8. Kapitel - Kometen
Es war noch stockfinster draußen, als meine Mutter mich an diesem Tag aufweckte und dennoch konnte ich draußen die ersten Elfen hören.
Bevor ich mich bei ihr wegen der frühen Uhrzeit beklagte, fiel mir wieder ein, dass ich noch vor der Trainingsstunde mit Meister Aloïs zum Frühstück mit der Königsfamilie eingeladen war. Eilig zog ich mir daher ein relativ lockeres schwarzes Hemd und eine gleichfarbige lockere Hose an. Den Bund verengerte ich daraufhin mit einem ebenso schwarzen Stück Stoff, welches beim Nähen übrig geblieben war. Sobald ich dies erledigt hatte, trank ich das Wasser, welches Orima mir hingestellt hatte und verabschiedete mich von ihr bevor ich zügig los ging. Eilig lief ich bis zum Mittelpunkt der Stadt, wo der Palast der Königsfamilie in der Luft schwebte.
Mit großen Schritten eilte ich die Stufen zum Palast hinauf, um dort von den ersten Leibwächtern aufgehalten zu werden.
„Anliegen?", wollte der vorderste Elf neutral wissen. Oft schon hatte ich mich gefragt, warum sie mich überhaupt noch ansprachen, da ich nicht selten gemeinsam mit Lya den Palast betreten hatte. Dennoch erledigten sie nur geflissentlich ihren Beruf, also wollte ich ihnen diesen nicht noch weiter erschweren.
„Die Thronfolgerin Lya hat mich zu einem gemeinsamen Frühstück mit ihrer Familie eingeladen". Die Wache blickte fragend zu einem der hintersten Männer, welcher zustimmend nickte. Scheinbar hatte er sich die Gästeliste für diesen Tag merken müssen. Als sie mich dann vorbei ließen, lächelte ich Ihnen noch einmal freundlich zu und betrat den großen Saal.
Auch wenn der Palast im Vergleich zu den anderen Häusern riesig war, so lebte Lya mit ihren Eltern nur in einem kleinen Teil. Der Rest war unter anderem zugleich der Arbeitsplatz des Königspaares, als auch ein Ort für Versammlungen oder gemeinsame Mahlzeiten.
Auch an diesem Tag war ein großer Tisch in der Mitte des großen Saals aufgebaut, an welchem verschiedene Elfen saßen.
König Balthaïr sprach immer gerne mit den verschiedensten Bürgern seines Reiches, meist in dem er sie zu einem gemeinsamen Essen einlud. Als ich ihn einst gefragt hatte, warum er dies tat erklärte er mir, dass er so die individuellen sowie allgemeinen Probleme im Elfenreich früher erkannte und aufheben konnte.
Auch nun sprach er interessiert mit einem Elfenpaar, welches ihm begeistert etwas zu erzählen schien. Obwohl die Gesprächspartner fast am anderen Ende des Tisches saßen, schien es keinen zu stören.
Bevor ich letzten Endes noch weiter verloren in dem riesigen Saal herum stehen konnte, gesellte ich mich zu Lya. Der Platz neben der Erbin des Königreiches war zu meinem Stammplatz geworden. Neben meiner besten Freundin, am Kopfende, saß das Königspaar, welches mich mittlerweile nur zu gut kannte.
„Nyra, Liebes, wie geht es dir? Ich hoffe es macht dir nicht so viel aus heute etwas verfrüht zu essen. Wie du wahrscheinlich schon von Lya erfahren hast, haben sie und Balthaïr heute noch viel zu erledigen und dementsprechend müssen sie beginnen", leitete Königin Amara augenblicklich ein Gespräch ein. Die offene und freundliche Art, die sie dabei offenbarte, hatte sie auch an Lya weiter vererbt.
