Und ein Kribbeln im Bauch
Lucy hielt die Luft an. Sie sah ihr Bett, ihren Nachttisch und dann ihren Schrank. Das Licht im Zimmer war ausgeschaltet und alles war still.
Die Journalistin tastete nach dem Lichtschalter. Helligkeit durchflutete den Raum und Lucy kniff für einen Moment die Augen zusammen. Ihr Herzschlag war inzwischen so schnell, dass sie nur noch ein Flimmern in ihrer Brust spürte.
Sie sah sich im Zimmer um. Zu ihrer Überraschung, war es leer. Mit aufgerissenen Augen sah sie zum Fenster. Sie wohnte im vierten Stockwerk, er würde doch nicht rausgesprungen sein?
„Und wo ist ihre Katze nun?", fragte die Journalistin.
Lucy zuckte bei der Frage leicht zusammen.
„Sie versteckt sich wahrscheinlich unter dem Bett. Sie mag keine Fremden", sagte sie schnell und hoffte, dass die Frau ihr ihre Lügen abnahm.
Einen Moment lang schwieg sie.
„Gut. Wir sind dann fertig, ich habe genug Informationen für meine Story", meinte die Reporterin und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Lucy ließ ihren Blick nochmal durch ihr Schlafzimmer schweifen, bevor sie das Licht wieder ausschaltete und die Tür hinter sich schloss.
Die Journalistin sammelte ihr Aufnahmegerät ein und steckte es in ihre Tasche.
„Sie schreiben aber nur das, was ich Ihnen gerade erzählt habe, richtig?", fragte Lucy verunsichert.
„Natürlich Schätzchen, nur das, was Sie erzählt haben"
Das Lächeln der Journalistin erreichte nicht ihre Augen.
Die Frau verließ so schnell das Wohnzimmer, dass Lucy ihr fast nicht hinterher kam. Sie war bereits an der Haustür angekommen, als Lucy den Flur betrat. Sie drückte die Klinke hinunter, drehte sich dann aber nochmal mit einem süffisanten Grinsen zu ihr um.
„Ich hoffe, ich werde noch viel von Ihnen hören", sagte die Journalistin.
„Ich hoffe nicht", antgegnete Lucy. Mit der Hand bedeutete sie der Reporterin, dass sie nun die Wohnung verlassen sollte.
Die Frau nickte nochmal, bevor sie aus die Tür verschwand und Lucy allein im Flur zurückließ.
Lucy lehnte sich gegen die Wand und legte den Kopf in den Nacken. Sie blieb ein paar Minuten lang einfach so stehen, während sie versuchte ihren Puls und ihre Atmung zu beruhigen. Sie hatte das ganz gut gemeistert, dachte sie, obwohl sie schon etwas Angst vor dem Artikel hatte, der am Ende in der Zeitung erscheinen würde. Sie hoffte inständig, dass die Journalistin ihr nicht die Worte im Mund umdrehte.
Eine angedichtete Affäre mit einem Superstar, wollte sie wirklich nicht. Auch wenn dieser Superstar sich gerade in ihrem Schlafzimmer aufhielt.
Oder... aufgehalten hatte?
Lucy stieß sich von der Wand ab und ging mit gerunzelter Stirn in das Zimmer, in dem sich der Frontman von Sunrise Avenue eigentlich aufhalten sollte.
Sie schaltete das Licht an, aber der Raum lag nach wie vor still und leer vor ihr. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen ging sie zum Fenster und schaute nach unten. Niemals konnte er da rausgeklettert sein. Er hätte sich alle Knochen gebrochen. Und dazu war das Fenster auch von innen verschlossen.
Er musste also noch hier sein. Sie trat einen Schritt zurück und wollte sich gerade vor ihr Bett knien, um darunter zu schauen, auch wenn sie der Meinung war, dass dieser große Mann definitiv nicht unter ihr Bett passen würde, als ein leises Knacken hinter ihr ertönte.
Zwei warme große Hände legten sich um ihre Taille. Lucy schrie leise auf, als ihre Füße vom Boden abhoben und sie rückwärts schwebte. Etwas stieß gegen ihren Hinterkopf und sie fluchte leise.
„Entschuldige", erklang eine warme tiefe Stimme nun neben ihrem Ohr.
Er setzte sie wieder ab und sie stellte fest, dass er sie in ihren großen Eichenholzschrank gehoben hatte.
Hinter ihrer Kleidung war ein relativ großer Hohlraum, in dem sie nun beide gut Platz hatten.
Er schloss die Schranktüren wieder, sodass sie in völliger Dunkelheit standen. Lucy spürte seine Wärme an ihrem ganzen Körper. Ihr Knie berührte seinen Oberschenkel.
