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29. Ri | Keno

Ein Moment der Stille, der sich ewig anfühlte.

Um mich herum existierte alles und gleichzeitig nichts.

Fühlt sich so sterben an?

Lilo... Mum... Vielleicht würde ich sie schon bald wiedersehen. Vielleicht würde alles einfach aufhören, die Blicke und das Unverständnis meiner Mitmenschen, die mich seit meiner Kindheit unentwegt begleiteten und mir das Gefühl gaben, ein Aussätziger zu sein.

Außerdem würde ich dann auch Onkel Naz wieder begegnen, oder? Dieser Gedanke erfüllte mich mit Frieden. Das Bild eines gutaussehenden Mittdreißigers mit ungepflegtem Dreitagebart manifestierte sich in meinem Gedächtnis. Er grinste breit, während er lässig im Schneidersitz an Board der Sunflower saß und den beiden Jungen zusah, die an Deck leidenschaftlich Piraten spielten, das Kinn auf seinem Handrücken abgestützt. Ich erinnerte mich noch gut an diesen schwülwarmen Augustnachmittag. Es war der Tag, an dem Robin und ich uns geschworen hatten für immer beste Freunde zu sein, ganz egal was geschah.

Eine glatte Lüge.

„Na... gefällt's dir hier?", ertönte plötzlich eine fremde Stimme und alles verschwamm und bildete sich innerhalb eines Wimpernschlags neu. Auf einmal war ich auf einer steinernen Ebene und unzählige Sternkörper funkelten am Firmament, aber auch Planeten und fremde Monde, die ich zuvor noch nie gesehen hatte.

Verblüfft starrte ich empor. Ist das etwa die Totenwelt hinter dem Schleier? Wenn ja, war sie wirklich wunderschön; ein eindrucksvolles Farbspektakel aus Trillionen Leuchtpartikeln.

„Das ist nur der Übergang", erklang die Stimme erneut und meine Augen hafteten sich unsicher auf eine formlose Masse. Es erinnerte mich im ersten Moment an eine Wolke, aber bei genauerer Betrachtung war die Konstanz eher... geleeartig.

Mein Herz klopfte laut in meiner Brust. Bin ich etwa ernsthaft gestorben?

„Nein, du lebst noch", widersprach die Masse, die offenbar Gedanken lesen konnte. „Gerade so."

Ich war mir unsicher, ob ich mich darüber freuen sollte. Ich war also nur halbtot – aha.

„Was...", ich brach ab und formulierte meine Frage schnell neu: „Wer bist du?"

„Hm. Interessante Frage", erwiderte das glibbrige Wolkenwesen nachdenklich. Es war komisch der Stimme zuzuhören, da sie im einen Moment glockenhell erklang und dann wieder dumpf und dunkel wurde – ein ständiges, leicht irritierendes Stimmfarbenwechselspiel; leise und laut, klar und kratzig.

„Ich würde sagen, der Torwächter des Übertritts. Aber in deiner Welt wäre ich wohl eher sowas wie ein Türsteher", überlegte die Stimme belustigt. „Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass keine verlorenen Seelen im Schleier der Ewigkeit verloren gehen."

„In meiner Welt?", forschte ich aufrichtig überrascht nach. „Wie viele Welten gibt es denn?"

„Dir jede einzelne aufzuzählen, würde unendlich lange dauern. Und so viel Zeit hast du nicht, Schlüssel."

Schlüssel? Warum bezeichnete mich diese komische Wolke als Schlüssel?

Doch bevor ich meine Frage stellen konnte, durchzuckte ein Beben den Untergrund und ließ einzelne Gesteine erzittern. Ein knackendes Geräusch hallte aus der Tiefe empor und ließ mich erschaudern. Risse bildeten sich und fraßen sich zielstrebig durch die fremdartige Gesteinslandschaft.

„Was passiert hier?!", fragte ich das Wesen entsetzt und obwohl ich keinerlei Kälte fühlen konnte, zeichnete sich mein Atem weiß in der Atmosphäre ab.

