XVI
Es war noch eine Woche bis zu den Weihnachtsferien, als ich zusammen mit Fred im Gemeinschaftsraum saß.
Seit unserem Kuss auf dem Astronomieturm waren wir zusammen, was Paps allerdings noch nicht wusste.
Ich hatte Angst davor, ihm zu sagen, dass ich mich verliebt und schwach gemacht hatte. Er würde es sicherlich nicht gut heißen bezüglich meines Geheimnisses.
Fred saß auf der Couch und ich lag mit meinem Kopf in seinem Schoß.
"Was machst du eigentlich an Weihnachten?", fragte er mich und strich mir ein paar Haare aus dem Gesicht.
"Ich bleibe hier", sagte ich und lächelte ihn an.
"Willst du vielleicht mit zu uns im Fuchsbau Weihnachten feiern?", fragte er mich und stupste mir auf die Nase.
"Da kommt Harry doch auch mit, oder?", fragte ich und hätte mir am liebsten im selben Moment den Mund zugehalten.
"Ja, wieso?", fragte er.
"Ich kann leider nicht...Paps will, dass ich hier im Schloss bleibe...", entschuldigte ich mich.
"Weil Harry im Fuchsbau ist?", fragte er und sah mich scharf an.
"Nein...Ich habe Paps schon gesagt, dass ich hier bleibe...und er ist kein sonderlich großer Fan von Überraschungen", sagte ich, was ja auch halbwegs der Wahrheit entsprach.
"Schade...Ich hätte dich echt gerne meiner Mutter vorgestellt", sagte er und seufzte.
Wie ich dort hätte wohl an meine Tarnung rankommen sollen? Paps hätte ja schlecht mitgekonnt und selber brauen konnte ich diesen Trank nicht.
"Aber ich schreibe dir...und ich habe auch ein Geschenk für dich", sagte ich und lächelte ihn an.
Tatsächlich hatte ich letztes Wochenende, als ich alleine in Hogsmeade gewesen war, ein tolles Buch über Streiche entdeckt, was ich sofort für ihn gekauft hatte.
"Aber ich dachte, wir könnten etwas Zeit miteinander verbringen", sagte er traurig und sah mich mit seinem Hundeblick an.
"Fred, es geht nicht...Paps will, dass ich sicher bin...und Hogwarts ist nun mal der sicherste Ort für mich", sagte ich entschuldigend.
"Olive, Harry ist bei uns, was heißt, dass wir unser Haus extrem absichern...Du bist dort in Sicherheit", sagte Fred und sah mich flehend an.
Das war ja das Problem, wenn Harry dort wäre und ich keine Tarnung hätte, könnte ich mich und meinen Vater doch sofort an Voldemort ausliefern lassen. Harry hasste meinen Vater und wenn er jetzt hören würde, dass seine Mutter untreu gewesen war und ein Kind mit seinem verhassten Lehrer hatte, würde er Paps doch sofort umbringen. Außerdem hörte niemand gerne, dass seine eigenen Eltern untreu gewesen waren.
"Fred, es geht nicht...Ich kann dir nicht sagen warum, aber ich darf nicht...Paps würde das nicht gut heißen", sagte ich und stand auf.
"Okay...Aber du musst auch verstehen, dass ich gerne mit dir Zeit verbracht hätte...ohne deine Hausaufgaben und deine Aufenthalte in der Bibliothek", sagte er und lächelte mich an.
Er griff nach meiner Hand und zog mich auf seinen Schoß.
"Ich würde doch auch gerne mehr Zeit mit dir verbringen...aber es geht nicht...Ich darf nicht", sagte ich und fragte mich in Gedanken, ob ich vielleicht zu viel gesagt hatte.
"Aber wir schreiben uns doch, oder?", fragte Fred und sah mich bittend an.
"Natürlich...ich will doch wissen, was du so treibst ohne mich", sagte ich grinsend und küsste ihn auf seine Nasenspitze.
"Weißt du...es gibt viele hübsche Frauen in unserer Nachbarschaft", sagte er grinsend und mit Augen, in denen der Schalk nur so sprühte.
"Nun ja...und hier gibt es viele hübsche Jungen", sagte ich grinsend.
"Aber die ganzen Frauen und Mädchen sind mir egal...Ich habe nur dich lieb", sagte Fred und küsste mich.
"Ich dich auch", hauchte ich zwischen unseren Küssen gegen seine Lippen.
Ich setzte mich breitbeinig auf seinen Schoß und küsste ihn ausgiebig.
"Nehmt euch doch bitte ein Zimmer...Oder geht hoch in den Schlafsaal, wofür sonst sollten die Bettvorhänge da sein", hörte ich plötzlich die neckende Stimme Freds Bruders.
Sofort kletterte ich von dem Schoß meines Freundes herunter und setzte mich neben ihm auf die Couch.
Lee und George musterten uns interessiert und kicherten.
"Hast du eigentlich Geschwister?", fragte der Bruder meines Freundes grinsend.
"Ähm...", sagte ich nachdenklich.
Konnte ich ihnen erzählen, dass ich einen Halbbruder hatte? Wenn ich keine Namen nennen würde...?
"Ja...einen Halbbruder...", sagte ich und nahm Freds Hand in meine.
"Schade, dass du keine Schwester hast", sagte George und ließ sich neben mir in die Polsterung sinken.
"Ich kenne ihn aber gar nicht...", sagte ich und stand auf.
"Das ist sicherlich schade", sagte Fred und zog mich wieder auf seinen Schoß.
"Nachher muss ich aber in die Bibliothek", sagte ich und versuchte mich vergebens aus dem Griff meines Freundes zu kämpfen.
"Aber so lange kannst du doch noch bei mir bleiben", sagte er und küsste meinen Handrücken.
Später an diesem Tag, kurz vor dem Abendessen befand ich mich auf dem Weg runter in die Kerker.
Gerade wollte ich den Weg zu Paps' Büro einschlagen, als ich mir sehr bekannte Stimmen vernahm.
"Na...Sankt Potter? Wie gefällt es dir so, unter dem Cruciatus-Fluch zu leiden?", hörte ich die wütende Stimme Draco Malfoys.
Wieder einmal schaltete sich mein schwesterlicher Beschützerinstinkt ein. Ich machte auf der Stelle kehrt und ging in die Richtung, aus der das leise schmerzerfüllte Stöhnen kam.
Als ich hinter einer Ecke hervor lugte, sah ich ein sehr erschreckendes Szenario vor mir.
Mein Halbbruder lag sich krümmend auf dem Boden und vor ihm, den Zauberstab fest auf Harrys Körper gerichtet, Draco Malfoy mit einem ekelhaften Grinsen im Gesicht.
Augenblicklich zog ich meinen Zauberstab und richtete ihn auf meinen alten Sandkastenfreund.
"Stupor!", rief ich.
Draco wurde bei Seite gestoßen und lag geschockt am Boden.
"Silencio", sagte ich mit der Zauberstabspitze auf ihn gerichtet und wand mich dann meinem Bruder zu.
Dieser lag erschöpft am Boden und schnappte immer wieder erleichtert Luft ein.
Sofort ließ ich mich neben ihm nieder, drehte ihn auf den Rücken, öffnete seine Lippen und ließ eine klare Flüssigkeit aus meinem Zauberstab in seinen Mund träufeln.
Sein Gesicht wurde wieder klarer und er schien, als fühle er sich besser.
"Geht's wieder?", fragte ich besorgt und streichelte mit meiner Hand über seinen Kopf.
"Danke...", sagte Harry immer noch erschöpft und richtete sich mit meiner Hilfe auf.
"Was hast du denn überhaupt hier unten gemacht?", fragte ich ihn.
"Bin Malfoy nachgeschlichen...Er hat mich erwischt und...naja...ich denke du hast den Rest erkannt, so schlau wie du bist", sagte er und lächelte mich dankend an.
Wieder einmal spürte ich dieses Kribbeln zwischen uns, die Verbindung von zwei Geschwistern. Ich schluckte und sah in seine grünen Augen, die aussahen wie eine exakte Kopie meiner.
"Du spinnst ja wohl komplett", sagte ich kopfschüttelnd und stand auf.
Plötzlich lag in seinem Blick so etwas komisches.
"Du erinnerst mich an irgendjemanden...Irgendjemanden, den ich kenne...", sagte er und musterte mich ganz genau.
Drachenmist! Ich brauche meine Tarnung!
"Ähm...Du kommst soweit alleine klar? Ich muss nämlich los", sagte ich schnell und verschwand in Richtung Büro meines Vaters.
Abgehetzt kam ich dort an und ließ mich erschöpft auf den Platz vor dem Schreibtisch meines Vaters sinken.
"Du hast ja gar nicht geklopft", merkte Paps an und schien mich ganz genau zu mustern.
"Ich...ähm...wurde aufgehalten...und fast enttarnt...", sagte ich wahrheitsgemäß, hatte jedoch nicht vor, den Namen meines Bruder und meines Sandkastenfreundes zu erwähnen.
"Aha...doch nicht etwa von deinem neuen Freund...Fred Weasley?", fragte mein Vater mit schneidender Stimme.
"Woher weißt du das?", fragte ich und setzte mich sofort ordentlich hin.
"Du wurdest also vom IHM aufgehalten?", fragte Paps und sah mich ernst an.
"Nein...Draco hat Harry mit dem Cruciatus-Fluch gefoltert...Ich habe meinem Halbbruder geholfen und dafür gesorgt, dass es ihm besser geht...Dann hat er gesagt, ich erinnere ihn an jemanden...Da bin ich natürlich weggelaufen", sagte ich schnell, weil ich wissen wollte, woher mein Vater wusste, dass ich mit Fred zusammen war.
Eigentlich hatte ich doch immer penibel genau darauf geachtet, dass er es nicht merken konnte.
"Aha...", sagte Paps etwas enttäuscht wirkend und nahm sich aus seiner Schreibtischschublade den Becher und die Zutaten für meine Tarnung.
"Woher weißt du, dass Fred und ich ein Paar sind?", fragte ich und musste hart schlucken.
"Ihr solltet aufpassen, wo ihr abends herumknutscht...", sagte er und sah mich ernst an.
"Hast du was dagegen?", fragte ich und verknotete meine Finger auf meinem Schoß ineinander.
"Würde es dich davon abhalten, dein Leben zu leben?", fragte Paps und sah mich belustigt an.
"Wie meinst du das?", fragte ich verwirrt.
"Olive, so lange du glücklich bist, ist mir egal, mit wem du deine Freizeit verbringst, oder das Bett teilst...Meine Eltern und Freunde haben es mir damals vorgeschrieben und sieh mich jetzt nur einmal an...Ich bin ein leeres wandelndes Frack, was seine große Liebe verloren hat, weil ich auf meine Freunde und Eltern gehört habe...weil mir mein Blutstatus wichtig war...Ich habe nur noch dich in meinem Leben und ich möchte nicht, dass du unglücklich bist, denn ich könnte das nicht ertragen...So lange du ihn liebst und dein Geheimnis gut bewahrst und natürlich meine Erinnerungen...Kannst du zusammen sein, mit wem du willst...Ich vertraue dir", sagte er und ich sah, dass seine Augen etwas glasig wurden.
Vielleicht wäre es besser gewesen, hätte er mir verboten, mit Fred zusammen zu sein. Aber warum hätte mich das daran hindern sollen? Ich hätte mich vielleicht auch einfach nicht verlieben dürfen. Aber jetzt war es schon längst zu spät für Rücktritte.
Die Phiole mit den Erinnerungen meines Vaters hatte ich ganz tief unten in meinem Koffer verstaut, denn dort würde sie niemand finden.
"Wirklich?!", fragte ich freudig und stand glücklich auf.
"Ja...aber...du musst auf dich aufpassen, Olive...Du bist das einzige, was mir hier noch bleibt", sagte er und reichte mir den ledernen Becher, damit ich ihn austrinken konnte.
Ich nahm ihn beflügelt entgegen und trank ihn komplett aus.
Paps stand auf und kam zu mir um den Tisch herum. Er schloss seine Arme um mich und drückte mich ganz fest an sich.
"Ich liebe dich, Olive, das darfst du niemals vergessen...Ich bin immer bei dir, okay...Pass auf dich und dein Herz auf", sagte er und küsste mich auf die Stirn.
Seine Köper wurde immer wieder von Schluchzern durchgeschüttelt, weil er offenbar so davon mitgenommen war, dass ich vielleicht in Gefahr war.
"Ich liebe dich auch, Paps", sagte ich und löste mich wieder von ihm.
"Pass auf dich auf, kleines", sagte Paps und streichelte mir über den Haaransatz.
"Tschüss", sagte ich und ging raus aus dem Büro meines Vaters.
Draußen wischte ich mir unkontrolliert in den Augen herum und fing schließlich an, tatsächlich zu weinen.
Ich wusste nicht, was es war, aber irgendetwas sagte mir, dass Trelawneys Vorhersage sehr bald eintreffen würde.
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