einundzwanzig.
Elizabeth || Angenehmer Kaffeegeruch dringt mir in die Nase, sobald wir die Tür des Cafés öffnen. Die Wärme des Raumes schlägt mir entgegen und ich bin froh darüber, da meine Hände sich anfallen, als würden sie gleich abfallen.
Der Wintereinbruch näherte sich unaufhaltbar und auch wenn England nicht gerade als Antarktis bekannt ist, friere ich, sobald die Kalenderblätter auf November umschlugen.
Isabel neben mir scheint unseren kleinen Spaziergang durch die Kälte genauso wenig genossen haben, denn sie reibt sich neben mir die Hände, um warm zu werden.
„Was machen wir in Chelsea, Liz?", beschwert sich meine beste Freundin. „Hier fühle ich mich schon arm, wenn ich nur aus der U-Bahn aussteige."
Ich lache leicht, denn sie hat Recht. Mir geht es nicht anders in dem völlig überteuertem Viertels London, in dem Poundnoten schon beim Frühstück verbrannt wurden.
„Ich muss arbeiten, dass habe ich dir doch vorhin schon gesagt", erkläre ich ihr.
Mein Blick schweift durch das Café und an einem der Tische im hinteren Teil sehe ich die zwei Personen, weswegen ich hier bin.
Schnell wende ich meinen Blick ab und führe Isabel zu einem Tisch, von dem aus ich alles im Blick haben kann, ohne selbst entdeckt zu werden.
„Da dachte ich aber noch, dass wir kurz einen Abstecher zu Modest machen werden, bevor wir die Innenstadt unsicher machen", meint meine beste Freundin verwirrt, setzt sich aber bereitwillig rechts von mir an den kleinen Tisch, den eine kleine Kerze in ein gemütliches, warmes Gelb färbt.
Das Café ist in gemütlichen Farbtönen gehalten, aber dennoch außerordentlich modern. Es wirkt hip und scheint eine der angesagtesten Adressen in Chelsea zu sein, zumindest der Anzahl an Besuchern nach zu urteilen. Obwohl wir einen Dienstagnachmittag haben, platzt das Café aus allen Nähten und mir tun die drei Bedienungen leid, die von einem Tisch zum anderen hetzen müssen.
„Wir können später shoppen gehen, versprochen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen", entgegne ich und erinnere mich dunkel daran, dass meine Mutter diesen Spruch geliebt hat. Letztendlich ist das Vergnügen in ihrem Leben viel zu kurz gekommen.
Seit wann arbeitest du in Chelsea?", erkundigt sich Isabel bei mir.
Eine Kellnerin kommt vorbei, reicht uns zwei Speisenkarten und lässt uns dann wieder alleine, um aus der gigantischen Auswahl von Kuchen und Torten die richtige Wahl zu finden, wie sie uns mit einem Augenzwinkern erklärt.
„Seitdem Harry hier ein Date hat und wir ihn dabei unauffällig beobachten werden", erkläre ich, sobald die Kellnerin uns wieder verlassen hat.
„Stalker", entgegnet Isabel trocken und sieht sich unauffällig um, bis sie Harry ebenfalls am anderen Ende des Restaurants entdeckt hat. Er hat uns den Rücken zugedreht, allerdings ist er unschwer an seiner Frisur sowie seinen breiten Schultern zu erkennen. Sein senfgelbes Hemd tut das Übrige, um zu wissen, wer er ist, wenn man denn nach ihm sucht.
„Ich bin kein Stalker!", protestiere ich so lautstark, dass sich das Paar an dem Tisch neben uns stirnrunzelnd in unsere Richtung dreht. Beschämt sehe ich weg und bemühe mich, leiser zu reden. Nicht, dass sie gleich die Polizei auf mich hetzen werden. Ich bin mir zwar sicher, dass ich in meinem grauen Pullover sowie der einfachen Jeanshose wie ein ganz normales Mädchen wirke, aber sicherlich sagen das alle Stalker über sich.
„Es ist nur so, dass ich sichergehe will, dass ich nicht schon wieder ein furchtbares Blinddate organisiert habe", rechtfertige ich mich. „Außerdem hilft es vielleicht, Harrys Datingverhalten zu analysieren und festzustellen, was er bei anderen Dates besser machen kann."
Isabel schüttelt grinsend den Kopf und nickt in Sternchens Richtung. „Auf diesem Gebiet scheint er absolut keine Nachhilfe zu brauchen."
Ich folge ihrer Bewegung und muss zugeben, dass sie Recht hat. Denn Harry scheint Ava ein Dauergrinsen auf die Lippengezaubert zu haben.
