8. Kapitel - Josephine
Es ist schon spät, als ich zu Hause ankomme. Ich war den ganzen Tag unterwegs und habe die vielen Leute auf der Straße beobachtet. Wie sie, wie gebannt auf ihre Handys starren, als würden sie nur so die Weltformel finden, auch, wie sie sich über belanglose Themen unterhalten und so tun, als ob sie das brennend interessieren würde. Aber sie versuchen nur ihre Zeit zu überbrücken. Sie haben alles. Ihnen geht es allen gut. Ich bezweifele, dass sie schonmal etwas schlimmes durchmachen mussten, denn sonst würden sie ihre Zeit nicht so verschwenden. Jeder hat eine bestimmte Zeit auf dieser Welt - so gut wie jeder fragt sich bestimmt hinterher: Warum habe ich mit meinem Leben nicht mehr angefangen?
Ich werde mein Leben nicht verschwenden. Ich werde nicht so werden, wie die anderen Jugendlichen, in deren Leben nur Alkohol, die erste Liebe und Drogen eine Rolle spielen.
Ich werde niemals so werden, dass weiß ich.
Es gibt so viele Menschen auf der Welt, die Schlimmes erlebt haben und dass sind die einzigen Menschen, die das Leben zu schätzen wissen.
Ich trete ins Haus. Im Wohnzimmer riecht es nach dem schrecklichen Parfüm, womit sich immer die Affäre meines Vaters einsprüht.
Mein Vater sitzt auf dem riesigen Sofa und nippt an seinem Kaffee.
Erst jetzt bemerkt er mich und wendet mir seinen Kopf zu. "Oh, hallo, was machts du denn hier?", fragt er mich, als ich vor ihm stehe. Der Geruch von Kaffee weht mir ins Gesicht, dass ich sofort verziehe. "Nichts wichtiges", knurre ich und gehe hoch auf mein Zimmer.
Hier sieht so aus, wie auch schon vor ein paar Jahren. Ich hasse Veränderungen, also warum sollte ich mein Zimmer verändern.
Vor allem frage ich mich, warum muss man einen Rückzugsort besitzen? Warum braucht man einen Ort, wo man alleine sein kann? Aus welchem Grund braucht man einen persönlichen Raum, wo man anscheinend selbst zu "finden" ist?
Da ich wirklich nichts von diesem Persönlichkeitsfirlefanz halte, besteht mein Zimmer nur aus einem schlichten Schreibtisch, einem ebenso schlichten Bücherregal und einem Himmelbett, was das einzige ist, was irgendwie auffällt. Die Wände sind in einem nichtssagenden Weiß gestrichen, so wie ich es mag.
Nichtssagend und emotionslos.
So wie ich.
Ich setze mich auf mein Bett und starre auf die kahle Wand mir gegenüber. In solchen Momenten bin ich wie alle anderen. Ich verschwende meine Zeit, indem ich an die Wand starre. Und trotzdem kann ich es nicht lassen.
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