Kapitel 13: "Versprochen"
Lexa
Langsam setze ich mich auf meinen Stammplatz auf der großen Tribüne. Meine Füße lege ich hoch, um mein verletztes Bein zu schonen. Wäre das nicht gewesen, hätte ich es bestimmt noch pünktlich in die Schule geschafft. Aber stattdessen musste ich auf den Bus warten, der dann auch noch Verspätung hatte.
Ein Schmerz durchzuckt mich, als ich mich an der kühlen Lehne anlehne und zitternd atme ich aus. Damit kommst du klar.
Ich verschränke dir Arme vor meiner Brust und schaue den Jungs belustigt dabei zu, wie sie sich bei den Runden abmühen. Ich hoffe einfach nur, dass ich mir nichts anmerken lasse. Könnte ich vernünftig laufen, würde ich sie abziehen. Aber je mehr ich mich schone, desto schneller wird besser.
Noah fällt zurück auf Joshuas Tempo. Müssten die nicht eigentlich eine bessere Kondition haben, wenn sie Football spielen? Ich meine sie spielen das nicht erst seit gestern. James, einer von Noahs Freunden, überholt besagten jetzt und auch sonst scheint er sein Tempo nicht zu verlangsamen. Das habe ich erwartet.
Während ich irgendwelche Löcher in die Luft starre und die Sekunden zähle, bis das Training endlich vorbei ist und ich wieder ins Bett kann, merke ich, wie James auf mich zu gejoggt kommt und sich genau vor mir am unteren Ende hinstellt. Das wirft bestimmt keine Fragen auf und ist unauffällig. Wie hat dieser Typ es eigentlich geschafft zu überleben?
„Ich habe gehört, du hast heute Morgen verschlafen. Wie kommts? Sonst bist du doch auch schnell ihn der Schule", bemerkt er und ich kann förmlich heraushören, wie sich ein Grinsen auf sein Gesicht schleicht.
„Habe mich gestern verletzt. Kann nicht laufen", gebe ich grimmig zurück, woraufhin sich der großgebaute Junge umdreht. „Was ist passiert?" Sein grinsen ist von seinem Gesicht gewichen und hat sich zu einem ernsten Gesichtsausdruck verwandelt. Jedoch muss ich jetzt grinsen, bei dem Anblick, wie die meisten schon kurz vor dem Aufgeben sind.
„Hat Noah dir nichts erzählt?", frage ich verwundert. Auch wenn ich es gehofft habe, bin ich fest davon ausgegangen, dass er den Vorfall zumindest seinen Freunden berichtet hat. Stumm schüttelt mein Gesprächspartner leicht seinen Kopf und erleichtert atme ich aus. Wenn es seine Freunde nicht wissen, dann vermutlich seine Eltern auch nicht.
„Zwei Dingos wollten ihn gestern angreifen und ich bin dazwischen gegangen. Hab was abbekommen. Nichts Dramatisches", erkläre ich grob den Vorfall. „Scheiße", murmelt er und dreht sich wieder um. „Das könnte echt noch Schwierigkeiten geben." „Ich weiß", seufze ich und streiche mir einmal durchs Gesicht. „Aber solange er es keinem sagt, ist alles gut", versuche ich eher mich zu beruhigen als ihn. Aber irgendwie wird das schon.
„Hast du den noch Salbe?", fragt er mich. Nein. So gut wie Nichts. Mein Vorrat ist aufgebraucht. Aber ich sage nichts, was für ihn wohl Antwort genug ist. „Ich gucke, dass ich dir welche besorge", murmelt er, in dem Wissen, dass er sich damit auch selbst in Gefahr bringt. „Ich spreche mit meinen Kontakten. Wenn du glück hast, hat noch keiner was von deinem Vorfall gehört."
Der Coach pfeift das Training ab und die ersten werfen sich ins Gras oder begeben sich in die Umkleide. Kurz dreht er sich noch einmal zu mir um. „Du musst echt Aufpassen. Noah ist ein neugieriger Mensch und er wird misstrauisch. Ebenso wie Joshua." Verstehend nicke ich. Das habe ich mir schon fast gedacht. Er stößt sich von der Tribüne ab. „Falls Noah fragt, du hast mich wegen den Mathesachen von letztem Jahr gefragt." Zustimmend nicke ich. Das wird er vermutlich glauben, so wie ich in Mathe aufpasse.
Er ist schon ein paar Schritte gegangen, als ich ihn aufhalte: „James?" Er stockt in seiner Bewegung. Dreht sich um und ein fragender Blick legt sich auf sein Gesicht. Ich nehme meine Beine runter und stehe vorsichtig auf, darauf bedacht mein Bein nicht zu sehr zu belasten. „Danke", sage ich ehrlich. Lächelnd nickt er einmal, bevor auch er in der Umkleide verschwindet.
Noah wird mit Sicherheit fragen und mit Sicherheit auch uns beide. Langsam trotte ich zu seinem Auto, bei dem Nayla schon mit ihren Freudinnen wartet, aber von den Jungs noch nichts zu sehen ist. Nayla bleibt mittwochs immer freiwillig, was ich nicht nachvollziehen kann.
Dass ihre Freunde hier sind, ist mal was anderes, normalerweise verschwinden diese so schnell wie es geht vom Schulgelände. „Wir sind dann mal weg", bemerken sie, als sie mich sehen und umarmen Nayla einmal flüchtig. Man merkt, dass sie mich nicht leiden können. Es soll mir recht sein. So habe ich wenigstens einen Grund nicht mehr bei ihnen zu sitzen. Hand in Hand verlassen sie das Schulgelände fluchtartig und biegen um die nächste Ecke.
„Was war das denn?", fragt Nayla und schaut ihnen noch kurz hinterher, bevor sie sich zu mir umdreht. Anscheinend war die Frage an mich gerichtet. Etwas hilflos zucke ich mit den Schultern und stelle mich neben sie, um mein Bein zu entlasten. Wir reden nicht, was mich zunehmender nervös werde lässt. Ich kann einfach keine Konservation führen. Ich weiß das und sie vermutlich auch. Also wieso habe ich das Gefühl, dass ich irgendwas sagen muss.
Ich spiele mit dem Saum meines Pullovers und gucke überall hin nur nicht in ihre Richtung. Vorsichtig und unscheinbar mache ich einen Schritt zur Seite, um Platz zwischen uns zu bekommen. Augenblicklich wird mein Atem flacher und erleichtert atme ich aus, als ich sie, die beiden, auf die wir warten, auf uns zukommen sehe.
Mit einem schnellen Knopfdruck schließt der Autobesitzer das Auto auf und schnell setze ich mich auf meinen Platz. Ich muss wie ein Fisch an Land wirken. Der nicht weiß, wohin er soll und am Vertrocknen ist.
Die Autofahrt vergeht im Flug und ehe ich mich versehe, sind wir auch schon bei dem Haus der Walkers angekommen. Soweit ich das sehe, sind die beiden noch nicht zu Hause, was gut ist. Dann kann ich mich ohne Bedenken wieder hinlegen. Noah würde sicherlich nichts dagegen haben, wenn ich ihn in Ruhe lasse. „Ach Lexa", hält er mich auf, kurz bevor ich die Treppe hochsteigen kann. Langsam drehe ich mich um. „Hm?" „Was wollte James eigentlich von dir?", fragt er mich und stellt währenddessen seine Schuhe vernünftig in das Regal.
„Ach eigentlich nichts. Hatte ihn wegen den Unterlagen von Mathe gefragt", belüge ich ihn, ohne mit der Wimper zu zucken und ich bin froh, dass James und ich uns kurzerhand auf eine Geschichte geeinigt haben. „Achso", murmelt er langsam und etwas Enttäuschung schwingt in seiner Stimme mit, „Du hättest auch einfach mich fragen können", ergänzt er. Darüber habe ich gar nicht mehr nachgedacht. „Sry, hatte nicht mehr daran gedacht", lüge ich weiter und setze meine Schritte behutsam in Richtung Obergeschosses fort, mit der Befürchtung, dass er mich noch aufhält. Aber nein, er geht einfach in die Küche. Erleichtert atme ich aus und sprinte förmlich die Treppe hoch, bevor ihm doch noch etwas einfällt.
Durch die Klingel, die jetzt schon zum zweiten Mal ertönt, wache ich auf und bin sofort hellwach. Ein Geruch springt mir in die Nase, den ich überall wiedererkennen würde. Ein Geruch, der mir so viel Unheil gebracht hat. Ein Geruch, dank dem mein Leben zur Hölle geworden ist. Ein Geruch, der sich in den letzten fünf Jahren nicht verändert hat. Wieso ist er hier? Wie hat er mich gefunden und wie kommt es, dass er aus dem Gefängnis ist?
Unten höre ich, wie Noah die Tür öffnet. „Was kann ich für sie tun?", fragt er freundlich, aber etwas unsicher. „Ist Lexa da?" Wie von einer Tarantel gestochen springe ich auf. Ignoriere mein Bein und renne die Treppe runter. „Wer sind-", weiter kommt Noah nicht, denn er bemerkt mich. Sein Blick ist unsicher. Er weiß nicht was er tun soll. Sein Blick ruht auf mir und fest umschließt er die Tür.
Ich mache langsam einen Schritt vor. Das Adrenalin durchflutet mein Blut, welches mir in den Ohren rauscht. Dann sehe ich ihn. Mein Atem stockt und sofort kommen mir Bilder von damals in den Kopf. Erinnerungen, die ich schon in die hinterste Ecke meines Gedächtnisses verbannt habe. Erinnerungen von Tellern, die er nach mir geworfen hat. Von Tassen. Von Stühlen. Erinnerungen von Händen, die mich überall am Körper getroffen haben. Von Gürteln, die mich überall am Körper getroffen haben.
Sein Haar ist lang geworden und seine Haut hängt schlapp von seinem Gesicht. Er hat abgenommen. Wie auf Knopfdruck springen mir Tränen in die Augen. „Was willst du hier?", versuche ich ruhig zu sagen. Nicht schwach werden. „Ich... ich wollte mir dir reden. Dich sehen", erklärt er sich und plötzlich sieht er 20 Jahre älter aus. Das Gefängnis hat ihm nicht gutgetan.
Er will einen Schritt rein machen, wird aber von Noah daran gehindert, indem er sich einen Schritt nach vorne stellt. „Hau ab", murmle ich und versuche die Tränen zurückzuhalten. Ich will nicht weinen. Nicht vor Noah und schon gar nicht vor ihm. Das würde ihn nur in seiner Aussage bestätigen.
„Wir können das doch klären", versucht er es weiter und will wieder einen Schritt auf mich zu machen. Jedoch mache ich ihm ein Schnitt durch die Rechnung, indem ich mich an Noah vorbei quetsche und auf ihn zu gehe. Er weiß, dass wenn ich einmal alles Auspacke, was ich habe, er keine Chance hat. Aber er weiß auch, dass ich mich niemals vor Noah verwandeln würde.
„Klären? Du willst was klären? Ich scheiß auf deine Erklärung", schreie ich ihn und balle meine Hände zu Fäusten. Meine Nägel schneiden sich in meine Haut. Stumm bemerke ich, wie sich die ersten Tränen aus meinen Augen lösen und meine Sicht verschwimmt.
„Komm schon Tiger, ich-" Er steckt eine Hand nach mir aus, die ich aber sofort wegschlage. „Hör auf mich so zu nennen. Nenn mich nicht so. Nenn mich nie wieder so", schreie ich ihn an und ein Schluchzen verlässt meinen Mund. Noah, der bis jetzt zu überfordert mit der Situation war, kommt nun auch dazwischen.
„Ich denke, Sie sollten jetzt gehen", versucht er es diplomatisch. „Halt du dich daraus Junge", widerspricht ihm der alte Mann vor mir. „Rede nicht so mit ihm", gebe ich drohend von mir, immer noch unter Tränen. Nur ich darf so mit ihm reden. Und dieser Mann hat kein Recht dazu. „Noah?", ich drehe mich zu ihm um, kann nicht verhindern, dass weitere Tränen meine Augen und ein Schluchzen meinen Mund verlassen. „Bitte ruf die Polizei." Verschwommen sehe ich, wie er erst mich mustert und dann den Mann vor mir, bevor er meiner bitte nachkommt.
„Und jetzt verschwinde!" Ich schupse den Mann zurück, sodass er auf den Boden fällt, sich aber sofort wieder aufrappelt. „Ich bin der ältere hier. Du hast gefälligst zu hören, wenn ich was sage", sein Tonfall hat sich geändert. Das war es dann wohl mit dem diplomatischen Reden von seiner Seite aus.
„Du bist der ältere hier? Du hast mein Leben zur Hölle gemacht. Mir zwei Jahre meiner Kindheit geraubt und auch meine Jugend kaputt gemacht. Du hast schon lange das Recht des älteren verloren", schreie ich ihn an, aber meine Stimme ist nicht mehr als ein Zittern, Wimmern und Hauchen. Er hatte recht. Ich bin schwach.
„Verwinden Sie jetzt, die Polizei ist gleich hier", geht Noah nun dazwischen, wofür ich ihm dankbar bin. Denn ich würde kein Wort mehr rausbekommen. Stattdessen stehe nur da in der hocheinfahrt, wie ein Häuflein Elend.
Bestehe aus nicht mehr, als aus Weinen und schluchzen. Wieso muss er ausgerechnet jetzt hier auftauchen. Bitte lass das alles nur einer von vielen Albträumen sein. Kurz herrscht Stille, die nur von meinen Schluchzern durchbrochen wird. Der Mann vor mir scheint wohl zu überlegen, ob Noah es ernst meint oder nicht, beschließt dann aber doch, zu verschwinden und es nicht dem Risiko zu überlassen, dass Noah blufft.
Kurz nachdem er weg ist, stellt sich besagter Junge vor mich und beugt sich leicht zu mir runter, um auf Augenhöhe mit mir zu sein. „Hey, es ist alles gut. Er ist weg", versucht er mich zu trösten. Statt ihm zu antworten, werfe ich mich nur in seine Arme und weine weiter vor mich hin. Immer noch springen mir Bilder von damals in den Kopf und ich will einfach nur, dass das aufhört.
„Bitte lass nicht zu, dass er mir wieder weh tut", schluchze ich und weiß selbst nicht, warum ich das grade gesagt habe. Das kleine verängstigte Mädchen kommt wieder zum Vorschein. Das Mädchen, was sich nach einer Familie sehnt. Das Mädchen, dass sich nach Geborgenheit sehnt. Das Mädchen, welches ich schon vor langer Zeit verbannt hatte. Kurz steht Noah nur steif da, bevor er seine Arme beschützend um mich legt und behutsam kleine Kreise auf meinen Rücken malt. „Keine Sorge, ich lass nicht zu, dass dir irgendjemand weh tut. Versprochen", murmelt er, sag aber nichts weiter dazu.
Ich weiß nicht, wie lange wir hier stehen, ob er wirklich die Polizei gerufen hat oder wann seine Eltern kommen, aber irgendwann drückt er mich leicht von sich weg, behält meine Schultern trotzdem noch fest im Griff. „Komm wir setzen uns." Langsam führt er mich zu den Treppenstufen vor dem Haus und ich weiß nicht, ob ich das allein geschafft hätte, denn meine Beine fühlen sich so an wie Wackelpudding. Vorsichtig setzen wir uns hin und mein Gesicht muss wie eine Tomate aussehen. Aber er sagt nichts, hat einen Arm um mich gelegt, malt weiterhin kleine Kreise auf meine Schulter und ich lehne mich an ihn an. Stumm fließen die Tränen noch mein Gesicht herunter und bei jedem blinzeln sehe ich die kalten Augen des Mannes vor mir. Die von heute, genauso wie die vor fünf Jahren. Er hat sich äußerlich verändert, aber seine Augen zeigen immer noch, was für ein Monster er ist.
„Hast du wirklich die Polizei gerufen", frage ich müde, aber habe Angst meine Augen zu schließen. „Natürlich" bestätigt er und sag nichts weiter dazu. „Wer war das eigentlich?" Er sagt so langsam, als könnte ich an seinen Worten kaputt gehen. Ich überlege. Er wird sowie wieder danach fragen und spätendes wenn die Polizei da ist, wird er es eh wissen. „Mein Vater."
Grob bemerke ich, wie Noah das Handy aus seiner Tasche holt und irgendwelche Tasten drückt.
„Was machst du?", frage ich, immer noch an ihn gelehnt. „Ich sage meiner Mutter Bescheid. Wegen der Polizei. Sie werden sie sowieso informieren und ich will ihr keinen Schrecken einjagen." Schwach nicke ich. Schwerfällig kremple ich den Ärmel meines Oberteils ein Stück hoch und bedachte die Narbe, die sich deutlich auf meiner Haut abzeichnet. Er hat mir so viel Unheil gebracht. Dann wurde es besser. Jetzt kommt er an und macht alles wieder zu kaputt. Mit meiner Fingerspitze fahre ich mein Andenken an ihn rauf und runter und bemerke, wie Noah jede Bewegung genau beobachtet. Die raue Oberfläche brennt auf meiner Fingerspitze und ich wünsche, das wäre die einzige Narbe, die er hinterlassen hat.
Ruhig hält Noah meine Hand fest und stoppt mich somit in meiner Bewegung. Mein Denken hat ausgesetzt, also lasse ich ihn machen. Ich bin zu müde, um mich jetzt groß zu streiten. Er legt meine Hand wieder neben mich und zieht langsam wieder meinen Ärmel über den Unterarm.
In der Ferne sehe schon, wie ein weiß blaues Auto vorfährt und auf dem Hof hält. Es steigen zwei recht junge Polizisten aus, die sich kurz Umblicken, bevor sie uns entdecken. Noah steht behutsam auf und zieht mich mit hoch. „Haben sie uns gerufen?", fragt die junge Frau, die nicht älter als dreißig sein kann.
„Ähm ja. Noah Walker. Wollen sie nicht reinkommen?", bietet er an und vermutlich denkt er, dass ich es nicht schaffe, hier draußen die Geschichte zu erzählen. Ich versuche meine zitternde Hand zu verstecken, als ich die Tür öffne und wortlos in die Küche gehe.
Bilder von Blut und Schmerz kommen mir immer wieder vor die Augen, sodass ich gar nicht richtig mitbekomme, wie sich die beiden Polizisten gegenüber von mir gesetzt haben und Noah ihnen ein Glas Wasser bringt. Ebenso wie mir, bevor er sich auf den Stuhl neben mich setzt.
„In welchem Verhältnis stehen sie beide. Freund, Freundin?", vermutet der Mann, aber Noah korrigiert in: „Sie ist meine Adoptivschwester." Verstehend nickt der fragende und notiert sich irgendwas. „Dann bräuchte ich einmal ihren jetzigen Namen, sowie Geburtsnamen", mitfühlend guckt mich die Frau an. Allein von dieser Frage bin ich überfordert. Mein Gehirn ist wie Brei. Unterstützend ergreift Noah meine Hand unter dem Tisch, drückt sie einmal und normaler weise, hätte ich sie sofort weggeschlagen. Aber jetzt nicht. „Ähm", ich räuspere mich kurz, da ich Angst habe, dass meine Stimme versagt. „Lexa Walker jetzt. Lexa Lee früher", beantworte ich ihre Frage knapp, so gefasst wie ich nur kann. „Kannten sie den Angreifer, wenn ja wer war er?" „Ja, mein Vater Thomas Lee. Ich vermute, dass er vor kurzem erst aus dem Gefängnis gekommen ist und so gegen seine Auflagen verstoßen hat", erkläre ich meine Vermutung. „Wenn sie sagen, dass er schon im Gefängnis gewesen ist, dann müssen wir ihn eigentlich schnell finden. Ich müsste nur wissen, wofür er saß", bemerkt der Mann. Ich hasse es über meine Vergangenheit zu reden.
Leicht drücke ich Noahs Hand. Versuche irgendwie halt zu bekommen. „Kindesmisshandlung. Versuchter Todschlag." Auch dies notiert der Mann und ehe er weiter fragen kann, wird die Tür geöffnet und eine hysterische Olivia betritt den Raum. Als sie mich sieht, kommt sie sofort auf mich zu und nimmt mich, ohne zu zögern in den Arm, wodurch ich von Noahs Hand getrennt werde. „Geht es dir gut?", fragt sie besorgt und nimmt mein Gesicht in ihre Hände. Langsam nicke ich. Sie streichelt mir einmal über die Wange. Es weckt Erinnerungen. Keine guten Erinnerungen.
„Ich denke, wir haben das grobe. Wir würden uns melden, damit sie noch einmal eine offizielle Anzeige machen können. Wir würden jetzt noch ihre Mutter über den Vorfall aufklären, jedoch müssen sie nicht dabei sein", kommt mir die Polizistin entgegen.
Ohne dass man mir das zweimal sagen muss, stehe ich Rückartig auf und gehe die Treppe rauf. Leise höre ich, wie Noah mir folgt. Ich bleibe vor meiner Tür stehen und drehe mich zu dem Jungen um. „Könnte das vielleicht unter uns bleiben?", bitte ich ihn leise. Beiße dabei auf meiner Zunge. Ein Lächeln schleicht sich auf seine Lippen und er nickt. „Keine Sorge, mein Mund bleibt verschlossen." Dankbar lächle ich ihn an und nicke ebenfalls, bevor ich das dunkle Zimmer verschwinde und mit meinen Erinnerungen allein bin.
°Feedback? Tatsächliches eines meiner beiden Lieblingskapitel, die ich bis jetzt geschrieben habe. Was haltet ihr davon? Was denkt ihr von James und was denkt ihr von Lexa's Vater?°
Wörter: 3051
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