55 | Filmriss
Als ich langsam aus meinem Schlaf erwachte, legte sich sofort ein überglückliches Lächeln auf meine Lippen. Ich musste nicht mal meine Augen öffnen, um ganz genau zu wissen, wo ich mich befand. Ayaz Geruch ummantelte mich und brachte mein Herz zum Tanzen. Süchtig danach, hob ich seine Decke etwas an und schmiegte mein Gesicht an diese, um tief ein und auszuatmen.
Die Sonne kitzelte auf meiner Nase und als ich meine Augen schließlich öffnete, sah ich geradewegs zum Fenster herüber. Die dunklen Vorhänge ließen einen kleinen Spalt des Fensters offen und ich hörte draußen Autos vorbei fahren, während auch Vögel zwitscherten und der sanfte Wind durch das gekippte Fenster wehte.
"Guten Morgen."
Gähnend drehte ich mich auf meinen Rücken und wandte mein Gesicht zur offenen Tür, in deren Rahmen Ayaz auftauchte. Er hatte sich ein schwarzes Tanktop und eine graue Jogginghose angezogen. Dazu waren seine Haare nass und es sah irgendwie niedlich, doch auch wahnsinnig sexy aus, wie sie ihm leicht über die Stirn fielen.
"Dir auch einen guten Morgen", gab ich ihm zurück und streckte mich ausgiebig, um mich anschließend auf seinem Bett aufzusetzen. Er musterte mich verträumt und auch ich starrte ihn verliebt an, bis ich aber Geräusche aus der Küche hörte und fragend meine Augenbrauen zusammenzog.
"Ich mache dir Frühstück ...", erklärte er lächelnd, bevor ich fragen konnte und kam dabei auf das Bett zu, um sich zum Boden herunter zu bücken. Als er meinen Slip an sich nahm und ihn vor mir auf die Decke legte, driftete ich gedanklich ab und erlebte die gestrige Nacht noch einmal von vorne.
Ich spürte seine Küsse auf meiner Schulter. Spürte seine Bewegungen, die mich jetzt schon wieder flach atmen ließen und erinnerte mich auch daran, dass wir uns eine gemeinsame Erinnerung geschaffen hatten. Mein Problem war aber, dass ich plötzlich darüber nachdachte, wie ich überhaupt hergekommen war ... Es schien für mich so, als wäre ich direkt nachdem ich Riziero raus geworfen hatte hier bei Ayaz gewesen. Es fehlte etwas, doch ich kam nicht darauf und ehe ich hätte Ayaz fragen können, ertönte seine Stimme erneut.
"Wenn du duschen möchtest, kann ich dir Wasser anlassen", erklärte er, doch ich hatte keinerlei Bedürfnis danach, jetzt zu duschen. Meine Haut roch so intensiv nach ihm, dass ich mich noch etwas daran erfreuen wollte. Außerdem müsste ich sowieso gleich nach Hause. Mein Opa machte sich sicherlich schon wahnsinnige Sorgen.
"Ich dusche gleich zu Hause", erwiderte ich ihm also mit einem sanften Lächeln und beugte mich aber im gleichen Atemzug nach vorne. "Aber einen Kuss hätte ich gerne."
"So fordernd ...", hauchte er mit einem frechen Grinsen und beugte sich vorsichtig zu mir herunter, um seine Lippen auf meine zu legen. Er schmeckte nicht mehr nach Rotwein, doch ein klein wenig nach Tomaten, was mir sogar noch viel besser gefiel. Begierig schlang ich meine Arme um seinen Nacken und wollte ihn zu mir ins Bett ziehen, da löste er sich aber leider viel zu schnell wieder von mir. "Das Essen brennt an ..."
"Bei mir brennt auch etwas an", gab ich ihm zurück und genoss sein dunkles und doch herzerwärmendes Lachen, dass nach meinen Worten aus seiner Kehle kam.
"Du kriegst nicht genug, oder?"
"Wir haben ja auch gerade erst angefangen. Wie sollte es also je genug sein?"
Ganz sanft nahm er mein Kinn zwischen seine Finger und verengte seine Augen, um mich genaustens zu mustern. Ich dachte bereits, ich hätte etwas falsches gesagt, da hab er mir jedoch noch einen letzten Kuss auf meine Stirn, ehe er sich ganz von mir löste.
"Es wird nie genug sein", sprach er ehrlich und nachdem er sich wieder auf den Weg in die Küche machte, erhob ich mich neugierig aus dem Bett und zog mir meinen Slip über. Mein Blick fiel herab zu meinem Kleid, doch der Gedanke nur in Unterwäsche die Küche aufzusuchen, reizte mich zu sehr, als das ich mir die Mühe machte es aufzuheben. Barfuß lief ich über den dunklen Holzboden und in das offene Wohnzimmer, welches bereits sonnendurchflutet war.
Im Fernseher lief eine türkische Serie und der Geruch von frischen Brötchen, Tomaten und Kaffee lag in der Luft. Als meine Augen zur Küchenzeile schweiften, erkannte ich auf Ayaz Schultern Kratzspuren und legte darüber amüsiert ein breites Grinsen auf.
"Habe ich dir weh getan?", provozierte ich und lief dabei weiter auf ihn zu. Er drehte sich nur kurz zu mir herum und war wohl gerade dabei, etwas in der Pfanne vor sich anzubraten.
"Du mir weh getan?", wiederholte er mich mit hochgezogener Augenbraue und als ich genau neben ihm zum Stehen kam, strich ich mit meinen Fingerspitzen über einen der Kratzer entlang. Er spannte bereits jetzt wieder seinen Oberkörper an und ich ließ es mir nicht nehmen, mich auf meine Zehenspitzen zu stellen und zärtlich über seine Haut zu küssen. "Du könntest mir nicht weh tun", belächelte er meine vorherige Aussage und ließ dabei die Pfanne los, um eine meiner Hände in seine zu nehmen. Er sah zu ihr herab und drückte einen Kuss auf meinen Handrücken, um anschließend wieder auf in meine Augen zu sehen. "Zumindest nicht mit deinen kleinen Händen."
"Kleine Hände?"
"Zierlich eben."
"Dafür, dass sie so zierlich sind, habe ich deinen Rücken aber ziemlich beansprucht."
"Wer hat hier wen beansprucht?", wollte er herausfordernd wissen und ich quiekte im nächsten Moment erschrocken auf, als er meine Hüfte umfasste und mich ohne Anstrengung auf die Küchentheke hob. Er spreizte meine Beine auf und drängte sich zwischen diese, um gleichzeitig meine Oberschenkel fest zu umfassen. Dieser Umschwung kam so plötzlich, doch genau das machte es noch intensiver.
"Ich habe immerhin auf deinem Gesicht gesessen. Also hatte ich die Kontrolle."
Unsere Augen fixierten sich ...
Gefährlich - und doch vertraut.
"Weil ich sie dir gelassen habe", hauchte er an meinen Mund und zog mich in einen stürmischen Kuss, der sofort dieses süchtig machende Gefühl in meinem Unterleib auslöste.
"Lass sie mir nochmal", keuchte ich voller Leidenschaft und spürte währendessen seine Härte zwischen meinen gespreizten Beinen. Meine Mitte zog sich zusammen, während sich immer mehr Hitze in mir anstaute.
"Geduld ...", sprach er eindringlich, als er sich aus unserem Kuss löste und mich voller Überlegenheit anlächelte. Seine rechte Hand entfernte er von meinem Oberschenkel, um ohne seinen Blick von mir zu nehmen die Pfanne von der Herdplatte zu schieben.
"Geduld?", wiederholte ich ihn und rückte mit meinem Po etwas noch vorne, um ihm mit vollem Einsatz zu demonstrieren, wie sehr ich mich ihm hingeben wollte. Er sah grinsend zu mir herab und legte seine Hand an meine Wange.
"Du musst gleich nach Hause und mir ist es wichtiger, dass du vorher noch etwas isst, als das ich dich noch mehr beanspruche."
Mein Blick fiel zu der Pfanne neben mir herab. Ich erkannte Rühreier und Tomaten, die wirklich lecker aussahen, doch mein Türke war das, was ich haben wollte. Kein Frühstück!
"Ach, Ayaz", flüsterte ich selbstbewusst und rückte wieder von der Theke herunter, wodurch er einen Schritt rückwärts machte. Er beobachtete mich neugierig, während ich mich mit dem Rücken zu ihm drehte und die Pfanne vor mich zog. Ich brachte meinen Körper gekonnt vor ihm in Pose und bewegte meinen Po leicht hin und her. Dabei nahm ich die Gabel vom Tresen zur Hand und führte sie in die Pfanne. "Ich kann mehrere Dinge gleichzeitig."
Ich sah flüchtig über meine Schulter und genau in seine Augen, um anschließend etwas der Tomate auf meiner Gabel aufzuspießen. Genüsslich führte ich sie zu meinem Mund und ließ es mir schmecken, wobei ich aber plötzlich so hart von Ayaz an die Theke neben mir gestoßen wurde, dass die Gabel mir aus den Fingern glitt.
Und jetzt hatte ich endlich das, was ich wollte ...
"Du Provokateurin", raunte er mir von hinten ins Ohr und ich genoss das erregte Vibrieren seiner Stimme, als seine Hände sich wie von selbst auf meine Pobacken legten. Sein breiter Oberkörper drückte sich gegen meinen Rücken und er keilte mich zwischen sich und der Theke ein. Gefangen in einem Strudel aus Lust und Leidenschaft ...
"Würdest du mir geben, was ich will, müsste ich gar nicht provokant sein ...", hauchte ich vor mich hin, da hörte ich aber auch schon sein vergnügtes Auflachen. Fassungslos drehte ich mich in seinen Armen herum und sah ihm irrtiert dabei zu, wie er die Gabel vom Tresen neben mir nahm und ein weiteres Stück der Tomate aufspießte. Er führte die Gabel vor meinen offen stehenden Mund und es war mir ein absolutes Rätsel, wieso er mir nicht nachgab. Immerhin stand ich nur in Unterwäsche vor ihm und bettelte ja fast schon um seine Aufmerksamkeit.
Ich konnte mir ein genervtes Augen verdrehen nicht vermeiden, als ich die Tomate zwischen meine Lippen nahm und anschließend damit begann, auf dieser herumzukauen. Es schmeckte wirklich gut, dass erwähnte ich jedoch einfach aus Trotz nicht.
"Sauer?", wollte er lächelnd wissen, da zuckte ich aber nur den Schultern.
"Nein, aber wir könnten gerade etwas sehr viel schöneres machen, als hier zu stehen und Tomaten zu essen."
"Es gibt Wichtigeres, Nives."
"Und was?", hakte ich nach, da lehnte er sich zur Seite und nahm eine weiße Tasse zur Hand, die er mir reichte. Er wirkte irgendwie nachdenklich, was mir nun doch ein ungutes Gefühl gab. Hatte ihm die Nacht doch nicht so gut gefallen, wie erhofft? War ich zu aufdringlich? Was zum Teufel hatte ich falsch gemacht?
Mit diesen Selbstzweifeln im Verstand, nahm ich die Tasse an mich und roch an dem wohlriechenden Kaffe, ehe ich mir einige Schlucke davon genehmigte.
"Zum Beispiel, was gestern passiert ist, bevor du her gekommen bist."
Irrtiert wandte ich meine Augen zu ihm auf und verstand nicht, was genau er meinte.
"Was soll passiert sein?", wollte ich wissen und schon begann mein Kopf wieder zu dröhnen. Ich versuchte auch selbst mich zu erinnern, um Ayaz seine Frage zu beantworten - es war jedoch, als wäre mein Erinnerungsvermögen wie weg gefegt.
"Du tauchst hier mitten in der Nacht mit einem Maserati auf. Deine Wimperntusche verschmiert und deine Augen voller Begierde. Ich hab aber auch Angst und Panik in deinem Blick erkannt. Was hat dir diese Gefühle ausgelöst? Versteh mich nicht falsch ... Ich würde dich am liebsten mit mir zurück ins Bett befördern und mich den ganzen Tag nur mit deinem wunderschönen Körper beschäftigen. Das kann ich aber nicht, wenn ich das Gefühl habe, dass dir etwas Schlechtes wiederfahren ist."
"Ai, Ayaz", entkam es mir überfordert und ich wandte mich zur Seite aus seinen Armen heraus, um mit der Tasse in der Hand einige Schritte ins Wohnzimmer zu machen. Flüchtig starrte ich aus dem Fenster und spürte dabei ganz genau, wie er mich mit seinen Blicken durchbohrte. "Ich hab keine Ahnung mehr", erklärte ich dann und drehte mich wieder zu ihm herum. "Da waren viele Leute und Musik. Ich weiß noch, dass ich getrunken habe und Riziero aufgetaucht ist. Danach war ich plötzlich hier."
"Riziero?"
Ayaz spannte sich an und legte schlagartig einen finsteren Ausdruck auf.
"Ja, Riziero. Ich habe ihn raus geschmissen aus der Villa und-"
Ich stoppte mich selbst, als sich plötzlich Dario in meinen Verstand drängte. Sein Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf, doch ich konnte überhaupt nicht zuordnen, wo ich ihn getroffen hatte. Allerdings sprach Ayaz von einem Maserati ...
"Mein Onkel", erklärte ich, als hätte ich eine Erleuchtung gehabt. "Er hat mich her gefahren."
Ayaz Mund öffnete sich und er trat noch näher an mich heran, um mich mit geweiteten Augen zu mustern.
"Dein Onkel? Du hast deinen Onkel dich hier zu mir fahren lassen?", wurde er lauter und es passte mir gar nicht, dass er seine Worte wie einen Vorwurf klingen ließ. Es lag in meiner Natur, sofort hochzufahren und in den Angriffsmodus zu gehen.
"Dio Mio!", wurde also auch ich lauter und stellte die Tasse neben mich auf den Couchtisch. "Wenn du so feige bist, muss ich ja Maßnahmen ergreifen!"
