⩤7|Luan|Verborgene Zukunft⩥
Die Alphas und ein paar andere Rudeltiere standen um das Papierstück herum. Luan fröstelte. Es war gerade mal Anfang Herbst und an der Krone bekam man nicht viel von den sinkenden Temperaturen mit, doch hier auf dem Hügel des Pictorrudels blies der Wind noch stärker durch das graue Fell des Wolfes. Er blickte gen Himmel. Durch die kalte Jahreszeit wurden die Sonnenläufe kürzer und bis zum Sonnenfall würde es nicht mehr lange dauern. Luan wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Ursa sich räusperte. Der Wolf blickte zu der alten Füchsin. Sie war bereits Alpha dieses Rudels, als Luan gerade geboren wurde. Ihr ungewöhnlich dichter, brauner Pelz versteckte die Tatsache, dass sie krankhaft dünn war. Lange wird sie nicht mehr unter uns weilen..., dachte der Alpha mit einem Blick in ihre glasigen Augen.
Ursa studierte gerade die Aufzeichnung. Die anderen Alphas standen dicht gedrängt um das Papierstück herum und versuchten Eindrücke des Bildes zu erhaschen. Die wunderschön gemalerten Bilder versetzten Luan einen Stich in sein Herz. Er hatte Nisha nahezu verachtet und Maddox war in seinen Augen ein Feigling aber niemand verdiente so einen erniedrigenden Tod. Der Wolf schob diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die Gegenwart. Ursa begann zu sprechen: „Ich denke nicht, dass wir das Gesetz brechen sollten. Wir haben schon andere Krisen überstanden, ohne es zu tun." Die Füchsin blickte in die Ferne. Luan folgte ihrem Kopf. Am Horizont konnte man die Spitze der Himmelsgrotte erkennen. Dort waren in einer weiteren unterirdischen Höhle wichtige Ereignisse in der gemeinsamen Rudelgeschichte an die kalten Steinwände gemalt, die bis zu ihren Ursprüngen reichten. Ursa schaute wieder auf das Bild. „Wir können es schaffen." „Wie haben das Gesetz schon alleine damit gebrochen, dass wir anderen Rudel eure Aufzeichnungen sehen dürfen.", wandte Monis ein. Monis war der Alpha des Circinusrudels und älter als Luan. Er hatte kurzes, mit Narben überdecktes graues Fell, welches im Licht der fallenden Sonne silbern glitzerte.
„Wir werden die Zukunft verhindern.", wiederholte er knurrend und entschieden. Ursa blickte den Wolf gelassen an. „Es ist immer noch die Entscheidund des Pictorrudels, wer die Schriftrollen zu sehen bekommt. Und wenn ihr sie nicht seht könnt ihr das was geschieht auch nicht verhindern u8nd brecht dadurch nicht das Gesetz." Verschmitzt blitzten ihre Augen, anscheinend war sie sicher, gewonnen zu haben. Monis blickte sie kühl an. „Wir haben uns hier zusammen gefunden, um zusammen zu entscheiden." Er blickte herausfordernd in die Runde. Es war still. Zögernd stimmten die Alphas der Schakale zu, und auch Akira, der Anführer des Orionrudels nickte bedächtig. Auch Luan gab Monis Recht. Ursa knurrte und senkte den Kopf, wobei ihre Augen die anderen Anführer bitter durchbohrten. Der Circinusrudelalpha grinste selbstsicher. Die überstimmte Füchsin schnaubte unzufrieden. Trotz, dass sie verloren hatte richtete sie sich auf und hob das Kinn. „Gut.", zischte sie. „Ich werde zu Caecus gehen, und die Schriftrollen holen." Mit diesen Worten wandte sie sich um und verschwand in einem Erdloch.
Die anderen Alphas warteten lange. Wie es schien, diskutierte Ursa mit den Zeichnern. Man hörte, wie sie und Caecus gegenseitig auf sich ein redeten, doch so sehr Luan versuchte, etwas zu verstehen, er konnte ihre Worte nicht identifizieren. Das einzige, was er mitbekam war, das Ursas Stimme immer leiser und besorgter, bis sie schließlich ganz verstummte. Nachdem wieder eine lange Zeit verging legten sich ein paar Alphas auf den Boden und betteten das Kinn auf die Vorderpfoten.
