Meeting
Ich ging nach oben in mein Büro, wo ich wie immer in den Tag startete. Ich prüfte meine E-Mails und machte mir gedanklich einen Plan, was es heute zu erledigen galt. Doch die gesamte Zeit, die ich an meinem Schreibtisch stand, kreisten meine Gedanken um den brünetten, wunderschönen Mann, neben dem ich heute Morgen aufgewacht war. Ich schaffte es kaum, mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Immer wieder schoben sich Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit in den Vordergrund. Wie wir damals beinahe jede freie Minute miteinander verbracht hatten, wie vertraut wir uns gewesen waren und auch erinnerte ich mich nur zu gerne, wie heiß und liebevoll wir in der letzten Nacht miteinander geschlafen hatten.
Als mein Gedankenstrom beinahe unaufhaltsam schien und mich nicht länger kalt ließ, beschloss ich, dass es Zeit für eine kleine Teepause war. Ich loggte mich an meinem PC aus, dann verließ ich eilig mein Büro und hastete durch das Großraumbüro. Ich vergönnte mir einen kurzen Seitenblick zu Ms Calders Schreibtisch, wo ich Harry vermutete, doch er war nicht da. Seine Abwesenheit verwirrte mich für den Bruchteil einer Sekunde so sehr, dass ich kurz stolperte, bevor ich mich wieder auf meinen eigentlichen Weg konzentrierte und die Teeküche betrat. Durch die bereits geöffnete Türe hindurch sah ich schon auf den ersten Blick, wie Harry einen Teebeutel in seine Tasse warf und diesen mit einem kleinen Löffel unter Wasser drückte.
„Mr Styles, Hallo", machte ich auf mich aufmerksam, während ich mich neben ihn stellte und auch damit begann, mir einen Tee zu machen. „Mr Tomlinson", erwiderte Harry mit kräftiger Stimme nach einem kurzen Blick zu der offenen Tür. Dann wandte er seinen Körper unmerklich in meine Richtung und sah mir tief in die Augen. „Ich... ich muss dir etwas gestehen", sagte er in flüsternder Lautstärke. Alarmiert zog ich daraufhin die Augenbrauen in die Höhe. „Was?", wollte ich nun ebenfalls im Flüsterton wissen. „Ich...", begann Harry und drehte seine Tasse, die auf der Anrichte stand, einmal im Kreis. „Ich muss die ganze Zeit an meinen Chef denken. Und ich kann mich kaum darauf konzentrieren, was Ms Calder mir beibringen möchte, weil ich nur darüber nachdenken kann, wo und wann wir unser Date haben werden." Noch während er seine Worte aussprach, wurde mein angespannter Gesichtsausdruck zu einem sanften Schmunzeln und schließlich zu einem breiten Grinsen. „Vielleicht solltest du ihn einfach mal danach fragen. Gut möglich, dass er deinetwegen auch leichte Konzentrationsprobleme hat", erwiderte ich und nahm zufrieden das Funkeln in seinen Augen wahr. Es war wie ein Traum. Hier zu stehen, mit ihm so nahe, und sich gemeinsam darauf zu freuen, sich wieder anzunähern. Es war beinahe unbeschreiblich, wie sehr er mich um den Verstand brachte.
„Denkst du, mein Boss hätte Lust, mit mir Essen zu gehen? Ich würde mich gerne stundenlang mit ihm unterhalten. Und vielleicht auch andere Dinge tun..., wenn es sich ergibt", raunte Harry mir zu, woraufhin ich vor aufkommender Lust den Atem anhalten musste. Er hatte nur so wenige Worte verwendet, doch sie bescherten mir einen ganzen Kinofilm an Erinnerungen und Zukunftsvisionen.
Ich hob meine Hand zu seinem Gesicht, zögerte jedoch, bevor ich ihn berührte. „Darf ich?", erkundigte ich mich leise nach seiner Erlaubnis. Nach einem stummen Kopfnicken seinerseits lasse ich zärtlich die Rückseite meiner Finger über seine Wange gleiten. Ich spürte die Stoppeln seines Bartes unter meiner Haut, die Hitze seiner Körpers. Völlig fasziniert musterte ich sein Gesicht und beobachtete, wie Harry genüsslich die Augen schloss.
Ohne meine Bewegungen noch aktiv steuern zu können, glitt meine Hand über seinen Hals, seine Schulter entlang und seinen Arm hinab, bis ich meine Fingerspitzen über seinen Handrücken tänzeln ließ und letzten Endes meine Hand auf seinen wohlgerundeten Po legte. „Ich würde am liebsten sofort Feierabend machen und gleich mit dir Essen gehen. Bitte lass mich nicht allzu lange auf unser Date warten", bat ich und ließ Harry mit dem Klang meiner Stimme wissen, wie verzweifelt ich ihn wiedersehen wollte. Wiedersehen musste. Mein ganzer Körper verzehrte sich nach ihm. Es war, als hätte ich keine zehn Jahre versucht, ihn aus meinem Leben zu streichen. Ich spürte dasselbe Verlangen wie damals und überraschenderweise dieselbe Vertrautheit.
Als ich aus meiner kleinen rosaroten Wolke aufschreckte und mich daran erinnerte, dass wir ja noch bei der Arbeit waren, ließ ich schnell meine Hand fallen und machte einen Schritt zurück. „Ich muss mit dir noch ein Gespräch führen, würdest du Ms Calder bitten, dich gleich für fünfzehn Minuten zu entbehren?", sagte ich nun und versuchte mittels meiner Stimme zu verdeutlichen, dass ich nun als sein Chef zu ihm sprach. „Natürlich", erwiderte Harry, dann schnappte er sich seinen Tee und verließ die kleine Teeküche, deren Tür noch immer komplett offenstand.
Ich atmete noch einmal tief durch, dann machte ich mich auf den Weg zurück in mein Büro. Dort angekommen, fuhr ich zuerst meinen Schreibtisch nach oben, sodass ich im Stehen arbeiten konnte. Ich war noch ganz aufgewühlt von der schönen Begegnung mit Harry, da konnte keiner von mir erwarten, konzentriert im Sitzen zu arbeiten. Ich war gerade vollkommen vertieft in einen Vorgang, als ich ein Klopfen an der Tür vernahm. Schnell rief ich „Herein" und sah dabei zu, wie sich die Tür öffnete. „Hallo Mr Tomlinson", sagte Harry, als er im Türrahmen stand und darauf wartete, dass ich ihn hereinbat. Ich nickte ihm kurz zu, wie ich es auch bei jedem anderen Mitarbeiter gemacht hätte. Einfach nur, um mir selbst klarzumachen, dass ich nun etwas Professionalität wahren sollte.
Harry sah zuerst etwas unbeholfen aus, dann schloss er schnell die Tür und stellte sich seitlich neben meinen Schreibtisch. „Bevor wir gleich den Fragebogen durchgehen, wollte ich mich erkundigen, ob du noch Fragen zu den Prozessen und Abläufen bei uns im Unternehmen hast", sagte ich mit versucht ruhiger Stimme und redete mir immer wieder ein, dass er im Moment einfach nur ein Mitarbeiter wie jeder andere war. Doch bei Harrys Anblick schaltete mein Hirn auf Kurzzeitgedächtnis und ich musste mir das alle zwei Sekunden erneut einreden.
„Nein, dazu habe ich keine Fragen. Aber ich habe eine Frage zu dem Programm, das wir nutzen, die konnte auch Ms Calder nicht beantworten", entgegnete mein ehemals bester Freund und deutete zu meinem PC. Schnell öffnete ich das Home-Menü unseres Standardprogramms und trat einen Schritt zur Seite, um Harry Platz zu machen. Meiner stummen Aufforderung folgend, eilte er auf mich zu und stellte sich dicht neben mich – dichter als notwendig gewesen wäre – vor den Schreibtisch. Ich beobachtete, wie er seine Schultern straffte, eine Hand auf die Maus legte und seine langen Finger kurz darüber tänzeln ließ, bevor er eine Bewegung machte, um den Mauszeiger zu bewegen. „Das hier, ich weiß nicht, wie ich von hier an weiterkomme", erklärte Harry mit rauer Stimme, den Blick konzentriert zum Bildschirm gerichtet.
Erleichtert stellte ich fest, dass ich seine Frage mit Leichtigkeit beantworten konnte. Jedoch fragte ich mich, ob Eleanor wirklich daran gescheitert war, oder ob Harry nur einen Vorwand gesucht hatte, um mir näher zu kommen.
Ich atmete tief durch, dann überbrückte ich den Abstand zwischen uns, sodass mein Körper fast den seinen berührte. Augenblicklich stieg eine gewaltige Hitze in mir auf, die mir den Atem raubte und meinen Körper zum Glühen brachte. Schnell räusperte ich mich, dann deutete ich mit meinem Zeigefinger auf den Bildschirm und erklärte Harry Schritt für Schritt, wie er vorgehen musste. Als Harry sich jedoch nach mehreren Minuten, in denen ich angestrengt versucht hatte, alles so ruhig und gelassen wie möglich zu erklären, mit einer Hand Luft zufächelte, wusste ich, dass er genauso nervös war wie ich.
Geduldig beantwortete ich Harrys Fragen und lieferte ihm nebenbei noch einige Infos zum Unternehmen. Währenddessen fand mein Blick jedoch immer wieder den Weg zu seinem Gesicht, was mir immer wieder aufs Neue die Sprache verschlug. Nicht selten vergas ich mitten im Satz, was ich eigentlich sagen wollte, weil ich geradezu überwältigt davon war, so nahe bei dem Mann zu stehen, nach dem ich mich so viele Jahre verzehrt hatte.
„Hast du...", unterbrach Harry meinen Redefluss, „hast du mir eigentlich wirklich schon verziehen, dass ich damals einfach so gegangen bin?" Ich stockte, wandte mich nun komplett dem brünetten Mann zu und beobachtete, wie er eine Hand hob und sie mit nachdenklicher Falte auf der Stirn zärtlich von meinem Hals zu meiner Schulter gleiten ließ. Er schien völlig in seiner eigenen Welt, doch das war ich auch. Die Hitze, die ich seit seiner Ankunft verspürte, hüllte nun uns beide ein und brachte uns noch näher. „Natürlich", erwiderte ich mit rauer Stimme. Mit angehaltenem Atem verfolgte ich jede seiner Bewegungen.
„Ich konnte nie aufhören, an dich zu denken", flüsterte Harry mir zu, woraufhin es im Büro noch heißer zu werden schien. „Aber ich hatte so Angst davor, von dir zu hören, dass du mich hasst. Bitte, mach mir nichts vor. Wenn du mich hasst, sag es mir jetzt gleich, direkt in mein Gesicht. Aber bitte mach mir nichts vor... Ich... Nach letzter Nacht... Ich mache mir wirklich Hoffnung, dass du und ich wieder zueinander finden... Dass wir ein Paar werden... dass ich jede Nacht so sehr genießen kann wie die letzte", murmelte Harry mit erstickter Stimme, während er seine Finger zurück zu meinem Hals wandern ließ und schließlich seine Hand in meine Halsbeuge legte.
„Ich kann dir nichts vormachen, Harry", raunte ich ihm zu, beugte daraufhin meinen Arm und legte meine Hand auf seine. Es tat so gut, ihn zu spüren, ich würde aber niemals in Worte fassen können, wie gut. „Auch ich habe Hoffnung... Außerdem hast du meinen Sohn kennengelernt... und der weiß, dass bei uns Gefühle im Spiel sind. Das sollte dir Vertrauensbeweis genug sein", gestand ich und wurde letzten Endes von der Hitze überwältigt, als Harry sich mir mit glühenden Augen entgegen lehnte und hauchzart seine Lippen auf meine legte. Es war nur ein kurzer Kuss, doch nachdem er sich wieder von mir gelöst hatte, zog er mich entschlossen in eine enge, liebevolle Umarmung.
Die Hitze wandelte sich zu Wärme und das rasante Pochen meines Herzens wurde langsamer, aber heftiger. Ich wusste, was das bedeutete. Ich war geradewegs auf dem besten Weg, mich erneut in ihn zu verlieben und alte Gefühle wieder neu aufkeimen zu lassen. „Hey Boss, ich habe...", schallte Ms Calders Stimme durch den Raum, gefolgt von dem Schließen der Tür. Ich schreckte zurück, löste mich von Harry und sah zu meiner Mitarbeiterin, deren Eintreten ich gar nicht gehört hatte. „Laufen alle Mitarbeitergespräche so ab? Ich erinnere mich, dass meines damals deutlich formeller war", sagte Eleanor, bevor sie mir zuzwinkerte und sich gegenüber von uns an den Schreibtisch stellte.
„Befehl von oben. Das soll dazu beitragen, dass alle Neulinge sich schnell hier wohlfühlen", lachte ich und schielte in Harrys Richtung, dessen Wangen sich nun auffällig rot färbten. „Wie dem auch sei, ich sollte dich doch daran erinnern, mit Mr Styles den Fragebogen durchzugehen", erklärte sie und hob dabei ein Tablet in die Höhe. Ich seufzte, dann deutete ich mit einem Kopfnicken zu den beiden Sofas, die sich gegenüberstanden.
