Geständnisse am Frühstückstisch
Ich würde mich über ein paar Kommentare freuen! Ich stecke grad wieder in einem Motivationsloch und eure Meinungen helfen da immer sehr!
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Kapitel 8 - Geständnisse am Frühstückstisch
Es ist immer noch Mitten in der Nacht, aber jetzt befinden wir uns am anderen Ende von London (was nicht stimmt, da wir bis eben ziemlich im Zentrum waren - also wir sind nicht am anderen Ende, aber wir sind ein ganzes Stück weit weg von da, wo wir vorher waren, aber eben immer noch in London). Die Wohnung, in der wir uns befinden, ist stockdunkel, wie es sich für drei Uhr morgens auch gehört. Ron Weasley liegt im Bett und schläft, das werdet ihr mir jetzt einfach glauben müssen, denn wir werden ganz sicher nicht nachschauen, das wäre creepy.
Wir müssen aber auch gar nicht nachschauen, denn vor der Wohnungstür ertönt jetzt ein leiser Knall und dann klopft es, nein hämmert es, dagegen. Laut genug, dass nach einigen Minuten tatsächlich die Schlafzimmertür aufgeht. Ron (in einem T-Shirt, was er sich gerade übergestülpt hat - es ist auf links - und mit einer Frisur, die der seines besten Freundes Konkurrenz machen würde) torkelt in den Flur (nein, er ist nicht betrunken, nur noch nicht ganz wach. Und verwirrt.).
Das Klopfen an der Tür hört erst auf, als Ron seinen Zauberstab gefunden und den Colloportus aufgehoben hat und sie aufschwingt, um den Blick auf eine junge Frau freizugeben. Ron blinzelt kurz, er muss zweimal hinsehen, bis er sich sicher ist, dass er nicht halluziniert, aber es ist tatsächlich Hermine, allerdings noch halb in ihrer Verkleidung.
Als er sie erkannt hat, handelt Ron ohne zu zögern, zieht seine Freundin in die Wohnung und schließt die Tür hinter ihr. Er fragt nicht, was passiert ist, er weiß, Hermine wird von sich aus anfangen zu erzählen, wenn sie soweit ist.
"Wie spät ist es?", fragt er also. Hermine antwortet erst nach einer ganzen Weile:
"Ich glaube...drei?" Es klingt eher wie eine Frage, als wie eine Aussage, aber es reicht ihm. Er nickt. Hermine atmet zittrig ein und aus. "Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe.", sagt sie und Ron beruhigt sie mit einem halben Lächeln. "Ich wollte nur...ich..." Sie stockt und schaut zu Boden. "Ich wollte nicht alleine sein.", murmelt sie, jetzt beschämt über ihre Sekundenentscheidung, nicht nach Hause sondern zu ihrem Ex-Verlobten zu apparieren.
Ron nickt.
"Willst du reden?", fragt er. "Oder erstmal schlafen?"
Hermine blinzelt, langsam fallen die letzten Reste von Clara Banks von ihr ab.
"Schlafen klingt gut.", murmelt sie und Ron nickt noch einmal und gibt den Weg ins Wohnzimmer frei. Sie richtet sich auf dem Sofa ein Bett für die restlichen paar Stunden ein, während er ihr ein T-Shirt holt. Sie würde viel dafür geben, den Rest der Nacht neben jemandem zu liegen, aber sie weiß auch, dass sie sich aus einem Grund darauf geeinigt haben, dass in einem Bett zu schlafen ein Tabu ist. Also kuschelt sie sich auf das vertraute Sofa und atmet den beruhigenden Geruch der Wohnung ein, in der sie drei Jahre lang gelebt hat.
Als Hermine am nächsten Morgen aufwacht, hört sie Geschirr klappern in der Küche. Sie blinzelt und fragt sich, wie sie hier her gekommen ist. Während sie aufsteht, sich anzieht und das Sofa wieder in einen Zustand bringt, der nicht verrät, dass jemand darauf geschlafen hat, kehren die Erinnerungen langsam zu ihr zurück.
Es gab eine Explosion, Jon hat sie informiert, sie waren im U-Bahn-Schacht. Dann waren sie auf dem Weg nach draußen und wären beinahe erwischt worden. Und sie hat ihn geküsst. Verdammt, sie hat Jon geküsst. Merlin, wie konnte sie nur so dumm sein!
Der Geruch von Kaffee steigt ihr in die Nase und treibt sie in die Küche, wo Ron gerade einige Brotscheiben in den Toaster schiebt. Er sieht nicht allzu müde aus, was Hermine erleichtert, denn sie hat ein furchtbar schlechtes Gewissen, ihn mitten in der Nacht geweckt zu haben.
"Guten Morgen.", begrüßt er sie mit einem entspannten Lächeln. "Frühstück ist gleich soweit, setz dich." Er deutet auf die kleine Eckbank und Hermine tut wie ihr befohlen.
"Irgendwie seltsam, dass wir zusammen frühstücken, oder?", fragt sie, denn es stimmt. Das letzte Mal, als sie gemeinsam in dieser Wohnung gefrühstückt haben, war am Morgen nach ihrer Trennung. Das war seltsam gewesen. Jetzt war es aber nicht besser. Ron kommt mit Kaffee und Toast an den Tisch und setzt sich ihr gegenüber hin. Er zuckt mit den Schultern.
"Wie in den guten alten Zeiten.", erklärt er locker. Sie lächelt, erleichtert, dass er sich bemüht, eine entspannte Stimmung zwischen ihnen aufzubauen.
"Bekomme ich Kaffee?", fragt sie schelmisch. Er schaut sie für einen Moment abwägend an. Dann nickt er.
"Na gut. Eine Tasse, und nur weil du aussiehst, als könntest du sie wirklich gut brauchen.", sagt er. "Und nur wenn du mir versprichst, im Büro nur noch eine zu trinken."
Hermine verdreht die Augen und schenkt sich eine Tasse Kaffee ein, so viel, wie hineinpasst und keinen Milliliter weniger.
Ron schmiert sich Butter auf seinen Toast und betrachtet das Ganze argwöhnisch. Er hat noch nie viel von ihrer Koffeinabhängigkeit gehalten.
"Erzählst du mir, warum du letzte Nacht draußen warst?", fragt er dann. Hermine muss grinsen, Harry oder Ginny wären viel zu diplomatisch um einfach so eine Frage zu stellen. Aber das ist es ja, was sie an Ron so mag: seine unkomplizierte, direkte Art.
"Es gab einen Zwischenfall in der U-Bahn.", erzählt sie. "Ein kleiner muggelstämmiger Junge hatte vermutlich vor irgendetwas Angst, hat sich erschreckt und seine Magie ist einfach aus ihm raus geflossen. Es gab eine Explosion und da keiner wusste, dass er zaubern kann, war auch keiner da, um den Schaden zu begrenzen. Die Muggel denken immer noch, es war ein Terroranschlag." Sie seufzt, teilweise wegen dem Bericht und teilweise wegen dem Koffein, das sich dankenswerter Weise in ihrem Körper verteilt. "Wird auf jeden Fall eine Menge Arbeit für uns. Vor allem für Jon." Sie weiß ganz genau, dass sie rot wird, als sie an ihn denkt und sie nimmt schnell noch einen Schluck Kaffee, in der Hoffnung, dass die Tasse es verdeckt.
Ron schaut sie zweifelnd an.
"Und deshalb standest du morgens um drei vor meiner Tür?", fragt er, aber zum Glück klingt es eher besorgt, als verärgert. Hermine stellt die Tasse ab und greift nach einer Scheibe Toast, an der sie herumknabbert.
"Es gab...noch einen...Zwischenfall.", murmelt sie in ihr Brot, aber Ron hat es gehört und hebt fragend die Augenbrauen. "Wir waren auf dem Weg nach draußen und die Polizei durfte uns nicht sehen, weil wir eigentlich nicht am Tatort hätten sein dürfen.", beginnt sie leise. Alles in ihr sträubt sich dagegen, Ron zu erzählen, was letzte Nacht noch vorgefallen ist. "Und dann war da dieser Polizist, der uns eben doch gesehen hat und wir mussten uns eine Ausrede einfallen lassen, warum wir da unten sind und ich weiß nicht genau, warum, aber ich habe dann einfach..." Sie wird immer schneller, je mehr sie erzählt und bricht dann plötzlich ab. Ron schaut sie gespannt an.
"Du hast was?", hakt er nach. Sie vergräbt das Gesicht in den Händen und schaut durch ihre Finger zu ihm hinüber. An seinem Gesicht kann sie sehen, dass er weiß, dass sie etwas Dummes gemacht hat. "Hermine...was hast du gemacht?"
"Ichhabihngeküsst.", bringt sie in einem Zug hervor. Er blinzelt und sie ist sich nicht sicher, ob er sie verstanden hat, also sagt sie noch einmal: "Ich habe ihn geküsst, Ron."
Ron sieht aus, als hätte man gerade alle Luft aus ihm herausgelassen und er starrt sie an, wie ein begossener Pudel. Hermine spürt das Verlangen, sich zu verteidigen.
"Ich weiß selber nicht, was ich mir dabei gedacht habe, ich habe es einfach gemacht. Und es hat auch funktioniert, aber es war einfach so dumm." Sie sticht wütend mit ihrem Finger Löcher in das Toastbrot. "Und ich meine, ich wusste ja, dass ich ihn mag, aber verdammt, ich wusste nicht, dass ich ihn so sehr mag. Und ich glaube, ihm geht das ähnlich, denn dieser Kuss war wirklich, wirklich gut." Sie holt Luft. "Ich will nichts lieber, als ihn nochmal zu küssen. Aber ich kann ihm das nicht antun, das wäre nicht fair, ich meine, ich lebe immer noch unter einer verdammten falschen Identität! Ich meine, stell dir das mal vor, da fängst du was mit jemandem an und findest irgendwann heraus, dass du nicht mal seinen Namen kennst!"
Sie hat sich völlig in Rage geredet und wird erst wieder in die Wirklichkeit zurückgebracht, als Ron sie an den Handgelenken berührt. Sie starrt ihn an.
"Hermine, du hyperventilierst.", sagt er und jetzt, wo er es erwähnt, merkt sie es auch. Sie versucht, tief zu atmen. "Lass mich raten, heute Morgen war es ähnlich.", schließt er. Sie nickt. "Du hattest eine Panikattacke." Sie nickt erneut.
"Jon war dabei.", sagt sie leise. "Er hat mir geholfen. Er war...wirklich gut darin." Sie seufzt frustriert, denn die Tatsache, dass er mit der Situation so gut umgegangen ist lässt sie ihn nur noch mehr mögen. Merlin, es wäre alles viel einfacher, wenn er ein Idiot wäre. Stattdessen ist er witzig und nett und erwachsen und aufmerksam und verdammt, Hermine ist voll in ihn verschossen. Das fehlt ihr jetzt gerade noch!
Ron seufzt.
"Ok, du magst ihn, er mag dich vermutlich auch, ihr habt euch geküsst.", fasst er zusammen. Hermine nickt.
"Aber wir können nicht einfach etwas miteinander anfangen.", erklärt sie. "Wir sind Kollegen, es wäre unprofessionell. Und, noch viel schlimmer, ich lebe unter falschem Namen."
Sie steckt sich die Toastfetzen in den Mund und kaut darauf herum.
"Hast du mal darüber nachgedacht, dass wenn er so ein toller Typ ist, du ihm vielleicht die ganze Sache erklären könntest?", fragt Ron vorsichtig.
Und das Ding ist - Hermine hat darüber nachgedacht. Schon vor dieser Kuss-Geschichte. Aber sie genießt es, Clara zu sein und sie genießt es, bei Jon Clara zu sein. Da ist keine Erwartungshaltung, nicht der Standard der Kriegsheldin, der immer über ihr schwebt und dessen Schuhe ihr schon seit Jahren viele Nummern zu groß sind. Sie genießt es, einfach jemand zu sein, der nichts mit dem Krieg zu tun hatte, denn es gibt ihr die Gelegenheit, auch einmal für ein paar Stunden zu vergessen, dass es ihn gab. Und sie genießt es, die Person Clara zu sein, die viel mehr mit der erwachsenen Hermine zu tun hat, die sie früher sein wollte, als die tatsächliche Hermine es seit Jahren tut.
Außerdem besteht ja immer noch die Möglichkeit, dass Jon es nicht verstehen würde. Und dann, wenn er sie verrät, war die ganze Sache umsonst, dann ist alles wieder wie vorher. Das ist ein Risiko, was sie einfach nicht eingehen kann. Nicht eingehen will.
"Nein.", sagt sie einfach und Ron nickt.
"Du musst trotzdem mit ihm reden.", spricht er dann das aus, was Hermine auch selbst weiß. Jetzt ist es sie, die nickt. Sie wirft einen Blick auf die Uhr, die in der Küche hängt.
"Ich muss los.", sagt sie und steht auf. Es ist eine Lüge, Ron weiß das und Hermine weiß, dass er es weiß. Trotzdem sagt er nichts. Was er macht, ist aufstehen und sie in eine feste Umarmung ziehen.
Bevor sie gehen kann, fällt ihm noch etwas ein.
"Oh, Hermine." Sie dreht sich um. "War Jon gestern bei dir, als du appariert bist?" Sie überlegt kurz, dann nickt sie.
"Ja, warum?"
Rons Gesicht wird ernst.
"Als du...als du hier ankamst.", druckst er herum. "Da war dein Aussehen nicht mehr...also..." Er sucht nach den richtigen Worten, während sie immer alarmierter wird. "Du sahst schon halb aus, wie du selbst. Besonders deine Haare.", erklärt er. "Ich meine, ich weiß nicht, wie viel davon vor deinem Verschwinden passiert ist und wie viel währenddessen oder sogar erst, als du schon hier warst. Und ein großer Teil von dir war auch noch Clara, aber..." Er seufzt und schaut sie gequält an. "Es kann sein, dass er dich schon gesehen hat.", fasst er zusammen.
Hermine steht in seinem Flur und sieht aus wie ein geprügelter Hund. Für einige Sekunden sieht es fast aus, als würde sie anfangen zu weinen. Aber es passiert nicht. Stattdessen strafft sie sich entschlossen und schließt ihre Hand fest um ihren Zauberstab.
Sie disappariert.
Als sie zwanzig Minuten zu früh das Büro aufschließt, fragt sie sich, ob Jon wohl pünktlich auftauchen wird oder sich die Nachtschicht anrechnet und später kommt. Um nicht über den Kuss oder ihren vermeintlichen Patzer nachdenken zu müssen, stürzt sie sich in ihre Arbeit. Als um Punkt acht die Tür aufgeht, hat sie schon die Adresse des kleinen Jungen herausgefunden, von dem sie vermuten, dass die Explosion ausgegangen ist.
"Guten Morgen.", grüßt Jon sie mit einem Lächeln, ganz so, als wäre nichts passiert. Hermine ist erleichtert, eine professionelle Beziehung ist sicheres Terrain für die Gefühle und Gedanken, die sich in ihrem Kopf überstürzen.
"Morgen.", erwidert sie und versucht, nicht rot zu werden oder wie ein verliebter Teenager zu lächeln. Soweit sie es beurteilen kann, funktioniert es recht gut. Zumindest kommentiert Jon es nicht. "Ich habe schon was für dich.", teilt sie ihm mit und reicht ihm einen Notizzettel mit der Adresse. "Ich weiß, normalerweise überbringt Hogwarts die frohe Botschaft, aber vielleicht solltest du in diesem Fall eine Ausnahme machen."
Er nimmt den Zettel und setzt sich an seinen Schreibtisch. Ihr Raum ist mittlerweile doch sehr viel persönlicher geworden. Jon hat eine Menge Bilder aufgehängt, die ihm offenbar Kinder gemalt haben. Hermine hat ein Foto von Krummbein mit Weihnachtsmannmütze mitgebracht, von dem sie findet, dass es wirklich jede Katze sein könnte. Jon hat minutenlang gelacht, als er es gesehen hat und im Gegenzug ein Foto von seinem Waldkauz mitgebracht, der eine Miniatur-Slytherinkrawatte trägt. Dann hat Hermine ihren kleinen Vertrauensschüler-Pin in rot und gold an ihrer Pinnwand angebracht. Es ist ein bisschen albern, aber es bereitet Hermine wahnsinnige Freude, sein Gesicht zu sehen, jedes Mal, wenn sie eine neue Kleinigkeit auf ihrem Arbeitsplatz aufstellt und an der Tatsache, dass er jedes Mal kontert, liest sie ab, dass ihm dieses kleine Spiel ebenso viel Freude bereitet.
"Ich denke, ich werde direkt nach der Mittagspause rüber apparieren und der Familie einen Besuch abstatten.", beschließt Jon laut und Hermine nickt. Das klingt sinnvoll. Jon grinst. "Und danach mache ich Feierabend. Ich glaube, nach der Nacht haben wir es uns verdient, ein bisschen früher Schluss zu machen."
Hermine wird ein bisschen unsicher, als er die Nacht erwähnt, aber ihr fällt auch auf, dass er nach der Mittagspause gesagt hat, also geht sie davon aus, dass er vorhat, sie wie immer gemeinsam zu verbringen.
"Was ist mit dir? Legst du dich heute schon mit den Muggeln an?", fragt er und sie klappt seufzend die Akte zu, auf die sie sich eh nicht wirklich konzentrieren kann.
"Mal schauen.", meint sie und fährt sich über die Augen. Irgendwie hat sie nicht das Gefühl, dass der Kaffee von vorhin seine Wirkung tut, denn während sie eben in Rons Küche noch ziemlich wach war, kehrt jetzt beim Lesen von Akten und Schreiben von Briefen die Müdigkeit zurück. Ihre Lust, ein Magie-Grundlagen-Gespräch mit irgendwelchen Muggeln zu führen hält sich dementsprechend stark in Grenzen. "Vielleicht schiebe ich das auch auf morgen."
Jon nickt und greift zum Poststapel. Nach zwei Monaten haben sie es endlich geschafft, dass jeder von ihnen ein eigenes Postfach hat und sie nicht jeden Morgen eine halbe Stunde damit verbringen, die eingegangene Post zu sortieren.
Schweigend beginnen sie beide zu arbeiten.
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