4. Rumtreiber
Hallo Zusammen und willkommen zu dem neuen Kapitel!
Diesmal erst samstags, weil ich doof bin und vercheckt habe, dass gestern Freitag war. Das kommt davon, wenn man samstags arbeitet ...
Jetzt aber viel Spaß mit Olivers Sicht der Dinge:
~ • ~
[Oliver]
»Nein, Percy, lass mich. Ich will fliegen.«
»Nein.« Der schlaksige Junge ihm gegenüber verschränkte demonstrativ die Arme. »Es wird schon dunkel draußen. Du darfst jetzt nicht gehen. Du kriegst Ärger, wenn du um diese Zeit noch draußen bist.«
»Nur, wenn sie mich erwischen.«
»Das darfst du nicht riskieren!«
»Merlin, Percy, jetzt beruhig dich doch mal. Die letzten Male hat mich doch auch keiner gesehen.«
Percy erbleichte. »Die letzten Male? Soll das heißen, du warst schon einmal nachts auf dem Quidditchfeld?«
»Ja! Und es ist nie etwas passiert.« Oliver verlor langsam die Geduld. »Jetzt lass mich durch, ich muss trainieren.« Mit diesen Worten schob er Percy unsanft zur Seite und lief an ihm vorbei die Treppen hinunter, die von den Schlafsälen in den Gemeinschaftsraum führten.
Percy war ihm dicht auf den Fersen. »Das darfst du nicht. Sie werden dir Punkte abziehen.«
Oliver schaltete auf Durchzug und durchquerte zügig den Gemeinschaftsraum.
»Mein Bruder ist Vertrauensschüler, er lässt dich nicht -«
Oliver wandte sich am Porträtloch um und blickte Percy, der etwas außer Atem schien, ins Gesicht. »Es wird ihn nicht interessieren, weil ich nämlich schon längst wieder zurück bin, bevor irgendjemand bemerkt, dass ich überhaupt weg war.« Er senkte die Stimme. »Versprochen. Also, bitte, lass mich jetzt gehen und mach hier nicht so einen Aufstand. Sonst fällt es ihm wirklich noch auf.«
Percy sah ihn mit zusammengepressten Lippen an, dann wandte er sich um. »Bill!«
Oliver schlüpfte so schnell er konnte durch das Porträtloch. Das Bildnis der Fetten Dame schwang hinter ihm zu, während er sich ungläubig umwandte. Dieser miese Verräter. Mit schnellen Schritten machte er sich auf den Weg über die vielen Treppen nach unten. Dabei warf er immer wieder einen Blick über die Schulter, um sicherzugehen, dass ihm niemand folgte. Er schlug eine Abkürzung ein, die durch einen Wandbehang und einen engen, niedrigen Gang führte, ehe er durch einen weiteren Wandteppich auf einen Korridor ein Stockwerk tiefer stolperte. Er schüttelte sich den Staub aus den Haaren, während er sich kurz orientierte, und erstarrte noch in der Bewegung. Vor ihm stand Bill Weasley.
Oliver versteckte hastig den Besen hinter seinem Rücken und versuchte, einen möglichst unschuldigen Gesichtsausdruck aufzusetzen.
Bill musterte ihn streng. »Wo soll's denn hingehen?«
»Bibliothek«, log Oliver und hoffte inständig, dass es dunkel genug im Korridor war, dass Bill seinen Besen nicht sah.
Sein Gegenüber hob wissend eine Augenbraue. »Und den Besen brauchst du, um die Regale zu fegen, was?«
»Ähh...«
Bill grinste nun. »Tut mir leid, Kleiner. Wenn du Quidditch spielen willst, dann musst du das schon tagsüber.«
Oliver verschränkte trotzig die Arme. Es kränkte ihn in seinem Stolz, ›Kleiner‹ genannt zu werden.
Auch Bill schien das bemerkt zu haben und schlug nun einen versöhnlicheren Tonfall an. »Hör mal – wie heißt du?«
»Oliver.«
»Oliver. Du willst ins Quidditchteam, nehm ich an?«
Oliver nickte.
»Als Hüter?«
»Ja ... woher -«
Bill winkte grinsend ab. »Ich spiel seit Jahren Quidditch mit meinen Brüdern. Ich hab eine Auge für sowas.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Wir sollten besser wieder hoch. Bald ist Sperrstunde und ich hab keine Lust, Filch über den Weg zu laufen.«
»Bist du auch in der Hausmannschaft?«, fragte Oliver, während sie sich auf den Weg machten, und sah Bill interessiert von der Seite an.
Bill schüttelte den Kopf, wobei sich eine Strähne aus seinem Pferdeschwanz löste. Er schob sie lässig hinter sein Ohr. »Ich hätte auch gar nicht Zeit dafür. Ich bin als Vertrauensschüler gefragt und bei dem Trainingsplan, den mein Bruderherz durchpaukt –«, er unterbrach sich und fuhr mit ernsterer Stimme fort, »wie auch immer. Was ich sagen will: ich will dich nicht daran hindern, zu trainieren, im Gegenteil. Aber nachts kann ich dich nicht auf das Schlossgelände lassen.« Er beobachtete eine Weile Olivers niedergeschlagene Miene. »Weißt du was? Ich kann nachher einmal mit Charlie sprechen. Er kennt die Trainingszeiten der anderen Hausmannschaften und weiß, wann das Spielfeld frei ist.«
Olivers Gesicht hellte sich auf, und er nickte begeistert.
Bill grinste breit. Sie hatten das Gemälde der Fetten Dame erreicht. »Ach, und nimm es Perce nicht übel, dass er gleich zu mir gerannt ist. Er meint es nicht böse, weißt du. Nach dir. Rumtreiber.«
Mit diesem Wort schwang das Porträtloch auf und Oliver betrat, gefolgt von Bill, den Gemeinschaftsraum.
~ • ~
Oliver nahm es Percy übel. Nicht nur, dass er ihn verraten hatte; er schien einfach nicht zu begreifen, wie wichtig es für Oliver war. Das Quidditch. Das Training. Er konnte oder wollte es nicht akzeptieren, dass es Oliver wichtiger war als seine schulischen Leistungen. Nicht dass er schlecht in der Schule gewesen wäre; nein, seine Noten waren in Ordnung. Doch es wollte Percy so gar nicht in den Kopf, warum Oliver sich für das eine so viel mehr ins Zeug legte als für das andere.
Oliver hingegen konnte verstehen, warum Percy solch großen Wert auf seine Noten legte. Er hatte viele Geschwister, sein ältester Bruder Vertrauensschüler, der andere Quidditch-Kapitän. Es wurden Erwartungen in ihn gesetzt. All das verstand Oliver. Er kannte das. Sein Großvater hatte einst als Treiber bei Eintracht Pfützensee gespielt, dem ältesten Verein Großbritanniens. Sein Vater war Quidditch-Kapitän in Hogwarts gewesen, seine Mutter wiederum Treiberin. Auch in ihn wurden Erwartungen gesetzt. Auch Oliver wollte ihnen gerecht werden. Jedoch auf eine andere Weise als Percy. Und das war es, was Oliver so maßlos enttäuschte. Denn Percy verstand das einfach nicht.
Percy hatte sich in die hinterste Ecke des Gemeinschaftsraumes in einen Sessel verdrückt und sich hinter einem Buch versteckt. Oliver ärgerte dieses Verhalten. Erst rannte er zu seinem älteren Bruder, um ihn zu verpfeifen, und dann hatte er nicht einmal den Mut zu seiner Entscheidung zu stehen. Manchmal war es Oliver ein Rätsel, wie dieser Junge in Gryffindor hatte landen können. Andererseits war er ganz froh darüber, dass Percy ihm keine Angriffsfläche bot, denn er war sich nicht sicher, ob er für irgendetwas garantieren konnte.
Und so verzog er sich recht schnell in Richtung Jungenschlafsaal. Es war noch verhältnismäßig früh, also kuschelte er sich in die Kissen und vergrub sich in einem seiner Bücher.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Percy in den Schlafsaal zurückkehrte. Er war sehr still; er sprach kein Wort und schlich sich kleinlaut in sein Bett. Oliver war froh darüber. Er hatte heute keine Lust mehr, mit Percy zu reden. Nicht heute. Nicht mit Percy. Oliver drehte sich in seinem Bett herum. Verdammt, er brauchte jemanden zum Reden. Jemanden, der ihn verstand. Der wusste, wie er sich fühlte. Jemand, der so war wie er. Jemand, der -
Vom einen Moment auf den anderen saß Oliver kerzengerade in seinem Bett. Oh.
Und im nächsten Augenblick hatte er sich seinen Umhang übergeworfen und war aus dem Schlafsaal und auf dem Weg zum Quidditchfeld. Ohne Besen.
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