Kapitel 22
Maui Kansas. Schon lange war dies ein sehr besonderer Ort. Jedes Mal gab es einen anderen Grund, der es hier zu einem sehr besonderen Ort machte. Heute war es der Ort, an dem ich Thomas entweder verzeihen würde oder erkennen würde, dass das alles nur ein großer Scherz war und ich weiter leiden würde. Ich war total angespannt. Daphne hatte mich die halbe Nacht über beruhigen müssen, da ich fast am Durchdrehen war und jetzt ging es mir trotzdem nicht wirklich viel besser. Ich war einfach so angespannt. Doch wenn Daphne nicht gewesen wäre, hätte ich nicht gewusst, wie ich das hätte durchhalten sollen. Ich war wirklich ein reines Nervenbündel. Doch auch Emmett hatte mir natürlich geholfen, er hatte mir erst vor einigen Minuten die letzte Nachricht geschrieben, in der er mir viel Glück gewünscht hatte und er hatte gesagt, dass er an mich denken würde und dass alles wieder gut werden würde. Heute oder morgen würde ich die beiden auch schon wieder sehen und mit ihnen all das besprechen, was passiert war.
Was würde denn nun passieren? Was würde Thomas sagen? Würde er alles herunterspielen und sagen, dass ich mich nicht so aufregen sollte oder würde er sich entschuldigen? Ich konnte es nicht wissen und das war das, was mich so nervös machte. Jede Sekunde, die ich hier saß, meine Finger in die Bank krallte, sodass meine Knöchel weiß hervortraten, machte mich verrückter. Er sollte langsam wirklich mal hier auftauchen, sonst würde ich gehen, da ich es dann nicht mehr aushalten würde.
Just in dem Moment, in dem ich mein Handy zücken wollte und Daphne eine Nachricht schreiben wollte, stand er auf einmal vor mir und tippte mir auf die Schulter. Thomas lächelte mich schüchtern an, als er ein „Hey, May, danke, dass du gekommen bist" herausquetschte. Ich starrte ihn wie gebannt an. Das erste Mal nach einer gefühlten Ewigkeit traute ich mich, ihn wieder anzustarren und seinen Anblick in mir aufzusaugen wie ein Schwamm.
Thomas trug ein Hemd, das ihm wirklich gut stand und von dem ich noch wusste, dass wir es zusammen gekauft hatten und ich es ihm damals wärmstens empfohlen hatte, da es so gut an ihm aussah. Er hatte es schon eine ganze Weile nicht mehr getragen. Zudem hielt er noch seine Jacke mit dem kuscheligen Fellkragen im Arm, von der er ebenfalls wusste, dass ich sie liebte. Er trug seine Goldkette, die beinahe schon ein Markenzeichen für ihn war. Wie ich roch und auch sah, war er beim Friseur gewesen und hatte sein Shampoo gewechselt, sehr zu meinem positiven Erstaunen. Es roch wirklich gut und stand ihm auch perfekt. Was er nicht geändert hatte, was mich allerdings am meisten von all dem anzog und was ich am meisten beachtete, waren seine Lippen, die wie zwei Magnete waren. Meine Lippen waren das Gegenstück mit einem Minuspol und seine Lippen waren der Pluspol, der meinen Gegensatz anziehen wollte. Ich spürte solch eine Kraft, dass es mich große Überwindung kostete, es nicht zuzulassen und meinen Kopf nicht einfach abzuschalten, indem ich ihn küsste. Das wäre zu einfach. Ich musste reden, leider. Doch das wollte ich gar nicht. Ich sah in seinen schokoladenbraunen Augen, dass er diese Energie, diese Anziehung auch spürte und er mich küssen wollte. Wieso musste ich noch länger gegen das ankämpfen, was ich schon so lange wollte und so lange nicht mehr getan hatte?
Für eine bessere Zukunft, sprach ich mir zu. Ich wusste, dass wir das nur wirklich richten konnten, wenn wir reden würden und uns nicht einfach unseren momentanen Bedürfnissen hingeben würden. Wir mussten kämpfen. Thomas musste um mich kämpfen, das schuldete er mir schließlich ...
„Ich bin so froh, dass du gekommen bist, May. Ich habe mir so viele Gedanken gemacht, vor allem in letzter Zeit. Ich bin die ganze Nacht wach gelegen, habe kein einziges Auge zugemacht und als ich gesehen habe, dass Bay mich mit Nachrichten zugespamt hat, in denen sie mir gedroht hat und mir verboten hat, dich zu treffen, habe ich sie geblockt. Ich weiß, dass ich einen Fehler, einen solch großen Fehler gemacht habe. Ich will die Schuld jetzt auch nicht alleine auf Bay schieben, denn ich habe mich von ihr überzeugen lassen, mich wie ein Insekt von ihre einspinnen lassen. Ich weiß nicht, wie ich das zulassen konnte, ich hatte keinen Willen mehr, sie hat mich vollkommen beherrscht und das hat mir eine wahnsinnige Angst gemacht. Sie hat meine Angst so gesteuert, dass ich gegen dich war und die ganze Schuld bei Emmett und dir gesucht habe. Ich wusste nicht, warum ich mich habe so sehr beeinflussen lassen. Dies ist auch nicht so eine Entschuldigung, mit der ich hoffe, dass du mir verzeihst, doch ich muss es dir einfach sagen. Ich weiß, dass du mich mit Emmett niemals betrogen hast, dies nie tun würdest und es auch nicht einmal in Betracht gezogen hast. Ich bin der größte Idiot auf dieser Welt und ich sterbe fast wegen meinen Schuldgefühlen. Ich habe dich losgelassen, von mir gestoßen, obwohl ich mir geschworen habe, so etwas niemals zu tun. Ich kann es nicht glauben, dass ich das wirklich getan habe. Auch, wenn du es mir wahrscheinlich nicht glauben wirst, ich liebe dich, May. Ich habe dich immer geliebt, auch wenn diese Gefühle so sehr verdrängt wurden, waren sie doch immer präsent und ich konnte sie nicht loswerden. Das hat mir gezeigt, wie sehr ich dich doch brauche und dass ich ohne dich einfach nicht leben kann. Bitte, lass es mich wieder gut machen. Bestrafe mich, aber bitte stoß mich nicht auf immer weg. Ich weiß, dass du es fast nicht ausgehalten hast, doch ich werde es nicht schaffen."
Ich sah ihn einfach nur an. Ich liebte Thomas. Das war klar, doch ich musste Zeit haben, um das alles, was passiert war, wieder zu verkraften. Ich würde Tage mit Thomas brauchen, an denen wir uns einfach ganz normal unterhalten würden und nichts mehr machen würden. Sich einfach nur treffen, reden und ein bisschen Spaß haben. Das würden wir irgendwann steigern können, bis es irgendwann wieder so weit werden würde. Ich glaubte daran, dass alles wieder gut werden würde, ich würde auch dafür kämpfen, doch das würde einige Zeit brauchen. Diese musste er uns geben, sonst würde es nicht funktionieren.
Ich sah in seine Augen und erkannte, dass er uns diese Zeit geben. Er würde alles tun. Und diese Zeit würde toll werden. Die Zeit danach noch besser.
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