen..." Sie zeigte auf die genannten Kreise, die eine sehr eigenartige Ordnung einnahmen.
"Sollen wir da entlanggehen?"
"Uns bleibt doch nichts anderes übrig, oder?"
Ich lächelte schief. Sie nickte, ballte ihre rechte Faust und sah mich abenteuerlustigen Blickes an.
"Los geht's!"
Wir fingen an zu sprinten, auch wenn es nicht gerade Yukis Stärke war, versuchte sie so gut wie möglich mitzuhalten.
Die Gräser und Pflanzen unter unseren Füßen versprühten bei jeder Berührung tausende grüne Funken, die uns anschließend komplett umgaben.
Ich konnte von Glück sprechen, dass meine Pollenallergie Unterwasser nicht funktionierte, sonst wäre ich wahrscheinlich an meiner Rotze erstickt.
Die bergähnlichen Felsen um uns herum wurden enger und enger.
Sie schlossen sich immer mehr, als würden wir durch eine Höhle rennen, die zum Eingang einer Grotte führt.
Der Wasserdruck stieg an und das, sich im Wasser spiegelnde Licht verlor an Helligkeit. Es wurde zunehmend kälter und die Pflanzen, die vorher noch so lebendig vor sich hin wuchsen, gingen zurück.
Bläulich schimmernde Eisscherben sammelten sich in den Ecken und Kanten dieses Felsenschachtes. Eiskristalle...sie waren einfach überall.
Manchmal versuchte Yuki sogar den ein oder anderen Eiszapfen von der Decke zu reißen, um ihn dann als blaue Fackel zu benutzen.
Leider schmolzen diese Dinger sehr schnell, weshalb sie sich immer wieder einen schnappte.
Lange irrten wir herum und diese Eiseskälte war nicht zu unterschätzen. Bei jedem Ausatmen bildeten sich trotz des Wassers kleine Atemwölkchen. Auch, wenn sie überwiegend aus weiß schimmernden Blubberblasen bestanden.
Ich wusste nicht, wie lange wir hier schon herumirrten, jedoch spürte ich, dass hier etwas Mächtiges verborgen sein musste.
Doch der Zeitdruck blieb bestehen.
War es schon wieder Abend? Hatte der neue Tag längst begonnen?
War Roman noch am Leben?
Diese Fragen wollten nicht aus meinem Kopf verschwinden.
"Hey, Flo!", riss Yuki mich rasant aus meinen Gedanken, "Schau dir das mal an!"
Sie war einige Meter hinausgelaufen und stand nun vor einer tiefen vereisten Schlucht.
Schnell flitzte ich zu ihr und ließ mir das besagte Ding zeigen.
Sie deutete auf eine Art antiken Schrein, welcher aus schwarzem, glänzendem Stein bestand.
An seiner Unterseite waren goldene, schnörkelige Verzierungen angebracht und auf der Spitze leuchtete ein herzförmiges, türkises Symbol auf.
Das Herz hatte den Anschein, gebrochen zu sein, da es nur zur Hälfte beleuchtet wurde.
In diesem Moment, als ich dies dachte, fing mein Herz wieder an zu schmerzen.
Kaum sichtbar schüttelte ich den Kopf.
"Konzentration, Florian. Konzentriere dich", redete ich mir in Gedanken ein und bewegte mich im Laufschritt Richtung Schrein.
Yuki schloss sich meiner an.
Der sichere Weg nach unten war überaus schwierig.
Das Eis ließ meine Hände erfrieren und die glatte Oberfläche brachte mich das ein oder andere Mal zum Ausrutschen.
Aber das war es mir wert.
Kaum war ich unten angekommen, fiel auch schon Yuki vom Himmel herab.
Kurz gesagt, sie verlor Halt und ich musste sie auffangen.
Das mit dem Auffangen war jedoch eher ein Ich-versuche-zu-Fangen-aber-stattdessen-werde-ich-zu-Boden-gedrückt.
Warum benutzten mich überhaupt alle als Landekissen?
"Sorry!", quiekte das Mädchen sofort, als es sich von mir entfernt hatte und sah betroffen zur Seite.
Es war ihr sichtlich unangenehm.
"Ach, kein Problem. Macht nichts"
Und damit war das Thema eigentlich schon so gut wie gegessen.
Leise stand ich vom Boden auf.
Meine Schritte führten mich zum Schreineingang.
Hier drin muss es sein...das Herz des Ozeans. Das Ocean-Heart.
Ich atmete noch einmal tief ein und ließ mir alles nochmal durch den Kopf gehen.
"Ich gehe da jetzt rein, schnappe mir diesen beschissenen Kristall und hole mir Roman zurück...Ich werde das jetzt ,ohne auch nur eine Sekunde zu trödeln, durchziehen. Ich werde das schaffen. Ich werde ihm helfen...ihn befreien.", zählte ich in Gedanken auf.
Selbstsicher trat ich voran; Richtung Eingang.
Ein mulmiges Gefühl entfachte in meinem Körper, doch ich ignorierte es.
Ich stieg die schwarzen Treppen hoch, aus deren Ritzen trotz der Eiseskälte ein paar Gräser wuchsen.
Mein Blick richtete sich auf die, in den Untergrund führende, Treppe.
Ohne auch nur einen weiteren Gedanken zu verschwenden, trat ich ein. Der, in komplette Dunkelheit gehüllte, Gang wirkte so, als würde er kein Ende besitzen.
Etwas unsicher tappten Yuki und ich in der Finsternis herum, bis ich an der normalerweise glatten Wand eine leichte Erhebung wahrnahm.
Vorsichtig übte ich Druck darauf aus, als würde ich einen Knopf drücken.
Plötzlich fing dieser Stein an leuchtende, türkisblaue Muster zu schlagen, die daraufhin wieder verschwanden.
Ganz kurz schrak ich zurück.
Was war da gerade passiert?
Habe ich irgendeinen Mechanismus ausgelöst? Oh Gott, bitte lass das keine Falle gewesen sein.
Ich machte mich schon bereit von zigtausenden Pfeilen getroffen zu werden, die sich einem nach dem anderen durch mein Fleisch bohrten und mir qualvolle Schmerzen verteilten.
Aber es kam nichts.
Es war also keine Falle?
Erleichtert richtete ich mich wieder auf und das Mädchen versuchte ihr Glück nun. Keine Reaktion.
"Versuchs du nochmal, Flo", sagte sie.
Ich tat wie mir geheißen und berührte, wenn auch zögernd den Stein mit den Fingerspitzen.
Es leuchtete wieder.
Aber wieso nur bei mir? Yuki war doch diejenige, die hier zaubern konnte. Komisch.
Ich begann meine gesamte Handfläche gegen diesen Stein zu pressen, woraufhin dieser wie verrückt anfing zu blinken.
"Ähmm." Ich fing an Unverständliches zu stottern.
Auf einmal entlud sich das komplette Mineral und schlug einen grün leuchtenden Blitz aus.
Ein elektrisierender Schmerz durchfuhr mich. Erschrocken fiel ich auf den Hintern und rutschte einige Meter von meinem Ausgangspunkt weg.
Plötzlich fing ich an entsetzlich zu zittern. Meine Sicht verschwamm und endete in einem kompletten Schwarz.
Meine Muskeln waren wie gelähmt und ich konnte mich weder bewegen, noch anständig ausdrücken.
Ich hörte noch ein hohes Stimmchen meinen Namen schreien und eine leichte Berührung an meinem linken Arm.
•°•°•°•°•°•~~~~♡♡♡♡♡~~~~°•°•°•°•°•°•°
Ich war weg. Ich nahm nichts mehr aus meiner Umwelt, sowie mich selber wahr. Es war, als wäre ich gestorben. Als hätte ich meine Seele in die Hände Gottes gelegt und das irdische Dasein für immer verlassen.
Ich konnte doch unter keinen Umständen schon gestorben sein!
Das durfte nicht sein! Wenn ich meinen Körper und meinen Geist noch steuern hätte können, dann hätte ich ihm hier und jetzt aufgetragen aufzustehen und weiterzumachen.
Ich konnte es aber nicht.
War's das jetzt? Hatte ich komplett versagt? Was würde aus Roman und Yuki werden? Ich konnte sie doch unmöglich zurücklassen. Vor allem erwartete mein Freund, dass ich ihn aus dieser Hölle von Schloss rette.
Die Farben ordneten sich auf einmal langsam wieder.
War es also doch nicht zu spät?
Die ehemals verschwommenen Bilder nahmen wieder Form an und ich konnte wieder einige Konturen erkennen.
Vom Schwindel geplagt, versuchte ich aufzustehen. Ich hatte kaum Kraft dies zu tun, doch ich schaffte es zum Glück.
Leicht schwankend stolperte ich durch den unbekannten schwarzen Raum. Ich hatte das Gefühl gleich wieder ohnmächtig zu werden.
Mein Herz raste, wie ein Hase, der gerade von seinem Feind flüchtete.
Vor unerklärlichen Schmerzen keuchend, legte ich meine rechte Hand auf meine Brust und umklammerte mein T-Shirt. Warum...warum war mir gerade so komisch? Ich schwitzte stark, ganz so, als wäre ich gerade in einer peinlichen Situation.
Mein Schädel brummte und ich zitterte so stark wie Espenlaub.
Ich hauchte ein verzweifeltes "H-hilfe" aus, bevor ich erneut zu Boden sackte.
Ich stützte mich mit meinen Händen am Boden ab und atmete schwer.
"B...Bitte", ich schnaufte kurz aus, "bitte erlöst mich von diesen Schmerzen!"
Brennend heiße, salzige Tränen flossen meine Wangen herab und versiegten schließlich im Boden.
Plötzlich blitzte es grün vom Boden aus auf.
"W...was zum?!"
Etwas Zartgrünes bohrte sich durch den harten Steinboden - es wahr einer jungen Pflanze ähnlich. Ihre kleine schmale Knospe wuchs und wuchs, bis sie sich schließlich öffnete und wunderschöne weiß leuchtende Blüten ans Tageslicht brachte. Erstaunt von ihrer Schönheit näherte ich mich ihr.
Das wilde Glitzern nahm immer mehr zu und die Licht ausströmende Aura wurde immer stärker.
Warum leuchtete sie so komisch? Und wie konnte diese Blume so mir nichts, dir nichts, wachsen? Aber sie war so atemberaubend schön...
Eine treibende Kraft, beinahe so stark, wie mein Verlangen nach Heimkehr, flüsterte mir ein, ich solle sie pflücken; an ihr riechen.
Zögernd umklammerte ich diese mir meiner Hand, bereit, sie abzupflücken.
Ich brach den Stängel ab und tausende silberne Glitzerteilchen stiegen auf.
Die Wurzel, inklusive der Blätter, lösten sich auf. Ich wusste nicht, wie mir geschah und drückte deshalb instinktiv die magische Blume an meine Brust.
Panisch sah ich mich um und erkannte, dass sich die komplette schwarze Hülle des Raumes wie herunterrinnendes Öl verdünnisierte.
Mein Herz fing an immer schneller zu schlagen und meine Muskeln spannten sich an. War es eine Falle gewesen?
Wider meiner Erwarten begannen die Blüten der Pflanze plötzlich an wie kleine Sonnenstrahlen zu leuchten.
Durch das helle Licht formten sich meine Augen zu Schlitzen und ich verdeckte diese mit meiner Hand.
Dann wurde das Licht wieder schwächer.
So neugierig wie ich war, sah ich kurz durch meine Finger hindurch und stockte.
Das weiße Blümchen wurde immer kleiner und verformte sich zäh.
Aus weiß wurde grün. Aus der Blume ein kleiner unscheinbarer Stein.
Meine Augen wurden gefühlt 2 Suppenteller größer, als ich diesen Stein genauer betrachtete.
Es war nicht nur ein Stein, es war ein grüner Edelstein.
Es war ein Smaragd.
Wie hypnotisiert verlor ich mich in dem satten Grün. Ich bekam kaum noch etwas von meiner Umwelt mit. Ich war komplett auf dieses kleine Teil fokussiert. Ohne jegliche Kontrolle über mich bewegte sich meine Hand Richtung Herz. Ich konnte rein gar nichts mehr tun, außer mit halben Bewusstsein zuzuschauen.
Meine Hand rastete sanft auf meiner Brust und mein Körper sog den Smaragd förmlich ein. Kaum war dieser komplett in meinen Oberkörper gesogen worden, leuchtete dieser in einem grellen hellgrün.
Ich wusste gar nicht mehr, wie mir geschah und kniff einfach die Augen zu. Ich wollte nur noch eins. Und zwar hier raus.
Ein kalter 'Wind' zog auf und jagte mir über den Rücken. Still lag ich mit geschlossenen Augen am Boden und atmete in regelmäßigen Zügen. Ich vernahm eine leise Melodie, die sich laufend abspielte und wiederholte.
Ein träges Fitzelchen von Licht schien durch meine Augenlider und beruhigte mich ein wenig. Ich fühlte mich beobachtet, aber trotzdem beschützt...
Wer auch immer hier war, ich hoffte, dass dieser jemand mir nichts antat...
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