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18 | Schlägerei

"Du willst dich nicht ernsthaft mit denen jetzt prügeln, oder doch?"

Mit dem Blick auf den einen Typen gerichtet, erkannte ich das Messer in seiner Hand. Ayaz würde mit großer Sicherheit nicht als Sieger aus dieser Situation raus gehen und ganz sicher, würde ich mir nicht die Schuld dafür geben, nur weil er meinte, mich beschützen zu müssen.

"Warum nicht", gab Ayaz mir selbstbewusst zurück und da es ja sein Problem wäre und nicht meins, würde er sich alle Knochen brechen lassen, nickte ich anschließend nur und lief herüber zur Mauer, um mich mit dem Rücken und verschränkten Armen an dieser anzulehnen.

"Na dann - viel Erfolg", sprach ich so desinteressiert es mir möglich war und empfand es trotzdem als vollkommen übertrieben, was Aleksandr und seine möchtegern Proleten hier abzogen.

Die drei Russen umzingelten Ayaz, der zu meiner Verwunderung aber vollkommen ruhig wirkte. Er stand einfach da und starrte geradeaus ins nichts. Ich dachte schon, er würde gedanklich abdriften oder Tag träumen, doch dem war nicht so.

Kaum holte einer der Typen mit seiner Faust aus, drehte sich Ayaz rasend schnell zu ihm herum und schnappte seinen Arm, um diesen mit solch einer Gewalt zu verdrehen, dass der Typ nur wimmernd auf die Knie fiel. Was war das bitte für eine Heulsuse! Ich musste mir bei diesem Anblick wirklich ein amüsiertes Lächeln verkneifen.

Selbst als dann der zweite von hinten kam, schaffte Ayaz es, sich ihm zuzuwenden und schlug ihm seine Stirn mit solcher Wucht mitten ins Gesicht, dass er einige Schritte zurück taumelte. Er blutete und hielt sich schützend die Hände vors Gesicht, während Ayaz plötzlich genau zu mir herüber sah. Seine dunklen Augen fixierten mich und ich musste mir eine ganz kurze Millisekunde eingestehen, dass er jetzt hier, wo er drei Typen überlegen war, irgendwie sexy wirkte. Schnell wich ich seinem Blick aber aus und schüttelte über mich selbst den Kopf.

"Hurensohn!", brüllte Aleksandr und er traf dann als erster auch Ayaz, in dem er ihm einen Faustschlag in die Magengrube gab. Keine Ahnung, wieso, aber mein Herz überschlug sich von diesem Anblick. Ayaz packte sich Aleksandr im nächsten Moment am Nacken und versuchte ihn weg zu schubsen, doch der Russe schlug ihm noch mehrere Male ins Gesicht.

"Pass doch auf!", rief ich Ayaz zu, um über meine eigenen Worte dann entsetzt die Augen aufzureißen. Machte ich mir etwas Sorgen um ihn? Nein! Sicher nicht! Ich wollte nur nicht, dass mein Vater hiervon Wind bekommen würde. Dann dürfte ich vermutlich gar keinen Fuß mehr vor die Tür setzen.

"Angst, dass ich mir weh tue?", entkam es Ayaz, der bereits einen Cut über dem Auge hatte und leicht blutete. Ich schüttelte den Kopf und sah anschließend dabei zu, wie er es nun war, der Aleksandr solch harte Schläge verpasste, dass dieser nach wenigen Augenblicken schon auf die Knie sank.

Mein Blick fiel flüchtig zu dem Typen, der sich immer noch das Gesicht hielt und wohl große Schmerzen hatten. Er wollte sich aber trotzdem nach seinem Messer bücken. Doch nicht mit mir.

Eilig lief ich einige Schritte vor und trat mit meinem Sneaker gegen das Messer, dass einige Meter weit weg geschleudert wurde.

"Unfair, wenn man Waffen gegen jemanden einsetzt, der mit Fäusten kämpft, oder?"

Der Typ nahm seine Hände vom Gesicht und holte schlagartig aus, um mir eine zu verpassen. Kurz bevor seine Hand allerdings meine Wange erreichte, zog Ayaz mich an meiner Schulter zurück und umgriff das Handgelenk des Typen, um ihm sofort mitten ins Gesicht zu boxen.

"Ich kann mich auch alleine wehren!", beschwerte ich mich und nachdem auch dieser Kerl zu Boden fiel, sah ich mich beeindruckt um. Anscheinend hatte er wirklich irgendeine Ausbildung gemacht, um sich als Bodyguard beweisen zu können, denn alle drei Russen lagen auf dem Asphalt und krümmten sich vor Schmerzen.

"Ich weiß", gab Ayaz mir zurück und da fiel mein Blick wieder zu ihm auf. Ich erkannte das Blut, dass aus seinem Cut über dem Auge tropfte und auch seine aufgeplatzte Lippe. "Trotzdem ist es-"

"Dein Job. Ich weiß", erwiderte ich ihm und konnte es trotzdem nicht lassen, noch mal auf Aleksandr zuzulaufen. Dieser saß am Boden und hielt sich mit einer Hand den Kopf, um mit seinem bösartigen Ausdruck zu mir aufzusehen. "Wehe du scheiß Kerl kommst mir noch mal zu nah! Sei froh, dass mein Bodyguard hier war! Ich hätte dir das Messer in deine hässliche Visage gerammt! Wichser!"

Ich zeigte ihm meinen Mittelfinger und drehte mich anschließend wieder zu Ayaz herum, der sich plötzlich leicht krümmte und eine Hand an seiner Seite liegen hatte.

"Komm mit", wies ich ihn an und lief langsam neben ihm her aus der Seitengasse heraus. Wir kamen an einer mir bekannten Kreuzung an und ich nickte zur Seite. "Da vorne ist der Boxclub meines Onkels."

Wir liefen noch einige Meter den Gehweg entlang, bis wir an der breiten Doppeltür ankamen und ich diese aufzog. Hier drinnen roch es immer so intensiv nach Leder, was zwar unangenehm war, doch man gewöhnte sich daran. Zusammen nahmen wir die wenigen Treppenstufen nach oben und dann kamen auch schon die Umkleiden auf der rechten Seite. Ich öffnete die Tür und sah einige Männer, die gerade in ihren Rucksäcken und Spinten herumwühlten.

"Alle raus! Sofort!", wies ich sie an und zeigte dann noch auf einen. "Bring mir ein Handtuch und Wundcreme."

"Wer ist die Kleine?", wollte einer belustigt wissen, da stellte ich mich ohne Ausdruck genau vor ihn.

"Kleine? Erzähl das meinem Onkel, Felice. Mal sehen, was er davon hält!"

Der Mann machte große Augen und schnappte sich auch gleich seinen Rucksack, um nach draußen zu verschwinden. Ich schnappte derweil Ayaz Arm und führte ihn zu einer Sitzbank, wo er Platz nahm.

"Geht's?", hakte ich nach und ging direkt vor ihm in die Hocke.

"Denkst du ernsthaft, ich hätte Schmerzen?", grinste er dämlich zu mir herunter und ich verdrehte daraufhin nur meine Augen. Mussten Männer immer auf hart machen.

"Hier."

Der eine Mann legte gerade mehrere Handtücher und die Creme neben Ayaz auf die Bank, um gleich wieder zu gehen, da entdeckte ich voller Verwirrung plötzlich Blut an Ayaz Shirt. Ich legte vorsichtig meine Hände an den Stoff und riss ungläubig die Augen auf, als ich eine tiefe Schnittwunde erkannte, aus der Blut heraus lief.

"Ai, dio mio! Wieso hast du nichts gesagt!", regte ich mich auf und sah auf zu Ayaz, der nur dämlich zu lächeln begann.

"Als würde es dich kümmern. Es ist nichts! Wir können gehen und ich nähe es zu Hause."

"So siehst du aus", entgegnete ich ihm und musste mir wohl selbst eingestehen, dass ich ihn so verletzt nicht gehen lassen wollte. Eigentlich hatte er ja Recht - es sollte mich nicht kümmern und trotzdem, nahm ich eines der Tücher und drückte es ihm auf die Wunde.

Er zuckte davon kurz zusammen, was mich zum Grinsen brachte.

"Du liebst es, andere leiden zu sehen, oder?", wollte Ayaz auf mein Grinsen hin wissen, da nahm ich seine Hand und legte sie mittig auf das Handtuch.

"Halt den Mund und lass das nicht los", wies ich ihn an und stand anschließend auf, um mir von oben herab sein Gesicht genauer anzusehen. Er lehnte seinen Kopf nach hinten an die Wand und sah ebenfalls zu mir auf. "Du hättest dich nicht mit drei Typen gleichzeitig anlegen sollen."

"Aber du?"

"Ich hätte nicht so viele Verletzungen", gab ich ihm ohne Ausdruck zurück und nahm dabei etwas von der Creme auf meine Finger.

"Wenn ich gewollt hätte, hätte ich gar keine", erwiderte Ayaz mir und nickte kaum merklich nach unten. Ich folgte seinem Blick und er zog mit seiner freien Hand das Shirt etwas an, sodass auch seine andere Seite freilag. Eine Pistole kam zum Vorschein und sofort hob ich mein Gesicht wieder an.

"Warum hast du sie nicht eingesetzt?"

"Das waren keine richtigen Männer, Prinzessin. Nur Halbstarke, die unfair gekämpft haben."

Ich musste ihm wohl Recht geben und da ich aber eigentlich sowieso vor hatte, ihn los zu werden, konnte ich diese Situation zu meinem Vorteil nutzen. Ganz langsam ging ich also noch einen Schritt vor und sah ihm dabei von oben herab tief in seine braunen Augen. Er schien irrtiert und ich vergeudete keine Zeit mehr und ließ mich seitlich auf seinem Schoß nieder, bedacht darauf, nicht an seine Verletzung zu kommen.

Mich wunderte es, dass er sich überhaupt nicht gegen mich wehrte und für einen Moment, da sahen wir uns einfach nur an.

"Warum willst du nicht beschützt werden?", flüsterte Ayaz nach einer Weile in die Stille und ich fing sanft mit meinen Fingern an, die Creme auf seinem Cut zu verteilen. Seine Haut fühlte sich warm an und es machte mich irgendwie nervös, so auf ihm zu sitzen und seinen Blicken ausgeliefert zu sein. Das machte mich verletzlicher, als er es in diesem Moment war.

"Weil beschützt zu werden, auch etwas damit zu tun hat, kontrolliert zu werden... Ich will mich frei fühlen, das ist alles."

"Deswegen willst du mich also mit solch plumpen Anmachversuchen los werden? Weil du denkst, ich kontrolliere dich?"

"No", widersprach ich ihm und legte dabei die Creme wieder ab, um mich auch überfordert wieder von seinem Schoß zu erheben. Ich dachte, es würde einfach werden. Ein bisschen flirten, es meinem Vater erzählen und schon wäre der Kerl weg. Doch er ging auf meine Annäherungen überhaupt nicht ein und schaffte es sogar noch fast, dass ich mich ihm öffnen würde.  "So ist es nicht und außerdem, geht es dich auch nichts an! Also stell mir nicht so dumme Fragen!"

"Ach, da ist ja die kleine, verwöhnte Prinzessin wieder. Ich dachte schon, ich hätte sie verloren."

"Arschloch!", entkam es mir und ich schmiss ihm eines der Handtücher mitten ins Gesicht, was ihn aber nur zum Auflachen brachte. Auch ich musste widerwillig schmunzeln und erst, als die Tür der Umkleide plötzlich aufgerissen wurde, verstummten wir.

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