Luan ließ seinen Blick gen Himmel schweifen. Die Sonne stand tief, und das Blau verfärbte sich langsam rötlich orange. Der große Wolf streckte die Glieder und riss das Maul zu einem Gähnen auf. Sein Rudel war zwei Stunden gewandert, und das hat sich auf seine Kraft ausgewirkt. Seine Augen fielen fast zu, als Ursa endlich aus dem Bau gekrochen kam. Von der Sonne war nur noch ein kleiner Streifen gesehen, der rasch hinter dem endlosen Gewässer verschwand.
Ursa hatte eine weitere Rolle dabei und pfefferte diese auf den Boden. Angespannt blieb sie stehen und wartete. Über ihre alten Augen lag ein Schatten und ihr Gesicht war verkrampft. Schließlich meldete sich Monis: „Was ist jetzt?" Mit sturem Blick rollte Ursa das Papier aus. Darauf war- nichts! Nur große graue Flecken... „Ursa! Was hat das zu bedeuten?!", knurrte Luan vorwurfsvoll. Ursa keifte krächzend zurück: „Frag was, das ich beantworten kann!" Gedankenverloren betrachtete sie das Bild. Dann weiteten sich ihre Augen. „Die Zukunft ist uns verborgen...", stellte die Füchsin fest. Ferrox, der Anführer des Librarudels stöhnte entsetzt auf. „Wartet...", überlegte Punao, der Alpha des Scutumrudels besorgt. „Eure Füchse erhalten die Visionen von den Göttern persönlich, nicht wahr?" Ursa nickte bestätigend. „Das heißt ja... Das die Götter auch nichts mehr vorher sagen können... Den Göttern ist die Sicht genommen.", murmelte er mit zusammen gebissenen Zähnen. Die Pictoralpha seufzte: „So ist es..."
Schweigend blickten die Alphas hinauf in den Himmel. Der sonst so helle Mond war von Wolken verdeckt und einzig und allein der leuchtende Stein auf Luans und Ignis, sich beim Atmen hebende und senkende Brustkörben erhellte die schwarze Nacht etwas. Der Wolf blickte in die Runde. Die Augen der anderen Tiere funkelten in dem vagen Schein, wobei Luan nur acht zählte. Lucea, die Alpha des Hydrarudels war ein geschlafen.
Ohne ein Wort verbrachten die Füchse, Wölfe und Schakale die Nacht bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Mond am höchsten stand. Schließlich brach Luan das Schweigen: „Ich schlage vor, dass alle zu ihren Rudeln zurück kehren." Er wandte sich an Ursa. Ihre Bersteinaugen blitzten durch die kühle Dunkelheit. „Ursa, könntest du vielleicht nochmal mit Caecus sprechen?", bat er die alte Füchsin. Sie erhob sich auf die dünnen Beine und nickte wieder. „Dann macht euch auf, ich habe das Gefühl, dass wir bald wieder das Vergnügen haben werden...", keckerte sie, doch die Sorge in ihrer Stimme konnte sie damit nicht verstecken. Die anderen Alphas standen ebenfalls auf und streckten ihre Beine durch.
Mit einem respektvollem Kopfnicken machte Luan sich auf dem Weg. Leichtfüßig sprintete er er den Hügelhang hinab und durchquerte einen kleinen Teil Grasland, der rasch aber sanft in die tote Gesteinlandschaft überging. Die kleinen Kieselsteinchen bohrten sich in die empfindlichen Ballen des Wolfes, doch das störte ihn nicht weiter, denn seine Gedanken waren ganz woanders. Hartnäckig stapfte er über den groben Boden. „Man sollte keinen Ausgang von Gruppen unter fünf Wölfen zulassen.", überlegte Luan laut. Er machte sich Gedanken über verschiedenste Möglichkeiten, gegen die Jäger anzukommen, doch keine schien komplett sicher. Irgendwann beließ er es dabei und beschloss, sich später mit seiner Alpha darüber zu beraten. Die herbstliche Nachtkühle drang unter den weiß-grauen Pelz des Wolfes und in der Ferne nahmen seine Ohren das schwache Zirpen der Grillen wahr. Sehr lange wanderte er durch das tote Land, bis er an der Mondgrotte vorbei lief. Voller Abscheu gegen die Mörder seiner Konkurrenz verzog er das Gebiss zu einem Knurren. Er schnaubte und trabte noch eine Weile angespannt weiter.
Vor Luan lag der Wald. Still lagen die Bäume vor ihm, doch er wusste, im Unterholz schlichen wahrscheinlich gerade Füchse auf der Jagd herum. Kurz zögerte der Wolf, doch dann betrat er den Wald. Zügig schlich er gerade durch den Wald Richtung Krone. Zwischen den bedrohlich um ihn aufragenden Bäumen fühlte sich der starke Alpha seltsam schutzlos. Hinter jedem Busch vermutete er einen Jäger und bei jedem Ästeknacken schlug er drohend mit dem Schwanz.
Endlich, nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit tat sich das Gestrüpp auf. Er sah sein Lager, ein, durch eine von den Wölfen durch eine selbsterbaute Wand abgegrenzter Bereich mit kleinen Überdachungen am Rand. Das Lager des Rudels der nördlichen Kronen lag direkt am Kliff, hinter dem sich die endlose Gewässer befanden. Luan blickte zur linken Seite. Nicht mehr lange bis der Mond verschwinden würde und die Sonne seinen Platz einnahm. Vielleicht konnte der Wolf sogar noch etwas Schlaf bekommen.
Bedauerlicher Weise wurde aus diesem Wunsch nichts, denn im Lager erwartete Luan bereits sein aufgewühltes Rudel. Der Alpha seufzte. Daran hatte er nicht gedacht. Natürlich wollten seine Wölfe wissen, was sich aus der Versammlung ergeben hatte. Tenue, die Beta des Rudels stand an der Spitze und rief über die Menge hinweg: „Beruhigt euch! Ihr werdet schon noch erfahren, was wir jetzt tun! Zu aller erst werde ich mit Alpha reden!" Damit wandten sich die meisten auch schon ab. Den Rest scheuchte die zierliche, aber temperamentvolle Wölfin knurrend in ihre Baue. Gähnend folgte Luan Tenue in seinen Bau.
Der Alpha setzte sich auf den gepolsterten hinteren Teil seines Baus und wickelte den Schwanz um die Pfoten. Die Beta blieb mit erwartungsvollen goldenen Augen vor ihm stehen. Ihr schwarzes Fell war im Nacken gesträubt und ihre Ohren gespitzt. Rasch schilderte Luan ihr das Ereignis auf den Himmelsgreifern. Am Ende seiner Erzählung war Tenues Kiefer nach unten geklappt. Das Entsetzen war ihr ins Gesicht geschrieben als sie murmelte: „Es ist wohl schlimmer als wir vermutet hatten... Wenn selbst die Götter..." Luan Schweigen bestätigte ihre Aussage. „Ich hatte mir überlegt, dass wir den Lagerausgang nur erlauben, wenn die Gruppe aus mindestens fünf oder auch sechs Wölfen besteht.", teilte Luan seiner Stellvertreterin seine Idee mit. Langsam nickte diese. „Wäre zumindest ein Anfang..." Sie schüttelte den Kopf und blinzelte müde. Luan legte sanft den Kopf schief. „Geh schlafen, ich bin auch müde... Hast du schon eine Wache gewählt?" Beschämt kratzte die Wölfin Erde auf. „Das hab ich noch nicht geschafft... Es gab Probleme mit Fleurs Welpen. Meinst du nicht, sie sollten langsam mit ihrer Ausbildung beginnen?" Der Alpha rieb sich mit einer Pfote über die Augen und nuschelte schläfrig: „Ja... Ich werde bals Meister für sie aussuchen... Aber du suchst jetzt erstmal eine Wache aus. Oder besser zwei." Tenue nickte und wandte sich um. „Gute Nacht Luan.", wünschte sie ihm und tappte zum Wächterbau. Er hörte sich noch eine Nachtwachengarde auswählen, die sich mit etwas Protest zum Lagereingang begaben. Dann rollte sich Luan auf seinem Schlafplatz zusammen und schloss die Augen.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Zur späten Stunde: Endlich wieder ein Kapitel! Hiermit möchte ich auch eine vermutliche Sommerpause ankündigen, da ich wahrscheinlich nicht viel zum schreiben und zeichnen kommen werden, ich hoffe ihr versteht das xD bye uwu
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro