1. Kapitel (3)
Er lag reglos auf dem Asphalt und ich kniete über ihm.
Seine Gesichtszüge hatten sich schmerzvoll verzogen und seine Augen waren geschlossen.
Was für ein jämmerlicher Feigling! Nicht einmal ins Gesicht sehen konnte er mir.
Ich brüllte ihn an, er solle mir gefälligst in die Augen schauen und rüttelte ihn mit aller Kraft an den Schultern. Als er nicht reagierte schlug ich ihm zum wiederholten Mal heftig ins Gesicht.
Zur Antwort entfuhr seinen Lippen ein würgendes Geräusch gefolgt von einem Schwall tiefroter Flüssigkeit. Auch aus seiner Nase und einer Stelle an seinem Hinterkopf, wo er am Boden aufgeschlagen war, quoll Blut. Es war eine Menge Blut und es war überall. Zwischen den Rinnsteinen unter uns, an seiner Kleidung, in seinen Haaren und auch an mir.
Ich wusste, dass dies mein Werk war.
Ich wusste auch, dass es genug war, dass ich aufhören sollte.
Ich wusste vieles.
Trotzdem drosch ich weiter auf ihn ein, zielte auf sein Gesicht, seinen Brustkorb. Denn zu sehen, wie er bei jedem Schlag zusammenzuckte und vor Schmerz aufstöhnte, verschaffte mir jene seltsame Form von Befriedigung, die man empfindet, wenn man selbst leidet und dem anderen ähnliche Schmerzen zufügen kann.
Dass unzählige Menschen um uns herum standen und verzweifelt an mir zerrten um mich von ihm loszubekommen, bekam ich kaum mit.
Irgendwer musste die Polizei gerufen haben, denn in der Ferne hörte man Sirenen heulen.
Keine Ahnung wie lange ich schon auf ihn einprügelte, ich wusste nur, dass ich wütend war. Der Zorn pulsierte in meinen Adern und ich konzentrierte mich einzig und allein auf den Typen unter mir, den ich vor ein paar Stunden noch als meinen Freund bezeichnet hatte und der nun mehr tot als lebendig blutüberströmt, mit gebrochener Nase, gebrochenem Kiefer, wohl auch einigen gebrochenen Rippen und einem Dutzend blauer Flecke am Boden lag.
Auf einmal schlossen sich zwei kräftige Hände von hinten um meine Arme und zogen mich von ihm herunter. Ich schrie er solle mich loslassen und mich die Sache zu Ende bringen lassen.
Er liess mich nicht los.
Natürlich nicht.
Aber ich wollte es auch gar nicht.
Ich wollte nicht für den Tod eines Menschen verantwortlich sein, so sehr ich ihn auch hasste.
Die Energie, die wenige Minuten zuvor noch durch meine Adern geströmt war und dank der ich keinen klaren Gedanken mehr fassen gekonnt hatte, war verschwunden. Nun fühlte ich mich seltsam erschöpft und eine schreckliche Leere breitete sich langsam in meinem Inneren aus.
Geschlagen liess ich mich rückwärts gegen die Brust des Jungen, der mich noch immer fest umklammert hielt, sinken. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, denn er schnappte überrascht nach Luft, liess es aber dennoch geschehen.
Einige Sekunden sass ich einfach nur da und starrte den blutbespritzten Boden zu meinen Füssen an, während ich verzweifelt das laute Sirenengeheul und all die panischen Schreie um mich herum auszublenden versuchte.
Und dann, nach einer halben Ewigkeit begann ich endlich zu weinen.
Verbesserungsvorschläge? Fragen?
Ab in die Kommentare damit!
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