Karfreitag - 10.1 - Hammer oder Wassereimer?
Don't forget - it's fiction!
Hier geht es nahtlos weiter mit der Story aus Daydream. Diese Geschichte erschließt sich nur, wenn man das erste Buch gelesen hat.
An dieser Stelle spätestens muss ich glaube ich mal erwähnen, dass PD zwar leider in dieser Story das Pech hat, der Buhmann zu sein. Aber ich glaube, dass er in Wirklichkeit ein viiiieeeeel freundlicherer Mensch und für die Jungs eine wirklich wichtige Bezugsperson ist. Sorry, PD, dass Du bei mir die A*karte gezogen hast!
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Verführerischer Brot- und Kaffeeduft zieht durchs Haus, als Markus sich nach einer beispiellosen Back- und Küchenaufräum-Orgie um 3:00 Uhr morgens daran macht, unsere sieben koreanischen Gäste und mich zu wecken. Ich habe wenig und unruhig geschlafen. Ich kenne das - wenn mich was belastet, hat meine Seele die unpraktische Angewohnheit, gleich aus ihren Tiefen noch einen Haufen völlig veralteter unangenehmer Erinnerungen mit in den Ring zu werfen und mich darauf zu hetzen. Ich habe mal wieder die halbe Zeit der eh schon zu kurzen Nacht mit alten Lehrern, Nachbarskindern, Tanten und Kollegen gekämpft, statt mich zu erholen. Gerädert quäle ich mich aus dem Bett und schlüpfe in die bereit gelegten Klamotten. Wer steht schon gerne auf, wenn es darum geht, etwas zu tun, was man üüüüüberhaupt-nie-nicht tun will??? In meinem Fall: unsere geliebten Bangtan Boys zum Flughafen zu fahren und zurück - oder vorwärts? - in ihr normales Leben zu schicken. Mit all den Unsicherheiten und Veränderungen, die durch die Ereignisse der letzten Tage entstanden sind.
Nebenan rappeln sich Jin, Yoongi - im Modus „Autopilot" - und Namjoon auf. Gemeinsam steigen wir eine Etage tiefer, wo Hobi und Guk - vergleichsweise lebendig - verzweifelt versuchen, Tae wach zu kriegen. Der „kleine gelbe Geist" hockt auf der Kante seiner Matratze und kuckt noch ziemlich kariert aus der Wäsche.
Derweil wird geschüttelt und gerufen, gekitzelt und gezogen. Keine Chance. Erst, als Hoseok direkt neben Taehyungs Ohr energisch wird, kommt Bewegung in die Sache.
"Tae, wenn du jetzt nicht sofort mindestens ein halbes Auge aufklappst und nicht unter drei verständlichen koreanischen Wörtern von dir gibst, hast du anschließend noch drei Sekunden Zeit, dich zwischen Hammer und Wassereimer zu entscheiden. Danach entscheide ich!"
Tae selbst ist zwar definitiv sowas von nicht wach. Sein Unterbewusstes ist dafür ziemlich auf Zack. Sein Kopf fliegt hoch und knallt dabei gegen Hobis Kinn, der schmerzhaft aufjault. Taes Überbewusstes ist nun auch aufgerüttelt. Und so ist es möglich, dass Yoongi ihn in die Senkrechte bringt und Richtung Toilette schiebt. Da seine Energie aber schon auf den wenigen Metern wieder sichtlich erlahmt, stößt Yoongi die nächste Drohung aus.
"Junge, werd jetzt wach! Oder hast Du Lust, morgens um drei im Pyjama im Nieselregen auf der Dachterrasse Händchen zu halten???"
Jetzt reichts. Unter unserem Gelächter flüchtet Tae ungewöhnlich schnell auf die Toilette.
Hoffentlich schläft er da nicht im Sitzen wieder ein ...
Nach und nach trudeln alle im Erdgeschoss ein, stellen ihr Handgepäck in den Flur, suchen ihren letzten Krempel zusammen und hängen „wie Schluck Wasser in der Kurve" auf Stühlen und Sesseln. Während sie ihre Kaffees, Tees und Wasser schlürfen, erwachen allmählich ihre Lebensgeister. In Korea ist jetzt schon hellichter Vormittag, aber da sie nach zehn Tagen natürlich keinen Jetlag mehr haben, ist diese Uhrzeit nur als grausam zu bezeichnen. Mich selbst habe ich ins autofahr-taugliche Leben befördert, indem ich mir im Bad kurz die kalte Brause in den Nacken gehalten und anschließend einen halben Liter Wasser abgepumpt habe.
Die Briefe an die Jungs, gebündelt in einer kleinen Tüte, stecke ich in meine Jackentasche. Dann packe ich jedem der Jungs ein halbes Brot oder Käsekuchen in ihr Handgepäck. Vorübergehend erwachen ihre Lebensgeister, und ihre Augen beginnen zu leuchten.
„Hat Markus etwa die ganze Nacht ...???"
Jeongguk betrachtet neugierig das Päckchen, das in seinen Rucksack wandert.
„Jepp, hat er. Kennst du das Sprichwort 'Liebe geht durch den Magen'?"
Sie sind zu müde, um BTS-artgerecht zu jubeln, aber ich sehe ihnen die große Freude an. Jetzt gehe ich selbst schnell noch einmal aufmerksam durchs Haus, schaue hinter jedes Bett und Co., lasse meine Augen durchs Bad schweifen, gehe wieder nach unten und greife dann nach meiner Handtasche.
„Los?"
Viel Worte macht grade keiner von uns.
„Nö."
Klares Statement von Yoongi. Und ...
„Muss wohl ..." von Jin.
„Bett", murmelt Tae.
Jimin steht am Wohnzimmerfenster und schaut mit undurchdringlicher Miene raus in den Meerschweinchenkäfig.
Oje, wir machen es uns grade gegenseitig nicht leicht ...
„Etwas mehr Schwung bitte, die Herren. So geht das nicht. Einen Schluck Enthusiasmus und dann ab ins Auto!"
Ich versuche, zielgerichtet zu agieren. Versuche. Sieben skeptische Blicke und vereinzeltes gequältes Grinsen treffen mich. Aber dann setzen sie sich doch in Bewegung, ziehen die Schuhe und Jacken an, lassen noch einmal sehnsüchtig die Blicke durchs Wohnzimmer wandern und gehen mit ihren Taschen zur Haustür.
„Hast ja Recht. Wir nehmen uns nur die letzte gemeinsame Zeit am Flughafen, wenn wir hier jetzt trödeln".
Hobi schiebt sich den neuen Hut in den Nacken und schaut auffordernd in die Runde.
„Los!"
Es ist 3:20 Uhr, als ich in der Tiefgarage den Motor starte und zum Ausgang rolle. Während ich auf das Rolltor warte, mache ich die Mucke an, und es ist, ganz von alleine - was wohl? - BTS. Die Autobahn macht uns um die Uhrzeit niemand streitig, und so kommen wir sehr zügig voran. Niemand redet, das heben wir uns für nachher auf. Als die Musik zu „Serendipity" wechselt, schiebt sich von hinten eine warme Hand auf meinen Rücken, um mich zu streicheln. Einige Kilometer und Songs weiter wechselt die Musik zu „Umbrella". Schneller, als ich PIEP sagen kann, macht der neben mir sitzende Namjoon die Musik ganz aus.
„Entschuldige bitte. Aber - es geht nicht mehr."
Ich frage nicht, was. Ob es mit dem Abschied von mir zu tun hat. Oder doch mit Yuiko, wie ich langsam den Verdacht habe, weiß ich nicht. Er würde es mir doch nicht sagen, an diesem einen Punkt ist er verschlossen wie eine Auster. Schon nach zwanzig Minuten rollen wir ins Flughafen-Parkhaus und suchen uns einen Platz. Die Jungs beladen sich mit ihrem ganzen Gepäck, und dann machen wir uns auf unseren Weg durch den Frankfurter Flughafen zum richtigen Check-In.
Selbst in wachem Zustand flößt mir dieser Moloch aus Gängen, Hallen, Rolltreppen, Fahrstühlen und Treppenhäusern gehörigen Respekt ein. Ein ganzer Sternenhimmel von lauter leuchtenden Hinweisschildern hängt unter der Decke. Endlose Reihen von Autovermietungen, Imbissbuden, Geldwechslern, Bäckereien, Duty-Free-Shops, Info-Ständen und Klamottenläden machen das Gebäude zur größten überdachten Fußgängerzone Deutschlands - und mich ganz wuschig, weil ich nicht weiß, wo ich zuerst hinschauen soll. Die Jungs sind da viel professioneller und steuern zielsicher durch den Terminal. Wie von selbst bilden sie einen Ring um mich, außen schieben sie ihre Koffer, innen sind sie dicht bei mir. Verstohlen schiebt sich links die kleine Hand von Jimin in meine große, und rechts landet meine Hand im festen Griff von Namjoon. Fast fühlt es sich an, als wären sie meine Bodyguards - und nicht ich ihre Chauffeuse. Schließlich wuchten sie alle ihre Rollkoffer auf eine Rolltreppe, und wir steuern die Halle an, wo ihr Check-In ist und sie ihr Gepäck los werden können. Ich konzentriere mich darauf, mich zu freuen, dass wir gleich noch ganz in Ruhe eine Stunde lang reden, schweigen, singen, lachen und weinen können, bevor wir Abschied nehmen müssen. Und darauf, dass wir uns in London nochmal wieder sehen werden.
Yoongi geht vorneweg, als die Rolltreppe uns nach oben befördert hat. Doch schon nach drei Metern stutzt er plötzlich, bremst abrupt ab. Dann schießt er seinen Rollkoffer quer durch die Halle und ruft uns anderen nur „GO!" zu, bevor er meinen Arm greift und mich von den anderen weg zurück zur Rolltreppe nach unten zerrt. Die anderen folgen seinem Blick und reagieren wortlos. Jeder schubst seinen Koffer in eine andere Richtung, und dann rennen wir, so schnell wir können, die Rolltreppe runter. Um drei Ecken. Einen Gang entlang. Als wir schließlich alleine in einer abgelegenen Ecke angekommen sind, sehe ich Yoongi fragend an. Die Gesichter aller sieben Jungs sind von grenzenloser Wut gezeichnet. Sie ballen die Fäuste und beißen die Zähne zusammen. Bei Jimin kullern schon die ersten Tränen.
„Was war denn eben?"
Irritiert sehe ich von einem zum andern. Yoongi presst zwischen den verkniffenen Lippen hervor:"PD."
Jeongguk knirscht mit den Zähnen.
"Und ein Haufen Bodyguards."
Und Jin ergänzt mit purem Sarkasmus die Aussagen der beiden anderen.
"Und mindestens drei Kameraleute, mit den 'Gewehren' im Anschlag."
Mir fällt alles aus dem Gesicht.
„Ich dachte, wir können sie vielleicht aufhalten, wenn wir unsere Koffer so verstreuen, dass sie erstmal mit Einsammeln beschäftigt sind. Aber wir müssen in spätestens acht Minuten eingecheckt haben ..."
spuckt Yoongi aus.
Das wars.
Und dann verbringen wir die kostbaren letzten Minuten damit, uns heulend in den Armen zu liegen, uns betrogen und hundeelend zu fühlen und uns zu beteuern, dass wir uns ja in London wieder sehen. Ich wollte ihnen noch so viel sagen, ihnen ganz viel Wärme und Zuversicht mit auf den Weg geben, - aber das Schicksal ist echt ein hinterhältiges Mistvieh. Ganz kurz ziehe ich Namjoons Kopf zu mir, lege meine Stirn an seine und murmele eine letzte Ermutigung.
Hei, Philosoph. Ihr schafft das!"
Dann nehme ich einen nach dem anderen in die Arme.
Am Schluss stürzen sich Hobi und Jimin gemeinsam auf mich, fallen mir in die Arme und scheinen in mich reinkriechen zu wollen. Ich drücke sie fest und flüstere zwischen ihren Köpfen.
"Passt gut auf euch auf, ihr beiden. Vergesst nie: ihr seid nicht alleine. Ihr seid sieben! Ich habe euch beide sehr, sehr gern. Ich glaube an euch. Ihr schafft das!"
Tae und Guk müssen die beiden von mir lösen und sie mit sich ziehen. Denn jetzt müssen sie rennen, um rechtzeitig oben zu sein.
Ich sehe ihnen nach, ziemlich tränenblind. Bis ihre Schritte verhallt sind und ich alleine um kurz vor 4:00 Uhr morgens in einem kahlen, kalten Flur des Frankfurter Flughafens stehe. Fröstelnd, verheult und unglaublich besorgt um meine „Kinder 3 - 9".
Ich suche meine Jacke nach einem Taschentuch ab und ziehe stattdessen eine Tüte aus der Tasche. Mit Entsetzen stelle ich fest, dass ich in dem Trubel vergessen habe, Namjoon die Briefe zu geben. Jetzt sind mir alle Kameras der Welt egal. Ich renne.
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8.12.2018 - 17.3.2019 - 16.11.2019
30.3.2020
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