Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

{ 39. Kapitel }

„Was soll das heißen, er ist nicht mehr hier?"

Fassungslos bohrte sich mein Blick in die rot gesprenkelten, goldenen Augen Navarras.

„Beruhige dich", antwortete der hochrangige Layph vor mir und faltete seine Hände, die auf dem massiven Schreibtisch vor ihm ruhten, zusammen.

„Wieso sollte ich mich beruhigen? Ein Monster, das mich beinahe ausgesaugt hätte, ist von dieser verdammten Akademie verschwunden!" Meine Brust senkte sich hektisch auf und ab und ich stützte mich schwer auf die Ablagefläche vor mir.

„Ich verstehe deine Aufregung", bemühte er sich sichtlich um Beschwichtigung. „Glaube mir, auch ich habe mich heute Morgen gewundert, als Sakras nirgendwo aufzufinden war. Aber jetzt kennen wir wenigstens den Grund. Er wird von der Insel geflohen sein und sich hier nicht mehr blicken lassen."

„Woher wollen Sie das wissen?", hakte ich nach.

„Sakras wusste von der Strafe, die einem jeden Layphen drohte, wenn er sich an dir...vergreift. Verbannung. Nun, er hat sich offensichtlich dazu entschieden, sich selbst ins Exil zu schicken, ohne ein weiteres Zutun meinerseits." Navarra wandte seinen Blick von mir ab und ließ ihn gedankenverloren durch den Raum schweifen. „Er wird sich nicht trauen, noch einmal hier aufzutauchen. Er weiß, dass sich dann ein jeder an dieser Akademie gegen ihn stellen wird, und er nicht so einfach unbeschadet fliehen kann, wie in der letzten Nacht."

„Cyrion hat ihn den Balkon hinuntergeworfen!", entfuhr es mir entgeistert, bevor ich mich selbst stoppen konnte. „Wie kann er da unverletzt sein?"

Navarras Augen weiteten sich einen kurzen Moment. „Oh." Er blinzelte einmal und räusperte sich. „In Ordnung, also ich weiß nicht, inwiefern du mit unseren Fähigkeiten vertraut bist, aber sagen wir es so... Ihr Neyen seid nicht die einzigen Wesen, die über ungewöhnliche Talente verfügen." Ein kleines Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln.

„Welche Fähigkeiten denn beispielsweise?", erkundigte ich mich misstrauisch, aber auch mit einer gehörigen Portion Neugierde in meiner Stimme.

Navarra entfaltete seine Finger und legte die Handflächen aneinander, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt. „Da du nun einige Zeit mit uns verbringen wirst, denke ich, dass es angebracht ist, wenn du etwas mehr über uns erfährst. Also... Du sagtest, Sakras sei über den Balkon in dein Zimmer gelangt? Und dabei beinahe unsichtbar gewesen?"

Ich nickte und spürte einen Schauder über meinen Rücken kriechen, als ich mich daran zurück erinnerte.

„Nun, Zweiteres hast du bereits einmal gesehen." Er gab mir einen Moment Zeit, um über seine Worte nachzudenken, und eine klare Erinnerung huschte augenblicklich in meinen Kopf.

„Stimmt. Sie haben diese Fähigkeit genutzt, gestern im Speisesaal, richtig?" Nachdenklich blickte ich ihn an.

Navarra nickte. „Man nennt es auch das ‚Schattenwandern'. Nur Wenigen gelingt es, sie zu perfektionieren, sodass man auch bei Tageslicht beinahe gänzlich unsichtbar ist." Er zögerte, schien über etwas nachzudenken und ich machte mir diese Pause zunutze.

„Und was ist mit der ersten Fähigkeit? Wie ist er überhaupt auf den Balkon gelangt?"

Der Layph mir gegenüber richtete seinen Blick wieder auf mich. „Wir bezeichnen dies als ‚Schwingen der Nacht'. Und in der Tat ist dieser Name ganz passend, da es uns bei Tag nicht möglich ist, diese Besonderheit zu nutzen. Du kannst dir in etwa vorstellen, dass wir die Dunkelheit der Nacht verdichten. Und diese nutzen, um uns die Höhe tragen zu lassen. Je weiter wir uns jedoch vom Boden entfernen, desto schwieriger wird es, die feste Form beisammen zu halten. Wäre dein Zimmer zwei Stockwerke höher platziert gewesen, hätte er dich über diesen Weg nicht erreichen können."

Unbewussterweise hatten mich meine Füße also zu einem Platz geführt, an dem ich sicher vor Sakras gewesen war – in die Turmspitze.

Mein Kopf brummte ob der Informationen, die ich gerade erhalten hatte. Dieses Wissen musste ich erst einmal verdauen, es stand in einem so großen Kontrast zu meinen eigenen Fähigkeiten, dass es mir schwer fiel, ihm zu glauben, obwohl ich es mit eigenen Augen gesehen hatte.

Das Läuten einer Glocke erklang dumpf in der Nähe und der Akademieleiter erhob sich. „Danke, dass du zu mir gekommen bist, und mir von dem Vorfall erzählt hast."

Ich stand ebenfalls auf und nickte knapp. „Es...wäre gut, wenn niemand sonst erfährt, warum Sakras nicht mehr hier ist." Ein leises Flehen lag in meinen blauen Augen, doch mein Blick war unverwandt und unnachgiebig auf die ungewöhnlich gefärbten Augen Navarras gerichtet.

„In Ordnung, wenn dies dein Wunsch ist, dann soll es so sein. Lediglich den anderen Professoren werde ich einen Teil der Wahrheit erzählen müssen."

Widerwillig nickte ich erneut – mir blieb wohl nichts anderes übrig, und ich konnte auch verstehen, dass er Einigen eine Erklärung schuldig war – und verließ dann sein Büro.

In einiger Entfernung lehnte Brax an der Steinmauer, die den Gang zu Navarras Büro zierte. „Und, alles geklärt?", erkundigte sich der sommersprossige Layph mit dem flachsblonden Haar und schenkte mir einen neugierigen Blick. Ich konnte nur hoffen, dass er nichts von dem letzten Teil unseres Gespräches mitbekommen hatte.

„Ja. Meine Sachen werden am Ende des Wochenendes hier ankommen", antwortete ich ihm und verschwieg gekonnt das andere Thema, über das Navarra und ich uns unterhalten haben.

„Okay. Um das zu klären, habt ihr aber ganz schön lange gebraucht", erwiderte Brax und runzelte die Stirn, während wir uns in Bewegung setzten.

„Du weißt doch, wie er ist. Er hat sich noch erkundigt, ob es mir gut geht und ob du mich auch anständig behandelst." Ich warf ihm einen neckischen Blick unter gesenkten Lidern zu.

„Ob ich dich anständig behandle?", schnaubte Brax und warf einen empörten Blick in Richtung Büro zurück. „Hat er vergessen, dass Dasyl ebenso für dich verantwortlich ist? Ich finde- "

Ein leises Lachen entfuhr mir. „Ach, Brax! Ich hab dich doch nur reingelegt." Gutmütig stupste ich ihn an, erleichtert darüber, dass meine Ablenkung so gut geglückt war. Wieder entfuhr dem Layphen neben mir nur ein genervtes Schnauben, aber in seinen Augen sah ich den Schalk aufblitzen. Ich konnte mich wirklich glücklich darüber schätzen, dass Brax an meiner Seite stand und er der erste Layph gewesen war, mit dem ich ein richtiges Gespräch geführt hatte, ohne wieder zu fliehen. In seiner Abwesenheit wäre es mir sicher nicht so leicht gefallen, mich hier ein wenig zu entspannen. Und jetzt, da ich wusste, dass Sakras von der Insel verschwunden war, war auch die Angst vor einem weiteren Angriff seinerseits ein wenig gesunken – auch wenn mir bei dem Gedanken daran, heute wieder in meinem Zimmer zu schlafen, Schweiß auf die Stirn trat.

Schließlich traten Brax und ich nach draußen und wurden von strahlendem Sonnenschein begrüßt. Der Himmel war von einem tiefen Blau und wirkte immer noch wie blankgefegt. Der späte Mittag war angebrochen, nachdem ich den Morgen mit Dasyl und das gemeinsame, wieder einmal etwas spärliche Mittagessen mit Brax und einigen anderen Layphen, allerdings ohne die Anwesenheit Cyrions, hinter mich gebracht hatte. Keine Ahnung, wo der steckte.

Wir durchquerten den Innenhof und traten durch ein kleines Seitentor, dass uns direkt auf eine mir bisher unbekannte Lichtung führte, auf der sich bereits einige Layphen aufhielten. Es waren ungefähr zwei Dutzend, als Brax hinzu trat und der Professor mir bedeutete, mich an den Rand zu begeben. Dort ließ ich mich im Schneidersitz zu Boden sinken und machte es mir bequem. Neugierig ließ ich meinen Blick über die Versammelten schweifen, ich erkannte Cyrions goldblonde Locken – offenbar war er wieder aus der Versenkung aufgetaucht, die ihn verschlungen hatte – sowie die hünenhafte Statur Dasyls unter den Anwesenden und fragte mich, um was es hier wohl gehen würde. Die Kurse, die ich am Morgen mit Dasyl besucht hatte, waren allesamt theoretisch ausgelegt gewesen und meinen alten Lehrstunden nicht unähnlich, doch diese Veranstaltung schien anders zu sein. Möglicherweise würden sie ja das ‚Schattenwandern' üben?

Schnell erkannte ich jedoch, dass sich meine Vermutung nicht bewahrheiten würde, denn der Professor teilte die Layphen in Zweierteams ein und ließ sie lediglich den Nahkampf üben, was für mich keinerlei weitere Erkenntnisse über die mysteriösen Fähigkeiten der Layphen bedeutete.

Schade eigentlich.

Immer wieder zeigte er ihnen Angriffe und Verteidigungshaltungen, die alle jedoch schon im Schlaf zu beherrschen schienen und so konzentrierte er sich darauf, an Kleinigkeiten zu feilen, hier eine Faust höher zu führen oder da ein Bein seitlicher zu positionieren. Ich verstand absolut nichts von Nahkampf, doch ich wusste, dass ich keinem der Kämpfer jemals in einem Ernstfall gegenüber stehen wollte.

Ich ließ meinen Blick durch die Gesichter der Anwesenden schweifen und entdeckte ausnahmslos grimmige Züge. Selbst Brax, der so gut wie immer ein Lächeln auf seinen Gesichtszügen trug, zeigte eine verkniffene Miene. Und Cyrion... Nun, er wirkte noch furchteinflößender als in der Nacht. Er und sein Kumpel mit dem flachsblonden Haar hatten ein Team gebildet und versuchten gegenseitig immer wieder abwechselnd, sich mit den Fäusten zu treffen oder durch wohlplatzierte Tritte einen Treffer zu landen.

Irgendwann erklärte der Professor die Übungen für beendet und ich wollte mich gerade erheben, in der Annahme, dass dieser Kurs nun für heute abgeschlossen war, als er Brax' und Dasyls Namen aufrief und sich die Beiden gegenüber voneinander in der Mitte der Lichtung platzierten. Sie starrten sich in die Augen, funkelten sich an und die Spannung und unterdrückte Aggression war förmlich in der Luft zu greifen.

Oh-oh.

Die übrigen Layphen hatten sich in einem Halbkreis um die Beiden versammelt, Cyrion hatte seine Arme verschränkt und in seinem Gesicht zeichnete sich eine entschlossene Besorgtheit ab.

Die Kontrahenten nahmen ihre Angriffshaltungen ein und nach einem lauten Pfiff prasselten ihre Tritte und Schläge schneller aufeinander ein, als ich es jemals zuvor gesehen hatte. Dies war keine Übung mehr, dies war ein wirklicher und echter Kampf, in dem sich zwei Feinde absolut nichts mehr gönnten. Ich knabberte nervös auf meiner Unterlippe herum, als ich verfolgte, wie sie immer verbissener versuchten, in der Verteidigung des anderen eine Lücke zu finden und einen Schlag zu landen. Es war mir absolut nicht möglich, meinen Blick vom Geschehen zu wenden, obwohl ich immer wieder das Gesicht verzog, wenn Brax getroffen wurde.

Ich konnte um keinen Preis einschätzen, wie lange sich die Layphen schon im Kampf übten, aber beiden lief irgendwann der Schweiß über die Stirn, und dennoch hatte noch keiner einen eindeutigen Treffer gelandet. Eines wurde mir nur zu deutlich bewusst, während ich dafür betete, dass am Ende Brax als Sieger aus dem Kampf hervor ging: Hätte ich in der letzten Nacht über dieselbe Kampferfahrung verfügt, hätte mich Sakras niemals so leicht überwältigen können.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als schließlich Dasyl der Durchbruch gelang und er Brax zu Boden beförderte, der mit einem lauten, hörbaren Keuchen und einem dumpfen Laut auf der Erde landete. Wenige Sekunde lang behielt Dasyl angriffslustig seine Fäuste erhoben und seinen konzentrierten Gesichtsausdruck bei, doch als Brax stöhnend am Boden liegen blieb und keine Anstalten machte, sich wieder zu erheben, entspannte sich sein Körper schließlich und Triumph flackerte über seine Züge. Dies war jedoch die einzige Regung, die Dasyl zeigte, bevor er zurücktrat und Cyrion zu Brax eilte, um ihm hoch zu helfen. Schließlich stand der malträtierte Layph wieder sicher auf beiden Beinen, hatte jedoch das Gesicht vor Schmerz verzogen, was ihn jedoch nicht davon abhielt, Dasyl mit seinen Blicken förmlich zu töten. Eine Hand hatte er vor seine Nase gepresst, die bereits leicht gesprenkelt mit Blut war, ganz offensichtlich hatte der Hüne ihm mit seinem Schlag Nasenbluten verpasst. Ich verzog leicht angeekelt mein Gesicht und strich mir unterbewusst über meinen von Bissmalen gezierten Hals, der nach wie vor von meinen Haaren vor eventuellen Blicken geschützt wurde.

Während sich die nächsten beiden Kämpfer voreinander aufstellten, bewegte sich Brax auf mich zu und ließ sich schließlich neben mir erschöpft zu Boden fallen. Schweißtropfen perlten an seinem Gesicht hinab. Cyrion hatte sich unterdessen zum Professor bewegt und kam nun, ein Stück Stoff in der Hand haltend, locker auf uns zugejoggt. Während er seinem Kumpel das Tuch reichte, begegneten sich unsere Blicke. Diese Situation ähnelte in einer verstörenden Weise derjenigen, die sich in der letzten Nacht ereignet hatte, als er mir ebenfalls ein Handtuch gereicht hatte, damit ich meinen Hals von meinem Blut hatte säubern können. Schnell wandte ich meinen Blick ab, denn ein leichtes wissendes Glitzern in seinen goldenen Augen hatte mich davon überzeugt, dass auch ihm die Parallelität des Ganzen nicht entgangen war und ich wollte keine Anmerkung diesbezüglich provozieren.

Als ich hörte, wie sich seine Schritte entfernten, atmete ich die zuvor angehaltene Luft in einem Anflug von Erleichterung wieder aus. „Ist alles in Ordnung? Ich kann mich auch woanders hinsetzen, wenn dich das Blut stört?", erkundigte sich Brax mit einem kleinen Seitenblick zu mir, der meine Reaktion glücklicherweise gänzlich falsch gedeutet hatte.

„Nein, nein, alles gut", erwiderte ich schnell und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie er den Kopf nach vorne sinken ließ und zwei Finger auf seinen Nasenrücken drückte, vermutlich, um die Blutung zu stoppen.

Als ich meinen Kopf wieder nach vorne in die Richtung der beiden Kämpfenden richtete, begegnete ich Dasyls Blick, der mich unverhohlen anstarrte. Wir hatten am heutigen Morgen nicht viele Worte miteinander gewechselt, aber das war mir ganz recht gewesen. Mir war bewusst, dass er nicht viel von meiner Person hielt, das zeigte mir stets allein seine respektlose und verallgemeinernde Anrede, aber dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich hatte ihm nichts getan und er hatte mich von Anfang an so abwertend behandelt. Ob dahinter ein tiefergehender Grund steckte?

Ich hatte absolut keine Ahnung. Eines war klar, es fiel mir unheimlich schwer, den meisterhaften Schauspieler einzuschätzen und ich wünschte mir, Lilya wäre hier, mit ihrer unglaublich guten Kenntnis über die Gefühle und Motive aller möglichen Personen. Sie hätte mir sicher mehr verraten können und dabei helfen können, in das Mysterium Dasyl mehr Klarheit hinein zu bringen. Doch meine beste Freundin war Zuhause, in meiner alten Akademie, zusammen mit Aryan und allem, was jemals eine Bedeutung für mich gehabt hatte, während ich mich hier als Einzelkämpferin beweisen musste.

***

Die Nacht brach bereits herein, als ich schließlich mein Zimmer betrat.

Am späten Nachmittag hatte ich den unterdessen nicht mehr blutenden Brax dazu überreden können, wieder mit mir hinunter an den Strand zu gehen, doch dieses Mal hatten wir den sichereren Weg gewählt, den er bereits beim letzten Mal vorgeschlagen hatte. Dieser hatte uns in einer kurvigen Form durch ein Stück des dichten Waldes geführt, bevor sich die Erde unter unseren Füßen immer heller gefärbt hatte, bis wir den Strand schließlich erreicht hatten.

Wir waren nicht die Einzigen, die das schöne Wetter ausgenutzt hatten, obgleich sich keiner in die Wellen gestürzt hatte. Während sich Brax in den heißen Sand gesetzt hatte, war ich in Richtung des Meeres gelaufen und hatte es begrüßt wie einen alten Freund. Es war das letzte Element gewesen, das ich noch gebraucht hatte, um die Beklemmung der vergangenen Nacht von meiner Seele zu vertreiben. Ich hatte wohl wenige Minuten in den Wellen gestanden und meine nackten Zehen in den feuchten Grund zu meinen Füßen gegraben und auf den Horizont hinaus gestarrt, bevor ich mich wieder umgedreht hatte und zu Brax zurück geschlendert war, zu dem sich in der Zwischenzeit ein bekanntes Gesicht gesellt hatte.

Flachsblondes Haar und goldige Locken wurden gleichermaßen vom Wind zerzaust, doch ihre Blicke waren mir nicht zugewandt. Stattdessen waren Cyrion und sein sommersprossiger Kumpel in ein ernstes Gespräch vertieft, welches jedoch abrupt abbrach, als ich näher trat und in Hörweite gelangte. Neugierde brannte förmlich unter meinen Fingernägeln und ich hätte nur zu gern gewusst, über was die beiden geredet hatten, doch Brax zog mich sofort in ein anderes Gesprächsthema, das mir frustrierenderweise deutlich machte, dass ich auf keinen Fall erfahren würde, worum es gegangen war.

Cyrion hatte sich nach wenigen Minuten erhoben, in denen er kaum etwas zu unserem Gespräch beigetragen hatte und war nach einer kleinen Verabschiedung davon gejoggt. Brax hatte mir erklärt, dass er jeden Tag sein Fitness-Programm am Strand absolvierte, egal bei welchem Wetter. Mein nachdenklicher Blick hatte noch lange auf dem muskulösen Rücken des so schweigsamen Layphen geruht, der sich in einem hohen Lauftempo immer weiter von uns entfernt hatte. Mir war eingefallen, dass Brax sich am Morgen danach erkundigt hatte, wann Cyrion zurückgekehrt war, doch ich war so mit meiner eigenen Panik beschäftigt gewesen, dass ich dies kaum wahrgenommen hatte. Wieder entfachte die Neugierde in mir, dieses Mal jedoch darüber, wo er denn gewesen war. Bevor ich mich hatte aufhalten können, hatte ich mich bei dem Layphen mit dem flachsblonden Haar darüber erkundigt, doch er hatte mit fadenscheinigen Ausreden nicht gerade dazu beigetragen, dass sich meine Gedanken auf etwas anderes konzentrierten, und ich konnte nicht das Gefühl abschütteln, mich ein wenig ausgeschlossen zu fühlen.

Ich hatte gehofft, in Brax einen Vertrauten gefunden zu haben, der mich über alles aufklärte, was die Layphen anging – schließlich war ich es, die nun hier mit ihnen leben musste. Stattdessen verschwieg er mir Dinge und erzählte mir nicht einmal die Wahrheit, wenn ich ihn direkt danach fragte. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, ob die ganze Sache eventuell etwas mit dem Problem zu tun hatte, dass auch Dasyl mir nicht hatte verraten wollen, aber es war schwer, zu einer Antwort zu gelangen, wenn alle Anwesenden mich weiterhin im Dunkeln tappen ließen.

Auch, als ich mich nun, auf meinem Bett sitzend, an die Geschehnisse des Nachmittages zurück erinnerte, stieg in mir dieses Gefühl der Einsamkeit empor, das mir die Gesellschaft Brax' zuvor genommen hatte. Aber die verschwiegene Wahrheit schmerzte und verstärkte das negative Gefühl in meinem Herzen. Die Gedanken in meinem Kopf drehten sich einem Karussell gleich und meine Füße tippten nervös auf den Boden, auch, weil dieses Zimmer meine Unbehaglichkeit weiterhin schürte.

Mit einem schweren Seufzer erhob ich mich schließlich, drehte den Schlüssel im zuvor erst abgeschlossenen Schloss herum und öffnete meine Zimmertür. Hier würde ich im Augenblick noch keine Ruhe geschweige denn Schlaf finden, und deshalb beschloss ich, einfach wieder den Ort aufzusuchen, der mich auch gestern beruhigt hatte – das Turmzimmer.

Wieder lenkte ich meine Schritte also gen Westen und sah immer wieder aus den Augenwinkeln, wie die Öllampen flackernde Abbilder meines Schattens an die Wände warfen. Schließlich erklomm ich die Wendeltreppe, als plötzlich ein leises Wimmern an mein Ohr drang.

Ich blieb stehen und lauschte, die Finger um das Treppengeländer geschlungen.

Wenige Sekunden lang vernahm ich kein einziges Geräusch, doch dann erklang ein einzelnes, kaum hörbares, verzweifeltes Schluchzen. Ich richtete meinen Blick in den kleinen, bogenförmigen Gang vor mir, der eine Etage unter dem Ort lag, zu dem ich eigentlich hatte gehen wollen, und bevor ich mein Vorhaben noch einmal überdenken konnte, hatte ich auch schon die Richtung eingeschlagen, aus der das Geräusch erklungen war.

Wenige Meter weiter blieb ich vor einer Tür stehen und presste mein Ohr an das Holz. Ich vernahm ein lautes Rascheln und immer wieder weitere, wimmernde Laute.

Vorsichtig hob ich meine Faust und klopfte zaghaft an. „Hallo?", fragte ich leise.

Ich wartete einige Sekunde ab, doch es erklang keine Antwort. „Ist alles in Ordnung?", erkundigte ich mich erneut und hätte im selben Moment meinen Kopf gegen die Wand hinter mit schlagen können. Klar, Serena, es ist alles perfekt. Sie weint sicher aus purer Freude.

„Wer bist du?", erklang plötzlich eine helle Stimme, dumpf gefärbt durch das massive Holz der Tür, die uns trennte. „Gehörst du auch zu ihnen?" Hörbare Panik schwang in ihren nächsten Worten mit.

Ich nahm an, dass sie mit ihnen die Layphen meinte und beschloss, dass einfühlsame Offenheit hier der beste Plan war.

„Nein, ich gehöre nicht zu ihnen. Und mein Name lautet Serena. Wer bist du, und was tust du hier?", fragte ich sie betont ruhig, in der Hoffnung, dass ich dadurch ihr andauerndes Schluchzen eindämmen konnte.

„Ich bin Ana und... Ich wurde entführt."

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro