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Nur durch den Schein der Sterne war es Quinn Carter noch möglich, den Weg vor sich zu erkennen. Lange war er ziellos durch die Gegend geirrt, ohne begreifen zu können, was er erfahren hatte.
Zwei Wochen. Nur vierzehn Tage lang war es ihm vergönnt gewesen, Ruhe zu finden. Und selbst diese hatte er nur schwer finden können. Er hatte erfahren, dass sein Vater schwer krank war. Er hatte Sharleen verloren und nicht die Möglichkeit erhalten, mit ihr zu sprechen. Und nun erfuhr Quinn, dass er, genau wie vor vier Jahren, seine Heimat verlassen musste. Es war nicht fair! Quinn ballte die Hände zu Fäusten und trat gegen einen Findling, der am Wegesrand lag. Ein Schrei entstieg seiner Kehle, wütend und hoffnungslos.
Er hatte doch nicht überlebt, um nun zum wiederholten Male auf dem Schlachtfeld zu stehen. Doch Quinn wusste, dass er nicht drum herum kam.
Als sich die Menge vor dem Rathaus zerstreute hatte, konnte Quinn selbst einen Blick auf den Aushang wagen.
An alle heimgekehrten tapferen Kämpfer! Der Schein, der Kampf wäre vorbei, hat sich gelegt. Erneut braucht das königliche Heer eure Unterstützung. Kämpft! Zieht in die Schlacht! Für eure Familien und euer Land.
Versammelt euch am ersten Tag des neuen Monats und kehrt gemeinsam zurück.
Sir Schafrah
Es klang wie eine nette Einladung, doch er wusste es besser. Wer den Befehl nicht befolgte, wurde abgeführt und an die Grenzen gebracht. Es war besser, man ging selbstständig.
In zwei Tagen würde er seine Familie verlassen müssen und Quinn war sich der Tatsache bewusst, dass es seine Mutter nur schwer ertragen würde.
Und ein weiterer düsterer Gedanke schwirrte augenblicklich durch seinen Kopf. Würde er seinen Vater je wieder zu Gesicht bekommen? Ein Zittern erfasste den Körper des jungen Mannes und er spannte all seine Muskeln an. Wie von einer höheren Macht gesteuert, begann Quinn zu rennen. Immer schneller und verzweifelter rannte er durch die Stoppeln der Felder. Hart trafen seine Füße auf den ausgetrockneten Boden und je schwerer sein Atem ging, desto stärker und kräftiger trat er auf. Kühle Nachtluft umfing ihn und er kam schon bald an den Punkt, an dem er das Ziehen seiner Lunge und das Streiken seiner Beine nicht mehr spürte. Er fühlte sich leicht und frei und dies war im Moment das einzige, das ihn noch am Boden hielt.
Atemlos und doch zutiefst befriedigt ließ er sich auf das Feld fallen, legte sich auf den Rücken und schloss die Augen.
Der Weizen spießte ihn in die Haut, doch Quinn drückte sich nur noch fester in die spitzen Halme.
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Der Abschied von seinem Vater fiel ihm schwer, doch Quinn war darauf bedacht, keine Schwäche zu zeigen. Er wollte stark sein und zwang sich sogar, in einem seiner schwersten Momente, ein Lächeln auf die Lippen. Melvin Carter legte seine schwache Hand auf den Arm seines Sohnes und sah ihn voller Stolz an. „Wer die Gefahr nicht schätzten lernt, wird nie den richtigen Weg finden." Quinn drückte seinen Vater kurz an sich und verließ den Raum. Wäre er länger geblieben, hätte seine aufgesetzte Maske nicht mehr lange standgehalten.
Felicity stand mit Tränen in den Augen vor dem Haus und sah Quinn voller Trauer an. „Das hast du nicht verdient, mein Kind." Er wischte mit dem Zeigefinger eine Träne weg, die in ihrer Wimper hängen geblieben ist. „Keiner hat das.", sagte er und zog seine Mutter in eine feste Umarmung. „Mach dir nicht zu viele Gedanken um mich. Sei stark für Vater." Sie nickte an seiner Schulter und unterdrückte einen aufkeimenden Schluchzer. Er hatte gehofft, Sharleen würde sich von ihm verabschieden, immerhin hatte die Nachricht die Runde gemacht. „Wenn du sie siehst..." Felicity schaute mit rotgeränderten Augen auf. „...Sharleen. Wenn du das Mädchen siehst, sag ihr, dass es mir leid tut. Sag ihr mir wird es gut gehen." Mitleidig strich die Mutter ihrem Sohn durch das Haar. Sie wusste, es hätte ihm viel bedeutet sie hier zu sehen. „Das werde ich. Und nun geh." Quinn nahm seinen Beutel und drehte sich um. In die Richtung, aus der er erst vor so kurzer Zeit zurückgekehrt war.
„Kehr wieder Heim." Felicity Carter flüsterte diese Worte, doch Quinn hatte sie gehört. Und er hoffte er könnte den Wunsch seiner Mutter erfüllen.
Er wünschte es so sehr...
Auf dem Platz, direkt vor dem alten Rathausgebäude, hatten sich junge Männer versammelt. Nicht mehr als fünfzehn, wie Quinn nach einiger Betrachtung feststellen konnte. Jüngere und Ältere.
Und genau wie beim letzten Mal, stand ein Offizier des Heeres inmitten der Rekruten. Quinn erkannte in ihm den vierzig-jährigen Kairo, der für die Ausbildung der Jüngeren zuständig war. Auch Quinn wurde von ihm getriezt und lernte auf unsanfte Weise das Kämpfen. Der Mann hielt eine Liste in der Hand und schaute grimmig in die Menge.
„Die Ruhepause ist vorbei! Ab jetzt gelten dieselben Regeln wie das letzte Mal. Unter euch sind neue Rekruten. Kümmert euch darum, dass sie nicht zurückfallen." Quinn musste sich zusammenreißen um nicht sofort den ganzen Platz abzusuchen. Wieder wurden sechzehnjährige Kinder eingezogen und er kam nicht umhin, sie zu bemitleiden.
„Ich kontrolliere die Anwesenheit und dann werden wir ohne zu Zögern aufbrechen. „
Durch die Meldepflicht der Einwohner, konnte kein Junge ab dem Erreichen des sechzehnten Lebensjahres seinem Schicksal entgehen. Doch in diesem Zusammenhang keimte in Quinn erneut die Frage, wie es Arek geschafft hatte seinem Einbezug zu entkommen. Vielleicht durch das nötige Geld ...
Nacheinander verlas Kairo die Namen und wie es zu erwarten war, fehlte niemand.
Schweigend, jeder in seinen eigenen Gedanken, folgten die jungen Männer dem Offizier. Hin und wieder bellte er die Letzten an, sie sollen schneller machen.
„Bekommt man hier auch etwas zu Essen?" Neben Quinn lief ein schlaksiger Kerl, dessen pechschwarzes Haar wirr von seinem Kopf abstand. Er war der Erste der seit Stunden etwas sagte, und das so leise, dass nur Quinn es hören konnte. „Erst wenn wir Rast machen." Der Junge machte ein gequältes Gesicht und griff sich an den Bauch. „Das halte ich nicht aus." Nach einer kurzen Pause hielt er Quinn die Hand entgegen. „Ich bin Samuel Teaser."
„Quinn." Samuel runzelte die Stirn. „Und weiter?" Quinn sah wieder nach vorn und atmete tief durch, bevor er den Jungen von der Seite anblickte.
„Ist der Name jetzt noch wichtig, Kleiner?"
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