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Albträume

Sie hatten es geschafft. Die Karasuno stand verdient im Halbfinale des Frühlingsturniers. Sie mussten nur noch dieses eine Spiel gegen die Seijoh gewinnen, dann war ihnen ihr Ticket ins Finale sicher. Sie würden im Finale gegen die Shiratorizawa antreten und hatten endlich wieder eine Chance auf eine Teilnahme bei den Nationalmeisterschaften. Aber zuerst mussten sie gewinnen, und das stellte sich als viel schwerer heraus, als sie gedacht hatten.

Sie hatten sich so gut vorbereitet, hatten so hart trainiert und doch schienen sie gegen die Übermacht ihrer Gegner nicht anzukommen. Sie bekamen kaum noch Bälle zu fassen und wenn doch, dann wurden ihre Angriffe immer wieder geblockt. Immer und immer wieder. Kageyama konnte sich nicht mehr darin erinnern, wann sie ihren letzten regulären Punkt erzielt hatten. Abgekämpft krallte er sich mit den Händen in den Saum seines Oberteils und starrte nach unten auf den Hallenboden, Schweißtropfen liefen ihm über die Stirn. Er war völlig fertig. Trotzdem zwang er sich dazu, sich umzudrehen und in die Gesichter seiner ebenfalls erschöpften Teamkameraden zu blicken.

Sie alle warfen ihm erwartungsvolle Bicke zu. Natürlich, er war ihr Zuspieler. Er kontrollierte den Verlauf des Spieles, er war der Mittelpunkt von allem. Ihre Angreifer konnten nur die Bälle schlagen, die er ihnen zuspielte und wie man anhand der Anzeigetafel deutlich sehen konnte, machte er einen miserablen Job. Sie würden das Spiel verlieren, weil seine Zuspiele nicht präzise, nicht schnell genug waren. Er musste besser spielen, musste die Mauer der Gegner überwinden und ihrer Offensive den Weg ebnen.

Einer der Seijoh Spieler hatte Aufschlag. Der Ball kam hart und geradlinig auf sie zugeflogen. Nishinoya schaffte es ihn anzunehmen und genau in seine Richtung zu spielen. Kageyama sprang auf und spielte den Ball instinktiv auf die rechte Seite zu Hinata. Er dachte nicht mehr nach, seine Gedanken waren von Adrenalin benebelt, er wollte, nein er musste dieses Spiel unbedingt gewinnen. Aus seinen Augenwinkeln sah er, wie Hinata hochgesprungen war, den Ball aber nur noch mit den Fingerspitzen erwischte und sofort von Matsukawa geblockt wurde. Ein weiterer Punkt für die Seijoh.

"Hey, wie soll ich den Ball denn kriegen, häh?", fuhr Hinata ihn wütend an, der nach seinem verfehlten Angriffsschlag unsanft auf dem Boden gelandet war und sich jetzt langsam wieder aufrichtete. Kageyama schaute verunsichert auf seine Hände, dann wieder zu Hinata und schließlich zum Rest seiner Teamkameraden, die alle einen verärgerten Eindruck machten. Sie waren sauer auf ihn, weil er versagt hatte. Eine ekelhafte Panik machte sich in ihm breit und jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

"Da war es wieder, sein königliches Zuspiel.", spottete Tsukishima und schüttelte hämisch grinsend mit dem Kopf, "Manche Dinge ändern sich anscheinend nie." Kageyama wollte etwas antworten, wollte ihn anschreien aber alle Worte, alle Beleidigungen, die er dem Brillenträger an den Kopf werfen wollte, blieben ihm im Hals stecken. Er ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Er durfte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er musste ein gutes Spiel abliefern.

Der Pfiff des Schiedsrichters setzte die Partie fort. Kageyama versuchte sich zu konzentrieren, seine Augen verfolgten nur noch den Ball, er sah nichts anderes mehr, hatte alles andere um ihn herum ausgeblendet. Doch auch sein nächstes Zuspiel ging daneben und alle anderen, die darauf folgten. Der Ball landete erneut mit einem höhnischen Knallen auf ihrer Seite des Spielfeldes und wieder sah er in die enttäuschten Gesichter seiner Mitspieler, hörte die fiesen Kommentare von Tsukishima über sein egoistisches Zuspiel, wie er wieder in alte Muster zurückverfallen war, aber er konnte nichts dagegen tun. Es war, als hätte er alles, was er in den letzten Monaten gelernt hatte, vergessen.

Er wollte etwas sagen, wollte sich rechtfertigen, sich entschuldigen, herumbrüllen oder zumindest irgendetwas tun, anstatt nur tatenlos dort zu stehen, doch als er sich zu seinen Teamkameraden wandte, hatte sich plötzlich eine tiefe, schwarze Kluft zwischen ihnen aufgetan. Die ganze Atmosphäre in der Halle hatte sich verändert, eine eisige Kälte hatte Besitz von ihm ergriffen und als er an sich herabsah, hatte er nicht mehr das schwarz-orange Trikot an, dass für den Club so charakteristisch war. Auch seine Mitspieler hatten sich verändert, nein alles war anders! Selbst die Sporthalle war eine ganz andere. Alles sah plötzlich verzerrt aus, wie eine geschmacklose Anordnung von ausgewaschenen Farben und Formen, die nicht zusammen passten. Ihm wurde schwindelig.

"Kageyama!", hörte er plötzlich eine tiefe, autoritäre Stimme hinter ihm, doch er traute sich nicht, sich umzudrehen. Er wusste schon, was ihn erwartete. Es war immer wieder das gleiche.

"Setz dich auf die Bank!"

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Schweißgebadet schreckte Kageyama in seinem Bett auf und ließ seinen Blick hektisch durch den halbdunklen Raum schweifen, in dem er sich befand. Er brauchte einen Moment um seinen schnellen Atem und rasenden Herzschlag soweit zu beruhigen, dass er wieder in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Er war in einem Schlafsaal, zusammen mit dem Rest der Mannschaft. Natürlich, ihr Trainingscamp hatte ja vor genau einem Tag begonnen. Er realisierte gleich, dass alles, was er gerade erlebt hatte, nur ein dummer, konfuser Traum gewesen war, und doch konnte er nicht aufhören zu zittern, spürte immer noch das Schwindelgefühl und die leichte Übelkeit, als wäre alles real gewesen.

Frustriert fuhr er sich mit einer Hand übers Gesicht und kniff die Augen zusammen, die jetzt schon anfingen zu brennen. Er hasste das, er hasste es so sehr und doch musste es immer wieder passieren. Er dachte, er hätte diese dämliche Geschichte aus der Mittelschule hinter sich gelassen, er spielte doch jetzt für die Karasuno. Er hatte keinen Grund immer wieder diese eine Szene in seinem Kopf durchzuspielen und jetzt hatte sich sogar sein jetziges Team in seine Albträume geschlichen. Was zur Hölle war nur los mit ihm? Warum konnte dieser Scheiß nicht einfach aufhören?

"Kageyama? Bist du wach?", hörte er plötzlich eine ihm bekannte Stimme direkt neben ihm, gerade jetzt, wo er eigentlich niemanden sehen wollte. Ein Blick zur Seite bestätigte ihm seine Vermutung. Dort war niemand anderes als Hinata, der sich ebenfalls auf seinem Futon aufgesetzt hatte und sich müde die Augen rieb.

"Es ist nichts, geh wieder ins Bett!", knurrte Kageyama ihn an, aber seiner Stimme fehlte der übliche Biss. Er hoffte, dass es Hinata in seiner Verschlafenheit nicht aufgefallen war, und drehte sich demonstrativ auf die andere Seite. Er fühlte sich schon elendig genug, da musste er sich nicht noch von Hinata zuquatschen lassen.

"Kageyama? Du heulst jetzt aber nicht, oder? Tut dir was weh? Hast du Bauchschmerzen? Wooah, ich wusste, dass mit dem Pudding was faul war!", fing Hinata gleich an, ihn mit dussligen Fragen zuzutexten und sein Plan, sich allein in Selbstmitleid zu ertränken, ging damit leider doch nicht auf.

"Halt die Klappe, ich hab keine Bauchschmerzen!", rief er und drehte sich empört zu dem kleinen Mittelblocker um, der ihn mit großen Augen anstarrte.

"Aber heulen tust du trotzdem.", bemerkte er trocken und Kageyama strich sich ertappt über die rechte Wange, die sich tatsächlich nass anfühlte. Wann hatte er denn bitte damit angefangen? Und warum musste Hinata es auch noch vor ihm merken?

"Ja, und? Kannst du mal aufhören, auf mir rumzuhacken? Du bist echt das Allerletzte, weißt du das?", sagte er diesmal deutlich lauter um seine Verschämtheit zu überspielen. Gleich darauf sah er, wie Hinata zusammenzuckte und sich fast schon ängstlich im Raum umschaute. Er warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und legte mahnend einen Finger an die Lippen.

"Kageyama, du bist zu laut! Wir können auch rausgehen, dann kannst du mich in aller Ruhe anschreien, ohne gleich das halbe Team aus dem Bett zu reißen.", flüsterte er fast. Kageyama überlegte, ob er seinen Vorschlag annehmen sollte, er war sowieso viel zu aufgekratzt, um sich einfach wieder schlafen zu legen. Hinata nahm ihm die Entscheidung ab, indem er aufstand und ungeduldig zu ihm herunterblickte. Jetzt hatte er wohl keine andere Wahl. Vielleicht würde es ihm besser gehen, nachdem er sich ein wenig die Beine vertreten hatten.

Schweigend liefen sie zusammen durch die dunklen Flure der Unterkunft. Es herrschte eine merkwürdig bedrückte Stimmung zwischen den beiden und Kageyama hatte das Bedürfnis, etwas zu sagen, doch wie schon im Traum bekam er kein Wort heraus. Als sie die Küche passierten, hielt Kageyama einen Moment lang inne und überlegte, ob sie den Kühlschrank plündern sollten, aber dann dachte er an Hinatas Kommentar zu dem Pudding und ließ es lieber gleich bleiben. Er hatte sowieso keinen großen Hunger.

Ihr Weg führte sie schließlich nach draußen auf eine kleine Veranda, von der aus sie direkt in den Sternenhimmel blickten konnten. Es war eine klare, fast schon warme Sommernacht. Keine einzige Wolke stand am Himmel und der Vollmond spendete ihnen großzügig Licht. Hinata nahm wie selbstverständlich Platz und forderte Kageyama mit einer unmissverständlichen Handbewegung dazu auf, sich ebenfalls hinzusetzen.

Kageyama ließ sich neben ihn fallen und schaute nach oben in den Himmel. Die frische Luft beruhigte seine überstrapazierten Nerven und er merkte, wie seine übliche Gelassenheit langsam zurückkehrte. Vielleicht war es auch die Anwesenheit von Hinata, die ihn beruhigte. Wenn er bei sich zu Hause war und ähnliche Träume hatten, war da außer seiner Mutter niemand, an den er sich wenden konnte. Es war nie jemand da, der ihn verstehen würde. Die Bestätigung, dass er wirklich ganz alleine war, trug immer wieder dazu bei, ihn noch mehr zu depremieren. Aber jetzt war Hinata da, und auch wenn er keine Ahnung von irgendetwas hatte, schien er ihm zumindest nicht egal zu sein.

"Also, was ist los?", fragte er wie erwartet und rutschte noch ein paar Zentimeter näher an ihn heran. Kageyama war sich nicht sicher, ob er die plötzliche Nähe als angenehm oder unangenehm empfinden sollte, aber er spürte definitiv ein kribbliges Gefühl in ihm hochkommen. Vielleicht wurde er aber auch einfach nur krank und hatte Schüttelfrost oder so etwas.

"Hey, du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst. Wir sind Freunde, schon vergessen?", fuhr Hinata mit sanfterer Stimme fort, legte eine Hand auf seine Schulter und versuchte ihn dazu zu bringen, ihn anzusehen. Kageyama seufzte ergeben und drehte sich widerwillig zu ihm. Wollte er überhaupt darüber reden? Das war doch alles nur Zeitverschwendung.

"Ich hab was Blödes geträumt.", sagte er schließlich, lehnte sich etwas nach hinten und stützte sich mit den Händen auf den glatten Holzdielen ab. Es dauerte nicht lange, bis Hinata Nachfragen stellte und Kageyama war sich sicher, dass er ihn nicht in Ruhe lassen würde, bis er ihm alles bis ins kleinste Detail erzählt hatte. Also tat er genau das. Er versuchte dennoch bei seinen Erzählungen sachlich zu bleiben und nicht zu viel von seinen Emotionen preiszugeben. Das letzte, was er gebrauchen konnte war, dass Hinata ihn für eine Heulsuse hielt.

"Seit wann hast du denn diese Träume?", fragte Hinata nach einer kleinen Pause. Kageyama zuckte müde mit den Schultern.

"Seit dem Vorfall an der Mittelschule. Seit ich bei der Karasuno spiele, sind sie weniger geworden, aber in letzter Zeit kommen sie immer wieder. Es kotzt mich an, dass ich mich schon wieder von so einem Scheiß ablenken lasse, und das auch noch vor dem Frühlingsturnier.", sagte er niedergeschlagen und voller Wut auf sich selbst.

"Ja, aber man hat doch nicht ohne Grund solche Albträume. Dich scheint das von damals ja noch total zu beschäftigen.", sagte Hinata und traf damit einen wunden Punkt, "Dabei hast du gar keinen Grund so an dir zu zweifeln, du bist doch ein guter Zuspieler."

Kageyama dachte über seine Worte nach, vor allem über den letzten Satz. Aber egal, wie oft er ihn sich in seine Gedanken rief, er wollte nicht in seinem Bewusstsein ankommen. Ja, vielleicht hatte er Talent, vielleicht hatte er die Voraussetzungen um erfolgreich zu sein, aber machte ihn das zu einem guten Zuspieler? War er in ihrem ersten richtigen Spiel gegen die Seijoh nicht auf ganzer Linie gescheitert? So wie er auf der Mittelschule gescheitert war?

"Du hast doch gehört, was Ushijima vor ein paar Tagen gesagt hat. Ein Zuspieler, der nicht in der Lage ist, sich für sein Team aufzuopfern und alles aus seinen Mitspielern herauszuholen, ist ein Versager.", sagte er schließlich mit kalter Stimme und spürte, wie all die negativen Emotionen von vor ein paar Minuten wieder in ihm hochkrochen und drohten ihn zu ersticken. Es war ein Fehler gewesen, mit Hinata nach draußen zu gehen. Er hätte im Bett bleiben sollen.

"Wow, und darüber machst du dir so viele Gedanken?", fragte Hinata ungläubig und schaute ihn mit einem undefinierbaren Blick an.

"Natürlich, er hat sich ja auch etwas dabei gedacht, als er es gesagt hat.", erwiderte Kageyama und stützte sein Kinn auf einer Hand ab. In Gedanken sah er immer noch die überwältigende Präsenz von Ushijima vor sich, die Art und Weise wie er mit ihnen gesprochen hatte, als sie auf dem Campus der Shiratorizawa waren. Er war so voller Selbstbewusstsein, nichts und niemand konnte ihn aus der Ruhe bringen. Er war wirklich ein beeindruckender Spieler.

"Weißt du, was ich von Ushiwaka halte?", fragte Hinata plötzlich und riss ihn damit aus seinen Erinnerungen. Als er erwartungsvoll zu seinem Partner herüberschaute, sah er, dass der die Arme vor der Brust verschränkt und die Unterlippe vorgeschoben hatte, als würde er schmollen.