"Feige?!", wiederholte er mich und schüttelte kaum merklich seinen Kopf. "Es gibt einen Unterschied, zwischen feige und vorsichtig sein!"
"Er wird schon nichts sagen!"
"Darum geht es nicht!"
"Weißt du was!", zischte ich und lief los in Richtung Schlafzimmer. "Wenn du auf mich gehört hättest, würden wir gerade heißen Sex auf der Küchentheke haben und nicht streiten!"
"Wir streiten nicht!", wiedersprach er mir und folgte mir ins Schlafzimmer hinein. Ich wollte gerade nach meinem Kleid greifen, da umfasste er jedoch mein Handgelenk und drängte mich mit seinem Körper an die Wand. "Ich will nur, dass wir vorsichtig sind und das du besser auf dich achtest. Du solltest nicht so viel trinken, dass du einen Filmriss danach hast."
"Ich habe nicht viel getrunken", verteidigte ich mich und befreite mich dabei aus seinem Griff. "Ein paar Gläser Wein und einen Cocktail."
"Warum dann ein Filmriss?!"
"Ayaz!", warnte ich ihn und trat an ihm vorbei zu meinem Kleid, um dieses aufzuheben. "Es reicht! Du machst dir Gedanken um nichts! Ich bin hier! Bei dir! Ist das nicht etwas Gutes?!"
"Doch! Natürlich!"
"Also! Dann hör auf über etwas nachzudenken, was überhaupt keine Rolle spielt. Wen interessiert, was letzte Nacht war, bevor ich bei dir war?"
Er atmete tief durch und wollte mir gerade etwas erwidern, da hörte ich jedoch sein Handy nebenan klingeln. Er sah mich eindringlich an und schien nicht dran gehen zu wollen. Als es aber noch mal anfing zu klingeln, lief er ins Wohnzimmer herüber und ich nutzte die Zeit, um in mein Kleid zu schlüpfen. Ich lauschte neugierig und hielt dabei den Atem an - da er türkisch sprach, erledigte sich das mit dem Spionieren aber schnell wieder.
"Nives?"
Ich lief ebenfalls ins Wohnzimmer und beobachtete ihn, wie er sein Handy auf den Couchtisch legte und sich mir zuwandte.
"Was ist los?"
"Das war Yavuz. Dein Opa sucht dich überall und ist außer sich vor Sorge."
"Scheiße", entkam es mir mit einem schlechten Gewissen und ich suchte eilig wieder das Schlafzimmer auf, um meine Schuhe hektisch anzuziehen und mein Kleid zu richten.
Als ich zurück zu Ayaz lief, reichte dieser mir an der Wohnungstür angekommen plötzlich ein Handy, was ich für einen Moment irritiert musterte.
"Ein Aufklapphandy? Was bin ich? Ein Gangster der dem FBI entkommen will?"
"Es ist nur zum telefonieren."
"Du meinst, um mit dir zu telefonieren, oder?"
Ayaz setzte trotz unserer vorherigen Diskussion ein Schmunzeln auf. Obwohl ich immer noch so aufgewühlt war, musste auch ich Lächeln und stellte mich auf meine Zehenspitzen, um ihm einem dankbaren Kuss auf seine Lippen zu geben.
"Für dich bin ich jederzeit erreichbar."
"Das erwarte ich auch, Prinzessin."
Ich schüttele lächelnd meinen Kopf und nachdem er die Wohnungstür geöffnet hatte und ich einige Schritte in den Flur machte, drehte ich mich ruckartig herum.
"Mein-"
"Dein-"
Gleichzeitig stoppten wir und er verschwand sofort um die Ecke, um nur Sekunden später wieder vor mir aufzutauchen. Er hielt mir meinen Würfel entgegen, den ich auch gleich an mich nahm und stolz in meiner Hand betrachtete.
"Danke", hauchte ich zu Ayaz auf und es gefiel mir gar nicht, nach solch einer schönen Nacht wieder nach Hause zu müssen. Dieser Mann war wie eine Zuflucht für mich. Eine Zuflucht, in der mein Hass keine Chance hatte mich einzunehmen und in der es kein Chaos gab.
Naja ... Zumindest brachte er mich alleine mit seinem Lächeln wieder dazu, mich zu entspannen, nachdem ich auszuflippen drohte.
"Soll ich dich fahren?"
"Nein. Ich wollte noch etwas Zeit ganz alleine für mich, bevor der Wahnsinn mich wieder einnimmt."
"Aber du rufst mich an?"
"So verzweifelt?", zwinkerte ich und genoss sein freches Grinsen, um mich daraufhin auf den Weg nach Hause zu machen.
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