Mütter und andere Monster
Milo
November war auf meinem Schoß eingeschlafen und ich trug sie vorsichtig ins Bett.
Ich deckte sie zu und betrachtete sie eine Weile, unter ihren Augen lagen dunkel Schatten und sie war sehr dünn geworden.
Ich wollte ihr einen Ausbruch aus diesem alten Leben so gerne ermöglichen, ein Neuanfang würde ihr sicher gut tun,
Ich setzte mich an das Bodentiefe Fenster und blickte nach draußen.
Jede Straße war mir vertraut, ich kannte jede Ecke und Gasse, aber das war kein schönes Gefühl, es fühlte sich an wie ein Gefängnis.
In den Schatten schienen dunkle Erinnerungen zu lauern, auch ich könnte einen Neuanfang gebrauchen.
Ich wandte meinen Blick von der Stadt ab, als ich mich abwandte sah ich aus den Augenwinkeln, wie ein Audi davon fuhr.
Als ich sicher war, dass November tief schlief griff ich zum Telefon.
Mit zitternden Fingern nahm ich den Hörer in die Hand und wählte die Nummer.
Die Nummer meiner Mutter.
Ein Teil in mir hoffte, dass sie nicht dran ging, doch nach einigem Tuten meldete sie sich verschlafen.
Für einen Moment stand mein Herz still.
Dann sagte ich leise "ich bin es. Milo"
Eine Pause ertönte, "mit dir hätte ich nicht gerechnet", sagte sie.
"Tja."
Eine weitere Pause lag zwischen uns, mein Kopf war voller Wörter und fragen, "warum, Mama?", "wie konntest du das tun?", doch mein Mund blieb still.
"Milo?"
"Ich bin noch da."
"Okay"
"Tut mir leid, es...es war dumm anzurufen."
"Milo, komm doch morgen vorbei. Du weißt ja, wo ich wohne."
Als ich nicht antwortete sagte sie noch "oder komm, wann immer du willst."
Ohne eine Verabschiedung legte ich auf.
Warum hatte ich angerufen?
Warum war ich so dumm gewesen?
Warum wollte ich meine alten Wunden wieder aufreißen?
Ich ließ mich an der Wand nach unten gleiten und saß schließlich auf dem Boden, hin und wieder huschten die Scheinwerfer von Autos über die Wände, lautlos wie Geister, ansonsten lag alles im Dunklen.
War ich bereit, meiner Mutter gegenüber zu treten?
Ich wusste es nicht.
Ich saß einfach nur da und starrte nach draußen. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich die Sterne am Himmel sehen.
Hell und klar leuchteten sie auf die Erde herab und erhellten die Dunkelheit.
Sie waren so alt und mächtig, während ich nicht mehr war, als ein unbedeutender Wimpernschlag in der Geschichte der Menschheit.
Dennoch wollte ich strahlen. Ich wollte nicht mehr der unbedeutende Milo sein, ich wollte meinen Frieden mit mir selbst schließen und endlich auf etwas hinarbeiten.
Ich hatte immer nur in den Tag gelebt, ohne Gedanken, ohne Pläne, doch das würde sich jetzt ändern.
Und vielleicht, ganz vielleicht, würde ich die Kraft finden, mit meiner Vergangenheit abzuschließen und meine inneren Monster zu besiegen.
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