27 | Sünden
"Wie kann jemand, den ich erst so kurz kenne, so viel in mir auslösen..."
Mein Herz pochte voller Sehnsucht, während Ayaz diese Worte zu mir herab flüsterte und dabei seine Hand an meine Wange legte. Zärtlich begann er damit, seine Finger über meine Haut streichen zu lassen. Jede Berührung so intensiv, dass es meinen Körper zum Beben brachte.
"Ich weiß es selbst nicht", hauchte ich mit zitternder Stimme und verlor mich weiterhin in seinen dunklen Augen. Ich hätte Jahre damit verbringen können, ihn so zu betrachten, jedoch genügten wenige Sekunden, uns wieder zu trennen.
Kaum, dass mein Handy in meiner Jackentasche klingelte, schien es, als würden wir aus einem lang gelebten Traum erwachen. Ayaz löste sich von mir, was in mir das Gefühl auslöste, etwas zu vermissen, dass nicht greifbar war. Waren diese Gefühle real? Konnte ein Mann so schnell alles in mir zum Wanken bringen? Mich süchtig machen nach etwas, dass ich nicht mal gekostet hatte?
Ich verstand mich und meine Empfindungen selbst nicht mehr - schob aber all das Chaos auf meine momentane Familiensituation. Zögerlich nahm ich meine Augen von seinen und sah herab auf mein Handy. Es war mein Vater.
"Willst du nicht dran gehen?
Überfordert blickte ich wieder auf zu Ayaz, der mich nur fragend musterte.
"Nein", erklärte ich und wusste aber gleichzeitig, dass mein Vater keine Ruhe geben würde. Außerdem wollte ich nicht, dass er mich die ganze Nacht suchen würde. "Aber ich muss."
Ich kehrte Ayaz den Rücken zu und nahm den Anruf entgegen.
"Wo bist du?! Komm mir jetzt bloß nicht mit Ausreden! Ich hole dich ab."
"Ich komme morgen früh vor der Schule nach Hause."
"No!", schrie er in den Hörer und ich holte tief Luft. War klar, dass er so reagieren würde. Flüchtig fiel mein Blick zu Ayaz neben mir, der mich durchgehend im Blick hielt. "Nichts morgen früh! In 5 Minuten hab ich deinenStandort!"
Er beendete das Gespräch und ich ließ meine Hand mit dem Handy sinken, um mich Ayaz zuzuwenden.
"Ich muss sofort gehen."
"Ich weiß", gab er mir zurück und kam dabei auf mich zu. Ich dachte, er würde mir die Tür aufmachen wollen, doch er packte sich plötzlich meinen Nacken und zog mich nah an sich heran. "Aber nicht ohne deinen Slip, Prinzessin."
Er hauchte diese Worte an meine Lippen und gespannt beobachtete ich ihn, wie er an mir vorbei zu seiner Kommode neben der Tür griff. Ein dreckiges Grinsen bildete sich in meinem Gesicht, als er mit dem Slip in der Hand vor mir in die Hocke ging.
"Heb dein Bein an", forderte er und ich hob es auch direkt an, um mit einem Fuß in den Slip zu steigen. Es erregte mich auf eine vollkommen neue Weise, ihm dabei zuzusehen, wie er in Kopfhöhe genau vor meinem Becken saß. "Jetzt das andere."
Ich tat, was er verlangte und kaum, dass der Slip wieder um meine Beine gelegt war, zog Ayaz ihn quälend langsam hinauf. Mein Körper fing an zu zittern und ich legte meinen Kopf tief atmend in den Nacken, als er plötzlich damit begann, die Innenseite meiner Oberschenkel zu küssen. Allen in mir schrie förmlich nach mehr von seinen Berührungen, doch ich riss mich zusammen und ließ meine Leidenschaft nicht die Kontrolle übernehmen.
"Deine Haut schmeckt genauso, wie ich es mir vorgestellt habe", hauchte er zu mir auf und stellte sich anschließend langsam wieder auf, um mir den Slip fertig anzuziehen. Meine Augen suchten seine, während ich nur noch ganz flach ein und ausatmete.
"Du hast dir mich vorgestellt?", fragte ich neugierig nach und er begann daraufhin so dreckig zu grinsen, dass ich die Hitze zwischen meinen Beinen sammelte. "Was genau hast du dir vorgestellt?"
"Das, was du wolltest..."
Ich verstand kurz nicht was er meinte, bis ich errötete und an die Sache mit dem Gesicht setzen denken musste. Dieser Gedanke beschämte mich einerseits - andererseits machte es mich unfassbar an, es mir auch nur vorzustellen. Schnell verwarf ich diese Vorstellung aber und konzentrierte mich auf das hier und jetzt.
"Ich sollte jetzt lieber gehen."
"Soll ich dich fahren?"
"Nein, ich bin schon ein großes Mädchen."
Er lächelte auf meine Worte hin genau wie ich und lehnte sich an mir vorbei, um mir zuvorkommend die Tür zu öffnen. "Falls etwas sein sollte, weißt du ja jetzt, wo du mich findest."
"Sind in deinem Job denn überhaupt Privatbesuche gestattet?"
Er schüttelte amüsiert den Kopf, woraufhin ich die Treppen herunter verschwand und nach draußen in die Dunkelheit lief. Die kühle Luft tat mir unbeschreiblich gut und ganz langsam kam ich wieder auf das alles klar. Dort oben war alles anders, als hier draußen. Eine andere Welt, die mir noch oft genug als Versteck vor der Welt dienen sollte.
An der Straße angekommen joggte ich los Richtung Stadt, da ich auf jeden Fall vermeiden wollte, in der Nähe von Ayaz Wohnung auf meinen Vater zu treffen. Immer schneller werdend lief ich über den Asphalt, wobei mir auch einige Menschen hin und wieder über den Weg liefen. Sie interessierten sich aber genauso wenig für mich, wie ich für sie.
"Das müsste reichen", sprach ich mir außer Atem ein paar Straßen weiter selbst zu und schickte meinem Vater auch gleich meinen Standort. Auf eine Bank am Rand setzend, fragte ich mich, was wohl gewesen wäre, wenn ich den Anruf igrnoriert hätte. Sicher mehr, als ich mir überhaupt vorstellen konnte. Doch war ich überhaupt bereit mich jemanden hinzugeben, den ich nicht kannte? Ayaz hatte Recht. So wenig Zeit war vergangen, dass es mir immer noch unwirklich vorkam.
Doch eines fühlte sich realer an, als alles andere. Seine Nähe gab mir mehr Geborgenheit, als die Nähe von Riziero es je hätte tun können. Ihn kannte ich so lange und nie hatte ich mich ihm gegenüber bereit für Neues gefühlt. Bei Ayaz schien alles einfach... als gäbe es keine Skepsis oder die Angst vor Enttäuschung.
"Nives!"
Erschrocken stand ich auf und erkannte meinen Vater, der alleine durch die Dunkelheit hindurch auf mich zugelaufen kam. Er riss mich an sich und umarmte mich etwas zu fest, während er noch einige Küsse auf meine Wange hauchte.
"Hau nicht ab! Du bringst mich damit um, verstehst du das?!"
Er nahm mein Gesicht in seine Hände und sah mich voller Sorge an. Eigentlich hätte ich damit gerechnet, dass er sauer wäre...
"Du hast mich heute auch beinahe umgebracht", erwiderte ich ihm und entzog mein Gesicht seinen Händen. "Du hast drei Männer einfach erschossen!"
"Einfach?", wurde er lauter. "Wer dich bedroht, den bringe ich um! Und wenn es tausend Männer gewesen wären!"
"Also hast du schon mehr Männer getötet als die drei?!"
Wir sahen uns beide tief in die Augen, als würde ein Spiegel zwischen uns stehen. Die gleiche Leidenschaft in der Stimme - der gleiche Ausdruck...
"Mehr, als ich zählen könnte."
Ich hätte am liebsten irgendeine Emotion auf seine Worte gezeigt, egal ob Entsetzen, Wut oder Fassungslosigkeit. Aber ich wollte meinen Vater nicht enttäuschen und so ließ ich mir rein gar nichts anmerken.
"Und warum?"
"Weil jeder einzelne es verdient hatte."
"Hast du auch Mamas Cousin getötet?"
Er schüttelte den Kopf und holte seine Zigaretten heraus, um mir ebenfalls eine zu reichen. Ich lehnte allerdings ab.
"Also lebt er noch?"
"Deine Mutter hat ihn erschossen."
Ich riss ungläubig meine Augen auf und traute dabei meinen Ohren nicht. Mein Herz setzte aus, ehe es in hohem Tempo weiter schlug.
"Du wolltest die Wahrheit und ich wollte dir schon immer alles ehrlich erzählen. Jetzt verarbeite diese Wahrheit und lass mich wissen, wenn du mich brauchst. Das-"
Er sprach weiter, doch ich hörte ihm kaum noch zu und stürzte mich dann doch hilfesuchend in seine Arme. Ich verstand all diese Offenbarungen und doch, verstand ich überhaupt nichts mehr. Alles in meinem Verstand schien durcheinander und Normalität verwandelte sich um mich herum in das absolute Gegenteil.
Nicht nur mein Vater - auch meine Mutter waren dazu fähig, Menschen das Leben zu nehmen. Wieso aber bekam ich jedes Mal solche Predigten, wenn ich mich nur verteidigen wollte? Wieso lebten sie mir solch eine Scheinwelt vor, in der ich nie einen richtigen Platz gefunden hatte?!
Diese Dunkelheit passte zu mir und schon sah ich auf zu meinem Vater, der beruhigend über meinen Rücken streichelte.
"Ich will alles wissen! Alles, was ich wissen muss, um dich so zu kennen, wie du wirklich bist!"
"Du musst nur in den Spiegel sehen, Küken."
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