Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

07-1 | Jack the Ripper

Der Rest des Tages war ein einziges schön-schreckliches Chaos. Da sich die Neuigkeit von Lenis Verschwinden rasend schnell in Heiderstedt herumsprach, tummelten sich schon bald allerlei Neuigierige vor dem Haus der Familie Gerlach. Sogar jemand vom lokalen Käseblatt war angerückt und führte Interviews mit den besorgten Nachbarn. Und da das "Zu den Waffeln" direkt auf der anderen Straßenseite lag, hatten wir innerhalb kürzester Zeit alle Hände voll damit zu tun, hungrige Schaulustige zu bedienen.

Umso dankbarer war ich für Dimitris Unterstützung. Zu Anfang tat er sich etwas schwer, weil er die Rezepte noch nicht auswendig kannte und auch noch nicht verinnerlicht hatte, wo alles Nötige zu finden war, doch schon am frühen Nachmittag hatte er sich eingelebt und arbeitete wie am Fließband. Er vergaß keine Zutaten, berechnete selbst komplizierte Kommabeträge im Kopf und verlor nie den Überblick über die Bestellungen. Auch mit den Kunden schien er im Laufe des Tages immer besser zurechtzukommen. Während er am Morgen noch etwas gehemmt gewirkt hatte, lachte und scherzte er später am Tag mit den Kunden als hätte er nie etwas anderes getan. Es war eine richtige Freude ihm zuzusehen.

Obwohl der Anlass des Kundenansturms – Lenis Verschwinden – denkbar unschön war, schwebte ich die ganze Zeit über auf einem rosaroten Zuckerwattewölkchen. Was Romeo über Dimitri gesagt hatte, war mir regelrecht zu Kopf gestiegen. Die Vorstellung, mein Schwarm könnte auf mich aufmerksam geworden sein und mich vielleicht sogar ganz anziehend finden, ließ mein armes Herz verrückt spielen.

Es war fast zweieinhalb Jahre her, dass ich so verknallt gewesen war. Damals in den Betreuer meiner Bachelorarbeit, Phillipp Binz. Der fünf Jahre ältere Postdoc hatte sich viel Zeit genommen, um mir die Auswertung meiner erhobenen Daten zu erklären. Zuerst in der Uni-Bibliothek und später bei sich Zuhause. Unsere Beziehung hatte sich mit der unkontrollierbaren Heftigkeit einer Büroaffaire entwickelt und dieses Niveau nie verlassen. Der Sex war gut gewesen, die Streitereien davor und danach eher weniger. Rückblickend wusste ich nicht einmal mehr, wieso wir uns gestritten hatten. Belangloses Zeug. Mein Bedarf nach emotionaler und körperlicher Nähe. Sein Bedarf nach Freiraum. Irgendwas in der Art.

Interessanterweise hatte ich mich nach dem Ende dieser Beziehung nicht direkt nach etwas Neuem gesehnt, sondern die Zeit der Enthaltsamkeit einfach hingenommen und mich ganz auf mein Masterstudium konzentriert – mit Erfolg. Kurz vor dem Abschluss konnte ich in allen Bereichen Bestnoten vorweisen, was mich meinem Traumberuf ein ganzes Stück näher brachte.

Gegen Mittag nahm die Fahndung nach Leni Fahrt auf und um vierzehn Uhr machten sich die ersten Suchteams auf den Weg, um die Felder und Wälder rund um Heiderstedt zu durchkämmen, während Polizeiboote den Fluss absuchten. Romeo und seine Freunde schlossen sich den freiwilligen Suchtrupps an. Kurz bevor sie den Laden verließen, nahm Romeo mich noch einmal zur Seite, um mir einzuschärfen, dass mit Dimitri etwas nicht stimme und dass ich ihm nicht vertrauen dürfe. Aber was mit ihm nicht stimmte und wieso ich ihm nicht trauen dürfte, wollte er mir nicht verraten. Also hakte ich seine Aufforderung als übersteigertes Kontrollbedürfnis ab.

Gegen achtzehn Uhr kam schließlich die Entwarnung. Jemand hatte das Auto von Lenis Mutter in der Stadt gesehen, ganz in der Nähe vom Haus der Familie Gerlach. Die Polizei vermutete daher, dass sie mit Lenis Verschwinden zu tun hatte. Daraufhin wurden die Suchmaßnahmen vorläufig eingestellt und stattdessen eine Großfahndung nach Frau Gerlach und ihrem Auto eingeleitet. Kurz darauf schlossen Isabella, Dimitri und ich den Laden.

»Dimi macht sich gut, oder?«, fragte Isabella, als wir wenig später im Wohnzimmer saßen und Waffeln mit Ei und Schinken verputzten.

Ich nickte zustimmend. »Hast du gemerkt, wie gut er Kopfrechnen kann? Ich glaube, er ist ein Genie.«

»Das würde erklären, warum Romeo solche Angst vor ihm hat«, lachte Isabella, platzierte ihre Füße auf dem gläsernen Beistelltisch und wackelte mit den Zehen.

Das Wohnzimmer war – ähnlich wie das Bad – ein düsterer, irgendwie bedrückender Raum mit dunklen Deckenbalken, lindgrüner Satintapete, schweren Holzmöbeln und einem hochflorigen Teppichboden, dem ein muffiger Geruch anhaftete. Die Stehlampe neben dem Sofa besaß einen beigefarbenen, mit Fransen besetzten Schirm und spendete ein gedämpftes Licht, das die Konturen der Möbel verwischte und die Schatten diffus und unstet wirken ließ.

»So langsam glaube ich, da könnte was dran sein«, murmelte ich, während ich mir ein Stück Waffel in den Mund schob und mit mäßigem Interesse verfolgte, wie ein älterer Herr mit Halbglatze auf arte von den Wundern der altägyptischen Zivilisation schwärmte. »Ist doch nicht mehr normal, wie er sich aufführt.« Ich rieb mir die Stirn. »Und was sollte das mit diesem Diebstahl? Ist er jetzt vollkommen übergeschnappt?« Kopfschüttelnd ergänzte ich: »Wir müssen sie überreden, das Diebesgut der Polizei zu übergeben. Von mir aus sollen sie's einfach dem Schulze vor die Haustür stellen. Aber behalten – das kommt nicht in Frage.«

»Nein ... nein, natürlich nicht«, erwiderte Isabella, während sie mit dem Diamantanhänger spielte, der um ihren Hals baumelte. »Aber gönnen wir ihnen noch die Feier heute Abend, bevor wir ihnen die Stimmung vermiesen.«

Ich fügte mich, aber nur, weil ich selbst in Feierlaune war. »Denkst du, Dimitri wird da sein?«, fragte ich hoffnungsvoll. Nur beim Gedanken daran klopfte mein Herz schon wieder schneller. Das Target war so gar nicht meine bevorzugte Partylocation, aber Dimitris Anwesenheit würde mir sicher darüber hinweghelfen.

»Du hast ihn mehr als deutlich eingeladen.« Isabella nippte an ihrem Eistee. »Er wäre blöd, nicht zu kommen.«

»Wieso?«, fragte ich

»Weil er dann verpassen wird, wie unglaublich heiß du heute Abend aussehen wirst.«

»Werde ich das?«, nuschelte ich und streckte die Hand aus, um zu überprüfen, ob sich die Haut an meinen Beinen noch glatt anfühlte.

»Klar. Das wird wie in Eine wie Keine«, erwiderte Isabella.

»Denkst du echt, dass ich das nötig habe?«, gab ich zurück. »Ich bin doch kein hässliches Entlein.«

Isabella scrollte an ihrem Handy herum. »Nein, aber wenn du Dimi rumkriegen willst, musst du nochmal eine Schippe drauflegen. Heute Abend wirst du Konkurrenz haben.«

Ich ging in Gedanken den Inhalt meines Koffers durch. Zum Glück hatte ich ein oder zwei partytaugliche Kleider mitgebracht. Die Frage war nur: Wie weit wollte ich gehen? Sollte ich mich in das kürzeste Kleid zwängen, das ich hatte, mir die Brüste bis unters Kinn pushen und in die Zehn-Zentimeter-Hacken schlüpfen, auf denen ich kaum laufen konnte? Oder sollte ich es lieber etwas lässiger angehen? Was würde Dimitri bevorzugen? Stand er eher auf den natürlichen, ungezwungenen Typ oder mehr auf den Typ Femme Fatale? Und wie würde Romeo reagieren, wenn ich ins Target geschneit kam und aussah wie eine rothaarige Brigitte Bardot? Mir war klar, dass er mir keine Vorschriften machen konnte, aber ich hatte auch keine Lust auf lange Diskussionen.

Ein tiefer Seufzer von Isabella riss mich aus meinen Gedanken. »Was ist los?« Als sie darauf nicht reagierte, stieß ich sie mit dem Zeigefinger an. »Alles okay?«

»Anni hat ihr Referendariat abgebrochen.«

»Echt? Wieso?«

Isabella legte ihr Handy zur Seite und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Sie wird gemobbt.«

Davon hatte ich noch nie etwas gehört und normalerweise erzählten Isabella und ich uns immer alles.

»Sie wollte nicht, dass ich es erzähle«, ergänzte Isabella, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Eine ihrer Kolleginnen hat es wohl auf sie abgesehen.«

»Aber warum? Anni ist doch so lieb und nett.« Das war sie tatsächlich. Im Gegensatz zu Isabella, die sich nicht die Wurst vom Brot nehmen ließ und immer einen flotten Spruch auf Lager hatte, war Anni die personifizierte Unschuld. Bibelkreise, Chorsingen und ehrenamtliche Gemeindearbeit inklusive.

»Keine Ahnung. Braucht es denn einen Grund?« Isabella zuckte mit den Schultern und fasste wieder nach ihrem Handy. »Wie auch immer, ich muss mit ihr telefonieren. Dauert bestimmt länger. Am besten machst du dich fertig und gehst schonmal vor. Ich komme später nach.«

Widerstrebend willigte ich ein und zog mich auf unser Zimmer zurück, um mich umzuziehen. Dabei ließ ich mein eigenes Handy nicht aus den Augen. Dimitri hatte mir erzählt, dass er sich erst vor ein paar Tagen sein erstes Smartphone gekauft hatte und noch nicht so richtig damit umgehen konnte, aber ich hoffte trotzdem auf eine WhatsApp-Nachricht von ihm.

Gleichzeitig überlegte ich fieberhaft, ob ich vielleicht den ersten Schritt machen sollte. Schließlich waren wir Kollegen, da ließe sich leicht ein unverfängliches Gesprächsthema finden. Allerdings wollte ich Dimitri nicht bedrängen. Daran war schon meine letzte Beziehung gescheitert. Ich wollte es ruhig und entspannt angehen lassen.

Leider waren meine Hormone da anderer Meinung und nachdem ich alle Kleiderkombinationen, die mein Koffer hergab, durchprobiert hatte, kapitulierte ich vor meinen Gefühlen und schrieb Dimitri eine kurze Nachricht.

Hi. Hast du den ersten Arbeitstag gut verkraftet? [20:05]

Nachdem ich auf Senden gedrückt hatte, wünschte ich mir sofort, ich hätte es nicht getan. Allerdings dauerte es keine dreißig Sekunden bis die Häkchen hinter der Nachricht blau wurden und keine Minute bis Dimitri antwortete.

[20:06] Ich denke schon. Habe überlegt, ob ich uns morgen Soufflé machen soll.

Ein Lächeln trat auf mein Gesicht. Das war doch schonmal was. Keine einfach Ja/Nein-Antwort, sondern ganze zwölf Wörter.

Das würde mir gefallen [20:06]

Kommst du heute ins Target? [20:06]

[20:07] Bin schon vor zehn Minuten losgegangen.

[20:07] Falls ich mich wieder verlaufe. Du weißt ja, mein Orientierungssinn.

Mein Lächeln wurde breiter.

Freut mich. Wir können uns gern vor dem Eingang treffen [20:08]

[20:08] Sehr gerne.

Dann bis gleich 😊 [20:08]

[20:08] Ein Emoticon. Davon habe ich gelesen. Warte.

[20:09] 🤠

[20:09] Ich mag Hüte. Und Westernfilme.

Hast du einen Cowboy-Hut? [20:09]

[20:09] Ja.

Ziehst du ihn mal an? [20:09]

[20:09] Morgen, wenn ich Soufflé mache.

Ich freu mich schon 🥳 [20:09]

Bis gleich [20:10]

Ich grinste in mich hinein und presste mir das Handy gegen die Brust. Plötzlich wurde mir klar, was ich zu tun hatte.

Flink schlüpfte ich in Jeans und Sportschuhe, zog mir ein silberfarbenes Glitzeroberteil mit Puffärmeln und weitem Rückenausschnitt über den Kopf und huschte ins Bad, um mein Make-up aufzufrischen und mir die Haare zu machen. Mit Kamm und Haarspray formte ich mir in Windeseile eine wilde Mähne. Anschließend schnappte ich mir mein Handy und meine Handtasche und machte mich auf den Weg. Isabella war am Telefon und winkte mir nur kurz zu, bevor ich in den Laden zurückkehrte und von dort hinaus ins Freie glitt.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro