Kapitel 4
Katie hatte sich sofort darum gekümmert, dass sie beide Urlaub bekamen. Außerdem war es ihr gelungen, ganze zwei Wochen für sie rauszuschlagen, mit der Begründung, dass er noch so viele freie Tage übrig hatte. Tristan war sich aber sicher, dass sie das anders geklärt hatte. Sie hatte nur ihren Vater erwähnen müssen und schon war ihnen kurzfristig dieser Urlaub genehmigt worden.
Nichtsdestotrotz hatten sie alles gemeinsam geplant, saßen jetzt am Flughafen und warteten darauf, dass das Boarding für ihren Flug nach Dublin begann. Tristan war jemand, der gerne früher und pünktlich da war und lieber wartete, als sich abzuhetzen und unter Stress zu stehen. Seine Freundin tickte ein wenig anders. Sie packte ihren Koffer und war daran verzweifelt, als er bei ihr ankam, um sie abzuholen. Deshalb musste er ihr dabei helfen, da sie in solchen Situationen viel zu zerstreut war. Es landeten Sachen im Gepäck, die nicht notwendig waren oder vergaß welche, die sie brauchte. Solange sie ein Paar waren, hatte er für ihre Reisen immer ihren Koffer gepackt. Tristan ging das alles mit mehr Struktur und einer größeren Ruhe an. Er ahnte schon, dass er für diesen Urlaub diese Aufgabe übernahm und ihr dabei half, genug und vor allem alles Wichtige mitzunehmen. Deswegen war er früh bei ihr aufgeschlagen. Jetzt, am Flughafen hatten sie Zeit, weshalb sie dort zunächst durch die Gegend schlenderten. Nachdem der Hunger groß wurde, suchten sie sich ein Restaurant, setzten sich in dieses und aßen eine Kleinigkeit.
„Danke noch einmal, dass du mir mit dem Packen geholfen hast. Irgendwie habe ich den Überblick verloren", kam es von Katie, die sich Pommes in den Mund schob. Tristan hatte ein Lächeln auf den Lippen und schüttelte nur den Kopf.
„Schon in Ordnung", meinte er kurz angebunden und aß seinen Salat auf. Für ihn waren solche Handlungen selbstverständlich. Er kannte ihre Stärken und ihre Schwächen und war zur Stelle, wenn sie ihn brauchte.
„Ich schätze, daran wird sich nie etwas ändern, oder? Ich denke, ich werde auf ewig so chaotisch bleiben." Kathleen musste lachen und schüttelte nur über sich selbst den Kopf. Sie war in manchen Hinsichten unverbesserlich, aber Tristan hatte an ihr das immer geliebt. Ihre Macken, ihre Eigenarten. Sie schaffte es damit, ihn auszugleichen.
„Ja, ich denke, daran wird sich nie etwas ändern. Ich habe auch nichts dagegen, dir dabei zu helfen. Ich meine, wir haben uns immer irgendwie ergänzt", sagte er und legte sein Besteck auf die Seite, schnappte sich die Serviette und wischte sich damit den Mund ab. Danach warf er einen Blick auf seine Armbanduhr.
„Wie lange haben wir denn noch?"
„Noch gut eine Stunde. Wir haben also noch ein wenig Zeit", erklärte der Mann ihr und schenkte ihr ein Lächeln. So langsam wurde es ernst und er würde lügen, wenn er sagte, dass er sich nicht darauf freute. Mittlerweile hatte er eingesehen, dass ihm ein paar freie Tage guttaten. Außerdem konnte er diese mit Katie verbringen und egal, was er mit ihr unternahm, es wirkte wie ein Abenteuer.
„Das ist gut, dann können wir ganz in Ruhe zum Gate spazieren und vielleicht besorge ich mir noch etwas zum Trinken. Oder zum Naschen." Er lachte und fand es amüsant, dass Katie stets daran dachte, mit Essen versorgt zu sein, auch eine Sache, die er immer geschätzt hatte und liebte. Daran hatte sich bis heute nichts geändert.
