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37 - Brilliantblau

▷ Bahamas - All I've Ever Known ◁

Die nächsten Tage verbringe ich zurückgezogen, wie betäubt in meinem inzwischen doch sehr gemütlichen Bett. Ich bin viel zu schwach um aufzustehen. Wäre Leonie nicht, ich würde nicht einmal mehr duschen gehen. Noah schaut wohl zwischendurch immer mal wieder vorbei, aber ich möchte ihn nicht sehen. Ich möchte niemanden sehen. Die Erkenntnis, wie wenig ich meinen Eltern wert bin, schmerzt so sehr, dass ich es nicht einmal in Worte fassen kann, als ich Frau Eichendorf gegenübersitze. Ihre tausend Fragen beantworte ich eher mehr oder weniger einsilbrig und mit äußerst leiser Stimme. Ich möchte nicht, dass mich jemand hört und ich Aufmerksamkeit bekommen könnte; möchte nicht gesehen werden. Ich möchte unsichtbar sein. Mich in Luft auflösen. Nach meiner Einzeltherapie rauche ich mit leicht zitternden Händen eine Zigarette und schleiche mich dann, so schnell es geht, in mein Zimmer. Aber ich habe die Rechnung natürlich ohne Anett gemacht. Auch sie wird bald entlassen. Immer mehr neue Mitpatienten kommen und ich habe keinerlei Kraft, mich mit ihnen auseinanderzusetzen und sie kennenzulernen.

"Lia, da bist du ja. Wir machen uns alle ziemliche Sorgen um dich." Anett legt sich den Schal um die Schultern und lächelt leicht.

Langsam drehe ich mich um und setze mein schönstes Lächeln auf. "Es geht schon. Bald bin ich wieder öfter im Speisesaal und laufe nicht mehr wie so ein komischer Zombie durch die Welt."

Anett runzelt die Stirn und sieht mich kurz nachdenklich an. "Wir fahren nächste Woche übrigens zur Alten Nationalgalerie. Das ist unser Gruppenausflug und ich freue mich schon sehr. Du liebst Kunst ja auch, richtig?"

Ich nicke. "Wer ist wir?", erkundige ich mich. Ich kann nicht verhindern, dass sich Neid durch meine Adern frisst. Ich liebe die großartige Alte Nationalgalerie abgöttisch, mit den wunderschönen Kunstwerken aus dem 19. Jahrhundert.

"Unsere Gruppen. Deine und meine." Sie lächelt und ihre Augen strahlen warm. "Du magst doch Kunst so gerne. Die Mehrheit hat sich für dieses Museum ausgesprochen."

"Wie kommt es denn, dass wir einen Ausflug machen?", möchte ich wissen und halte mich an dem Saum meiner Jacke fest.

"Anscheinend wurde das jetzt so eingeführt, dass so ein Ausflug einmal im Monat stattfindet. Ich finde, dass ist eine tolle Idee, muss ich sagen. Naja, ich muss jetzt telefonieren. Wir sehen uns bald, ja?" Sie winkt mir kurz zum Abschied zu.


Die restlichen Tage bis zum Ausflug verbringe ich meistens in meinem Zimmer. Nur zu den Therapien und zum Essen verlasse ich es. Es ist Noah unfair gegenüber, ich weiß das. Aber er hat mich gesehen, als ich am schwächsten war. Ich habe Angst, dass er das Wissen ausnutzt.


Er hat mich an meinem tiefsten Punkt gesehen, verletzlich, und meine Angst vor dem wissenden Blick in seinen Augen ist zu groß und zu überwältigend für mich. Am Tag des Ausflugs klingelt Leonies Wecker fünf Minuten vor meinem und ich schlage seufzend die Decke zurück. Vor dem Fenster ist es noch ein bisschen dunkel. Die Jahreszeit wandert zum Herbst und es wird inzwischen wieder etwas früher dunkel und später hell. Ich stelle mich vor das Fenster. Über dem Wald vor dem Glas stiehlt sich der Nebel durch die Bäume. Leise öffne ich das Fenster und lasse die frische Luft in unser Zimmer. Leonie beobachtet mich währenddessen neugierig und abwartend.


"Kommst du heute mit zur Galerie?", erkundigt sie sich leise und setzt sich schließlich langsam in ihrem Bett auf. Bald wird auch sie entlassen und ich kann mir nicht vorstellen, das hier alles ohne sie durchzustehen.

Ich nicke. "Ja", antworte ich schlicht.

Freudig quietschend springt sie aus dem Bett und umarmt mich fest von hinten. "Super, ich freu mich so! Ich gehe zuerst duschen!" Und bevor ich irgendetwas sagen kann ist sie mit Sack und Pack aus unseren gemütlichen Zimmer verschwunden.

Ich höre das Prasseln der Dusche und lehne mich gegen die Wand. Seufzend werfe ich einen Blick auf mein Handy, welches mir keinerlei Benachrichtigungen anzeigt. Es klingt kindisch, aber ich habe meine Mutter geblockt - meinen Vater nicht, aber der meldet sich sowieso nicht. Mir ist langweilig und so beschließe ich, ein kurzes Spiel auf meinem Handy  zu spielen, bis Leonie im Bad fertig ist. 15 Minuten später stehe ich schließlich unter der Dusche und lasse das warme Wasser auf mich herabregnen. Nach dem Frühstück gehen wir zusammen zur Bushaltestelle, dazu müssen wir durch den Wald und die anderen gehen in einem sehr schnellen Tempo - so schnell, dass ich Probleme habe, Schritt zu halten. Noah sieht sich um und lässt sich zurückfallen. Leider habe ich keinerlei Möglichkeit, ihm auszuweichen, seine Beine sind viel länger als ich, er würde mich immer wieder einholen.

"Dich habe ich ja seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen. Man möchte fast meinen, du gehst mir aus dem Weg." Er stupst mich beim Gehen leicht mit seiner Schulter an. Allein dieser kurze Körperkontakt löst in mir eine Sturmflut an Gefühlen und Gänsehaut aus. Ich schlucke.

"Ich brauchte etwas Zeit für mich", entgegne ich ihm und wage nicht, ihn anzusehen.

"Das ist auch okay. Aber trotzdem hast du mir gefehlt", sagt er leise.

Erstaunt sehe ich ihn an. Ich habe ihm gefehlt? Man kann mich vermissen? "Du hast mir auch gefehlt", gebe ich zu und sehe ihn noch immer nicht an. Stattdessen versinke ich im tiefgrünen Laub der Bäume. Es raschelt und singt leise vom Herbst, der ansteht.

Wir sprechen nicht mehr weiter, sondern gehen schweigend zusammen der Gruppe nach. Im Bus ist es voll und wir müssen stehen. Noah steht direkt vor mir, hält sich links und rechts von mir an den Stangen fest und bewahrt mich so vor dem Umfallen. Würde der Bus bremsen, ich würde voll gegen Noahs Brust knallen. Ob er sich darüber so freut, das wage ich zu bezweifeln.  An der nächsten Haltestelle steigen viele aus und Leonie ergattert einen Platz. Sie winkt mir zu und ich geselle mich zu ihr. Es macht mich völlig irre, ständig neben Noah zu stehen - und ihm dann auch noch so nah zu sein. Meine Hände sind ganz schwitzig. Ich bete innerlich, dass er nichts bemerkt hat. Kurz werfe ich ihm einen Blick zu, doch er unterhält sich angeregt mit Kai. Erleichtert seufze ich auf und starre neben Leonie aus dem Fenster.

Als wir aus dem Bus aussteigen und noch ein kleines Stück laufen, stehen wir schließlich vor der Alten Nationalgalerie. Vor ihr steht ein riesiger Brunnen mit einer kleinen Fontäne in der Mitte. Das Wasser ist blau, leicht grün und riecht nach dem leicht modrigen und üblichen Geruch eines Brunnens. Links und rechts befindet sich jeweils eine große, helle Treppe, auf der man die Galerie erreichen kann. Vor den jeweiligen Treppen sitzen Statuen auf einem Sockel. Vor dem Gebäude der Galerie, über den Treppen, sitzt ein Mann auf einem Pferd und zu dessen Füßen sitzen Figuren. Bewundernd verharre ich ob der Schönheit der Figuren und bin mit einem Mal wahnsinnig aufgeregt. Noah bleibt stehen und sieht mich abwartend an, aber ich kann mich noch nicht bewegen. Das Licht spiegelt sich leicht in der Figur des Reiters und die leisen Stimmen der anderen Besucher untermalen die Atmosphäre perfekt.


"Lia, Noah, kommt ihr? Wir haben schon die Tickets gekauft. Kommt einfach rein" Leonie winkt uns von oben zu und da ich den Rest der Ausflugsgruppe nicht warten lassen will, schließen wir uns ihnen an. Unsere Gruppenleiter haben ja die Tickets für uns bereits gekauft und so können wir gemeinsam die Galerie betreten. Ich gehe langsam, bedächtig, mit vorsichtigen Schritten. Noah tut es mir gleich und wirft mir immer wieder einen Blick zu. Auch er wirkt aufgeregt, fast schon sehr nervös, in Anbetracht der vielen Kunst, die uns hier bevorsteht.


In dem wunderschönen, alten Gebäude ist es angenehm kühl und still. Noah und ich betreten eine große Halle in der einige Statuen ausgestellt sind. Als wäre es ganz normal, dass wir zusammen unterwegs und in einer Ausstellung sind - als wäre es das normalste der Welt, mit mir gesehen zu werden. Als würde er sich nicht für mich schämen. Langsam umwandern wir die Ausstellungsstücke und ich entdecke Gemälde im nächsten Raum. Er ist voll mit allerhand bunten Bildern, aber nicht zu voll - ansonsten könnte man die Schönheit der einzelnen Gemälde nicht wertschätzen.


Wir stehen nun vor einem Bild von Caspar David Friedrich - 'Der Mönch am Meer'. Mit offenem Mund betrachte ich das Bild und versuche, so viele Details in mir aufzusaugen, wie es nur möglich ist. Jeder Pinselstrich ist absolut perfekt und ich bilde mir ein, noch immer einen Hauch von Ölfarbe zu riechen, obwohl das Bild zwischen 1808 und 1810 entstanden ist. Die Farben sind wunderschön und ich wünschte, ich würde jetzt auch dort stehen können.

"Wie schön es ist", flüstere ich und muss lächeln.

"Ja, definitiv", antwortet Noah leise. Im Augenwinkel sehe ich, dass er sich bewegt, aber ich bin viel zu konzentriert auf das Gemälde und starre gefühlt eine Stunde darauf. Aber es ist eben etwas Seltenes, so ein Gemälde aus der nächsten Nähe zu sehen.


Ein Teil von mir wünscht sich, er würde das auch über mich sagen. Innerlich lachend schließe ich kurz die Augen und schüttle den Kopf. Als ob das jemals jemand über dich sagen oder denken würde, Lia. Sieh dich doch nur an.

Und ich wünschte, ich könnte im Bild versinken, zwischen den einzelnen Pinselstrichen Friedrichs. Für immer in magischem Brilliantblau und Grau verwebt.

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