Kapitel 37
Nervös stand ich am Fenster und spähte hinaus. Es war bereits dunkel und nur die Laternen beleuchteten die schmale Straße. Gleich würde Oscar zu mir kommen und ich hatte mir vorgenommen, ihn auf das Problem anzusprechen, wie meine Schwester es mir vorgeschlagen hatte. Meine Handinnenflächen waren schon leicht feucht und ich hatte Angst vor seiner Reaktion. Es kam mir nämlich immer noch so vor, als ob diese Sache es nicht wert war, aber sie belastete mich nunmal.
Nervös zog ich meine Unterlippe zwischen meine Zähne und zupfte daran herum. Ein bisschen fühlte ich mich wie vor meinem ersten Date. Da war ich auch so aufgeregt gewesen. Nur dass es diesmal einen etwas ernsteren Hintergrund hatte.
Ich wurde von einem schwarzen Jeep aus den Gedanken gerissen, der vor unserer Einfahrt hielt. Er war da. Mit klopfendem Herz trat ich einen Schritt zurück, so dass man mich von außen nicht mehr sehen konnte. Dann lief ich die Treppe nach unten, damit Oscar nicht klingeln musste.
Schnell öffnete ich die Tür und Oscar grinste mich an. »Da hat aber schon jemand auf mich gewartet, hm? Hast du mich schon vermisst?« Der Junge schob sich an mir vorbei ins Haus und ich schloss die Tür. Natürlich hatte ich ihn vermisst. Am liebsten würde ich jede freie Sekunde bei ihm verbringen, aber das ging nicht.
»Mhm«, machte ich nur und Oscar sah mich misstrauisch an. Sanft griff er nach meinem Arm und zog mich zu sich. Er roch nach Papier und kalter Winterluft. Entspannt schloss ich die Augen. Mein Kummer rückte wieder in den Hintergrund und in diesem Moment war ich einfach nur glücklich.
»Willst du mir jetzt sagen, was los ist? Du wirkst so, als ob dich was bedrückt«, nuschelte Oscar in meinen Schopf. Sein warmer Atem auf meiner Kopfhaut ließ mich schaudern und ich musste mich richtig anstrengen, dass mir wieder einfiel, was ich eigentlich mit ihm besprechen wollte.
Vorsichtig löste ich mich und sah zu ihm hoch. »Ja, es gibt da schon was«, murmelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart und senkte den Blick. Das war lächerlich. Immer wieder redete ich mir das ein, doch Oscar stoppte meinen innerlichen Redefluss.
Er hob mein Kinn, so dass ich ihn ansehen musste und strich sanft mit dem Daumen über meine Wange. »Dann sag es mir. Du weißt, dass du mir alles sagen kannst. Ganz egal, was es ist.«
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich nickte langsam. »Es...es geht um deine Arbeit. Ich finde es toll, dass du die Firma so unterstützt und dein Chef findet das bestimmt auch toll, aber ich bin auch noch da. Du übernimmst die ganze Zeit irgendwelche Schichten von Leuten, die krank sind und ich sitze hier Zuhause rum und warte auf dich. Ich will Dinge mit dir unternehmen, ins Kino gehen oder sonst was, aber du kommst immer erst so spät und bist total müde.«
Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass es sich so befreiend anfühlte, es auszusprechen. Es war, als hätte man mir eine zehn Kilo Hantel von den Schultern genommen.
Oscar schluckte und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. »Das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass dich das so stört. Es ist nur so, dass ich dadurch auch ein bisschen mehr Geld bekomme und mir macht die Arbeit nichts aus.«
»Mir aber«, brummte ich und schmollte, wie ein kleines Kind.
»Das tut mir leid. Ich werde schauen, dass ich das in Zukunft nicht mehr so oft oder gar nicht mehr mache, ja? Ich will, dass es dir gut geht und wenn ich so darüber nachdenke, dann bin ich ja auch lieber bei dir, als in der Arbeit.« Sanft legte er einen Arm um meine Taille und zog mich zu sich.
»Bist du noch sauer auf mich?« Er sah mich mit seinem Hundeblick an und innerlich verfluchte ich ihn dafür. Er wusste genau, dass ich dem Blick nicht wiederstehen kann.
»Nein bin ich nicht«, flüsterte ich ergeben und Oscar schmunzelte. Er legte seine Lippen auf meine und ließ mich alles rund um mich herum vergessen. Wir schwebten wieder in unserer Magnus-Oscar-Blase, in der uns nichts passieren konnte und alles perfekt war.
»Hey! Nehmt euch ein Zimmer!«
Wir lösten uns voneinander und sahen zur Treppe, wo gerade Emma herunter kam. Oscar lächelte sie freundlich an. »Hey Emma.«
Sie winkte uns nur kurz zu ehe sie in der Küche verschwand und sich was zu trinken holte.
»Komm, lass uns hoch in mein Zimmer gehen«, meinte ich und griff nach der Hand von meinem Freund, um ihn mit mir zu ziehen, doch Oscar bewegte sich keinen Milimeter.
»Du hast doch gesagt, dass du Dinge mit mir unternehmen willst«, grinste er, als er meinen verwirrten Gesichtausdruck sah.
»Ja, aber doch nicht heute. Ich bin ganz müde.«
Oscar grinste mich noch mehr an. »Oh nein, du kannst nicht einfach irgendwelche Forderungen aufstellen und wenn man sie dann erfüllen will, ablehnen. So läuft das nicht.«
Ich hob die Augenbrauen und verschränkte meine Arme vor der Brust. Was hatte dieser verrückte Junge denn nun schon wieder vor? »Ach nicht? Gut, was hast du vor?«
Der hochgewachsene Junge fand es offenbar witzig, den Geheimnisvollen zu spielen, denn er verriet nichts. »Du wirst schon sehen.« Mit dieser Aussage speiste er mich ab. An der Hand zog er mich zur Gaderobe, wo ich zögernd meine Wintersachen an zog und dann ging es auch schon ab nach draußen.
Sanft führte er mich zu seinem Auto und bedeutete mir, einzusteigen. »Was soll das werden? Entführst du mich jetzt?«
Oscar zuckte nur mit den Schultern. »Vielleicht. Sei nicht immer so ungeduldig und rede nicht so viel. Du wirst schon sehen, was dich erwarten wird, wenn es soweit ist. Bis dahin musst du warten«, meinte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, während er ausparkte und den Wagen auf die Straße lenkte.
Er klang schon so wie meine Mutter, wenn sie mich überraschen will. Eigentlich mochte ich Überraschungen, doch ich war viel zu ungeduldig dafür. Wo würde Oscar mich nur hinbringen?
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