„Du", sagte die Wolke ganz sachlich und meine Pupillen weiteten sich daraufhin ungläubig. „Du störst das Gleichgewicht, mein lieber, noch sehr unerfahrener Schlüssel."

„Was soll dieses bescheuerte Schlüsselgefasel?! Was soll das denn bedeuten?!", schrie ich verärgert, während ein weiteres Beben alles um mich herum in Aufruhr versetzte.

„Siehst du diese Tür da?"

„Nein, welche-" Doch bevor ich den Satz beenden konnte, sah ich plötzlich etwas; eine schwarze, rechteckige Fläche, die inmitten dieser mondähnlichen Landschaft schwebte, nur wenige Zentimeter über dem Boden.

„Das ist das Tor ins Totenreich Ri."

„Totenreich Ri?", echote ich äußert verwirrt. „Ich bin nicht sehr religiös, aber von dieser Bezeichnung habe ich tatsächlich noch nie gehört... Ist das ägyptisch?"

„Sagen wir mal so", begann die seltsam wechselnde Stimme und obwohl die Wolke kein Gesicht besaß, bildete ich mir ein, ein Schmunzeln darin auszumachen. „Eure Religionen sind ganz putzig, aber haben wenig mit der natürlichen Ordnung zu tun. Gerade ihr Menschen denkt viel zu kompliziert. Wahrscheinlich, weil ihr euch für den Dreh- und Angelpunkt des Universums haltet."

Dieses Mal war ich mir sicher, mir die Belustigung nicht nur einzubilden. „Aber ich schweife ab. Der Punkt ist, dass es überall im Universum Schlüssel wie dich gibt, die auch ohne meine Hilfe dieses Tor uneingeschränkt benutzen können."

„Und das ist ein Problem?", hakte ich unsicher nach und wischte mir nervös die schwitzigen Handflächen an der Jeans ab. „Weil ich dadurch alles durcheinanderbringe? Aber ich will das eigentlich nicht tun. Ich will das Gleichgewicht nicht stören – was kann ich tun, damit es aufhört?"

Sterben, schoss es mir augenblicklich durch den Kopf.

„Das wäre eine Möglichkeit", bestätigte die Stimme leichthin. „Du könntest aber auch lernen, mit deinen Kräften richtig umzugehen und mir helfen, die durch die Existenz deinesgleichen verloren gegangene Seelen wieder einzufangen. Was hältst du davon? Dann lasse ich dich noch etwas weiterleben."

„Und wie genau stellst du dir das vor?", fragte ich durchaus skeptisch. Meine Situation war, gelinde ausgedrückt, beschissen. Dennoch hatte ich noch gewisse Prinzipien und wollte nicht um jeden Preis weiterleben. „Soll ich etwa die Schule abbrechen und Geisterjäger werden? Das ist doch unsinnig..."

„Mach dir da mal keinen Kopf. Anders als der bärtige alte Mann im Himmel, an den manche von euch so verzweifelt glauben wollen, habe ich tatsächlich einen soliden Plan entwickelt. Vertrau mir. Gemeinsam kriegen wir das hin."

Wortlos starrte ich die Wolke eine Weile an und ließ das merkwürdige Angebot auf mich wirken. Ich durfte weiterleben, wenn ich im Gegenzug half, verlorene Geisterseelen hierher in diese Zwischenebene zu bringen. „Und wieso genau bist du als allmächtiges Wesen auf die Hilfe eines... Schlüssels wie mich angewiesen?"

„Ganz einfach. Ich bin nur hier allmächtig. Zu deiner Welt habe ich bedauerlicherweise keinen Zugang. So sind nun mal die Regeln. Ich kann nur Seelen durchs Tor geleiten, die hier ordnungsgemäß ankommen."

„Und... von wie vielen Erlösungen sprechen wir genau?", hakte ich nochmal äußerst misstrauisch nach. Das Ganze klang wirklich sehr zwielichtig.