Anfangs fand ich diese Flut an Worten sehr einschüchternd, da ich es einfach nicht gewohnt war von anderen Elfen, als Lya und Orima in der Art angesprochen zu werden. Mit der Zeit konnte ich allerdings erkennen, dass sie es nur gut meinte und wirklich interessiert an meiner Meinung war. Amara - sie hatte mich schon lange dazu aufgefordert sie ohne königliche Titel anzusprechen - war sehr beliebt im Volk der Elfen.
Die Königin war dafür berühmt ein echtes Interesse an den Leben ihrer Gefolgschaft zu haben. Sie war bekannt dafür mit jedem zu sprechen, ihm jede Menge Fragen zu stellen und sich die Antworten darauf auch alle zu merken. Wenn sie dann ein weiteres Mal mit dem selben Elf sprach, zögerte sie auch nicht das bereits Erfahrene mit in die Konversation einfließen zu lassen.
Obwohl König Balthaïr sich in vielen Wegen von seiner Tarsa differenzierte, hatte er genau diese Eigenschaft mit ihr gleich. Nur war sie nicht ganz so stark ausgeprägt. Während sich Amara vor allem dem Wohlbefinden ihres Volkes widmete, war es Balthaïrs zentrale Aufgabe, die Außenpolitik unter Kontrolle zu halten. Dies bezog sich auf die Nachbarstädte Alkota und Thidult sowie auf die Abgrenzung zu den Menschenreichen. Balthaïr ließ sich trotz der Regentschaft nicht den einen oder anderen Scherz ersparen, welcher auch immer wieder die ganze Stadt Tage später noch amüsierte.
Dementsprechend war das Königspaar beliebt und stets hoch angesehen bei den Elfen. Hinzu kam, dass sie alle sehr Bodenständig geblieben waren.
Lya als Tochter der Beiden war die perfekte Mischung aus den Charakterzügen der Herrscher und viele Elfen setzten große Hoffnungen in ihre zukünftige Königin.
„Amara! Es freut mich dich wieder zu sehen! Mir geht es ausgezeichnet! Euch hoffentlich auch?", erwiederte ich ihren Gruß grinsend. Lyas Mutter hatte eine Ausstrahlung, die selbst die schüchternste und zurückgezogenste Person sich ihr öffnen lassen würde. „Und natürlich ist es kein Problem einmal früher aufzustehen. Meiner Disziplin schaden tut es auf keinen Fall". Amara lachte laut auf und Lya hieb mir spielerisch in die Seite. Gespielt beleidigt rieb ich mir die Stelle, die nicht einmal wirklich weh tat.
„Das freut mich mein Kind - und wie du siehst geht es uns auch prächtig! Hattest du das letzte Mal nicht erzählt, dass du versuchen würdest die Unterrichtsstoffe, die du verpasst hast nachzuholen? Wie läuft es damit?", wollte die Königin freundlich wissen. Unsicher lächelte ich auf diese Frage, da es mir unangenehm war darauf vor so vielen Elfen angesprochen zu werden.
Dennoch ruhig erzählte ich ihr von meinen Fortschritten und Erfolgen. Während ich erzählte klinkte sich auch der Elfenkönig in unser Gespräch und hörte mir aufmerksam zu. Das Gespräch mit dem anderen Elfenpaar hatte er scheinbar beendet.
In mir zog sich daher alles zusammen, da nun die meisten Elfen, die an diesem Tisch saßen, mir zuhörten und mich somit sehr verunsicherten. Letztendlich brachte ich es jedoch über mich und aß ein wenig meines Frühstücks, welches zentral aus frischem Obst bestand. Dabei fragte mich Balthaïr auch nach meinem Wunsch einem Beruf anzunehmen und ich erklärte ihm, dass ich mittlerweile überlegte mich den Sammlern anzuschließen. Sowohl Lya, als auch Orima wussten davon bereits.
Mein König versprach mir daraufhin, mir einen der besten und freundlichsten Sammler zu zeigen, bei welchem ich dann später in meine Lehre gehen sollte. Ich bedankte mich für diesen Vorschlag herzlichst und war insgeheim froh über meine indirekte enge Verbindung zu dem Königspaar.
Schließlich, als ich merkte wie sich der Himmel draußen erhellte, musste ich mich schweren Herzens von Lya verabschieden. Dabei wünschte ich ihr viel Erfolg bei dem wichtigen Gesprächen zu den Stadtmeistern der umliegenden Gebiete und richtete mich auch ein weiteres Mal meinen Dank an König Balthaïr für die Hilfe, welche er mir anbot.
Mit zügigen Schritten lief ich dann aus dem Saal hinaus zu der Lichtung auf welchem uns unsere Meister stets unterrichteten. Als etwas sinnlos betrachtete ich das schon, da die Übungskämpfe mit den Soldaten vor dem Palast stattfinden würden.
Die Zeit in der ich zu der Lichtung lief, nutzte ich um über den König nachzudenken. Obwohl dieser soeben so freundlich gewesen war, konnte ich ihn dennoch als meinen größten Feind im Elfenreich einstufen. Wüsste er nämlich was ich war, wäre er der Erste, der mit erhobenem Schwert auf mich zu schreiten würde. Genau dieser Gedanke machte es mir somit auch im Allgemeinen schwer, eine ordentliche Konversation mit ihm zu führen, da dieser Hintergedanke stetig wie ein wildgewordener Kolibri in meinem Kopf herum schwirrte.
Die Sonne färbte den Himmel bereits rosig, als ich bei der Lichtung und somit rechtzeitig zum Unterricht ankam, nur um gleich darauf mit allen anderen Schülern wieder zurückzukehren. Auch wenn ich mich nicht darauf freute, hatte Meister Aloïs eine Trainingseinheit mit bereits erfahrenen Elfenkriegern geplant, um uns auf Ernstfälle vorzubereiten, da wir sein ältester Kurs waren und wir bald mit unseren Lehren starten würden und unsere Ausbildung bei ihm somit abgeschlossen wäre.
So kam es dazu, dass meine Mitschüler, Meister Aloïs und ich kurz darauf vor dem großen Besprechungssaal des Elfenkönigs standen und uns, mit Schwertern bewaffnet, den ausgewählten Soldaten gegenüber stellten.
Ich kannte meinen Gegner vom Sehen, wusste allerdings weder wie gut er kämpfen konnte, noch wie er hieß. Auf den Befehl des Meisters hin, begannen die Übungskämpfe.
Mein Gegenüber starrte mich auffordernd an, doch ich blieb in meiner Verteidigung und tat wie es von mir erwartet wurde. Meine Umgebung war genauso klar, wie die Bewegungen des Elfs vor mir.
Ich erkannte, dass bald das Sonnenlicht auf die Lichtung brechen und ihn vermutlich blenden würde, sollte er mich nicht schon zuvor besiegt haben. Der Wind ließ die Blätter der umliegenden Urzeitriesen rascheln und brachte den Geruch von Morgentau und Schweiß von meinen umliegenden Schülern mit, die bereits tief in ihre Kämpfe eingesponnen waren. Der kühle Griff meiner Waffe lag leicht in meiner Hand, war aber im Gegensatz zu meinem eigenen Schwert, keine Verlängerung meines Armes. Der Griff war etwas zu breit für meine Hand und könnte bei einem harten Schlag leicht aus meiner Hand gleiten.
Mein Gegenüber beobachtete mich genauso, wie ich es tat. Wir achteten auf jede kleine Regung des anderen und umkreisten uns immer mit dem gleichen Abstand. Sein Körper war angespannt, seine Waffe, ebenso wie meine zur Verteidigung gehoben.
Vermutlich wartete er, dass ich meine Geduld verlor, doch mein Interesse lag nicht in einem Kampf. Ich mochte Schwertkämpfe zwar schon immer gerne, allerdings lief ich jedes Mal Gefahr meine Kontrolle zu verlieren. Und das wäre ein tödliches Missgeschick.
