ZWANZIG
Der Nachmittag plätscherte nur so dahin, ich war in meine Arbeit versunken und konnte die Gedanken an Julian zum größten Teil verdrängen.
Elisa hatte gefragt ob wir ins Kino gehen wollen, aber ich lehnte ab. Ich wollte einfach nur alleine sein und die Zeit sinnvoll nutzen.
Meine beste Freundin verstand mich sofort und ließ mich für den Rest des Tages in Ruhe.
Am Abend verkroch ich mich unter meiner Bettdecke, zog mir Liebesschnulzen rein und stopfte das Loch in meiner Brust mit tonnenweise Schokolade.
Liebesfilme waren nicht die beste Idee, ich hätte mich lieber für ein Krimi oder Action Film entscheiden sollen.
Aber jetzt war es dafür zu spät und die Tränen rollten schon über meine Wangen.
Blöder Film.
Blöde Gefühle.
Blöder Julian.
Alles Blöd.
Ich stöpselte meine Kopfhörer ein und versuchte mit lauter Rockmusik meine Gedanken wegzublasen.
Funktionierte im Endeffekt sogar, ich war dabei eingeschlafen, obwohl die Musik auf höchster Lautstärke in meinen Ohren dröhnte.
Am Morgen wurde ich durch ein Klingeln wach, mit einem murren wälzte ich mich herum und tastete nach meinem Handy.
Ich betätigte die An-Taste aber nichts passierte.
Akku leer.
Ein Kopfhörer hing noch in meinem Ohr, ich entfernte ihn erfolgreich und richtete mich auf.
Die Tür.
Das Klingeln kam von der Tür.
Langsam tapste ich auf den Flur und schaute durch den Spion.
Natürlich stand dort niemand geringeres als Elisa.
Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen, als ich die Tür aufzog.
"Ne, sag bloß du bist erst aufgestanden" sagte sie bestürzt und schloss die Tür hinter sich.
Ich zuckte mit den Schultern und nahm die Tüte an, die sie mir hinhielt.
Es war tatsächlich schon 11 Uhr. Das letzte mal, dass ich so lange geschlafen hatte, war bestimmt schon über Drei Jahre her.
Aber ich hatte es nötig und umso ausgeschlafener und munterer fühlte ich mich jetzt.
"Was machst du eigentlich hier?" fragte ich sie.
"Hab uns Frühstück besorgt" sie wedelte mit der Tüte vor meinem Gesicht herum.
"Musst du nicht arbeiten?"
"Nö, hab mir frei genommen" grinste sie, kein normales Grinsen, ein überbreites Grinsen zierte ihr Gesicht.
"Was?" fragte ich und zog das 'a' in die Länge.
"Wirsindjetztzusammen" schoss es aus ihr hervor.
Ich schrie auf und fiel ihr in die Arme, Elisa strahlte mich an und drückte mich fest an sich.
"Das freut mich so sehr für dich" flüstere ich in ihr Ohr, wobei meine Stimme gegen Ende leiser wurde.
Sie schob mich langsam von ihr weg und schaute in meine Augen.
"Es tut mir leid, ich hätte dich damit nicht so überfallen sollen, aber-" ich schnitt ihr das Wort ab.
"Hör auf, das ist doch total unabhängig von meiner jetzigen Situation. Es freut mich wirklich für dich und ihn, ihr habt einander wirklich verdient und jetzt essen wir bitte etwas."
Bevor wir uns setzten, zog mich Elisa nochmals in ihre Arme "Danke Alessia, ich hab dich lieb". Ich kniff ihr in die Wange und lächelte sie an.
Kein Zweifel, es machte mich innerlich fertig, dass es bei ihr momentan so gut lief und bei mir nicht. Es ist als wäre ich vom Pech verfolgt. Aber es freute mich trotzdem, dass sie Johannes gefunden hatte, nur wurde diese Freude von etwas anderem getrübt.
Elisa verließ mich kurze Zeit später wieder, sie war zum Mittagessen verabredet, obwohl sie gerade erst gefrühstückt hatte.
Ich machte mich wenig später auch auf den Weg zu Arbeit. Nicht ohne mich vorher zu richten, ohne Concealer wäre ich vermutlich nicht vor die Haustür gegangen.
Die frische Luft tat gut, die Eineinhalb Tage Auszeit waren echt gut, aber umso mehr freute ich mich jetzt wieder zu etwas nützlich zu sein.
Ich stürzte mich förmlich in die Arbeit, bediente die Kunden in Rekordzeit und nahm, gefühlt im Sekundentakt, neue Bestellungen auf.
Am Abend fiel ich todmüde ins Bett und vergeudete somit keinen Gedanken mehr an Julian.
Es besserte sich langsam.
Doch dann kam der Samstag.
Es begann damit, dass ich den ganzen Tag auf Elisa's Balkon verbrachte.
Es war schönes Wetter und ich vervollständigte meine Uniaufschriebe, da ich selber keinen Balkon hatte und es nicht einsah bei schönem Wetter drinnenzusitzen, hatte ich mich bei Elisa breitgemacht.
Ich war schon fleißig am lernen für die anstehenden Prüfungen und freute mich umso mehr auf die Semesterferien, in denen ich zusammen mit Elisa und einigen Mädels aus der Heimat nach Barcelona fliegen würde.
Es war das erste mal nach fast Drei Jahren, dass ich mir einen Urlaub leisten konnte.
Nachdem ich mich wieder von Elisa verabschiedet hatte, ging ich noch Einkaufen, in meinem Kühlschrank herrschte absolute leere.
Zu Hause beschloss ich noch was zu kochen und mich anschließend vor die Kiste zu hocken.
Ich schaltete durch die Kanäle, bis ich bei der Sportschau stehen blieb.
Letzter Bundesligaspieltag.
Stimmt da war doch was.
Es lief gerade die Wiederholung des Spiels Bremen gegen Leipzig, welches Bremen mit Bravour gewann.
Danach setzte mein Herz kurz aus.
"Mit 5 zu 1 schlägt Bayer Leverkusen die Hertha aus Berlin und macht das unmögliche wahr. Doch schauen wir zunächst die Highlights des Spiels an"
Ich ließ die Fernbedienung sinken und starrte gebannt auf den Fernseher.
Kai schoss das 1:0, welches aber bald wieder ausgeglichen wurde.
Der Halbzeitstand betrug dann 2:1.
14 Minuten nach Wiederanpfiff fiel das 3:1.
Von Julian.
Mein Atem stockte, als ich ihn sah.
Ein wunderschönes Tor.
Von einem noch viel wunderschöneren Spieler.
Verdammt, ich biss mir auf die Zunge.
Hör auf sowas zu denken, murmelte ich mir selbst zu.
Schlag auf Schlag fiel das 4:1 und 5:1, aber ich konnte mich gar nicht wirklich darauf konzentrieren, denn immer wieder wurde Julian gezeigt.
Meine Gefühle fuhren Achterbahn, immer wieder überrollte mich die Traurigkeit, während ich in den nächsten Sekunden seiner Attraktivität verfiel.
"Leverkusen hat sich, anfangs, von Platz 12 hinaufgekämpft und steht nun völlig verdient auf Platz 4, was für sie die Champions League Gruppenphase bedeutet." verkündete der Sprecher.
Ich sog hart die Luft ein, als ein großes Bild von Julian hinter dem Moderator erschien.
"Nicht unschuldig daran ist er hier-" er zeigte hinter sich, dirket auf Julian.
"Der 23 Jährige Julian Brandt. Für viele DER Spieler der Saison und umso trauriger ist, was er heute verkündete" er machte eine Pause.
Gebannt saß ich da, traute mich nicht mich zu bewegen und starrte einfach nur auf den Fernseher.
"Noch nach dem Spiel verkündete er seiner Mannschaft das Ende seiner Karriere bei Leverkusen.
Nach fast 5 1/2 Jahren ist für ihn Schluss unterm Bayerkreuz.
Schon nächste Saison wird er bei einem anderen Verein unter Vertrag stehen. Top Anwärter sind hierbei Liverpool, Real Madrid, Dortmund, aber auch der FC Barcelona."
Zitternd griff ich nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ab.
Ich war in eine totale Schockstarre verfallen.
Tausende Gedanken kreisten in meinem Kopf umher.
Das kann doch nicht wahr sein.
War er deshalb aufeinmal so abweisen?
Warum wechselte er überhaupt?
Doch viel schlimmer war der Entschluss, den ich ungewollt fällte.
Wenn er wechselt, würde er weg sein, weit weg von Köln.
Dann würde ich ihn nie wieder sehen.
Und damit konnte und wollte ich nicht leben.
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