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6. Gespräche im Regen | Keno/Miki

Ich wartete. Minuten. Der erste Wolkenbruch erfolgte und durchnässte mich, machte meine Klamotten schwer und unangenehm auf der Haut.

Mein Blick tastete aufmerksam die Wasseroberfläche ab. Lilo, wo bist du? Es beunruhigte mich, dass sie mich heute in der Schule auf dem Jungenklo aufgesucht hatte und es jetzt unterließ. Aus Angst oder weil sie es nicht konnte? Oder weil es nicht real war und ich mich gerade zum Idioten machte, wie so oft.

Die dunkle Wolkenwand verdichtete sich, dennoch konnte man das von Innen kommende, bedrohliche Donnergeröll hören. Das Wasser wurde unruhiger - mir lief die Zeit davon.

„Lilo!", schrie ich laut, im selben Moment als der erste gelbzackige Blitz den Himmel aufriss. Und in dessen Licht sah ich plötzlich etwas. Ein einzelner Schwimmflügel, der auf dem Wasser trieb.

Mir stockte der Atem, doch dann klatschte mir eine fiese Welle ins Gesicht und spülte meinen Mund mit Salzwasser aus. Ich hustete und blinzelte, doch bevor ich mich neu orientieren konnte, war da schon die nächste Welle. Und eine weitere.

Ich wurde unter Wasser gedrückt und eine unmenschliche Stille umgab mich. Wahrscheinlich sollte ich panischer sein, da ich gerade drohte zu ertrinken. Aber selbst dieser, ursprünglichste Überlebensinstinkt, schien bei mir nicht richtig zu funktionieren. Ich hatte überhaupt keine Angst, auch wenn mir durch den Sauerstoffentzug etwas schwummrig wurde. Wenn es sich so anfühlte, war sterben gar nicht so grauenhaft.

Das Schlimmste an Lilos Ertrinken war, die Vorstellung, dass sie in ihren letzten Momenten furchtbare Angst gehabt hatte, als sich dieser beschissene Billigschwimmflügel von ihrem Arm gelöst hatte und sie nicht länger in der Lage war den Kopf oben zu halten.

Diese Vorstellung war viel schlimmer als das Ausbleiben von Sauerstoff.

Meine Gedanken verabschiedeten sich langsam, ekliges Meerwasser drang in meine Lunge.

Meine letzte bewusste Handlung bestand darin, mir nochmal vorzustellen, wie Lilo lachend über die Wiese um unser Haus herumjagte; wie ihre flaschengrünen Augen lebhaft zu mir hinüber blitzten; Gesicht und Haare voller frischer Erde, unterwegs auf einem ihrer unzähligen Abenteuer.

Sie war der Pulsschlag unserer Familie gewesen. Ohne sie, war alles tot.

In diesem Moment wurde ich gepackt und gewaltsam zurück an die Oberfläche gezerrt. Ich hustete heftig und wusste gar nicht so richtig, wo ich eigentlich war und was ich hier machte.

„Was ...?", murmelte ich deshalb verwirrt, während irgendwer mich aus dem Wasser schleifte, bis an den Strand.

Ich blinzelte heftig, als ich meinen Retter schließlich erkannte. „Was machst du denn hier?"

Seine Antwort bestand aus einem Schlag ins Gesicht, der meinen Kopf zur Seite baumeln ließ. Meine Wange pulsierte schmerzhaft.

„Warum musst du immer so eine Scheiße abziehen?!", schrie Robin mich stinkwütend an. Genau wie ich trug er noch seine Klamotten, sogar die Turnschuhe und war klitschnass; sein Haar hatte sich aus dem Haarband gelöst und klebte ihm im Gesicht. In einer anderen Situation hätte ich vielleicht darüber gelacht, weil es aussah als hätte er Koteletten bis zum Kinn. Aber Robin wirkte, als wäre er kurz davor mich zu verprügeln; sein ganzer Körper zitterte vor bebender Wut und vielleicht auch vor Kälte.

„Es tut mir leid", sagte ich defensiv. Seine meerblauen Augen wirkten in dem Spätsommersturm fast schwarz als er echote: „Es tut dir leid? Das reicht aber nicht, okay?! Ich dachte wirklich ... Weißt du was du mir eben für eine Scheißangst eingejagt hast?! Ich dachte, ich ziehe gleich ne beschissene Leiche aus dem Meer! Wie kannst du mir sowas antun?! Warum musst du immer so verdammt egoistisch sein?!"

Er wurde richtig laut, aber abgesehen von uns, war der Strand wie ausgestorben und der immer wieder einsetzende Donner, verschluckte das ein oder andere Wort, seiner wütenden Sintflut.

Ich hörte schweigend zu, bis er sich ausgekotzt hatte und dann neben mich in den nassen Sand sank. „Genau wegen sowas, kann ich nicht mehr mit dir befreundet sein. Weil du es nicht einmal versuchst. Du gehst zwar zu deinen Therapien und schluckst vielleicht die ein oder andere Pille in Gegenwart deiner Familie - aber du machst das nur für die anderen. Du willst überhaupt nicht gesundwerden!"

„Das ist nicht wahr", widersprach ich ruhig und er schnaubte verächtlich: „Ja, klar. Wer's glaubt ..."

Er vergrub aufgebracht das Gesicht in den Händen und es tat mir leid, ihn so zu sehen. Ich dachte ehrlich gesagt nicht, dass ihn mein mögliches Ableben so nahegehen würde. Ich dachte, meine irdische Anwesenheit würde ihn inzwischen nerven.

Zögernd streckte ich eine Hand nach ihm aus, aber er knurrte: „Lass es. Fass mich nicht an."

Ich zog die Hand enttäuscht zurück und versuchte einen neuen Ansatz: „Weißt du noch, als wir uns auf die Fähre geschlichen und rüber zur Friedhofsinsel gefahren sind? Da hat es genauso geschüttet und du meintest, wir sollten uns besser festbinden, um nicht von Bord geweht zu werden, aber wir hatten kein Seil und du hast dann die Schnürbänder aus deinen Turnschuhen gezogen und es war mir so peinlich, weil ich Klettverschluss getragen habe, weil ich zu dumm zum Schuhe binden war. Aber du hast nichts gesagt und uns beide kommentarlos mit deinen festgebunden."

„Weißt du, ich bin gerade nicht wirklich in der Stimmung, um mit dir fröhlich in Erinnerungen zu schwelgen ...", bemerkte Robin genervt. „Ich bin gerade echt sauer auf dich."

„Willkommen im Club. Ich bin auch noch sauer. Auch wenn ich inzwischen verstehe, warum du unsere Freundschaft beendet hast, aber das macht es nicht weniger schmerzvoll. Du warst mein bester Freund und wolltest quasi über Nacht nichts mehr mit mir zu tun haben. Wer wäre da nicht verletzt und angefressen? Und dann ist mein Ersatz auch noch ausgerechnet Marlon. Der Typ, der nur in unsere Bande durfte, weil du behauptet hast, jede Bande braucht auch einen Idioten, dem man notfalls die Schuld zuschieben kann."

Robins Mundwinkel zuckte ein bisschen, aber es genügte nicht, um als Lächeln durchzugehen.

„Du kannst ruhig zugeben, dass du ihn nur dabeihaben wolltest, weil du schon damals auf seine Zwillingsschwester gestanden hast."

„Nicht wirklich", erwiderte er, den Blick starr aufs aufgewühlte Wasser gerichtet. „Aber das ist doch jetzt auch egal, ist schon so lange her ... Kommt mir manchmal wie ein ganz anderes Leben vor."

Ein Leben wo du noch nicht dachtest, ich sei krank oder ein Lügner, durchschoss es mich traurig. Wo mein bester Freund noch genau das war; mein bester Freund.

„So ist es doch auch, oder? Früher kannten wir jedes Geheimnis voneinander und jetzt sind wir praktisch Fremde, die zufällig im selben Ort aufwachsen. Das ist alles, was noch übrig ist."

„Es ist kalt", meinte Robin plötzlich unbehaglich und stand auf; an seiner Jeans haftete nasser Sand und er strich sich die klebrigen Haarsträhnen aus dem Gesicht hinters Ohr. „Komm, ich bring' dich nach Hause."

„Verzichte, das schaffe ich schon selbst. Ich bin keine fünf Jahre alt."

Einen Moment blickte er noch mit einem unbestimmten Ausdruck in den Augen zu mir hinunter, dann schüttelte er leicht den Kopf und ging ohne ein weiteres Wort des Abschieds den leeren Strand entlang.

Ich fror sehr und rieb mir mit den Handflächen die Arme. Ich sollte auch nach Hause gehen, aber mein Blick haftete an dem Schwimmflügel, der immer wieder von den Wellen angetrieben und zurück ins Meer gesaugt wurde. Immer wieder.

*

Diese Einöde war ein Alptraum.

Es pisste in Strömen und ich stand seit über einer halben Stunde mit verschränkten Armen unter dem schützenden Blätterbach eines Ahornbaums und wippte auf den Fußsohlen auf und ab. Da es noch so warm war, hatte ich mich blöderweise für Flipflops entschieden. Schon allein vom Marsch durchs Vogelschutzgebiet, hatten sich schmerzvolle Blasen gebildet, weshalb ich die Zehen angezogen hielt, damit die schmerzenden Stellen nicht mit dem Plastikstrang in Berührung kamen.

Als Stadtkind war ich nicht wirklich daran gewohnt, weite Strecken zu Fuß zurückzulegen; dort hatte ich Kleidung gekauft, weil ich sie cool fand, nicht aus praktischen Gründen.

Meine Gedanken wanderten zu Keno und ich ärgerte mich ein bisschen, dass er mich nicht dabeihaben wollte ... bin ich wirklich so ein Geisterschreck? Gut, ich bin ein Plappermaul, aber wenn es darauf ankommt, kann ich schon auch mal den Mund halten. Meistens ...

Seufzend warf ich den Kopf in den Nacken und starrte himmelwärts. Geistererscheinungen ... Lil' hätte das geliebt.

„Hey du", riss mich da eine Stimme aus meinen Gedanken. Das Mädchen von vorhin, Kaja, setzte gerade ihren Radhelm ab; ihr vorhin noch so blondes Haar, wirkte nun viel dunkler. „Darf ich dir Gesellschaft leisten?"

„Klar", meinte ich schulterzuckend und sie lehnte lächelnd ihr Fahrrad an den Baum. „Ich hab mich vorhin gar nicht richtig vorgestellt; ich bin Kaja. Kaja Müller."

„Okay", lautete meine geistreiche Antwort und sie lachte auf. Sie war die Art von Mädchen, was wahrscheinlich überall gut ankam; gern gesehen bei Gleichaltrigen, ein Lehrerliebling. Ein Kind, worauf Eltern stolz waren.

„Ich bin Miki", schob ich nach.

„Das ist ein schöner Name", fand Kaja.

„Vielleicht durftest du als Kind keine Cartoons schauen, aber das ist ein Name, der definitiv dazu einlädt, sich über einen lustig zu machen. Und dann bin ich auch noch ein Mädchen mit extrem hoher Stimme."

Sie lachte wieder und schmiegte sich neben mich an die Baumrinde. Unsere Ellbogen berührten sich flüchtig. Interpretier da nicht zu viel rein, Miki, ermahnte ich mich selbst. Sie ist doch auch in Wahrheit gar nicht dein Typ, du stehst nicht auf diesen übertrieben perfekten Sterbertypus. Du magst es wild und abgefahren, jemanden wie Lily.

„Oh, ich glaube, der Regen wird langsam weniger", meinte Kaja und streckte eine prüfende Hand aus. An ihrem Handgelenk baumelte ein einzelnes silbernes Armband mit einer fremdartigen Gravur. 

Ist das Sanskrit?

Vermutlich eine bescheuerte Weisheit wie Du bist genug oder schlimmer Live, Laugh, Love.

Meine eigenen Handgelenke waren dagegen mit halb verrottenden Eintrittsbändchen verziert. Ich mochte keinen Schmuck, außer meiner Fliegersonnenbrille.

„Na dann", meinte ich und rutschte mit schmerzender Grimasse zurück in die Flipflops.

„Aua, das sieht schmerzhaft aus", bemerkte Kaja, den Blick auf meine Blasen geheftet. „Willst du kurz mit zu mir kommen und Pflaster draufmachen? Ich wohn' hier gleich die Straße runter. Das blau gestrichene Haus dort."

Irritiert starrte ich sie an. „Warum hast du dann überhaupt angehalten? Dir paar Meter, hätten doch bei der Durchnässung deiner Kleidung keinen Unterschied mehr gemacht."

„Keine Ahnung, ich hab dich gesehen, wie du da verloren unter dem Baum gestanden bist und hab's nicht über mich gebracht, einfach weiterzufahren."

„Seh ich für dich aus wie ein ungewolltes Kätzchen, dass irgendwer in einen Pappkarton an den Straßenrand gestellt hat?!"

„Nein, aber du bist neu hier und ich wollte nett sein."

Kopfschüttelnd lief ich los, wobei ich mir das Haargummi vom Handgelenk zupfte und mir die nassen Haare aus dem Gesicht band. „Kommst du jetzt endlich?", knurrte ich währenddessen. „Ich bin schwer verletzt."

Kaja schnappte sich ihr Fahrrad und rollte es neben mir her. Die kurze Strecke redeten wir kein Wort; ich schmollte irgendwie und Kaja lächelte still.

Lily hätte mich nie einfach so in Ruhe gelassen, wir hätten uns gegenseitig hochgeschaukelt und angeschrien. Kajas rücksichtsvolle Art störte mich.

Sogar ihr zu Hause wirkte wie aus einem Kinderbuch, nett, ordentlich, unschuldig, traf es wohl ganz gut.

Ich folgte ihr in die Küche, die sehr altmodisch war und wo getrocknete Kräuterbüschel von der Decke hingen. Ohne es zu wollen, stellte ich mir vor, wie Kaja mit einem geflochtenen Weidekörbchen, singend durch die Wälder streifte, um diese einzusammeln. Einer meiner Mundwinkel zuckte daraufhin spöttisch.

„Was ist so lustig?"

„Gar nichts", behauptete ich, rutschte aus einem meiner Flipis, hob den Fuß und wackelte auffordernd mit den Zehen.

„Du bist überraschend beweglich. Machst du irgendeinen Sport? Yoga?", forschte Kaja nach, während sie eine der alten Holzschubladen aufzog und Verbandszeug hervorholte.

„Bisschen Kunstturnen als ich kleiner war", erwiderte ich.

„Du warst mal noch kleiner?"

Meine Augen verengten sich bei diesen Worten zu engen Schlitzen. Dummerweise spürte ich auch Hitze auf meinen Wangen, die meine Verlegenheit preisgaben. Ja, ich war klein. Gerade mal 1,61 cm.

„Sorry, war nicht böse gemeint", schmunzelte Kaja und hielt mir als Friedensangebot die Blasenpflaster entgegen. Ich nahm gleich drei Stück und verarztete meine Zehen.

„Du hast vorhin gelogen, oder?"

„Gelogen? Ich?", fragte Kaja unschuldig und lächelte schon wieder. Was stimmte mit dem Mädchen nicht? Warum lächelte sie mich ständig an? War das ein angeborener Reflex von ihr oder was? Total creepy.

„Du kanntest Patrick Endler besser als du zugeben wolltest", warf ich ihr schnippisch vor. „Hast du gelogen, weil du es bist? Sein angebliches Stalkingopfer?"

„Das ist doch albern. So war Patrick überhaupt nicht. Er war nett. Und ein bisschen traurig. Und einsam. Und diese dummen Gerüchte sind genau das; Gerüchte. Aber warum interessierst du dich überhaupt dafür? Das ist doch Monate vor deinem Umzug geschehen und betrifft dich überhaupt nicht."

Ich zuckte mit den Schultern. „Nur so", sagte ich lahm. „In diesem Kaff gibt es ja sonst nicht viel Spannendes zu tun."

„Du wolltest also einfach Detektiv spielen? Okay. Aber lass Keno möglichst daraus. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn er sich nicht so sehr mit diesen Themen beschäftigt."

„Du meinst mit dem Tod? Wieso, weil er Geister sehen kann? Das macht doch erst den Reiz aus."

„Für dich ist das vielleicht ein Witz", beginnt Kaja streng, „aber Keno hat in der Vergangenheit deshalb schon einiges durchmachen müssen. Das hier ist keine Großstadt, Miki. Diese Art von Gerüchten können dir dein Leben kaputtmachen - und das deiner Angehörigen."

„Danke für die Pflaster", murmelte ich und ging ohne das Mädchen direkt vor mir nochmal anzusehen aus dem Haus.

Der Regen hatte aufgehört und der Himmel klarte auf.

***

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