„Nimm Platz, Harry. Und wunder dich nicht über das Bettzeug. Freddie ist manchmal hier und macht einen Mittagsschlaf. Naja, zumindest hat er hier oft einen Mittagsschlaf gemacht", erklärte ich und ließ mich gegenüber von ihm neben Eleanor nieder. Im Augenwinkel beobachtete ich, wie Harry lächelnd zu der Decke und dem Kissen schielte, das immer für Freddie parat lag, wenn ich länger arbeiten musste.
Schnell griff ich nach dem Tablet und trug die ersten Daten ein, bevor ich über eine interessante Frage stolperte. Diese wäre ein guter Einstieg in das Gespräch. „Wenn du nicht hier arbeiten würdest, welchen Job würdest du anstreben?", formulierte ich die Frage neu und sah gespannt zu Harry. Dieser wirkte plötzlich nervös und sah kurz von mir zu Eleanor und wieder zurück. „Darf ich zwei Antworten geben? Eine für dich und eine für meinen Vorgesetzten?", stellte er eine Gegenfrage, woraufhin ich verwundert nickte.
„Die Antwort an meinen Boss: Ich würde gerne hier im Unternehmen arbeiten, aber in einer Position mit mehr Verantwortung." Diese Aussage tippte ich schnell in das dafür vorgesehene Feld ein, dann hob ich erwartungsvoll meinen Blick. „Kann die zweite Antwort wirklich unter uns bleiben?", wollte er von Eleanor wissen, woraufhin auch diese nickte. „Ich träume davon, eine Kosmetikmarke zu erschaffen, die dafür sorgt, dass Menschen sich wirklich wohl fühlen. Eine Marke, die für alle Menschen unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht oder Statur da ist. Und am liebsten würde ich damit starten, selbst kreierte Nagellacke zu verkaufen", erzählte Harry uns von seinen Träumen.
Ich konnte nicht vermeiden, dass meine Mundwinkel in die Höhe zuckten, als ich den Mann gegenüber betrachtete. „Das bist komplett du", sagte ich und stellte fest, dass Harry in grundlegenden Zügen doch der Gleiche geblieben war. Irgendwie erleichterte mich diese Erkenntnis. „Mal sehen, ob ich das irgendwann umsetzen kann", meinte Harry schulterzuckend, woraufhin ich schnell zum nächsten Punkt auf der Liste überging, um nicht vollkommen in eine Schwärmerei zu verfallen. Als ich jedoch sah, dass diese sich um seine Gehaltsvorstellungen handelte, drückte ich schnell Eleanor das Tablet in die Hand und stand auf.
„Es wäre vielleicht besser, wenn ich das nicht mache. Ich möchte dich als Louis kennenlernen, Harry. Nicht als dein Chef", damit ließ ich die beiden allein. Ich ging zu meinem Schreibtisch, drückte mir meine Kopfhörer in die Ohren und stellte laut Musik an, um die beiden nicht belauschen zu können. Dann arbeitete ich weiter, doch ertappte mich immer wieder dabei, wie ich zwischen den beiden Bildschirmen hindurchspickte und verträumt Harry beobachtete. Ich beschloss, alles in meiner Macht stehende dafür zu tun, dass Harry irgendwann seine Träume verwirklichen könnte.
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[21.06.2024, 2243 Wörter]
Hallo:) Dieses Kapitel wurde länger (und deutlich schnulziger) als ich es eigentlich geplant hatte. Ich hoffe, es hat euch dennoch gefallen:)
Was denkt ihr über Louis? Er scheint Harry ja vollkommen verfallen. Hättet ihr an seiner Stelle auch so schnell verziehen?
Was dachtet ihr über Harrys kurze Bedenken bezüglich Louis' Absichten? Was denkt ihr über Harrys Zukunftspläne? Wird er sie verwirklichen können?
Wir sind am Ende der kurzen Geschichte angekommen, ihr könnt euch aber noch auf einen Epilog freuen:) Was denkt ihr, wie es weitergeht? Kommen Louis und Harry wirklich zusammen? Wenn nicht, werden sie wieder Freunde? Wenn doch, schaffen sie es wirklich, gemeinsam glücklich zu werden? Was denkt ihr?
Ich möchte mich bei allen Leser:innen bedanken, die fleißig die Geschichte gelesen, Sternchen gedrückt und Kommentare hinterlassen haben. Danke fürs Durchhalten, es hat mir unheimlich viel bedeutet.
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