„Hier hast du dich versteckt", wisperte sie.
Er lachte leise und ihr lief ein Schauer über den Rücken.
„Irgendwo musste ich ja hin"
Seine Stimme war so weich, dass Lucy das Gefühl hatte, sie würde direkt über ihre Seele streichen.
Sie schwiegen für einen Moment, genossen beide die Stille und die Anwesenheit des Anderen.
„Ich glaube dir", flüsterte sie schließlich. Die Distanz zwischen ihnen überwindend, hob sie die Hand und suchte sein Gesicht. Ihre Fingerspitzen strichen über seine Bartstoppeln.
Sie spürte, wie er Luft holte, um etwas zu sagen, aber sie legte einen Finger auf seine samtigen Lippen.
„Ich glaube dir, dass du in dieser Nacht in guter Absicht gehandelt hast. Ich denke, dass du mir niemals etwas in den Drink mischen würdest, um das dann auszunutzen"
Sie dachte nicht über ihre Worte nach. Alles, was sie sagte, kam aus tiefstem Herzen und war nur bestimmt durch ihr Gefühl.
„Ich vertraue dir. Ich weiß, dass ich das eigentlich nicht sollte, weil wir uns kaum kennen, aber ich vertraue dir. Das habe ich dir in dieser Nacht schon einmal gesagt und es ist immernoch so. Ich würde dir mein Leben anvertrauen, so unvorsichtig das auch ist"
Sie spürte, wie er einen seichten Kuss auf ihren Finger gab, bevor er ihn sanft von seinem Mund schob. In ihren Magen breitete sich ein nervöses Flattern aus.
„Danke", seine Stimme war heiser und er räusperte sich leise.
„Ich möchte dir eine Frage stellen. Versprichst du mir, dass du sie ehrlich beantwortest?"
Lucy atmete tief ein und aus, bevor sie „Natürlich" antwortete.
„Hat dir diese Nacht wirklich nichts bedeutet? War das die Wahrheit, als du zu mir gesagt hattest, dass das alles bedeutungslos für dich war?"
Sie spürte seine Finger über ihre Hand streichen und sie schloss für einen Moment die Augen.
„Ich habe gelogen", hauchte sie so leise, dass er sie kaum hören konnte.
„Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen"
Sie senkte den Blick, auf wenn sie wusste, dass er sie in der Dunkelheit nicht sehen konnte.
„Du hast mich nicht verletzt. Du hast mich wütend gemacht. Mir war klar, dass du das Gleiche gefühlt hast, wie ich. Ich war nur so enttäuscht, dass du es dir selbst nicht eingestehen konntest" Überrascht von seiner Offenheit und davon, wie er ihr das Herz ausschüttete inmitten eines dunklen Eichenholzschrankes, legte sie ihm eine Hand auf die Brust, einfach um ihm nahe zu sein.
„Die Nacht war schöner, als alle Nächte zuvor in meinem Leben"
Ihr Stimme zitterte leicht, aber sie hatte das Gefühl ihm diese Ehrlichkeit schuldig zu sein.
Er strich mit dem Daumen über ihr Handgelenk. Eine Gänsehaut zog sich von ihrem Arm über ihren gesamten Körper. Es wirkte wie eine Geste der Dankbarkeit.
„Darf ich dir auch eine Frage stellen?", wollte sie nun wissen.
„Sicher"
„Wer dachtest du, bin ich? Du hast von Fotos geredet an diesem Abend"
Dieser Umstand irritierte sie immernoch. Sie glaubte eigentlich nicht, dass er sich absichtlich als jemand anderes ausgegeben hatte.
Er schnaubte belustigt.
„Ich wollte mich eigentlich mit einer Reporterin treffen. Naja, und als du meintest, wir würden uns kennen, dachte ich, du wärst die Reporterin. Ich hatte ein paar Tage zuvor nur ein Foto von der Frau gesehen und konnte mich an ihr Gesicht nicht mehr erinnern"
Lucy gluckste.
„Ich, eine Journalistin? Niemals!"
Er reagierte selbst mit einem Lachen auf das leise Geräusch, das sie ausgestoßen hatte. Seine Stimme schien von den Wänden des Schrankes widerzuhallen.
„Das habe ich auch festgestellt, als die Zeitung mich einen Tag später nach einem Ersatztermin für das Interview gefragt hat. Da habe ich erst verstanden, dass du jemand Fremdes warst"
Er schwieg einen Moment lang.
„Und dann habe ich bereut, dich nicht nach deiner Nummer gefragt zu haben"
„An dem Morgen dachte ich, dass du mich nicht mehr sehen willst" , gab Lucy zu.