"Ich finde, dass er ein riesengroßer Dummschwätzer ist. Aber sag ihm das bitte nicht, sonst reißt er mir bei unserer nächsten Begegnung den Kopf ab.", fuhr Hinata fort und klang bei seinem letzten Satz schon wieder leicht nervös, als befürchtete er, dass Kageyama das Ass der Shiratorizawa sofort auf dem Handy anrufen und ihn verpetzen würde. Dabei hatte er noch nicht einmal den Großteil der Karasuno Spieler eingespeichert.

"Du Idiot, Ushijima ist einer der besten Jugendspieler Japans und der mit Abstand beste der Präfektur.", widersprach Kageyama ihm sofort.

"Ja, aber trotzdem erzählt er dummes Zeug. Die Spieler der Seijoh sind alle schlecht, außer Oikawa? Unfruchtbarer Boden? So'n Blödsinn!", blieb Hinata bei seiner Meinung. Kageyama erinnerte sich noch gut daran, wie Hinata dem Ass der Shiratorizawa Paroli geboten hatte, wie er sich gegen seine harten Aussagen zur Wehr gesetzt und die Karasuno verteidigt hatte. Es war das erste mal gewesen, dass er sich mit einem älteren Spieler offen angelegt hatte. Dabei hatten sie doch noch gar nichts erreicht. Sie waren ins Halbfinale gekommen und das war es dann auch schon gewesen.

"Wir haben gegen die Seijoh verloren, das ist ein Fakt.", sagte er nüchtern, "Wenn wir nicht gegen sie gewinnen können, haben wir auch keine Chance gegen die Shiratorizawa. Wenn ich es nicht schaffe, Oikawa als Zuspieler zu übertreffen und besser zu werden als er, dann-"

"Jetzt hör aber auf!", unterbrach Hinata seinen Redefluss und als Kageyama sich zu ihm umwandte, war der Kleinere von der Veranda aufgesprungen und hatte wieder diesen wütenden Blick aufgesetzt, mit dem er auch vor nicht allzu langer Zeit Ushijima angeschaut hatte. So wie er vor ihm stand, wirkte er natürlich größer und irgendwie...fast schon einschüchternd, auch wenn das alberne Comic-Motiv auf seinem T-Shirt diesen Eindruck etwas abschwächte.

"Wenn es nach Ushijima ginge, hätte die Karasuno doch gar keine Chance auf einen Sieg im Finale. Warum glaubst du, dass du für alles die Verantwortung übernehmen musst?", fragte er ihn aufgebracht, seine Augen funkelten zornig.

"Weil ich gewinnen will, natürlich!", gab Kageyama ihm die einfache Antwort und erhob sich ebenfalls von seinem Platz. Einen Moment lang standen sich die beiden gegenüber und schauten sich fest in die Augen. Hinata musste dabei seinen Kopf etwas weiter nach oben recken, aber das tat seiner Selbstsicherheit in dem Moment keinen Abbruch.

"Du stehst aber nicht allein auf dem Platz. Wir können nur zusammen gewinnen, das weißt du doch. Die Diskussion hatten wir doch schonmal.", sagte Hinata und Kageyama hatte das Gefühl, als würde er ihn ausschimpfen. War es denn nicht sonst immer umgekehrt? Er wusste nichts darauf zu sagen und selbst wenn, gerade vertraute er seiner Stimme sowieso nicht. Er hatte schon wieder das Gefühl, gleich in Tränen auszubrechen und er wusste nicht einmal warum. Was war nur aus seiner Schlagfertigkeit geworden?

"Wovor hast du eigentlich solche Angst?", fragte Hinata nach einer Weile und klang auch nicht mehr so wütend wie vor einem Moment. Er klang eher...besorgt? Machte sich Hinata etwa Sorgen um ihn?

"Ich will nicht...für das Team unbrauchbar werden und auf der Bank landen.", gestand er ihm endlich den wahren Grund für sein Unbehagen und wich beschämt seinem Blick aus. Er hasste es, vor Hinata so viel Schwäche zu zeigen und sich angreifbar zu machen, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund wusste er, dass Hinata es nicht ausnutzen würde. Hinata war nicht Tsukishima oder Oikawa. Wenn ihn einer verstehen würde, dann er. Wem sollte er sich sonst anvertrauen? Es gab niemand anderen.

"Kageyama, ich weiß immer noch nicht genau, was damals auf der Mittelschule vorgefallen ist, aber du spielst jetzt für die Karasuno, und du bist auch nicht mehr der, der du früher warst. Das ist alles Schnee von gestern.", sagte er und die Mauer von Unnahbarkeit, die Kageyama um sich herum aufgebaut hatte, begann langsam zu bröckeln.

"Warum bist du dir da so sicher?", fragte er und erschrak darüber, wie verbittert er klang, "Wer sagt denn, dass ich nicht immer noch der egoistische König bin, von dem immer wieder die Rede ist? Der Kontrollfreak, der nicht in der Lage ist, sich an seine Mitspieler anzupassen und alles nur alleine machen will, weil er niemandem vertrauen kann?" Er wusste nicht, was für eine Antwort er sich von Hinata erwartete. Er konnte ihn ja schlecht anlügen.

"Ich weiß es einfach, okay?", sagte er stattdessen und Kageyamas Augen weiteten sich überrascht. War das sein Ernst? Dabei hatte er Hinata doch so viele Schwierigkeiten bereitet, seit sie zusammen bei der Karasuno spielten. Sie gerieten ständig aneinander, stritten sich wegen den dümmsten Kleinigkeiten und wann immer er wegen etwas sauer war, hatte er sich an Hinata abreagiert und ihn beleidigt. Und doch war Hinata der erste gewesen, der ihn wieder aufgebaut hatte, nachdem Tsukishima ihn mit seiner Vergangenheit konfrontiert hatte. Er hatte ihm von Anfang an vertraut und sich auf sein riskantes Zuspiel eingelassen. Aber warum? Warum glaubte er an ihn?

"Wir werden die Seijoh und die Shiratorizawa besiegen und zu den Nationalmeisterschaften gehen! Wir beide, du und ich. Du wirst deine besten Zuspiele machen und ich werde jeden deiner Bälle schlagen und alles geben, um mit dir mitzuhalten und wenn wir das machen, dann haben wir auch eine Chance zu gewinnen. Und keiner von uns wird auf der Bank landen!", rief Hinata entschlossen und seine Augen leuchteten im Mondlicht hell auf.

"Okay.", war das einzige, was Kageyama herausbrachte, bevor er von einer Welle von Emotionen überrollt wurde und spürte, wie er schon wieder anfing zu zittern, obwohl ihm gar nicht kalt war. Verbissen ballte er die Hände zu Fäusten und stellte sich kerzengerade hin, aber er kam nicht dagegen an. Sich umdrehen und flüchten war nicht mehr drin, also tat er das Nächstbeste, was ihm einfiel. Er überwand die letzten wenigen Meter zwischen ihm und Hinata mit steifen Schritten und packte den Kleineren an den Schultern. Hinata sah ihn verunsichert und leicht ängstlich an, doch im nächsten Augenblick warf Kageyama schon seine Arme um ihn und drückte ihn fest an seine Brust.

Hinata keuchte erschrocken auf und zappelte in seinen Armen, aber er stellte keine Versuche an, ihn von sich wegzudrücken. Kageyama krallte sich in das T-Shirt seines Partners und verbarg sein Gesicht in seinen wuscheligen Haaren. So konnte Hinata ihn wenigstens nicht ansehen und er bekam trotzdem die Nähe, nach der sein Körper sich die ganze Zeit gesehnt hatte. Warum war ihm erst jetzt aufgefallen, wie sehr er ihn eigentlich brauchte? Wie wichtig er ihm war? Wie Hinata immer genau die Worte fand, mit denen er ihn aus jedem noch so tiefen Loch zerren konnte?

"Ka...ge...yama, du erdrückst mich!", brachte Hinata angestrengt heraus und Kageyama lockerte seinen Griff daraufhin etwas, ließ aber nicht vollständig los. Jetzt würde Hinata ihn sicherlich von sich wegschieben und ihn abweisen, er hatte ihn ja total überrumpelt. Doch zu seiner Überraschung wurde Hinata auf einmal ganz ruhig und legte nun seinerseits seine Arme um ihn. Kageyama spürte, wie der Kleinere mit seinen Händen sanft über seinen Rücken strich und damit dafür sorgte, dass sich die Anspannungen und der ganze Stress in seinem Inneren in Luft auflösten. Er fühlte sich besser, wenn Hinata bei ihm war. Hinata war gut für ihn.

"Kageyama...", unterbrach Hinata irgendwann die Stille zwischen ihnen und Kageyama zwang sich dazu ihre Umarmung ebenfalls zu unterbrechen. Sie konnten ja nicht ewig so stehen bleiben und Hinata hielt ihn jetzt bestimmt für einen Vollidiot, weil er sich so an ihn geklammert hatte. Machten Freunde so etwas? Waren das freundschaftliche Gefühle, die er für Hinata empfand, oder hatte er aufgrund einer Mischung aus Schlafmangel, Beschämtheit und den Nachwirkungen seines Albtraums endgültig den Verstand verloren?

"Sorry.", sagte er leise, schaute geniert zur Seite und wischte sich mit dem Handrücken über die immer noch feuchten Augen, doch er drehte sich gleich wieder zu Hinata um, als der plötzlich anfing zu kichern.

"Du entschuldigst dich dafür, dass du mich umarmt hast?", fragte er amüsiert und Kageyama war sich sicher, dass seine Gesichtsfarbe gerade der Uniform der Nekoma Konkurrenz machte. Aber auch Hinata, der ihn zufrieden anlächelte, hatte leicht rote Wangen und sah irgendwie so richtig niedlich aus. Irgendetwas musste in seinem Kopf kaputt sein, soviel war klar. Dabei war Hinata doch derjenige, der immer die Bälle ins Gesicht bekam.

"Lass uns wieder ins Bett gehen. Es ist zwar schön hier draußen, aber wenn Daichi und die anderen merken, dass wir weg sind, kriegen wir noch Ärger.", meinte Hinata und kratzte sich unsicher am Kopf. Kageyama wollte etwas erwidern, wollte Hinata dafür rügen, dass er sich über ihn lustig gemacht hatte oder ihn zumindest auf den letzten Kommentar mit den Nationalmeisterschaften anzusprechen, aber ihm war einfach nicht mehr danach. Er fühlte sich so seltsam beschwingt, in seinem Bauch kribbelte es immer noch und er war sich ganz sicher, dass es nicht an verdorbenem Pudding lag.

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Ein paar Minuten später waren sie wieder in ihren eigenen Betten. Hinata lag eingerollt auf der Seite, die dünne Decke fest um seinen kleinen Körper geschlungen. Kageyama lag neben ihm hellwach auf dem Rücken und starrte an die Decke. Es war ihm schon immer schwer gefallen, nach einem schlechten Traum wieder einzuschlafen. Meist gelang es ihm nicht, und er verbrachte dann den Rest der Nacht damit, planlos durchs Haus zu tigern oder im Hinterhof Volleyball zu spielen. Manchmal setzte er sich aber auch mit einer Tüte Cracker und einem Glas Milch aufs Sofa und schaute sich Dauerwerbesendungen an, je nach Stimmung und Jahreszeit.

Das konnte er jetzt alles nicht machen, also ließ er seine Gedanken schweifen. Er dachte nicht mehr an seinen Traum, er konnte sich gar nicht mehr an einzelne Details erinnern. Aber er wusste immer noch, wie er sich gefühlt hatte, als Hinata seine Umarmung erwidert hatte. Seine sanften Berührungen, seine Körperwärme...er vermisste es. Er wollte mehr davon, wollte ihn näher bei sich spüren. Ja, er wurde wohl tatsächlich verrückt, aber machte es jetzt noch einen Unterschied?

Seufzend schaute er zu dem Deckenhaufen neben ihm, der sich mit dem Atem des kleinen Mittelblockers gleichmäßig hob und senkte. Sollte er es wagen? Er blieb noch einen Moment liegen und wartete, Hinata schien tief und fest zu schlafen. Schließlich gab er sich einen Ruck und bewegte sich vorsichtig mitsamt seiner Decke zu seinem schlafenden Freund. Die letzten Zentimeter überwand er fast schon in Zeitlupe und als er nahe genug war, legte er behutsam einen Arm um Hinatas Mitte und kuschelte sich von hinten an seinen Rücken. Hinata schlief, er würde es nicht merken und am nächsten Tag würde er sowieso vor ihm aufwachen. Dann konnte er so tun, als sei nichts gewesen. Aber wenigstens diese eine Nacht wollte er nicht alleine sein. Er hatte die Schnauze voll davon, alleine zu sein.

Kageyama war gerade kurz davor einzuschlafen, als sich Hinata neben ihm plötzlich bewegte und Kageyama fast einen halben Herzinfarkt bekam. Er war ein Idiot, er war ein riesengroßer Idiot. Wie hatte er so naiv sein und denken können, dass Hinata, Nervenbündel Nummer eins, es nicht merken würde, dass er sich an ihn herangeschlichen hatte. Was hatte ihn überhaupt auf die Idee gebracht?

"Kageyama...? Alles okay?", fragte Hinata leise und rollte sich auf die andere Seite, um ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Sie waren sich mit einem mal so nah, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten und Kageyama spürte, wie ihm regelrecht das Herz in die Hose rutschte. So nervös war er sonst nicht einmal vor einem wichtigen Spiel.

"Ich...sorry, ich hab nur...mir war kalt. Vergiss es einfach!", stammelte er und schwor sich, sich am nächsten Tag, wenn er wieder bei Sinnen war, im angrenzenden Brunnen zu ertränken. Er wollte schon seine Decke nehmen und wieder zurück zu seinem eigenen Schlafplatz flüchten um sich für den Rest der Nacht zu verkriechen, als Hinata seinen Arm festhielt und ihn verschmitzt angrinste. Nachdem Kageyama seinen Rückzugsversuch unterbrochen hatte, nahm Hinata die Hand von seinem Arm wieder weg und griff stattdessen nach dem Zipfel seiner eigenen Bettdecke.

"Komm her, du Frostbeule.", flüsterte er immer noch lächelnd und hob die Decke an, um seinem Freund dazu aufzufordern, mit zu ihm unter die Decke zu kommen. Kageyama war dankbar für die Dunkelheit, die sein sicherlich feuerrotes Gesicht verbarg, und nahm das Angebot dankbar an. Als sie schließlich dicht aneinander gekuschelt unter der Decke lagen, wurde Kageyama bewusst, wie falsch und absurd die ganze Situation eigentlich war. Aber egal, wie oft er sich einredete, dass er sein Verhalten am folgenden Tag bitter bereuen würde, die Glückshormone in seinem Inneren wollten einfach nicht verschwinden. Er fühlte sich geborgen, als hätte er nach langer Zeit endlich etwas gefunden, was ihm die ganze Zeit gefehlt hatte.

Langsam wurden seine Augenlider schwerer, sein Herzschlag beruhigte sich und seine eh schon wirren Gedanken drifteten immer weiter ab. Es war ihm egal, was am nächsten Tag passieren würde, die Reaktionen seiner Teamkameraden, die Reaktionen von Hinata, der sicherlich durchdrehen und ihn abweisen würde, seine eigenen Reaktionen und Schuldgefühle...Es war ihm alles egal. Heute Nacht war er nicht alleine und er würde auch ganz bestimmt keine Albträume mehr haben.

Morgen konnten sie sich in ihren Spielen gegen die anderen starken Teams wieder die Bälle um die Ohren hauen, sich zoffen und sich anschreien, so wie sie es immer taten. Es war nur eine Nacht. Morgen würde wieder alles normal zwischen ihnen sein, zumindest dachte er das. Aber für diese eine Nacht war es okay.

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