Nachdem Tristan bezahlte, spazierten sie gemeinsam zum Gate. Katie machte einen kleinen Abstecher zu einem Laden, um ihnen zu trinken und etwas zum Naschen zu besorgen. Danach setzten sie sich in den Wartebereich des Gates und warteten darauf, dass sie in das Flugzeug steigen durften. Sie hatten zwei Wochen Irland und England geplant. Katie wollte unbedingt ins Titanic Museum in Belfast. In Irland gab es genug Orte, die man besuchen und entdecken konnte. Am Ende ihrer Reise waren ein paar Tage in London geplant, bevor sie wieder zurück in die Staaten reisten. Sie hatten sich beide zusammengesetzt und gemeinsam organisiert. Tristan hatte darauf bestanden, die Kosten für diese Reise zu übernehmen. Die Auszeit war wichtig. Sowohl für ihn als auch für sie. Dennoch stellte der Arzt sich das schwierig vor, denn bevor er heute zu Katie aufgebrochen war, hatte er ein letztes Mal in den Briefkasten gesehen. Dabei war er auf eine Nachricht von jener Person gestoßen, die ihm schon vor kurzem einen Brief hinterlassen hatte.
Ich wünsche dir einen angenehmen und erholsamen Urlaub.
Mehr stand nicht auf diesem Zettel. Tristan war sich auch dieses Mal sicher, von wem dieser stammte. Obwohl es ein unangenehmes Gefühl in ihm auslöste, Angst empfand er dabei nicht. Zumindest nicht sich gegenüber. Er wusste, dass Grayson Lapointe nicht einfach so zuschlagen würde. Ihm war klar, dass er versuchte, ihn auf diese Art zu terrorisieren. Tristan würde sich davon nicht mehr einschüchtern oder beeinflussen lassen. Er wusste, dass Grayson ihn weiterhin beobachtete, ihn im Auge hatte, obwohl es schon eine ganze Weile her war, als sie sich das letzte Mal begegnet waren. Und er war sich zu hundert Prozent sicher, dass er diesen Urlaub über, seine Ruhe haben würde. Grayson würde ihm nicht nach Europa folgen. Trotzdem musste er vorsichtig sein. Dieser Mann war nicht zu unterschätzen und er wusste aus eigener Hand, wozu dieser in der Lage war. Es ging ihm dabei nicht um ihn selbst, sondern um jene Menschen, die er um sich hatte und die er liebte. Grayson kannte nur einen Weg, jemanden weh zu tun. Ihm war es schon einmal gelungen, doch dieses Mal ließ Tristan das nicht mehr zu. Er hatte genug davon, diesen Menschen sein Leben bestimmen zu lassen. Es war vorbei.
Sobald sie im Flugzeug saßen, bereiteten Katie und Tristan sich auf den Flug vor. Sie machten es sich bequem und holten alles hervor, das notwendig war. Er nahm leichte Beruhigungsmittel, da er eindeutig kein Fan vom Fliegen war. Man konnte fest meinen, er hatte Angst davor. Dementsprechend brauchte er etwas, um nicht vollkommen die Fassung zu verlieren. Er reiste zwar gern, aber Flugzeuge im Himmel beunruhigten ihn. Tristan behielt gerne die Kontrolle darüber, was er tat. Bewegte er sich mit dem Flugzeug fort, wusste er, dass er im schlimmsten Fall nichts anrichten konnte, um ihnen aus einer Katastrophe zu helfen. Er musste auf die Fähigkeiten der Pilot*innen vertrauen und hoffen, dass man ihn gut von A nach B brachte.
„Hey, das wird schon, okay? Du wirst sehen, dass die Mittel helfen werden. Dann kannst du während des Fluges schlafen. Und ich bin auch noch hier", versicherte Katie ihm, die sich an seine Schulter lehnte und nach seiner freien Hand griff. In der Anderen hielt der Arzt eine alte Ausgabe des Buches ‚Die Jungen von der Paulstraße' von Ferenc Molnár. Ein Buch, das von großer Bedeutung für ihn war, das Einzige, das er von seiner Mutter hatte. Er hatte es schon als Kind gelesen und griff immer wieder danach, wenn er der Welt für einen Moment entfliehen wollte. Dieses ungarische Buch bedeutete ihm eine Menge und im Grunde hatte Tristan es immer bei sich in der Tasche. An diesem Buch hingen viele Emotionen und Erinnerungen. Er war froh, dieses zu besitzen, obwohl sich die Seiten allmählich lösten und vergilbten. Neben seiner Violine war dieses Werk alles, was ihn an sein damaliges Zuhause erinnerte. Es waren zum Teil gute Erinnerungen, die er mit diesen Gegenständen verband. Ebenso halfen sie ihm dabei, seinem stressigen Alltag zu entfliehen.
Tristan lehnte sich beim Start zurück, schloss die Augen und versuchte dieser Anspannung ein wenig entgegenzuwirken. Dabei merkte er, wie Katie ihm einen Kopfhörer direkt ins Ohr steckte und leise Musik anmachte. Sie schmiegte sich an ihn und er konnte gar nicht anders, als den Arm um sie zu legen, sie liebevoll an sich zu drücken. Er schlug das Buch auf und fing an zu lesen. Er brauchte das jetzt, um auf andere Gedanken zu kommen.
„Du bist tief in deinem Herzen ein ziemlicher Abenteurer, Tristan", kam es von Katie, die ihm ein Lächeln schenkte.
„Gib es ruhig zu. Ich weiß, das fällt dir schwer." Der Braunhaarige sah sie an und hauchte ihr einen Kuss auf den Kopf.
„Vielleicht", kam es knapp von ihm und er versuchte, sich zu entspannen. Er las ein wenig in dem Buch, bis er merkte, dass die Müdigkeit ihn übermannte. Er schlief, an Katies Schulter gelehnt, ein und bekam so die meiste Zeit der Reise gar nicht mit. Er war entspannt und brauchte nicht an jene Person denken, die versuchte, ihm das Leben schwer zu machen. Es war so schon nicht leicht.
In Dublin am Flughafen angekommen, holten Tristan und Katie, nach ihrem Sieben-Stunden-Flug, ihre Koffer. Er kümmerte sich um den Mietwagen, den sie die darauffolgenden Tage definitiv gebrauchen konnten. Von dort aus fuhren die beiden ins Hotel und weil sie von ihren Angewohnheiten nicht abweichen konnten, hatten sie ein Doppelbettzimmer gebucht. Darüber freute sich Katie, schließlich hatte ihr Freund bei den Kosten für das Hotel nicht gegeizt. Er wollte sie gut versorgt wissen, weshalb sie nur das Beste bekam.
„Es ist echt wundervoll hier", kam es von ihr, als sie sich auf das Bett fallen ließ. Tristan war schon dabei die Koffer auszupacken und in den Schrank zu räumen. Er nickte zustimmend bei ihren Worten. Das war alles, was er erreichen wollte. Sie glücklich sehen.
„Ich freue mich auch darauf, das Land ein wenig zu erkunden", meinte er und schenkte der Blonden ein Lächeln. Sie waren in den Staaten in den letzten Jahren viel herumgekommen, aber nach Europa hatte es die beiden bis jetzt noch nicht verschlagen. Dabei konnte sich Tristan daran erinnern, dass seine Familie es zumindest für einen Sommer vorgehabt hatte. Man hatte gemeinsam eine große Reise unternehmen wollen, aber daraus war nie etwas geworden. Stattdessen hatten Katie und er es sich in den Kopf gesetzt, das alles nachzuholen und die Welt ein wenig zu entdecken.
„Danke, dass du darauf bestanden hast, dass wir Urlaub machen sollten. Vielleicht habe ich das gebraucht. Ich habe das alles wirklich nötig, immerhin waren die letzten Monate doch ziemlich hart gewesen." Damit war er ehrlich zu ihr, versuchte, ihr Einblick in seine Gefühls- und Gedankenwelt zu geben. Etwas, das doch nicht so oft passierte. Katie setzte sich auf und schenkte ihm ein Schmunzeln. Sie wusste, dass er das ernst meinte und dass es ihm nicht sonderlich leicht fiel, über all das zu sprechen. Das war es nie. Tristan war froh, diese Frau an seiner Seite zu haben, die so viel Geduld mit ihm hatte und ihm die Zeit gab, die er manchmal brauchte. Es tat ihm gut, zu wissen, dass er jemanden hatten, an den er sich jederzeit wenden konnte. Katie war immer da. Auf sie konnte er sich jederzeit verlassen.
„Ich hab ein Gefühl für solche Dinge", sagte sie und streckte die Hände nach ihm aus, die er ergriff und festhielt. Sie zog ihn sanft zu sich und sah dabei zu ihm hoch. Sie wirkte glücklich und vor allem ausgelassen.
„Und jetzt atme tief durch und entspann dich, Iceboi. Das hier ist unser Urlaub. Wir haben beide lange und hart genug gearbeitet. Wir haben uns das verdient. Und an deinem Geburtstag am Donnerstag gehen wir schön essen." Obwohl ihm sein eigener Geburtstag ziemliche Bauchschmerzen bereitete, versuchte Tristan ein wenig herunterzukommen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Womöglich konnte das dennoch eine schöne Zeit werden, ganz egal, was ihm ein weiteres Mal bevorstand.
Mit Katie an seiner Seite konnte er bestimmt eine schöne Zeit in Irland verbringen. Er fokussierte sich schlicht und einfach auf sie. Mehr war in diesem Augenblick auch nicht wichtig. Nur sie beide.
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