Darin scheint er gut zu sein. Anscheinend funktioniert dies nicht nur bei mir, sondern auch allen anderen weiblichen Wesen. Und ich bin mir sicher, dass Harry sich dessen auch allzu bewusst ist.
In meiner Brust bildet sich ein Knoten.
Unsere Kellnerin kommt wieder an unseren Tisch. Isabel bestellt einen Apfelkuchen mit Zimt, während ich wahllos auf den erstbesten Kuchen auf der Karte zeige.
Ich bin viel zu gefangen in Harrys Anblick gewesen, sodass ich völlig vergessen habe, einen Kuchen auszuwählen.
Unsere Kuchen werden vorbeigebracht und heißhungrig stürzen wir uns darauf.
„Dieser Kuchen ist verdammt gut", meint Isabel begeistert nach dem ersten Bissen. „Dafür lohnt es sich beinahe, dass er wahrscheinlich die Hälfte meines Monatsgehalts kostet!"
Lachend muss ich ihr zustimmen und genieße meinen Schokoladenkuchen, während ich ab und an einen Schluck Kakao trinke.
Vor Isabel thront eine Tasse Kaffee. Schwarz und ungesüßt, so wie ihre Seele, wie sie immer so gerne sagt.
Als Ava an uns vorbeigeht, um die Toiletten aufzusuchen, blicke ich nach unten und lasse Isabel reden, damit uns das rothaarige Mädchen nicht erkennt.
Ansonsten geht unsere Stalkernummer blendend auf. In Ruhe beobachten meine beste Freundin und ich das Date, während wir in unseren eigenen, in der Vergangenheit stattgefundenen Verabredungen schwelgen. Nicht alle davon sind uns in positiver Erinnerung verblieben. Aber nach einiger Zeit über all die misslungenen Dates zu reden, macht irgendwie Spaß.
„Erinnerst du dich noch an Robert?", fragt Isabel mich.
Wenn ich ganz ehrlich bin, komme ich mit all ihren Bekanntschaften so langsam nicht mehr mit. Meine beste Freundin hat die Gabe, ihr Leben in vollsten Zügen genießen zu können, ohne sich um die Konsequenzen Gedanken zu machen.
Es gibt Tage, da wünsche ich mir, ebenfalls etwas von ihrer Risikobereitschaft zu besitzen, anstatt in meiner Komfortzone zu verweilen.
Aber spätestens seitdem ich für meine kleine Schwester mitverantwortlich bin, bin ich zur Vernunft in Person mutiert.
„War das der Drogendealer aus East London mit der coolen Frisur?", frage ich sie, da ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe, von wem genau sie spricht.
„Nein, das war Richie. Schnuckeliger Typ." Isabel winkt ab. „Robert war der Bankangestellte, der noch mit seiner Mutter zusammengewohnt hat."
Mir geht ein Licht auf. „Ich erinnere mich, den mochte ich eigentlich ganz gerne. War das nicht derjenige, der dir vor Aufregung bei eurem ersten Date seine Cola über dein neues Kleid geschüttet hat?"
Isabel lacht nickend. „Genau. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob er mich nicht einfach nur nackt sehen wollte."
Grinsend erinnere ich mich daran, wie empört Isabel mich während des Dates aus der Toilette des Nobelrestaurants angerufen hatte, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, um ihre Hände zum Trocken ihres Kleides freizuhaben.
Bis heute bin ich überzeugt, dass Robert wirklich nur vor Aufregung das Glas ausgerutscht ist.
Ein kleiner Teil von mir fragt sich, ob Harry wegen eines Dates überhaupt Aufregung verspüren würde. Mein Blick wandert zu ihm, wie er so selbstsicher in seinem Stuhl thront, als könnte ihn nichts umhauen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob er die Selbstsicherheit nur vorspielt oder er mittlerweile so daran gewöhnt ist, dass ihm alle Frauen vor den Füßen liegen.
Schnell wende ich meinen Blick ab und konzentriere mich wieder auf Isabel, die von ihrem nächsten Desaster berichtet.
Lachend schwelgen wir in Erinnerungen über Toby und Daniel, bis Isabel schließlich anfängt, Harry genauer zu mustern.
„Vielleicht hat er ja seine Traumfrau gefunden. Er sieht wirklich ganz glücklich aus", kommentiert sie.
„Tut er das?", entgegne ich beiläufig. Meine Augen starren Harry Löcher in seinen Hinterkopf und ich wünschte, seinen Gesichtsausdruck sehen zu können, um ihn besser lesen zu können. Seine entspannten Schultern und seine Hand, die verdächtig nah neben Avas auf dem Tisch liegt, lassen mich wissen, dass Ava wahrscheinlich Recht hat.
„Warum klingt es, als würdest du es ihm nicht gönnen?", fragt Isabel mich und mustert mich, als wüsste sie, dass irgendetwas überhaupt nicht stimmt.
„Doch, das tue ich. Wirklich", stoße ich mit so viel Überzeugung wie möglich hervor.
Wir waren Freunde. Ich sollte Harry sein Glück gönnen können. Oder zumindest sollte ich das. Aber der Teil meines Herzens, der anfing, schneller zu schlagen, sobald er mich ansah, wehrte sich dagegen, mich für Harry zu freuen. Ich bin eine furchtbar schlechte Person.
„Aber?", hakt meine beste Freundin mit sanfter Stimme nach. So laut und leicht im Nehmen sie auch war, sie wusste immer, wenn mich etwas beschäftigte.
Einen Moment überlegte ich, ob ich sie anlügen solle. Ob ich ihr erzählen sollte, dass sie Gespenster sehe. Dass mit mir alles in bester Ordnung ist.
Aber ich habe keine Kraft mehr so zu tun, als wären Harry und ich nur Freunde. Als wäre nicht immer dieses Kribbeln in meinem Bauch, sobald ich mich auch nur im selben Raum mit ihm aufhalte.
„Ich habe mit Harry geschlafen, Iz", presse ich hervor so schnell es geht, um es endlich einmal auszusprechen.
Meine beste Freundin verschluckt sich an ihrem Schluck Kaffee und versucht hustend wieder genug Luft in ihre Lungen zu bekommen.
Das Paar neben uns schüttelt erneut missbilligend die Köpfe. Doch dieses Mal ist es mir völlig egal, was sie von mir halten oder wie sehr sie unserem Gespräch folgen.
„Ich war bei ihm im Haus, um noch etwas wegen der Arbeit zu besprechen. Dann wollte ich gehen, aber er hat mich überredet, noch zu bleiben und hat für mich gekocht. Das kann er übrigens wirklich gut. Nicht das dies wirklich wichtig wäre", erzähle ich.
„Wir haben gegessen, uns einen Film angesehen und dann ist es einfach so passiert", berichte ich dann hastig ohne Luft zu holen.
„Zufälle gibt es. Ich habe auch andauernd Sex, weil es einfach so passiert. Siehe da, in einem Moment stehe ich noch vollkommen angezogen im Wohnzimmer und im nächsten befindet sich mein Körper zufällig mit dem eines anderen verbunden. Als wäre er einfach in mich hineingerutscht. Das passiert mir auch ständig, Liz. Ist schließlich eine vollkommen normale Alltagssituation", entgegnet Isabel trocken.
Ich muss über ihre Worte lachen. „Du weißt genau, wie ich es meine. Ich habe das Ganze einfach nicht geplant gehabt."
„Ja, ich weiß, wie du es meinst. Dafür kenne ich dich schließlich lange genug." Meine beste Freundin zwinkert mir zu. „Wie war es? Hat es sich gelohnt?"
Vor meinem Auge blitzen Gedankenfetzen auf, von denen ich nicht sicher bin, ob ich sie am liebsten für immer an einem besonderen Platz aufheben oder so schnell wie möglich vergessen will.
Harrys sanfte Lippen auf meinen. Seine Hände, die so vorsichtig über meinen Körper streichen. Sein stockender Atem in meinen Ohren. Die Gänsehaut, die er mir mit jeder seiner Berührungen geschenkt hat. Seine Augen, die mich ansehen, als wäre ich einzigartig.
„Es war wunderschön und ich kann an nichts anderes mehr denken", gebe ich leise zu.
Isabel mustert Harry, der sich gerade durch die Haare streicht und uns immer noch nicht bemerkt hat.
„Wie denkt er darüber?", fragt sie mich dann.
„Ich weiß es nicht, denn ich habe das Richtige getan", gebe ich zu. „Ich habe ihm gesagt, dass es ein Fehler war und nicht wieder passieren wird."
Ich kann das Mitleid in ihren Augen sehen. Sie durchschaut mich, auch ohne dass ich die Worte aussprechen muss. „Du verdienst es auch einmal geliebt zu werden, Liz."
Meine Gabel klaut ein Stück ihres Apfelkuchens, den ich eigentlich gar nicht mag, aber ich brauche etwas zu tun. Ansonsten breche ich in Tränen aus.
