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XXV

Meine Finger gleiten über die Gravur unzähliger Buchstaben, die sich unter meinen Händen zu Worten formen. Zuerst andächtig sinken sie in die Vertiefungen, berühren die Kanten, fahren jede Rundung nach und tippen auf jeden Punkt.

Du weißt, wer du bist.

Die Worte fließen über meine Finger in meinen Geist und dabei macht es nichts, dass ich nicht jede Kerbe dieses gigantischen Monoliths berühren kann. Auf einen Schlag wandern sie in der leisen Stimme meines Vaters durch meine Hände und meine Gedanken.

Du kennst diesen Schmerz, du kennst diese Angst. Du bist die Einsamkeit, mit der du dein Herz schützt und du bist der Frost, der deine Seele birgt.

Mir kommen die Tränen, dann entflieht mir ein Schluchzen. Tief, tief aus meiner Brust.

Kari, Schatz, du bist so kalt wie ein Wintermorgen, und trotzdem so warm, wie die Sonnenstrahlen auf dem Eis. Mein kleines Ren.

Ich heule auf und presse meine Hände auf den kalten Stein, der tot und unbewegt unter meinen Fingern liegt. Starr und endgültig.

Dir wurde so viel Unrecht getan, deine Mutter hat dich verloren und ich habe dich verlassen. Dabei hättest du mich so dringend gebraucht. Vor allem in den schweren Jahren, die uns auseinandergetrieben haben. Vor allem in den Jahren danach.

Ich erinnere mich schmerzhaft an die Zeit der letzten Schuljahre, als die Einsamkeit und der Frost langsam alles in mir zu einer rigiden, unnahbaren Masse aus abweisenden Gliedern geformt hat. An die Dunkelheit, die nicht nur mehr nachts nach meinen Fersen geschnappt hat und an das immer steifer werdende Lächeln, das mein Gesicht verformt und mein Innerstes zermürbt hat.

Deine Einsamkeit ist schleichend gekommen, du trägst daran keine Schuld. Sie ist keine Strafe, weil im Gegensatz zu den bösen Geistern in den Geschichten, niemand darauf achtet, was mit uns passiert. Böses geschieht ohne Gegenstück, ohne Richtung und Drang, genauso wie Gutes aufkommt, ohne eine Waage auszugleichen. Es gibt keine Gesetze, Kari Liebling, die bestimmen, warum du unglücklich bist.

Mir verschwimmen die Buchstaben vor Augen, die so unzählig und winzig sind, dass ich sie ohnehin nicht lesen kann.

Du bist es einfach und das kann eine Erleichterung sein. Du musst dir keine Fragen stellen, auf die du keine Antwort weißt. Nicht nach dem Grund einer Strafe suchen, die es gar nicht gibt. Das ist befreiend.

Aber die Fragen sind immer noch da, quälen mich in den unvorsichtigen Stunden, wenn ich nicht mehr Zander bin, sondern wieder Kari werde. Dann schlagen sie ihre gierigen, nimmersatten Zähne in meinen Brustkorb und fragen, fragen, fragen, verlangen nach Antworten und Rechtfertigungen. Erklärungen und Beweisen, Fakten.

Du bedauerst viel zu viel, viel zu sehr. Du bereust so viel, das nicht zu bereuen ist. Die letzten Worte werden immer deine letzten Worte sein, es spielt keine Rolle, was du gesagt hast, im Tod wird jeder Laut zu einer sanften Melodie.

Ich breche vor dem Monolith zusammen. Sinke auf die Knie und sacke nach vorne. Meine Stirn schlägt schmerzhaft auf dem Schiefer auf, doch ich merke es kaum. Mein gesamter Körper ist schwer wie Blei, kein Muskel gesteht mir seine Stärke zu, selbst das Atmen wird zur Last.

Ich erinnere mich nicht an die letzten Worte, die ich zu meinem Vater gesprochen habe. Ich erinnere mich einfach nicht daran und es tötet mich. Verbrennt mich von innen heraus, versengt meine Lungen, reißt meine Zellen auseinander. Wir haben telefoniert, etwas Belangloses, von Schweigen Dominiertes, das in seiner Banalität völlig bedeutungslos für meinen Alltag gewesen ist. Ich erinnere mich nicht an das Gespräch, nicht an die Worte, nur daran, dass ich genervt und gekränkt aufgelegt habe. Genervt. Gekränkt. Zwei Tage später ist er fort gewesen und alles, was mit geblieben ist, war ein steifer, lebloser Körper unter einem Leichentuch.

Trauere nicht um diejenigen, die du zurückgelassen hast, denn die Trauer bringt sie nicht zurück.

Oh in diesem Moment wünsche ich mir nichts sehnlicher, als ihn zurückzubringen. Das Schweigen der letzten Jahre in Lachen zu ertränken, zu erwürgen, zu zerquetschen, um die Runzeln um seine Augen ein letztes Mal sehen zu können, das Heben seiner Mundwinkel und die Falten seiner Nase im Sonnenlicht vor dem Fenster schimmern zu sehen.

Manchmal muss man loslassen, auch wenn der freie Fall beängstigend ist. Lass los, was dich nicht zum Erblühen bringt. Was dich nicht nährt, schiebe beiseite.

Ich habe nie ein Refugium gefunden, nie einen Platz, der mich zum Bleiben eingeladen hat. Nicht, weil ich es nicht versucht hätte, sondern weil mich diese Orte im Inneren der Menschen, denen ich über die Jahre begegnet bin, stets abgestoßen haben. Vergessen und links liegen gelassen haben. Und mir wird in diesem furchtbaren Augenblick bewusst, dass es nicht nur an mir gelegen hat. Da gab es keine Schuld zu begleichen, keine Verzeihung für meine verschlossene, schwierige Natur zu erflehen. Ich bin gegangen, aber man hat mich ebenso gehen lassen. Eine Beziehung zerbricht stets auf zwei Seiten.

Du kannst nicht die Last der gesamten Welt schultern, Schatz. Deine Einsamkeit ist nicht deine Schuld, aber sie ist deine Bürde. Dein Verständnis, deine Lösung. Manchmal erzwungen, manchmal erdacht, aber immer verbunden mit dem Riss in deiner Seele. Es ist in Ordnung, zu bluten, Wunden nicht schließen zu lassen, weil der tiefe Schmerz nicht zulässt, dass sie heilen.

Ich spüre die Buchstaben wie kalte Klingen auf meinen Fingerspitzen, presse sie aber umso fester gegen den Stein. Ich werde ihn nie wieder loslassen, selbst als sich der Schnee vor meinen Knien blutrot verfärbt. Und die Buchstaben haben recht, ich will die Wunden nicht schließen lassen, weil sie nicht meinetwegen da sind. Ein kindlicher Trotz verlangt danach, dass diejenigen, die mich geschnitten haben, dieses Vergehen aus der Welt schaffen.

Du bist nicht perfekt, keinem Ratschlag musst du zwingend folgen, keine Handlung ist dir abverlangt. Du musst nichts weiter, als am Leben sein, um des Lebens würdig erachtet zu werden. Niemand wiegt dein Herz, niemand richtet deine Seele, nur du allein entscheidest, welche Taten dich niederstrecken.

Und hier bin ich also, zusammengesunken und niedergestreckt. Von der Einsamkeit erschlagen, die Julian erfragt hat. Und ich verstehe ja, dass mir auf die selbe Weise, in der ich niemandem Rechenschaft schulde, ebenso niemand mir welche schuldet. Die Wunden werden bluten und bluten und bluten, weil ich will, dass man sieht, wie furchtbar es mir geht.

Manchmal kniet man im Morast und das ist in Ordnung. Manchmal schließt sich die Nacht so fest um dich, dass dir das Atmen versiegt. Aber dann nimm dir Zeit und lerne es erneut. Selbst die Welt in Schatten ist wundersam und eigen. Du musst nur lernen hinzusehen, hinzuhorchen und die Vielfalt dieser Erfahrungen in dich einzulassen.

Du magst kein Sonnenkind sein, zu kalt für den Sommer und zu warm für den Winter, zu hektisch für den Herbst und zu träge für den Frühling.

Das heißt aber nicht, dass es für dich keinen Platz in dieser Welt gibt. Du wandelst unter Mondblumen und Nachtfaltern, schläfst zwischen dem mutigen Blinken von Glühwürmchen und treibst in funkelnden Höhlen über kristallklare Flüsse dahin.

Da ist Schönheit im Verborgenen, Schönheit in den Facetten der Nacht, der Dunkelheit und der Einsamkeit.

Schönheit darin, der einzige Mensch auf einer Bergspitze zu sein, der einsame Beobachter des ewigen Meeres sein zu dürfen, und den stillen Einzelkämpfer zwischen den Hügeln voll summender Bienen zu verkörpern. Du bis wie das Rauschen in den Baumwipfeln, wie das Wandern der Wolken. Und wie all diese Dinge ihre Hochs und Tiefs haben, bist du nicht anders. All das geht vorüber.

Du weißt doch, wer du bist, Kari.

Aber manchmal reicht es schon, wenn man anstatt auf die Ungerechtigkeit der anderen zu blicken, erkennt, wie sehr man sich selbst verletzt. Wie sehr man das Schließen dieser Wunden wert ist.

Um deiner Selbstwillen.


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