64 | Ayaz Sicht
Ayaz
"Ich fand es wirklich aufregend. Sollten wir öfter machen." Nives grinste mir entgegen und war gerade dabei, sich ein neues Kleid überzuziehen. Es glänzte schwarz. Stand ihr noch sehr viel besser als das Weiße zuvor. Nackt unter mir gefiel sie mir aber am besten. Ihre weiche Haut ... Sie fühlte sich so gut unter meinen Fingern an ... "Ayaz? Träumst du?"
Nives schnippste genau vor meinem Gesicht und ich schüttelte den Kopf verneinend.
"Nein, ich habe nur über etwas nachgedacht."
"Worüber denn?" Sie verengte ihre Augen und sah neugierig zu mir auf. Dabei legte sie wie selbstverständlich ihre Hände auf meine Brust.
"Darüber, wie weich und sanft du dich anfühlst." Ich strich ihr eine Strähne ihrer Haare hinters Ohr. Spürte dabei immer noch die Feuchtigkeit des Wassers in ihren Spitzen. "Und das ich nicht genug von dir kriege."
"Es tut wahnsinnig gut", erwiderte sie mir und da ich nicht genau wusste, wovon sie gerade sprach, runzelte ich irritiert meine Stirn. Meine Augen hafteten dabei weiterhin auf ihren.
"Was genau?"
"Mit den Worten sanft und weich beschrieben zu werden, Ayaz", hauchte sie leise und stellte sich anschließend auf ihre Zehenspitzen, um mir einen Kuss auf meine Wange zu hauchen. "Du bist der erste und einzige, der solche Worte für mich benutzt. Du siehst meine gute Seite nicht nur, du bringst sie auch immer mehr hervor."
Ich schnappte mir ihre Taille und wollte sie gerade eng an mich ziehen, da klopfte es aber schlagartig neben uns an der Tür. Sofort riss Nives ihre Augen auf und schubste mich von sich.
"Geh hinter die Tür", flüsterte sie und während ich mich an die Wand hinter der Tür lehnte, fuhr sie sich einige Male mit den Händen durch ihre Haare. Ein Grinsen legte sich auf meine Lippen, als ich sie dabei beobachtete.
"Was?!"
"Ich bin's!", hörte ich ihren Onkel Cecilio durch die Tür. Sofort fing mein Herz an zu rasen, denn dieser Kerl war echt gefährlich und unberechenbar. Zumindest hörte man allerlei Geschichten.
"Ich bin nackt! Ich komme gleich runter!"
Nives legte ihr Gesicht seitlich an die Tür und lauschte, während unsere Blicke sich fixierten.
"Er ist weg. Du musst jetzt gehen!"
"Du willst mich einfach raus schmeißen?"
Sie hob auf meine Aussage hin ihre Augenbraue an, um gleichzeitig ein provokantes Schmunzeln aufzulegen.
"Wir können auch Händchen haltend gemeinsam das Wohnzimmer aufsuchen, wenn dir das lieber ist. Mal sehen, wer mutiger ist!"
Sie streckte mir herausfordernd ihre Hand entgegen. Ich lief langsam auf sie zu, um genau vor ihr stehen zu bleiben.
"Irgendwann, Prinzessin. Irgendwann werde ich überall deine Hand halten. Wann und wo du willst - ganz egal welche Konsequenzen folgen."
Behutsam nahm ich ihre Hand in meine und hauchte einen sanften Kuss auf ihre Haut.
"Romantik liegt euch Türken wohl mehr im Blut, als uns Italienern." Sie legte ein Lächeln auf und öffnete anschließend die Tür neben sich, um kurz hinaus zu spähen. Als sie schließlich einen Schritt zur Seite machte, setzte ich mich in Bewegung und drängte mich nah an ihr vorbei. Im Türrahmen stehend bemerkte ich, dass sie mir einen Schlag auf den Po gab. Verwundert darüber drehte ich mich zu ihr herum.
"Ernsthaft?"
"Wir sehen uns, Bodyguard." Sie schob mich lächelnd an meiner Schulter raus in den Flur, um mir anschließend die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Diese Frau machte mich wirklich wahnsinnig. Alles in mir wollte zurück in ihr Zimmer. Ich wollte stundenlang mit ihr im Bett liegen. Dabei immer wieder übereinander herfallen wie frisch Verliebte. Sie unter mir windend beobachten, wobei ihre Wangen diese zärtliche rosa Farbe annahmen. Mit einem Kopf schütteln über mich selbst, lief ich den Flur entlang und nahm die Treppen nach unten in den Eingangsbereich. Dort traf ich auf Yavuz, der mir sofort einen verachtenden Blick zuwarf.
"Sag mir nicht, du-"
"Frag einfach nicht. Dann muss ich dir nichts sagen", unterbrach ich ihn, woraufhin er seine Augen verdrehte und zum Wohnzimmer nickte.
"Gino will uns sehen. Oder sollte ich sagen, dein Schwiegervater?"
Er lief mir voraus ins Wohnzimmer, wo ich Gino und Cecilio am Tisch sitzen erkannte. Als wir eintraten, fielen ihre Blicke zu uns herüber.
"Du hast das gut geregelt", sprach Gino zu mir auf, wobei er sicher meinte, dass ich das Mädchen beseitigt hatte. Mir schlug sich der Magen bei der Erinnerung daran um. Ihre Schreie hallten erneut durch meinen Verstand, doch ich verdrängte es. Mir war bewusst, dass es nur ein Auftrag war, um mich ans Geschäft zu binden. Ein Gino Mancini ging keine Risiken ein. Solange er mich dazu brachte, auch Blut an meine Hände zu befördern, solange konnte er sich sicher sein, dass ich kein Verräter werden würde.
Ich nickte dankbar über seine Aussage und ließ mir mein Unbehagen nicht anmerken. Ich hoffte nur, ich würde nicht weitere Aufträge in dieser Form bekommen.
"Du meintest, du brauchst uns?" Yavuz stellte diese Frage, woraufhin Gino aufstand und auf uns zukam.
"Ja", meinte er und sah flüchtig zu Cecilio, um dann wieder Yavuz ins Visier zu nehmen. "Wir haben einen neuen Club und ich warne euch im Vorraus. Sollte meine Frau wegen euch davon erfahren, liegt ihr schneller mit dem Gesicht nach unten um Wald, als euch Recht ist."
Er lachte auf, genau wie Yavuz. Nur ich schluckte fest.
"Wo ist der neue Club?"
"Außerhalb. Er ist um einiges kleines, aber bringt mehr Geld ein. Ehemänner wollen nicht erwischt werden, wenn sie unanständige Dinge mit Nutten tun. Dafür nehmen sie den längeren Weg gerne in Kauf."
Ich verstand, was er meinte. Was ich aber nicht begriff, war die Tatsache, dass er mich mit einband. Meine Anstellung war einfach. Pass auf Nives Mancini auf. Es war nie die Rede davon, dass ich Leute beseitigen müsste oder Aufträge in diesen Clubs ausführen müsste. Trotzdem könnte ich ja schlecht nein sagen.
"Und was sollen wir machen?"
"Nur kurz vorbeifahren und nach dem Rechten sehen. Adamo ist bereits da, da ihm die Hälfte gehört. Ich vertraue diesem Idiota aber nicht. Er fickt sicher die ganze Zeit nur kostenlos die Frauen und kümmert sich einen scheiß um den Rest. Ich schicke dir die Adresse und du rufst mich an, ob alles gut läuft."
Yavuz nickte zustimmend, während mein Blick zu Cecilio fiel. Dieser saß immer noch am Tisch und trank einen Kaffe. Er sah nicht begeistert aus. Woran es lag, wusste ich nicht.
"Dann mal los. Die Tage in Paris waren entspannt, aber ich muss vieles nachholen."
Zu dritt liefen wir in den Flur. Ich wollte dort angekommen auf Ginos Anweisung gemeinsam mit Yavuz die Villa verlassen, da hielt mich ersterer aber am Arm fest. Mit fragendem Ausdruck suchte ich seinen Blick.
"Noch eine Sache. An Geburtstag von Nives, warst du da hier?"
"Nur zu Anfang", erklärte ich und hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte. Yavuz warf mir einen mahnenden Ausdruck zu und lief daraufhin aus der Haustür raus. Zurück blieb Gino, der mich weiterhin nachdenklich musterte. Da mir die Stille unangenehm wurde, sprach ich als Erster wieder. Ich wollte vermeiden, dass er etwas merken würde, da ich seinem Blicken auch immer wieder auszuweichen versuchte. "Wieso? Ist etwas vorgefallen?!"
"Ai, no", antwortete er plötzlich mit einem Grinsen und legte mir dabei seine Hand auf meine Schulter. Er kam mir mit seinem Gesicht näher, sodass seine dunklen Augen mich fixierten. "Aber wenn du mitkriegst, dass ein kleiner Bastard ihr auch zu nahe kommt, dann sag mir bescheid. Ich kümmere mich darum."
Mir entwich beinahe jeglicher Ausdruck, während mein Herz mir gegen meine Brust donnerte. Flüchtig fiel mein Blick an ihm vorbei und ich sah Cecilio entgegen. Er stand mittlerweile im Türbogen und zwinkerte mir entgegen. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment vor Anspannung meine Fassung zu verlieren.
"Padre!"
Nives Stimme hallte durch den gesamten Eingangsbereich. Gino entfernte daraufhin seine Hand von meiner Schulter und drehte sich zu seiner Tochter. Sie blieb genau vor uns stehen und musterte uns neugierig.
"Was ist hier los?"
"Ai, nichts. Was soll los sein?", sprach Gino sich heraus und sah noch einmal zu mir. "Wir haben nur etwas geklärt, oder?"
"Ja", gab ich ihm zurück und versuchte dabei nicht ein einziges Mal zu Nives zu sehen. Ihr Duft schwebte überall um mich herum. Mir kam die Erinnerung daran, wie gut sie sich anfühlte. Ich musste unbedingt hier weg, denn der Gedanke sie zu ficken und dabei vor ihrem Vater zu stehen, war mir zu viel des Guten. "Ich sage Bescheid, wenn mir etwas auffällt."
Gino nickte und ich wollte mich zur Tür drehen, da spürte ich aber plötzlich eine Hand an meinem Unterarm. Sofort wusste ich, dass sie es war.
"Wohin des Weges, Bodyguard? Vielleicht möchte ich später noch raus ... Wer passt dann auf mich auf?"
Dieses Biest wollte mich anscheinend wirklich in die Scheiße reiten. Ich legte eine ausdruckslose Miene auf und drehte mich nur langsam zu ihr herum. Ein dreckiges Grinsen lag auf ihren Lippen und es brachte mich um den Verstand, als sie mit einem provozierenden Ausdruck damit begann, über ihre Unterlippe zu lecken.
"Nives! Ich fahre dich, falls du wohin musst."
Cecilio kam auf uns zu und ich bemerkte sofort, wie er mich und sie ansah. Er wusste bescheid und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch Nives Vater es erfahren würde. Er würde nicht Zögern, mir eine Kugel zu verpassen. Wer konnte es ihm übel nehmen? Welcher Vater würde solch eine Beziehung dulden? Cecilio sagte sicher selbst nichts dazu, da er absolut krank war. Zumindest erzählte Yavuz mir, dass er Herzen rausreißen und Frauen überfahren hatte. Ob eine Krankheit ihn dazu trieb, oder es ein Hobby von ihm war, wusste ich nicht. War mir auch egal. Hauptsache er blieb mir fern.
"Dann wäre ja alles geklärt." Gino klatschte einmal in seine Hände und sah daraufhin zu Cecilio. "Wollen wir heute mit Madrisa spazieren gehen? Was haltet ihr davon?"
"Wenn der Spaziergang in einem See mit Betonfüßen endet, gerne", mischte Nives sich ein, doch Cecilio ermahnte sie.
"Nives! Du musst dafür sorgen, dass niemand die Leiche findet. Ein See? Wie gewöhnlich und einfach..."
"Wer sollte auf dem Grund eines Sees suchen?"
"Taucher, die keine Hobbys haben."
"Ist Tauchen nicht ein Hobby?" Gino sah beide fragend an, was definitiv mein Stichwort war, abzuhauen. Ich wollte nicht in einem See enden, um nach Monaten von hobbylosen Tauchern gefunden zu werden.
Ich hörte die drei noch hinter mir diskutieren, während ich durch die Haustür hinauslief und Yavuz ins Visier nahm. Er lehnte bereits an meinem Audi und zog sich mit einem Kopfschütteln seine Sonnenbrille an.
"Gerçekten ölmek istiyor musun?"
"Bırak bu benim endişem olsun!"
Mit einem Klick öffnete ich den Audi und lief an Yavuz vorbei zur Fahrertür. Ich nahm Platz und stellte auch gleich den Motor an.
"Du ziehst mich mit in den Abgrund, dass ist dir bewusst?" Yavuz ließ sich neben mir nieder und zog seine Tür zu.
"Ich ziehe dich in gar nichts rein."
Ich fuhr los und dachte, damit hätte sich das Thema erledigt. Er pochte jedoch darauf, weiter zu diskutieren.
"Wem wird Gino die Schuld daran geben? Immerhin habe ich dir seine Tochter quasi auf einem Silbertablett serviert. Konnte ja keiner ahnen, dass sie-"
"Lass es einfach gut sein! Ich hab keine Lust mehr, mir jedesmal anzuhören, was ich alles falsch mache! Du weißt, wieso ich hierher gekommen bin! Willst du ernsthaft hier weiter machen?!"
"Schon gut!", beendete Yavuz unser Gespräch und nahm anschließend sein Handy zur Hand, um die Adresse im Navi einzugeben.
Gedankenversunken lenkte ich den Wagen durch die Straßen. Yavuz Blicke durchbohrten mich weiterhin. Ich machte mir jedoch nichts daraus. Es war ganz alleine meine Sache, was ich mit Nives am laufen hatte. Er brauchte sich nicht einmischen. Ich konnte auf mich selbst aufpassen.
Gerade, als ich das Radio lauter stellen wollte, bemerkte ich im Augenwinkel jemanden, mit dem ich noch eine offene Rechnung hatte. Ich drückte meinen Fuß so stark auf das Gaspedal, dass Yavuz neben mir seine Hände schützend auf die Amatur legen musste, um nicht mit dem Kopf dagegen zu stoßen.
"Bist du jetzt vollkommen irre?!", schrie er mich an, doch ich schnallte mich bereits ab und öffnete hektisch meine Tür. "Ayaz!"
Ohne meinen Blick nur eine Sekunde von Orlando zu nehmen, kramte ich meine Sturmmaske aus der Tasche meiner Jacke. Ich zog diese über, sodass nur noch meine Augen zu sehen waren. Dieser Bastard würde nicht wissen, wer ihn halbtot prügeln würde.
"Du!", sprach ich mit lauter Stimme und genau in dem Moment, in dem er sich zu mir umdrehte, holte ich aus. Meine Faust traf mitten in sein Gesicht und er legte sofort seine Hände schützend vor seine blutende Nase.
Die Bilder davon, wie dieser Pisser nackt im Pool der Villa herumschwamm, brachte eine Eifersucht in mir hervor, die ich kaum mehr kontrollieren konnte. Alles in mir bebte und ich holte zum zweiten Schlag aus. Dieses Mal wich er aber zur Seite aus und versuchte mich abzuwehren. Ein Lächeln entstand auf meinen Lippen, denn er hatte keinerlei Chance.
"Sen deli misin!? Çocukla ne yapıyorsun?!"
Ich schubste Orlando so stark an seinen Schultern, dass er vor mir zu Boden fiel und drehte mich anschließend zu Yavuz herum. Der kam bereits auf mich zu und schüttelte seinen Kopf.
"Bu işin dışında kal! arabaya git!!"
Er verdrehte seine Augen, woraufhin ich mich wieder Orlando zuwandte. Er lag unter mir und hielt sich schützend seine Hände vors Gesicht.
"Du bist der größte Dreck und ich warne dich nur ein einziges Mal! Halte dich fern von Frauen, die eine Liga zu groß für dich sind!"
"Wer bist-"
Ehe er hätte ausreden können, trat ich ihm in seine Seite, sodass er Schmerz verzehrt aufstöhnte. Dieser Pisser hatte etwas an sich, was mir ganz und gar nicht gefiel. Ich wusste nicht, was es war, doch ich wollte, dass er sich von Nives fernhalten würde.
"Hast du mich verstanden?!", brüllte ich zu ihm herab und schnappte mir sienen Kragen. Er nickte heftig.
"Ja! Ja! Schon gut!", sprach er mit zitternder Stimme, da ließ ich von ihm ab und lief zurück zum Auto.
"Das ist ein Schuljunge", mahnte mich Yavuz, als wir wieder in den Wagen stiegen und weiterfuhren. Um die nächste Kurve biegend, zog ich meine Maske wieder aus.
"Er hat Dreck am Stecken."
"Woher willst du das wissen?"
"Ich merke es einfach. Die Art, wie er Nives ansieht. Mit dem stimmt was nicht."
"Du bist eifersüchtig. Mehr ist das nicht! Jetzt fahr schneller und konzentriere dich aufs Wesentliche! Wir sind nicht im Kindergarten!"
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