15. Kapitel - Josephine
Die Luft ist für einen Sommertag ungewöhnlich schwül.
Die Sonne hat sich hinter ein paar Wolken versteckt.
Soll mir recht sein. Ich hasse die Sonne sowieso - genau wie fast alles anderes.
Normalerweise würde ich jetzt zu Hause sein und lernen oder eins meiner zahlreichen Sachbücher lesen.
Doch trotzdem bin ich jetzt hier draußen.
Zum ersten Mal, seit ich denken kann, habe ich das laute Gestreite meiner Eltern nicht ausgehalten.
Sonst war es mir eigentlich immer ziemlich egal, was mit meinen Eltern war. Hauptsache wir hatten immer noch unser Haus und mussten nicht umziehen. Aber das Frühstück war einfach irgendwie schrecklich erdrückend gewesen. Es verlief in vollkommen Schweigen und bestand nur aus den tödlichen Blicken, die sich meine Eltern die ganze Zeit zuwarfen.
Normalerweise war das vollkommen OK, aber nicht heute.
In meinem Kopf war es zudem ungewöhnlich laut und ich musste vor dem Geschreie meiner Gedanken flüchten. Alles in meinem Kopf drehte sich nur noch um diesen einen Gedanken, den sich diese Nacht in meinem Kopf aufgebaut hat und alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.
Ich war hatte mir, nach dem Frühstück, schnell meine neue Klassenliste geschnappt und war abgehauen, von diesem furchtbaren Haus, das von furchtbaren Personen bewohnt wurde.
Ich weiß genau, wo das Haus liegt, was ich suche.
Ich lebe schon lange in dieser hässlichen Stadt, um mich bestens auszukennen.
Früher als Kind, war meine Mutter mit mir ständig spazieren gegangen, um eine gute Mutter-Tochter-Basis aufzubauen, was ja auch so gut geklappt hat!
Ich habe währenddessen sowieso nicht mit ihr geredet, also war es eigentlich egal.
Trotzdem mussten wir, jeden Sonntagnachmittag, mit diesem unnützen "Ritual" unsere Zeit verschwenden.
Ich war es nach einer gewissen Zeit, von zwei Wochen, ziemlich satt.
Ich habe und hatte nie ein großes Interesse an meiner Mutter oder habe sie gar geliebt.
Mein Herz ist anscheinend noch nicht mal groß genug für meine Eltern.
Am wenigstens Lars muss ich da irgendwie da rein quetschen.
Lars.
Ich habe ihn ziemlich verletzt und kann es nicht mehr ändern.
Diese verfluchten Worten sind einfach aus mir rausgeflossen und ich konnte es einfach nicht verhindern.
Ich weiß, dass das keine Entschuldigung ist.
Vermutlich werde ich nie eine Entschuldigung finden.
Und deshalb wird er mir einfach nicht verzeihen können, weil ich keine Entschuldigung habe. Nein, er wird mir wirklich dieses Mal nicht verzeihen können.
Trotzdem muss ich versuchen, die richtigen Worten zu finden. Ich muss es wenigstens versuchen.
Vielleicht sollte ich wenigstens um ihn kämpfen.
Wenn es überhaupt geht. Wenn ich es überhaupt kann.
Doch jetzt ist es sowieso schon fast zu spät.
Noch eine Biegung, dann bin ich bei ihm.
Sein Haus sieht wunderschön aus.
Anders als das meine.
Das Haus in dem ich mit meinen "Eltern" wohne ist ein kaltes, weißes Neubauhaus.
Keine Emotionen, keine Geschichte.
Und das ist auch nicht schlimm.
In einem Haus, wie dem von Lars, könnte ich vermutlich nicht leben, so viele Emotionen müssen dort in der Luft liegen. Zu viele Geschichte kann dieses Haus erzählen.
Und das macht mir aus irgendeinem Grund viel Angst.
Ein wenig ehrfürchtig bleibe ich - ungefähr zehn Meter - vor seinem Haus stehen.
"Bloß keine Wurzeln schlagen", flüstere ich mir selbst zu.
Dann gehe ich durch den gepflegten Vorgarten zur Tür.
Ich klingele.
Jetzt gibt es keinen weg mehr zurück.
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