„Hm... es gibt aktuell 99 atmende Schlüssel auf dem Planeten Erde. Und je nach Ausprägung der Fähigkeit bindet ein Schlüssel zwischen zehn und zwanzig Seelen."

„Das wären dann über Tausend Erlösungen", errechnete ich geschockt. „Wie soll ich das bitte bewerkstelligen? Ganz allein?"

„Jetzt mach dich nicht gleich nass, Schlüsselchen. Ich erwarte ja gar nicht von dir, dass du sie alle erlöst. Sagen wir 100 Erlösungen in den nächsten 10 Jahren? Das klingt doch nach einem fairen Deal. Wenn du es schaffst, darfst du bis ins hohe Alter weiterleben, wenn nicht, dann kennst du zumindest den Zeitpunkt deines Todes und kannst dich in Frieden von deinen Liebsten Verabschieden."

Das ist das Angebot? Jetzt oder in zehn Jahren zu sterben oder 100 Erlösungen in dieser Zeit durchzuführen? Andererseits... wenn ich zurückwollte, blieb mir ohnehin nicht wirklich eine Wahl als anzunehmen.

...

Wollte ich zurück?

Schon, oder? Denn wenn nicht, würde ich die Menschen, die mir am wichtigsten waren, unfassbar traurig machen. Schon wieder. Diesen Schmerz nochmal zu durchleben, hatten sie einfach nicht verdient. Ich wollte nicht gehen. Nicht so.

Ich schluckte und nickte dann ergeben. „Einverstanden. Ich tu's; 100 Erlösungen in 10 Jahren."

Möglicherweise schaffte ich das sogar und wenn nicht, blieb mir wenigstens die Zeit mich um meine Angelegenheiten zu kümmern und meinen Angehörigen den Abschied so angenehm wie irgend möglich zu machen. Das war ich meiner Familie schuldig.

„Sehr schön, dann haben wir einen Deal, Schlüsselchen."

„Mein Name ist Keno", erwiderte ich etwas entnervt von diesem mir auferlegten Spitznamen. „Und wie soll ich dich nennen?"

„Oh, so etwas wie einen Namen habe ich eigentlich nicht. Aber wenn es unsere Partnerschaft für dich einfacher macht, nenn mich ruhig Ri."

„Na schön, Ri. Was passiert als Nächstes?"

„Ich gebe dir weitere vierundzwanzig Stunden, um in deinen Körper zurückzugelangen. Nutze die Zeit gut, denn einen weiteren Aufschub wird es nicht mehr geben. Wenn alles gut geht, sehen wir uns sehr bald wieder, Schlüsselchen Keno. Ich freu' mich schon darauf."

Und bevor ich Ri fragen konnte, wie genau ich das überhaupt anstellen sollte, blinzelte ich einmal und befand mich im Krankenhaus.

*

In mir drin zog sich alles zusammen.

Ich sah mich selbst an Schläuchen angeschlossen in einem Intensivbett liegen, dessen Gerätschaften piepten und brummten. Auf einem der Bildschirme konnte man den schwachen Ausschlag meines Pulses ablesen und andere Werte und Zahlen, die ich nicht verstand.

Doch der eigentliche Schock war der Anblick meiner weinenden Schwester, die schniefend meine bewegungslose Hand umklammert hielt und betete. Meine zutiefst unreligiöse Schwester betete in ihrer schieren Verzweiflung zu einem Gottwesen, welches höchstwahrscheinlich überhaupt nicht existierte. Nur ein Wolkenwesen namens Ri, für das ich jetzt die Drecksarbeit erledigen sollte.

Auf dem Stuhl neben ihr saß mein Onkel Fred, der unendlich müde und abgekämpft dreinblickte. Weil ich nicht einschätzen konnte, wie viel Zeit seit meinem Wassersprung in die Nordsee vergangen war, wusste ich nicht, wie lange sie schon an meiner Seite verweilten.

Dieser Anblick, das Schluchzen meiner Schwester und das elektronische Piepen versetzten mich in Panik.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte und wich wie fremdgesteuert zurück. Eine Krankenschwester kam hereinspaziert und sprach Onkel Fred an. Ich konnte ihre Worte nicht verstehen, wirbelte herum und floh aus der offengelassenen Zimmertür in den Krankenhausflur, wo ich mich mit der Stirn voran an die Flurwand lehnte und versuchte meine aufsteigende Panik unter Kontrolle zu bringen.

Beruhige dich. Du hast noch vierundzwanzig Stunden um einen Weg zu finden, es zurück in deinen Körper zu schaffen. Vorausgesetzt, dass ich mir das mit der Zwischenwelt und Ri nicht bloß eingebildet habe... Warum nur viel es mir immer so verdammt schwer einzuschätzen, was real war und was nicht? Würde das immer so sein?

Auf einmal hörte ich ein unterdrücktes Schniefen und wandte leicht den Kopf; ich sah eine Gestalt rechts von mir an der Flurwand kauern. Mein ohnehin schon in Einzelteile zersplittertes Herz, bekam noch mehr blutige Risse zugefügt. Ich hatte meinen Vater seit Lilos Tod nicht mehr richtig traurig gesehen – doch jetzt ließ er seine Verzweiflung heraus und weinte bitterlich Rotz und Wasser.

Es war fast noch schlimmer als meine Schwester beten zu hören. Ich musste zurück.

Sofort.

Nur hatte ich wirklich keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte.

Wahrscheinlich sollte ich zu meinem leeren Körper gehen und mir irgendwas überlegen, doch alles in mir sträubte sich dagegen – ich wollte nicht dorthin zurück, wo ich an Schläuche gefesselt noch gerade so am Leben gehalten wurde.

Ich musste... atmen.

Ein wenig Abstand gewinnen und einen klaren Kopf bekommen.

Und es gab nur einen Ort, der mir sofort einfiel, um genau das zu schaffen. Also schloss ich die erschöpften Lider und versuchte all die Trauer um mich herum entschieden auszublenden und mich ganz auf die glücklichen Stunden im Sommer zu fokussieren; bevor die Schule wieder anfing und es nur Miki und mich gab.

Ein eisiger Schauer überkam mich und dann dominierte eine beinahe unheimliche Stille.

Blinzelnd öffnete ich die Augen und erkannte Mikis Mobiliar; das mit Lichterketten geschmückte Himmelbett und die Pinnwand des Schreckens, wie Miki sie vor einiger Zeit liebevoll getauft hatte.

Nachdenklich ließ ich den Blick darüber wandern. Es wirkte alles so unendlich weit weg, wie aus einem anderen Leben. Hatten wir wirklich mal geglaubt, dass Patrick Endler Kaja nachgestellt und sich aufgrund dieser unerwiderten Liebe das Leben genommen hatte?

Jetzt im Nachhinein war diese These wirklich absurd. Aber damals wussten wir auch nichts von düsteren Hexenzirkeln und Flüchen, die Erscheinungen selbst über den Tod hinaus versklaven konnten. Mir kam das immer noch verdammt schräg vor; die Vorstellung, dass Onkel Naz Teil dieses dubiosen ansässigen Zirkels war und Kaja und Robin ernsthaft Nachfahren von real existenten Hexen.

Hin und wieder wünschte ich mir fast, das würde doch alles nur in meinem Kopf stattfinden; vielleicht war verrückt zu sein die bessere Alternative.

Seufzend ließ ich mich in den Korbsessel am Fenster fallen und winkelte die Beine an, um meine linke Gesichtshälfte auf den angezogenen Knien abzulegen.

Ernsthaft... Woher sollte man eigentlich wissen, was real war und was nicht?

Falls es tatsächlich einen Trick gab, um genau das zu unterscheiden, hatte ich irgendwie versäumt ihn zu lernen. Bleibe ich denn ewig der kleine Junge, der sich vor den Monstern unter seinem Bett fürchtet...?


***

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