Kapitel 21 - Betäubt
Bel
Mit eiligen Schritten stürmte ich über den finsteren Hof. Ich kannte den Weg zum Stall blind - ein Vorteil - da ich hier viele Jahre verbracht hatte und dieser Ort immer mein Zuhause sein würde. Hier hatte ich eine Familie und Freunde, die immer für mich da waren, obwohl nicht dasselbe Blut durch unsere Adern floss.
Was war nur in mich gefahren? Es war keine gute Idee gewesen, Eleah mitten in der Nacht aufzusuchen. Mein Blut kochte noch immer; die Dunkelheit versuchte mich in ihrer Nähe zu übermannen und mit sich in einen tiefen Strudel des Chaos zu reißen, aus dem ich mich selbst nicht mehr würde befreien können.
Jeden meiner Schritte bohrte ich mit so viel Kraft in den sandigen Untergrund, in der Hoffnung, einer von ihnen würde mich erden – aber es war vergeblich. Es gab nur noch eins, das mich wieder runterbringen konnte, allerdings würde es vermutlich irgendwann ebenso mein Untergang sein, wenn ich nicht endlich die Finger davon lassen würde.
Ich schluckte hart. Völlig grundlos hatte ich sie aufgesucht, denn sie hatte bereits vor Tagen aufgehört, in dem Sessel einzuschlafen und musste nicht mehr ins Bett getragen werden. Das Gespräch hätte bis zum Morgen warten können. Dennoch gab mir die Nacht genug Sicherheit, weshalb ich mich dazu entschieden hatte, noch einmal nach ihr zu sehen.
Aufgewühlt stieß ich das Tor zum Stall auf und fuhr mir durch die Haare. Ihre Berührungen hatten eine brennende Spur wie beim Zünden einer Linie Schwarzpulver hinterlassen, die sich über meinen gesamten Körper ausbreitete und die ich schleunigst wieder loswerden musste, ehe ich völlig den Verstand verlor.
»Hoffnung und Wärme, huh?«, murmelte ich, zog den Korken einer Flasche Selbstgebrannten mit den Zähnen und spuckte ihn in die nächste Ecke. »Was für ein Scheiß!« Die hatte sie doch echt nicht mehr alle.
Wie zufällig schweifte mein Blick hinaus aus dem Stall und blieb am einzigen Fenster des Hauptgebäudes hängen, bei dem kein Vorhang die Sicht versperrte, weil ich ihn selbst zur Seite gezogen hatte. Das Feuer im Kamin brannte noch immer und erleuchtete den Raum in warmen, flackernden Orangetönen. Ein Schatten tanzte über die Wände und dann trat Eleah vor das Fenster.
Sie schloss die Decke fester um ihre Schultern und blickte den kleinen, weißen Wölkchen nach, die ihren Mund verließen. Einen Augenblick sah es so aus, als würde ihr Blick auf mich fallen, doch das war unmöglich, denn ich war eins mit dem Schatten, den der Stall im Mondlicht warf.
Die bernsteinfarbene Flüssigkeit brannte in meiner Kehle und mit jedem Schluck, den ich trank, verlor ich ein Stück von mir selbst. Und das war es, was ich wollte. Denn die Vorstellung, dass sie mich lesen konnte, jagte mir Angst ein. Niemand durfte wissen, wie es in meinem Inneren wirklich aussah.
Niemand.
Nicht einmal sie.
Erst recht nicht sie.
»Lief nicht so gut wie erwartet, was?« Mit einem spöttischen Grinsen lehnte Asil neben mir an der Wand des Stalls. So weit war es nun also schon mit meinen Sinnen, dass sie mir den Dienst verweigerten, denn ich hatte ihn nicht kommen hören.
Mit einem Knurren setzte ich die Flasche erneut an die Lippen, weil ich wusste, dass Asil nicht wirklich eine Antwort von mir erwartete. Er kannte mich gut, besser als jeder andere und andersherum war es genauso.
»Schätze, das dürfte noch sehr interessant werden.« Der Unterton in seiner Stimme gefiel mir gar nicht. Den hatte er immer, wenn er etwas ausheckte und meistens war ich der Leidtragende.
»Keine Wetten«, knurrte ich.
»Natürlich nicht«, erwiderte Asil schockiert, woraufhin hin ich in der Dunkelheit nur mit den Augen rollen konnte, weil ich wusste, dass er log und es ihn zu sehr amüsierte, etwas gefunden zu haben, mit dem er mich aufziehen konnte. »Ich habe ihr übrigens gesagt, dass du sie nicht töten wirst. Gern geschehen.«
»Wunderbar ...«, entgegnete ich genervt.
»Den Rest kriegst du doch wohl aber irgendwie alleine hin oder soll ich dich da auch noch an die Hand nehmen? Mein Erfolg bei Frauen würden dafür sprechen ...« Er grinste und entblößte seine Zähne, die im Mondlicht hell erstrahlten.
Hitze kroch meinen Nacken empor. »Asil?«
»Ja?«
»Halt's Maul!«
Er lachte leise. »Mein Angebot steht.«
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