„Ich schätze, dass ist wieder das Schicksal, das in mein beschissenes Leben eingreift. Nur um es noch mehr zerstören zu können. Da finde ich nach Jahren endlich mal wieder einen Mann, den ich lieben könnte und dann ist es der einzige, den ich niemals haben kann", meine ich tonlos und zerhacke den Apfelkuchen fester, als es nötig wäre.
„Du könntest es trotzdem versuchen. Sag ihm einfach, dass du es mit ihm probieren möchtest", schlägt Isabel vor.
„Was sollte Harry Styles bitte von einem Mädchen wie mir wollen? Wenn er jede andere haben könnte?", murmele ich.
„Vielleicht überrascht Harry dich ja. Und wenn nicht, dann ist er ein Arschloch. Jeder Mann sollte sich glücklich schätzen, dich zu haben", protestiert sie vehement.
Ich schüttele den Kopf. „Nun das werden wir wohl nie herausfinden. Denn mein Job hängt davon ab und ich kann nicht riskieren, ihn zu verlieren. Abgesehen von meiner Vertragsklausel wäre es äußerst unprofessionell, mich einem Klienten aufzudrängen."
Isabel setzt an, um etwas zu entgegnen, doch ich bitte sie stumm, das Thema fallen zu lassen. Sie tut mir den Gefallen.
„Was willst du jetzt machen?", fragt sie mich schließlich, nachdem ihr Blick zwischen mir und Harry gewandert ist.
„Was schon?" Ich zucke die Achseln. „Ich werde weiterhin versuchen, Harrys Traumfrau zu finden, denn das ist mein Job. Dann werde ich ihn abhaken und den Kontakt aufs Mindeste beschränken", erzähle ich ihr von dem Plan, den ich gestern Abend geschmiedet hatte, als ich wieder einmal schlaflos meine Zimmerdecke angestarrt hatte.
„Was ist, wenn er den Kontakt nicht beschränken möchte? Wie reagierst du dann?", will Isabel wissen.
Ich werde vor einer Antwort gerettet, da Harry und Ava an unserem Tisch vorbeigehen und uns erkennen, auch wenn wir schnell woanders hingehen.
„Hey, Ava! Hey, Harry! Was für ein Zufall, euch zu sehen. Wir waren gerade bei Isabel zuhause und haben uns gedacht, dass wir uns doch einmal ein paar Stücke Kuchen gönnen können", meine ich und zwinge mich zu einem Lächeln.
„Der Kuchen ist aber auch wirklich gut hier! Ich treffe mich hier jeden zweiten Mittwoch mit einigen Freundinnen", lächelt Ava freundlich.
Isabel neben mir sieht sie an, als hätte sie uns gerade ihren Kontostand offenbart. Ich stoße sie in die Rippen, denn Ava ist wirklich ein nettes Mädchen.
Harry und sie werden ein wundervolles Paar werden. Und je schneller Harry eine Freundin findet, desto schneller werde ich ihn aus meinem Leben löschen können.
„Wir wollten noch einen kleinen Spaziergang machen, bevor ich Ava dann nach Hause bringe", erzählt Harry und wendet sich dann lächelnd an Ava. „Willst du schon einmal rausgehen, ich habe was vergessen und komme sofort nach."
Das Mädchen verlässt das Café und Harry beugt sich zu mir herunter.
„Glaub nicht, ich wüsste nicht, dass du hier bist, um mich zu kontrollieren", flüstert Harry mir ins Ohr, wobei sein Atem auf meiner Haut kitzelt. „Ich hoffe, du bist zufrieden mit meinem Aufritt."
Ich zwinge mich dazu, zu grinsen und kurz mit den Schultern zu zucken. „Ich musste doch schauen, dass du dich bemühst. Ava scheint nett zu sein. Also versaue es nicht", entgegne ich und versuche, begeistert zu klingen.
Lachend streckt Harry mir die Zunge heraus und verlässt dann ebenfalls das Café. Ohne die geringste Ahnung zu haben, welche Wirkung er auf mich hat.
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Hey ihr Lieben!
Es tut mir leid, dass das neue Kapitel so lange auf sich warten gelassen hat! Bei mir geht es momentan drunter und drüber und ich finde einfach keine Zeit zum Schreiben.
Wenn sich dann mal eine Lücke auftut, starre ich auf das leere Blatt und die Worte wollen einfach nicht aufs Papier. Ich hoffe, dass sich dies während der Weihnachtstage wieder ändern wird!
Freut ihr euch schon auf Weihnachten? Habt ihr irgendwelche Wünsche?
Ich kann es kaum erwarten, endlich entspannt ein bisschen Zeit mit meiner Familie zu verbringen und abzuschalten.
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