Gerade als der Elf mit den langen zu einem Zopf geflochtenen Haaren merkte, dass ich nicht beginnen würde und er angreifen musste, überrumpelte mich ein Gefühl. Viel mehr eine Ahnung. Während mein Gegner also in einer schnellen Bewegung auf mich zu kam, um mich anzugreifen, ließ ich mein Schwert fallen. Wegen meiner Sinne, hörte ich auf den Kampf zu beachten.
Der Elf hielt verdutzt in seinem Angriff inne, nicht ohne mir sein Schwert an die Kehle zu halten.
Durch die Veränderung meiner Umgebung ignorierte ich das kalte Stück Metall und schaute mich lieber um. Das Gefühl verschlechterte sich noch weiter und trieb mich dazu, mich umzuschauen und meine anderen Sinne zu schärfen.
Es roch nicht mehr nur noch nach Schweiß und der frischen Luft, die bei Morgentau entstand. Ein mir nur zu vertrauter Geruch stieg mir in die Nase. Ein Geruch, der mir so bekannt war, wie mein eigener Herzschlag. Er strömte aus der Richtung des Sonnenaufgangs auf den Platz. Entgegen des Windes, der nur für wenige Sekunden gedreht war und mir somit nur zufällig die ungewöhnliche Note offenbart hatte. Eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper, als ich es langsam realisierte.
„Nyra! Bist du außer Sinnen?! Du kannst doch nicht einfach dein Schwert mitten in einem Kampf weg schmeißen! Vojir hätte dich schon längst töten können!".
Mein Meister kam auf mich zu gestürmt, hielt allerdings in seiner Kritik inne. Vielleicht lag es an meinem Blick, den ich auf ihn richtete, der ihn stoppen ließ.
Ich wusste, dass er widerspiegelte, was ich fühlte... und in diesem Moment war es leichte Angst.
Bevor er mich darauf ansprechen konnte, setzte ich selbst an zusprechen. Vojir, mein Gegner, senkte sein Schwert irritiert. Er hatte sich den Kampf vermutlich auch nicht so vorgestellt.
„Irgendetwas läuft gerade falsch. Ich rieche Feuer. Nicht gerade wenig Feuer...".
Kurz nachdem ich es aussprach, passierte zu vieles gleichzeitig.
Ein entsetzter Schrei ertönte und reichte deutlich hörbar für alle bis in die Innenstadt. Mit der Ankunft des Schreis, flog ebenso ein riesiger Feuerball über den letzten Baum des Außenrings und traf eines der Häuser in unserer Nähe.
Perplex schützten die Anwesenden ihre Gesichter, als das Holz des Baumes durch die Wucht der schweren Kugel zersplitterte und vollkommen zerstört wurde.
Das tiefe Loch in dem Haus hatte einen Großteil des Innenlebens nicht nur freigelegt, sondern auch vollkommen auseinander genommen.
Die entsetzte Stille aller anderen hielt noch länger an, als das Feuer der Kugel langsam auf das Holz übergriff, um wenige Sekunden später das ganze Einschussloch zu verbrennen und sich rasend schnell auszubreiten.
Angst brach in mir aus, denn auch wenn es nicht meine Flammen waren, erinnerte mich der Anblick nur zu sehr an etwas, dass ich schon längst versuchte, aus meinem Kopf zu verbannen.
Meister Aloïs, war der Erste, der sich regte.
Mit einer unglaublichen Kontrolle über sein Element, bändigte er ein wenig Wasser, um das Feuer so gut es ging einzudämpfen.
Seine Mühen wurden jedoch nicht belohnt.
Was für die Elfen schien, wie ein paar Minuten, waren in Wirklichkeit nur wenige Sekunden. Und auf diese sollten noch einige weitere Folgen. Während Aloïs das Feuer eindämpfte, schossen noch zwei weitere Kometen über die natürlichen Mauern des Waldes und ließen Wolken aus Splittern entstehen.
Die Regungslosigkeit der Elfen stoppte, sobald der Offizier, welcher gegen Nyras Erzfeind Conan gekämpft hatte, die große Glocke in der Nähe des Palasts erklingen ließ.
Zuerst langsam und dann umso schneller verstanden die Elfen, dass sie angegriffen wurden. Regung kam in die sonst so ruhige Elfenstadt. All diejenigen, die im richtigen Alter waren griffen nach ihren Waffen.
Binnen Sekunden hatten sich die Krieger zusammen geschlossen. Die Soldaten, standen vorne, während alle anderen Elfen dahinter genauso bereit waren zu kämpfen.
Es rasten immer mehr und mehr Elfen auf den Platz. Elfen aus allen Teilen der Stadt kamen über die Bäume zum Hauptplatz.
Die Brücken zwischen den Häusern wurden zu einer Einbahnstraße.
Hektik, Panik und Entschlossenheit strömten durch die Reihen der Krieger, während sie sich auf den Kampf gefasst machten.
Und während alles in der Panik versank, stand Nyra nur auf der Stelle und starrte auf den brennenden Wald. Die älteren Elfen schubsten sie unachtsam aus dem Weg, um an ihre Plätze zu kommen und so fand sie sich schnell am Rande der Lichtung.
Befehle wurden gebrüllt und in nur wenigen Sekunden hatten sich die Elfen organisiert, um ihre Heimat zu verteidigen. Erste Gruppen waren schon unterwegs.
Lediglich die Schüler, unter ihnen Nyra, sollten vorerst in der Stadt bleiben.
Die Reihenfolge der Einschüsse betrachtend starrte sie verloren und entsetzt zu dem Palast des Elfenkönigs, in welchem sich der König und ihrer beste Freundin noch immer befanden. Ihr wurde bewusst, dass dort ebenso etwas schief gelaufen war.
Bevor sie die Chance hatte zu realisieren, was dies bedeutete, wurde sie schlagartig umgewuchtet. Gleich darauf spürte sie die Wucht eines Einschlags.
Ihr Körper wurde weg gefegt, ebenso wie der ihres Retters.
Unsanft wurde sie durch die Luft geschleudert, spürte, wie sich Splitter versuchten in ihre Haut zu bohren. Doch diese wurde von Schuppen geschützt.
Panisch brach sie die automatisch aufkommende Verwandlung gerade noch so ab und landete unsanft auf dem Boden, wo sie noch weitere rollte, bis sie von alleine liegen blieb.
Ihr ganzer Körper brannte und sie konnte nicht gerade wenige sehr oberflächliche Schürfwunden an Teilen ihres Körpers ausmachen.
Nach Atem schnappend, richtete sie sich keuchend auf und blickte entsetzt zu der Stelle, wo sie vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte.
Das Haus stand in lodernden Flammen. Ihr vom Aufprall noch lädierte Körper zitterte, während sie sich nach ihrem Retter umschaute.
Zu ihrem Missfallen schien es der Elf Conan gewesen zu sein, da er sie wütend anfunkelte.
Als er auf sie zu ging trug er seine Wut förmlich im Gesicht. Sein Körper war bis aufs Äußerste angespannt und er schien, als wäre er kurz davor auszurasten.
„Gibt es eigentlich auch nur eine Situation in deinem Leben, wo du nicht nur im Weg stehst?!".
Nyra jedoch hörte seine gefauchten Worte nicht, sondern blickte wieder zu dem Palast, welcher als einziges Gebäude noch unbeschädigt war.
Sorge breitete sich in ihr aus und riss an ihrem Herzen. Es pumpte noch schneller, als es das so oder so schon durch das Adrenalin tat.
Ihr entsetzter Blick richtete sich auf den vor Wut fast platzenden Conan vor ihr. Ausnahmsweise ignorierte sie, dass er eigentlich kein Freund von ihr war.
„Sie zielen auf den Palast!", das entsetzte Hauchen, ließ den jungen Elf innehalten. „Sie wollen den König! Lya und er sind noch nicht draußen!".
Panik stieg durch ihren Körper und ließ sie den Schmerz vergessen. Sie konnte und würde Lya nicht verlieren. Sie konnte es nicht zulassen.
In übermenschlicher Geschwindigkeit brach sie die Einbahnstraße aus Elfen und sprang die Brücke der Bäume hinauf; als sie merkte, dass sie durch den Gegenstrom nicht voran kam, änderte sie ihre Taktik und nutzte den Vorteil, den sie durch das Training ihrer Mutter bekommen hatte; mit großen Sprüngen kletterte sie höher und höher auf den Geländern der Brücken entlang, kletterte über Plattformen und ihre Füße tanzten über den Boden, als sie sich immer weiter zu den Baumkronen vorkämpfte. Einige Elfen warfen ihr irritierte Blicke zu, mussten sich aber auf ihre eigenen Aufgaben konzentrieren. Waghalsige Drehungen und Sprünge begleiteten Nyra auf ihrem Weg.
Was sie jedoch in ihrer Eile nicht bemerkte, war ein weiterer Komet, welcher abgefeuert wurde. Dieses Mal mit dem Ziel, vor dem sich das Mischwesen so fürchtete. Es zielte auf die Eingangstür, aus dem in genau diesem Augenblick die zukünftige Elfenkönigin und ihr Vater schwer atmend hinaus traten. Beide waren sie erschöpft, von dem Kampf, den sie in dem Inneren des Palasts hatten austragen müssen, anstatt ihrem Volk helfen zu können.
Gelähmt betrachteten sie die riesige Feuerkugel, verstanden nicht was passierte.
Nyra griff in diesem Augenblick nach einer Liane und schwang sich zu der Plattform, die kurz vor ihrem Ziel war, um Lya auch im Inneren des Palasts zu warnen. Eine Bewegung in ihrem Augenwinkel, ließ sie jedoch kurz innehalten und ihr Herz stehen bleiben.
„Lya", flüsterte sie entsetzt.
Der Grund ihrer Panik wurde wahr, denn ein weiterer der tödlichen Schüsse flog direkt auf die Elfe und ihren Vater zu. Keiner der beiden machten Anstalten sich zu retten. Der Tod war bereits über den letzten Baum geflogen.
„LYA!". Der Schrei, der jungen Elfe hallte schallend durch den ganzen Wald, verbreitete die Verzweiflung, die sie gerade verspürte, summend in alle Himmelsrichtungen und verklang erst in weiter Ferne in den Baumkronen. Er ließ viele Elfen zu der Königsfamilie aufschauen und übertrug das Entsetzen der Situation auf alle Zuschauer.
Es gab keine Option mehr, sich zu entscheiden. Es galt nicht mehr abzuwägen, was der Schaden war, welcher für sie entstehen würde.
Alles was zählte waren ihre Handlungen.
Ein Hechtsprung.
Mit einem lauten Zischen breiteten sich ihre Flügel das erste Mal bei Tageslicht aus. Binnen weniger Sekunden war aus dem kleinen Mädchen, ein viermal so großer Schatten geworden.
Die dunklen Schuppen funkelten matt im Sonnenlicht und breite Schwingen fingen ihren kurzen Fall ab. Sie vergrößerten den Körper um ein Vielfaches.
Verzweifelt nutzte sie all ihre Kraft, baute mit wenigen Flügelschlägen eine atemberaubende Geschwindigkeit auf und zischte auf ihre beste Freundin zu, welche nun sie voller Entsetzen anstarrte. Nyras Muskeln brannten von dem unerwarteten Sprint, doch sie hatte ein Wettrennen zu gewinnen. Ein Wettrennen gegen den Tod.
Die Kugel schoss immer weiter auf ihre zweite Familie zu.
Ein lauter Knall ertönte -
Holz zersplitterte -
Entsetzte Schreie -
Ein lautes Krachen -
Dann war es still.
Nur damit kurz darauf das Chaos ausbrechen konnte.
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