Nox - die zweite Nacht (2)
"Sind die filii bereit?"
Jonathan nickte.
"Ich habe Pete bereits losgeschickt."
"Sehr gut. Wann können die Teilnehmer nach Lux geschickt werden?"
Jonathan warf noch einmal einen Blick auf die Karte. Er wollte der Königin eine Antwort geben, die zutreffen konnte.
"Ich denke, das wird noch dauern. Der erste Teilnehmer hat zwar schon aufgegeben, die anderen sind zum Großteil allerdings noch nicht einmal in der zweiten Nacht."
"Aber nicht endgültig, oder?"
"Nein, Teilnehmer Florentin hat noch nicht endgültig aufgegeben, er bekommt jetzt einen der filii, der ihn begleiten soll und ich werde versuchen, ihn möglichst bald in die zweite Nacht zu schicken."
"Da, seht mal!"
David deutete auf rote Punkte, die ihnen aus einer der dunklen Hecken entgegenleuchteten. Simeon verdrängte die in ihm aufsteigende Neugierde, doch Chiara ließ sich nicht beirren. Sie ging näher und berührte die Hecke.
"Das sieht aus wie...Beeren."
Das hatte David auch schon festgestellt, doch er war froh, dass Chiara seiner Meinung war. Er vertraute sich selbst nicht wirklich.
"Denkt ihr, man kann die essen?"
David hätte beinahe gelacht. Chiara hingegen wartete auf eine Antwort.
"Ich weiß es nicht. Einerseits denke ich nicht, dass man irgendetwas in den Mund nehmen sollte, das sich hier in diesem Labyrinth befindet. Andererseits, mir fällt gerade auf, dass ich noch nichts gegessen oder getrunken habe, seit ich hier bin, also, keine Ahnung."
Chiara ließ sich das durch den Kopf gehen. Dann kam sie zu einem Entschluss.
"Also, irgendwie hab ich das Gefühl, dass wir verrecken werden, egal was wir hier tun, weil, ehrlich, wir dürfen eigentlich nicht einmal stehen bleiben, ohne, dass wir abkratzen, also esse ich jetzt einfach mal eine."
"Das halte ich für keine gute Idee."
In Simeons Augen sah David Angst und Sorge. War es Chiara, um die er diese Angst hatte? Das glaubte David nicht. Vermutlich hatte Simeon eher Angst, alleine zurückzubleiben. Das verstand David, doch gleichzeitig machte es ihn verrückt, hier umherzuirren.
"Also, ich denke, wir sollten zumindest ein paar von diesen Dingern pflücken. Dann können wir auf dem Weg ja immer noch entscheiden, ob wir es riskieren und wenn nicht, dann können wir eine Spur aus den Beeren legen. Dann wissen wir, wo wir schon waren."
Simeon überlegte kurz, dann nickte er und Chiara hatte schon begonnen, Beeren zu pflücken und sie in die Taschen ihrer Westen zu geben.
Schließlich taten David und Simeon es ihr nach.
Thomen musste den Teilnehmer finden, der aufgegeben hatte, denn er musste dessen Platz einnehmen. Doch hinter sich hörte er bereits die Schritte der Wächter der Königin. Jetzt musste er schnell sein.
Doch dann sah er den schwarzhaarigen Jungen vor sich. Teilnehmer Florentin. Doch neben ihm stand ein ganz kleines Kind, etwa fünf Jahre alt. Verdammt, die filii, die hatte Thomen völlig vergessen. Solange das kleine Kind bei ihm war, galt das Aufgeben des Teilnehmers nicht.
Thomen strich sich über die Glatze. Er würde beide aus dem Weg schaffen müssen. Es tat ihm leid, doch er hatte keine andere Wahl.
Simeon erschrak. Auch David und Chiara sahen es. Vor ihnen waren einige kleine, schwarze Skorpione. Das war ausgesprochen seltsam und beängstigend, denn die Tiere passten nicht in das Labyrinth. Außerdem waren sie bisher noch nichts begegnet, das ihnen gefährlich werden hätte können. Die größte Gefahr war die Verzweiflung gewesen.
Während Simeon starr vor Schreck stehengeblieben war, bemühte sich David, durch nachdenken eine Lösung zu finden. Im Gegensatz zu ihm hielt sich Chiara nicht mit Denken auf. Sie hob ihren Fuß und trat beherzt auf einen der Skorpione drauf. Doch da war kein Widerstand. Ihr Fuß ging durch das Tier durch, als ob da gar nichts wäre. Sie hatte so fest getreten, dass sie nun den Schmerz fühlte und die Zähne zusammenbiss.
David und Simeon hatten es beobachtet und sahen einander an. War das nur Täuschung? Wenn ja, machte es die Situation nicht gerade besser. Denn die Angst und Verzweiflung war und blieb echt.
Jonathan lächelte. Soeben hatte er die Teilnehmerin, der die Farbe grau zugeordnet war, in die zweite Nacht geschickt. Natürlich war grau keine richtige Farbe, doch es war üblich, dass es eine graue Teilnehmerin gab. Jetzt waren nur noch zwei Teilnehmer in der ersten Nacht. Teilnehmer Gabriel, dessen Standort ein gelber Punkt anzeigte, und Teilnehmer Florentin, der nun schon von einem der filii begleitet wurde, weil er versucht hatte, aufzugeben.
Natürlich konnte er nach wie vor den Tod wählen, doch zuerst wollte Jonathan, dass alle Teilnehmer in die zweite Nacht kamen. Denn erst dort begannen die Träume und es würde sich zeigen, wer die Teilnehmer wirklich waren.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro