|DREIZEHN|
Verwirrt wanderte mein Blick zu Julian, welcher schockiert zwischen mir und Antonio hin und her blickte.
"Ähm... also nein. Das ist Alessia, äh, eine Freundin?" antwortete er, fast schon fragend.
Antonio warf Julian einen wissenden Blick zu, woraufhin er mit den Schultern zuckte.
Anschließend führte uns ein Kellner zu einem Tisch am Fenster.
Erschöpft nahmen wir Platz.
Julian weichte meinen Blicken aus und es entstand, so wie anfangs auch, eine komische Stille zwischen uns.
Bis uns die Speisekarte gebracht wurde sprachen wir kein Wort.
Ich wollte ihn nicht darauf ansprechen, wenn er erzählen wollte würde er es schon tun, aber mir fiel leider auch kein anderes Thema ein.
Wo ich doch sonst so sprachgewandt war.
"Was nimmst du?" fragte ich ihn, nachdem wir die Getränke bestellt hatten.
Julian's Blick löste sich von der Karte.
"Pizza" antwortet er langsam und ein wenig verunsichert.
"Gut ich auch" meinte ich und klappte energisch die Speisekarte zusammen. Vielleicht würde das ja etwas nützen und den Abend in Fahrt bringen.
"Bist du nicht sauer?" kam es aufeinmal von Julian's Seite.
Empört blickte ich ihn an.
"Auf was denn?" fragte ich irritiert.
"Also, Antonio... ähm, vorhin, wegen dem was er gesagt hat" stotterte er, verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.
"Wieso sollte ich darauf eifersüchtig sein, ich meine du hast bestimmt genauso viel Vergangenheit wie ich. Und ob ich darüber bescheid wissen soll entscheidest schlussendlich du. Aber interessieren würde es mich schon." antwortete ich wahrheitsgemäß und erlöste Julian so von seiner Ungewissheit. Neugierig war ich schon.
Ein wunderschönes, herzerwärmendes und aufrichtiges Lächeln zierte seine Lippen.
Er seufzte auf und begann dann tatsächlich zu erzählen.
"Vor ungefähr 5 Jahren, als ich noch in Bremen lebte, hatte ich eine Freundin, wir gingen auf die gleiche Schule und ja wir hatten uns eben verliebt, damals waren wir beide erst 16 und gerade ein Jahr zusammen, als ich meinen Vertrag bei Leverkusen unterschrieben hatte.
Ich wohnte hier vorerst in der Akademie. Zur Eingewöhnungszeit war meine Familie ziemlich oft dort gewesen und wir waren fast jede Woche hier bei Antonio zum Essen.
Nicht selten war Leonie mit dabei, aber irgendwie machte ihr die Entfernung zwischen Leverkusen und Bremen mehr zu schaffen als mir. Sie warf mir immer wieder vor, dass ich zu wenig Zeit für sie hätte oder dass ich immer anderen Frauen nachgucken würde. Letztendlich suchte sie sich immer mehr Gründe zur Trennung, weshalb wir es dann auch beendeten, hier vor dem Restaurant. Deshalb vermied ich es hierher zu kommen. Das ist jetzt das erste mal seit fast Fünf Jahren." Gegen Ende hin lächelte er mich ganz zahm an.
Ich wollte etwas antworten, aber mein Mund blieb verschlossen.
Womöglich würde ich mit meinen Worten noch alles ruinieren und darauf wollte ich es nicht anlegen.
Ich fragte mich, ob er seitdem eine Freundin gehabt hatte und da es mich wirklich brennend interessiert und wir uns sowieso besser kennen lernen wollten, nahm ich allen Mut zusammen und fragte ihn "Hattest du zwischenzeitlich mal eine Freundin?"
Erschrocken blickte er mich an, ich hoffte inständig, dass ich keinen Wunden Punkt getroffen, aber Julian lächelte schon wieder.
"Eigentlich nicht, nein. Mal das ein oder andere Date, aber nichts festes" erklärte er aufrichtig
Ich nickte.
"Und warst du mit deinen anderen Dates auch immer im Zoo?" hakte ich belustigt nach.
"Date also?" hinterfragte er grinsend.
Scheiße.
Hatte ich gerade Date gesagt?
Ich schlug mir innerlich gegen die Stirn und wandte meinen Kopf ab, der inzwischen bestimmt schon glühte.
"Nein, nein, schon gut. Wenn das keins gewesen wäre, hätte ich dich spätestens heute nach einem gefragt" grinsend schaute er mich an.
"Und nein, ich war noch nie mit meinen Dates im Zoo" seine Aussage brachte auch mich zum Lächeln.
Er schnappte sich meine Hand und verschränkte sie mit seiner.
Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr mich und mein Herz pochte wie wilde.
Bis unser Essen kam dachte ich nach.
Darüber, wie verrückt es war, dass ich Julian überhaupt wieder gesehen hatte, dass er Profifußballer ist und dass er gerade einfach meine Hand hielt. Dass ich alles vergessen konnte und meine Gefühle durchdrehten, sobald ich in seiner Nähe war, ließ ich außen vor. Denn das konnte ich mir selbst nicht ganz erklären.
"Man bin ich voll" stieß ich hervor, nachdem ich das letzte Stück meiner hervorragenden Pizza in mich gestopft hatte.
Mal ehrlich, dass war die beste Pizza die ich je gegessen hatte, was nicht zuletzt möglicherweise an meiner Begleitung lag.
Julian und ich unterhielten uns mal über dies und das, aber hauptsächlich genossen wir die Situation, er ließ mich für den Augenblick meinen Alltag vergessen. Wir versanken in unserer eigenen kleinen Welt, geschützt vor schlechten Einflüssen. Einfach nur das hier und jetzt genießend.
Seine Anwesenheit machte mich glücklich und ich fühlte mich unglaublich wohl.
Ich konnte jedoch noch nicht ganz identifizieren, ob das etwas gutes oder schlechtes für mich bedeutete.
"Wollen wir noch eine Runde gehen, oder soll ich dich nach Hause fahren?" fragte mich der Blonde nachdem, natürlich er, die Rechnung bezahlt hatte. Ich wollte wenigstens diesesmal die Pizza bezahlen, aber irgendwie schaffte Julian es mir auszureden.
"Ich glaube laufen wäre noch ganz gut" meinte ich, da das sowieso gut für die Verdauung wäre.
"Okay gut, ich weiß auch schon wo" lächelte er mir entgegen, Julian hielt mir wieder die Tür auf und ich stieg ein.
Es war mittlerweile schon nach Zehn Uhr, wir waren ziemlich lange mit Essen beschäftigt und Antonio tischte uns dann auch noch einen Nachtisch, aufs Haus, auf.
20 Minuten später fuhren wir auf einen Parkplatz zu, ich vermutete den Rhein-Park der sich vor uns erstreckte.
"Na komm" Julian zog mich aus dem Auto und wir machten uns auf den Weg durch den Park.
Dadurch, dass Donnerstag Abend war, war hier nicht viel los. Vereinzelt traf man auf Menschengruppen, aber sonst war es entspannt ruhig.
Wir führten unseren Weg fort, um auf die andere Seite des Rheins zu kommen überquerten wir die Hohenzollernbrücke.
In der Mitte der Brücke stoppte ich, Julian sah mich fragend an, doch ich lehnte mich nur gegen das Geländer und betrachtete das glitzernde Wasser.
Die Lichter der umliegenden Gebäuden spiegelten sich auf der ruhigen Wasseroberfläche, es hatte einen beruhigenden Eindruck auf mich Gewässer zu beobachten.
Ich bemerkte wie sich Julian dicht neben mich stellte, die eine Hand stützte sich neben meiner auf dem Geländer ab und die andere wanderte über meinen Rücken, bis sie rechts von mir, auf dem Geländer, stehen blieb. Der Fußballer stand nun hinter mir, ich konnte deutlich spüren wie sich die Hitze in mir ausbreitete, mir wurde ganz flau und irgendwie war mir das gerade alles zu viel. Ich drehte mich zwischen seinen Armen um, so dass ich ihn direkt ansehen konnte.
"Wollen wir weiter?" fragte ich, mein Herz schlug heftig. Julian's Hände lösten sich von dem Geländer und er hielt mir die rechte Hand hin.
Ich verflocht unsere Hände miteinander, während wir den Rest der Brücke überquerten.
Ich konnte Julian vertrauen, er schaffte es das Loch, dass in meinem Herzen klaffte, zu stopfen. Durch ihn schaffte ich es meine Vergangenheit zu vergessen, er entfachte Gefühle in mir, die ich davor noch nie fühlte. Und das alles obwohl wir uns erst seit einer Woche kannten.
Manchmal spielte das Leben einfach verrückt.
"Wollen wir zum Dom laufen" fragte mich Julian auf einmal.
Ich nickte und lief los.
"Andere Richtung Alessia" lachte Julian.
"Weiß ich doch, wollte dich nur auf die Probe stellen" versuchte ich mein Missgeschick zu überspielen.
Der Blonde neben mir brummte kurz und zog mich dann weiter.
Auf dem Domplatz war fast kein Mensch mehr, gut warum auch, die Uhr schlug schon 11, als wir ankamen.
Von unten beleuchtet ragte der Dom vor uns in den Himmel hinauf, er schien unendlich hoch zu sein.
Überwältigt schauten wir in den Himmel hinauf, den Dom bei Nacht zu sehen war etwas ganz anderes als bei Tag. Es wirkte so unwirklich, Julian hielt immernoch meine Hand und dachte gar nicht daran sie wieder loszulassen.
Plötzlich spürte ich etwas nasses auf meiner Stirn, dann schon wieder und wieder.
Es begann zu regnen und zwar nicht nur leicht sondern richtig heftig.
Ungläubig fiel mein Blick auf Julian, der mich mindestens genauso verwirrt ansah. Wir prusteten los und bis wir uns wieder beruhigt hatten, waren wir schon komplett durchnässt.
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