„Oh, ich wollte dich wiedersehen. Ich wusste nur nicht, wie ich dich finden sollte"
Sie spürte, wie er sein Gewicht verlagerte und sein Bein an ihrem entlang strich.
„Ich konnte ja nicht ahnen, wie schnell wir uns wieder treffen würden"
„Das war für mich auch mehr als überraschend", sagte sie leise lachend.
„Ich fürchte, ich muss dir noch eine Frage stellen"
„Dann frag mich"
Er seufzte, als wäre es ihm unangenehm.
„Wie heißt du?"
Lucy stutzte. Bitte?
„Ich habe dich nie nach deinem Namen gefragt und unsere Gespräche drehten sich immer um andere Dinge. Würdest du mir sagen, wie du heißt?"
„Lucy", sagte sie.
„Lucy."
Er wiederholte ihren Namen, als würde er den Klang des Wortes ausprobieren wollen. Das Kribbeln in ihrem Bauch intensivierte sich, als sie hörte, wie melodisch ihr Name aus seinem Mund klang.
„Die Strahlende, das Licht in der Dunkelheit", meinte er.
„Du interessierst dich für Namensdeutung?", fragte sie leicht verwundert. Sein Herzschlag unter ihren Fingern verschnellerte sich.
„Manchmal", gab er zögerlich zu.
„Aber erzähl es nicht weiter, das macht mein Rockstar-Image kaputt"
Lucy stieß ein Lachen aus.
„Schmuse-Star trifft es eher"
„Schmuse-Star? Ich bin ein harter Rocker!", erwiderte er gespielt empört.
Lucy konnte sich ihr Kichern nicht verkneifen.
„Der harte Rocker versteckt sich aber gerade in einem Schrank voller Röcke und Strumpfhosen"
Er kam ihr noch näher und Lucy spürte seinen Atem nun über ihre Stirn streichen.
„Das würde ich nicht für jeden tun. Nur für ganz besondere Menschen"
Innerlich verkrampfte sich alles in ihr. Seine Hände, die er auf ihre Hüften legte, hinderten sie daran, einen Schritt zurückzutreten. Er schien ihren Widerwillen zu spüren, denn er lockerte sofort seinen Griff.
„Wovor hast du so eine Angst?", fragte er nun. Ihre Hand lag immernoch auf seiner Brust. Sie spürte die Vibration seiner Stimme in ihren Fingerspitzen.
Alles in ihr drängte sie danach, ihm ihr Herz auszuschütten. Sie wollte ihm all das sagen, was sie bedrückte und was sie daran hinderte, sich voll und ganz in ihm verlieren zu können.
Aber sie schaffte es nicht.
„Ich will nicht, dass so etwas wie heute mein Leben wird", wisperte sie nur. Das war die Wahrheit. Auch wenn es nicht der eigentliche Grund für ihre Zurückhaltung war.
„Ich will nicht ständig von Reportern und Paparazzi belauert werden. Und ich möchte nicht täglich irgendwelche Gerüchte und Fotos über mich sehen"
Nur allzu deutlich spürte sie, wie er beruhigend mit den Daumen seitlich über ihren Bauch strich. All ihre Sinne schienen sich auf diese Körperstelle zu konzentrieren.
„Ich verstehe", antwortete er. Sie hatte das vage Gefühl, dass er wusste, dass das nicht der gesamte Grund war, aber er fragte nicht nach.
„Du möchtest mich also nicht mehr sehen?"
Natürlich will ich dich noch sehen!, hätte sie am liebsten geschrien, aber sie schwieg.
„Es tut mir leid", sagte sie nur.
„Schon okay"
Lucy hörte genau, dass es für ihn nicht okay war.
„Würdest du mir einen Gefallen tun?", fragte er nach einem kurzen Moment des Schweigens, in dem sie beide ihren eigenen Gedanken nachgehangen hatten.
Lucy nickte bis sie feststellte, dass er sie nicht sehen konnte.
„Ja", sagte sie.
„Würdest du mir einen letzten Kuss schenken?"
Hallo ihr Lieben,
hier bin ich wieder und habe ein neues Kapitel für euch dabei.
Ich hoffe ihr hattet einen guten Rutsch in das neue (und hoffentlich bessere) Jahr 2021!
Bleibt alle gesund, haltet euch an eure Vorsätze, falls ihr welche habt, und mal sehen, was das Jahr so bringt.
Ich freue mich auf jeden Fall wieder auf eure zahlreichen tollen Kommentare und Votes.
Bis zum nächsten Mal
Luisa
PS: Rechtschreibfehler bitte ich zu entschuldigen. Ich hatte diesmal nicht so viel Zeit zum Schreiben und Überarbeiten.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro