Und der Geruch von Aftershave und Minze
Sie starrte ihre Tür an. Ein weiteres leises Klopfen ertönte.
Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Woher wusste er überhaupt, wo sie wohnte?
„Bitte, mich erkennt sonst noch jemand, wenn ich hier stehen bleibe. Ich glaube nicht, dass du willst, dass die Paparazzi wissen, wo sie dich finden können“
Sie verdrehte genervt die Augen und atmete einmal tief durch. Mit dieser Aussage hatte er ihr die Entscheidung eigentlich abgenommen. Journalisten vor ihrer Wohnung wollte sie nun wirklich nicht haben.
Sie zog die Tür auf und blickte einmal nach Rechts und nach Links, um sich zu vergewissern, dass ihm nicht doch jemand gefolgt war. Dann nahm sie seinen Arm und bugsierte ihn in ihren Hausflur. Ihr Herzschlag schnellte in die Höhe, als sie die Tür hinter sich zuschlug und sich daraufhin mit dem Rücken daran lehnte.
Er sah sich interessiert in ihrer Wohnung um.
Lucy fiel auf, dass er scheinbar versucht hatte, sich zu verkleiden, indem er eine Basecap tief in die Stirn gezogen hatte und eine blickdichte Sonnenbrille trug. Gut erkennbar war er trotzdem. Eigentlich ein Wunder, dass kein Journalist ihn erkannt hatte.
„Also", begann Lucy, unsicher was sie nun sagen sollte. „Was machst du hier?“
Er drehte sich zu ihr um und zog seine Jacke aus. Lucy hob eine Augenbraue. Fein säuberlich hängte er die Jacke an ihre Flurgarderobe, bevor er ihr antwortete.
„Ich dachte, wir haben noch etwas zu klären“, meinte er, als würde das seine Anwesenheit hier begründen.
Er streifte seine Schuhe ab und ging durch den Flur in ihr Wohnzimmer. Lucy folgte ihm irritiert. Er benahm sich, als würde er hier wohnen.
„Und woher genau weißt du, wo ich wohne? Hat Jessi dir das gesagt?“
Wenn ja, dann hatte sie ein Hühnchen mit ihrer Chefin zu rupfen. Weltstar hin oder her, sie wollte doch ihre Privatsphäre behalten.
Sie blieb im Türrahmen des Wohnzimmers stehen und beobachtete, wie er eingehend die Fotos an ihrer Wand betrachtete.
Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Lucy trommelte nervös mit ihren Fingern auf ihrem Unterarm.
„Ich wurde auf Instagram angeschrieben“, sagte er schließlich und blickte zu ihr. „Obwohl anschreiben nicht das richtige Wort ist. Ich wurde zugespamt. Und das waren so viele Nachrichten, dass ich im ersten Moment das Konto einfach blockieren wollte“
Er kam ein paar Schritte auf sie zu. Lucy machte es nervös, dass sie seine Augen nicht sehen konnte.
„Glücklicherweise habe ich das aber nicht getan, sondern habe mir die Nachrichten durchgelesen. Und da hat eine gewisse Samantha ziemlich genau beschrieben, was in der Nacht vor ein paar Tagen geschehen ist“
Lucy riss die Augen auf. Oh Gott, was hatte Sam getan?
„Und sie hat mir nahe gelegt, dass ich gefälligst mit dir sprechen sollte. Deine Adresse habe ich auch von ihr“
Er nahm seine Cap ab und legte sie auf die Sofalehne. Lucy stand immernoch wie erstarrt in der Tür.
„Und du bist extra hierher gefahren, weil Sam dir gesagt hat, du sollst es tun?“, fragte sie. Ihre Stimme klang selbst in ihren Ohren hoch und piepsig.
„Gegangen“, berichtigte er sie.
„Nein, ich bin hier, weil diese Samantha da offenbar etwas falsch verstanden hatte und das wollte ich klarstellen“
Er setzte sich auf ihr Sofa und klopfte neben sich auf das Polster. Auffordernd sah er sie an.
Lucy kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.
„Ich stehe lieber“, sagte sie. Sie wusste nicht, was sie von dieser Aktion halten sollte. Seine Gelassenheit irritierte sie.
„Aber deine Couch ist viel gemütlicher als der Türrahmen“, meinte er mit einem verschmitzten Grinsen.
Bei dem Gedanken ihm noch näher zu sein, stellten sich die Härchen auf ihrem Körper auf. Ein Ball aus wohliger Wärme bildete sich in ihrem Bauch, der dafür sorgte, dass sie dem Mann in ihrem Wohnzimmer auf keinen Fall noch näher kommen wollte.
Ein leises Miauen ertönte und Maurice streckte den Kopf zwischen Lucys Beinen hindurch. Der Kater strich einmal mit dem Kopf über ihre Hose, bevor er sich dem Neuankömmling in der Wohnung widmete.
Anstatt, wie Lucy es eigentlich von ihm gewohnt war, den Fremden mit einem feindseligen Fauchen zu begrüßen, sprang Maurice direkt auf den Schoß des Sängers und schnurrte leise.
Verräter.
Der blonde Mann auf ihrem Sofa lachte und strich dem schnurrenden Tier über den Kopf.
„Wer bist du denn?“, fragte er.
Lucy konnte sich ein kleines Lächeln bei diesem Anblick nicht verkneifen. Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu, bevor sie sich selbst zurück hielt.
„Das ist Maurice“, antwortete sie schließlich.
Maurice miaute leise, als hätte er verstanden, was sie gesagt hatte. Lucy wurde bewusst, wie absurd diese Situation gerade war. Der Frontsänger von Sunrise Avenue saß auf ihrem Sofa und streichelte ihren Kater.
„Hallo Maurice“, sagte er zu dem schnurrenden Fellbündel. „Sag mal, ist es normal, dass dein Frauchen sich nicht zu ihren Gästen setzt?“
Und jetzt redete der Weltstar auch noch mit ihrem Kater.
„Ich habe dich nicht als meinen Gast eingeladen. Du bist selbst hergekommen“, sagte sie.
Sie merkte, dass er sie ansah, konnte aber durch seine Sonnenbrille seinen Blick nicht sehen.
„Soll ich wieder gehen?“, fragte er.
„Nein. Mir wäre es lieber, wenn du mir jetzt erklärst, warum du hier bist“
Mit verschränkten Armen wartete sie darauf, dass er sprach.
Er fuhr sich durch die Haare, schwieg aber.
„Du meintest bei der Pressekonferenz, dass du dich nie wieder mit mir treffen würdest, also was genau hat dich umgestimmt?“, setzte sie noch hinzu.
Er betrachtete sie einen Moment lang scheinbar nachdenklich, bevor er, zu Maurice Unwillen, aufstand. Lucy war nicht schnell genug, um sich zurückzuziehen, als er schon vor ihr stand und nach ihrer Hand griff.
Sie roch eine Mischung aus Aftershave und Minze, die ihr entgegenschlug, nun, wo er ihr so nah war. Ein Prickeln ging von der Stelle aus, an der seine Finger ihre umschlossen.
„Das ist keine gute Idee“, wisperte sie und wollte ihre Hand zurückziehen, aber er hielt sie fest.
„Warum? Wovor hast du so eine Angst?“
Lucy zuckte zusammen, als er genau den Kern der Sache traf. Sie hatte Angst. Wirklich riesige Angst. Nicht vor ihm, aber vor der gesamten Situation. Sie wollte nicht nochmal so einen Fehler begehen.
Sie blickte hinab auf ihre ineinander veschlungenen Finger und atmete tief durch. Ihr Puls war so schnell, dass sie meinte, dass er ihn hören müsste.
„Wenn ich dir weiterhin so nah bin, wird es enden wie beim letzten Mal“, sagte sie.
Er lachte und sie sah ihm ins Gesicht. Die Sonnenbrille störte sie wirklich. Kurzerhand griff sie mit der freien Hand nach der Brille und nahm sie ihm ab. Sie musste schlucken, als sie plötzlich in seine klaren blauen Augen blickte, die bis auf den Grund ihrer Seele zu sehen schienen.
Er blinzelte für einen Moment gegen das Licht. Seine Hand umschloss ihre fester.
„Was meinst du denn, wie es beim letzten Mal geendet hat?“
Lucy wurde heiß bei dieser Frage. Wollte er darauf jetzt ernsthaft eine Antwort hören? Sie musste an den Moment im Fahrstuhl denken, als er sie geküsst hatte. Instinktiv senkte sie ihren Blick auf seine Lippen. Sie hatten sich so atemberaubend gut angefühlt.
Er lächelte und beugte sich ihr entgegen. Stoßartig holte sie Luft und schloss die Augen.
Sein Atem strich über ihre Lippen.
„So hat es nicht geendet“
Sie riss die Augen wieder auf und sah, wie er sich wieder von ihr entfernte. Am liebsten wollte sie ihn, entgegen aller Vernunft, wieder an sich ziehen.
Dann realisierte sie, was er gesagt hatte und runzelte die Stirn.
„Bitte?“, brachte sie hervor.
„Du denkst, wir hatten Sex, richtig?“, fragte er.
Perplex starrte sie ihn an und nickte.
Warum sollte sie sonst die ganze Nacht lang da geblieben sein? Auch wenn sie sich an die Nacht selbst nicht mehr erinnern konnte.
„Hast du dich nicht gefragt, warum du allein aufgewacht bist? Und warum du Frühstück bekommen hast?“
Sie spürte die Berührung seiner Hand so intensiv, dass sie Schwierigkeiten hatte, sich auf seine Worte zu konzentrieren. Und dass er ihr so nah war, half auch nicht sonderlich.
„Ich dachte, naja, dass das für dich nur ein One Night Stand war und du deswegen schon verschwunden bist“, gab sie zu.
Er hob die Hand und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Glaub mir, wenn ich die Chance dazu gehabt hätte, dann hätte ich mit dir geschlafen“
Von seiner Direktheit überrascht, spürte sie, wie sie leicht errötete. Sie senkte den Blick, um ihre glühenden Wangen zu verdecken.
„Ich war fasziniert von dir, seit du mir fast deinen Drink übergeschüttet hast“, sagte er. „Und du hast mir noch besser gefallen, als wir miteinander getanzt haben. Deine Augen haben gestrahlt und du hast mich einfach glücklich gemacht. Jede deiner Bewegungen war perfekt. Und dann habe ich dir dieses verdammte Getränk geholt. Ich glaube, das war einfach zu viel Alkohol für dich“
Lucy wollte protestieren, aber er unterbrach sie sofort.
„Lass mich kurz erklären“, meinte er.
„Du wurdest komisch, hast nur noch verschwommen gesprochen und ich wollte dich nicht so betrunken allein in diesem Club lassen. Du weißt nie, was für Männer da unterwegs sind. Eine betrunkene Frau, die sich nicht wehren kann, wäre das gefundene Fressen für sie. Darum habe ich dich mitgenommen“
Bis dahin hörte sich seine Schilderung logisch an. Auch wenn Lucy der Meinung war, dass sie nicht so viel getrunken hatte. Sie war nur leicht angeheitert gewesen.
„Aber... was war das im Fahrstuhl?“, fragte sie zögerlich.
Seine Augen leuchteten auf.
„Daran erinnerst du dich noch?“, fragte er.
Sie nickte.
Er ließ sanft ihre Hand los und fuhr mit den Fingerspitzen ihren Arm entlang. Eine Gänsehaut zog sich über jeden Bereich, an dem er sie berührte.
Sie hielt die Luft an, als seine Finger ihren Hals entlangstrichen und schließlich auf ihrer Wange zum liegen kamen. Unbewusst schmiegte sie sich ihm entgegen.
„Das war nicht geplant“, sagte er so leise, dass Lucy ihn fast nicht verstand.
„Ich habe nicht nachgedacht, nur gefühlt“
Der warme Ball in Lucys Bauch wuchs.
„Und danach hast du mich mit in dein Zimmer genommen“, sagte sie.
Sein Daumen strich über ihre Unterlippe und Lucy atmete zitternd ein.
„Richtig“, bestätigte er. „Wir sind in mein Zimmer gegangen. Oder nein, ich musste dich tragen, weil du nicht mehr laufen konntest“, berichtigte er sich.
„Was? Das stimmt doch gar nicht!“, sagte Lucy.
Er lachte, ließ seine Finger aber trotzdem noch an ihrer Wange liegen.
„Oh doch, das stimmt. Du konntest gar nicht mehr gerade stehen. Deswegen habe ich dich ins Bett getragen, damit du deinen Rausch ausschlafen kannst“
Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter.
„Und dann hast du mich immer wieder zu dir ins Bett gezogen, obwohl ich dir gesagt habe, dass ich nicht die Nacht mit dir verbringen werde, solange du so betrunken bist. Und irgendwie hast du dann angefangen auch dich selbst auszuziehen“
Empört riss sie die Augen auf.
„Das habe ich garantiert nicht getan. Ich habe nur zwei Drinks getrunken. So besoffen kann ich nicht gewesen sein“
Sie trat einen Schritt zurück und entfernte sich aus seiner Reichweite. Seine Hand fiel gegen seinen Oberschenkel.
„Und warum habe ich deine Kleidung getragen, wenn wir nicht miteinander geschlafen haben?“, wollte sie anklagend wissen.
Er folgte ihr, aber sie hielt ihn mit ihrer Hand auf Abstand.
„Bitte glaub mir, ich habe dir etwas von mir gegeben, weil du dein Kleid schon ausgezogen hattest. Ich wollte nicht, dass du nackt aufwachst“
Sie schüttelte vehement den Kopf.
Sie hatte einen Filmriss, ja, aber sie hatte noch nie so viel getrunken, dass sie sich vor einem Fremden ausgezogen hatte. Das war einfach nicht möglich und passte auch nicht zu ihr. Es sei denn...
„Hast du mir etwas in meinen Drink gemischt?“
Er erstarrte.
„Was?“
„Du hast mich schon verstanden. Hast du mir etwas in den Drink gemischt, den du mir gebracht hast?“
Hallo ihr Lieben,
da bin ich wieder mit einem neuen Kapitel. Ich hoffe ihr alle habt eine schöne Adventszeit. Das heutige Kapitel ist etwas länger, weil das vorherige so kurz war.
Ich kann euch leider nicht versprechen, dass in den nächsten Tagen regelmäßige Updates kommen, da ich durch die Feiertage natürlich auch familär ziemlich eingebunden bin. (Und ich muss noch ein paar Geschenke besorgen, weil ich damit wie immer zu spät dran bin :D)
Schöne Feiertage euch allen auf jeden Fall und bis zum nächsten Mal.
Eure Luisa
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