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1. Lilly


»Das macht siebzehn Dollar, Mädels«, sagt er und deutet auf den kleinen Monitor oberhalb des alten Radios, aus dem leise Musik der Neunzehnhundertsiebzigerjahre dudelt. Jenna öffnet ihre Handtasche und reicht dem Mann einen Zwanzig-Dollar-Schein. Er nimmt ihn an und kramt in seinem Portemonnaie nach Wechselgeld, aber meine beste Freundin winkt freundlich ab.

»Das passt so«, lässt Jenna ihn wissen.

»Oh, vielen Dank.« Er ist sichtlich überrascht von dem Trinkgeld, das wir ihm geben. »Ich wünsche euch einen schönen Abend, und wenn ihr heute Nacht ein Taxi braucht, fragt nach Cora. Sie ist meine Kollegin und die Nachtschicht für Frauen, die allein unterwegs sind.«

Jenna hat mir erzählt, dass das Taxiunternehmen, bei dem der Fahrer beschäftigt ist, seit ein paar Wochen nachts zwischen dreiundzwanzig und fünf Uhr zwei Fahrerinnen für Frauen beschäftigt, sodass diese sicher nach Hause kommen. Die Fahrerinnen nehmen auch nur ausschließlich Frauen ohne Begleitung mit. Frauen in Begleitung eines Mannes dürfen nicht einsteigen. Ich finde das eine tolle Sache und werde diesen Service unterstützen.

Jenna stößt die Tür auf, und die stickige Luft des Tages schlägt uns entgegen. Es ist unnatürlich heiß heute in New York. Selbst der Beton in den Schluchten der Hochhäuser schwitzt bei jeder Berührung mit Flüssigkeit. Laut den Wetterdiensten im Radio und im Fernsehen ist es der heißeste September seit Beginn der Wetteraufzeichnungen achtzehnhundertsiebzig.

»Mein Gott.« Jenna stöhnt, nachdem ich die Tür des Taxis hinter mir geschlossen habe und mein kurzes schwarzes Kleid richte. »Es ist so heiß.«

Sie fächelt sich Wind zu, was ziemlich lächerlich wirkt, weil ihre Hände dabei unkontrolliert hin und her schwanken. Meine beste Freundin ist wunderschön und arbeitet nicht umsonst als Model. Jenna ist eins fünfundachtzig groß und hat die Traummaße einer jeden Frau. Mit meinen eins siebzig bin ich auch nicht klein, aber bei Weitem nicht da, wo sie ist. Meine Hüften sind üppiger als ihre, meine Oberschenkel breiter und meine Brüste größer. Die mir aber sehr gut gefallen, denn bei meinem prallen C-Körbchen kann sie nur müde lächeln. Jenna ist über ein gepushtes B-Körbchen nie hinausgekommen. Als wir Teenager waren und unsere Körper sich veränderten, um zu Frauen zu werden, war ich neidisch auf ihre Wespentaille und sie auf meine Brüste. Eine Mischung aus unseren Körpern wäre wohl perfekt. Wer ist schon perfekt? Das will ich auch gar nicht sein. Ich bin zufrieden mit meinem Körper.

»Lass uns reingehen«, meint Jenna und sieht mich lächelnd an.

»Insofern du wieder atmen kannst«, gebe ich ihr grinsend zur Antwort, und sie verdreht die Augen.

»Du weißt gar nicht, wie dünn die Luft hier oben ist.« Wie immer spielt sie auf die fünfzehn Zentimeter an, die sie größer ist als ich.

»Und du weißt gar nicht, wie sehr die Straßen New Yorks stinken«, erwidere ich sogleich. »Hier unten.«

Jenna grinst und greift nach meiner Hand, um mich zum Eingang der Bar zu führen. Mittlerweile hinterfrage ich es nicht mehr, wie sie es immer wieder schafft, Zutritt zu den tollsten Läden der Stadt zu bekommen. Als gut gebuchtes und noch besser bezahltes Model verdient meine beste Freundin weitaus mehr, als ich mir jemals erträumen kann. Nach der Highschool vor sieben Jahren sind wir zusammen nach New York gezogen. Jenna hat sich bei verschiedenen Agenturen als Model beworben, und ich habe an der New York University Soziale Arbeit studiert. Mit einem Vollstipendium, sonst hätte ich mir das niemals leisten können. Nach einigen Anläufen hat Jenna eine Modelagentur gefunden und arbeitet seitdem mit dieser zusammen. Gelegentlich habe ich sie schon zu ihren Jobs begleitet. Wir waren in Paris, London, Mailand, Rio de Janeiro und Los Angeles.

Mein Studium habe ich vor zwei Jahren abgeschlossen und arbeite in einer Einrichtung für schwer erziehbare Mädchen und Jungen zwischen zwölf und achtzehn Jahren. Jenna meint, dass ich verrückt sein muss, dort zu arbeiten. Sie hält die Kids in den meisten Fällen für Kriminelle und auf dem besten Weg ins Jugendgefängnis. Ich hingegen glaube, dass jeder eine zweite Chance verdient hat. Die meisten Kids sind verlorene Seelen und wissen nicht wohin mit sich und der Welt. Sie kommen zu neunzig Prozent aus den schrecklichsten Familienverhältnissen und suchen einfach nur ein Zuhause. Gewalt, Alkohol- und Drogenmissbrauch zählt für die meisten von ihnen zum Alltag ihres noch jungen Lebens.

Im Gegensatz zu Jenna sind Lesley und ich ähnlich aufgewachsen wie diese Kids.

Wir kommen aus einer Kleinstadt am Fuße der Rocky Mountains. Unseren Dad kennen wir nicht, vermuten aber, dass es Fred, der Tankwart aus dem Nachbarort, ist. In Lesleys Geburtsurkunde ist ein F. Miller eingetragen. Grandpa hat zwischen den Zeilen einmal erwähnt, dass er eine Rolle in Moms Leben während ihrer Schwangerschaft mit meiner Schwester gespielt hat. In meine Urkunde hat unsere Mom keinen Vater eintragen lassen. Sie war fünfzehn Jahre alt, als Lesley zur Welt kam, und achtzehn Jahre bei meiner Geburt. Wir beide kamen einige Monate nach meiner Geburt in die Obhut des Jugendamtes, weil der damalige Freund unserer Mom Lesley fast zu Tode geprügelt hätte. Sie ging ihm auf die Nerven. Ich bekomme auch nach fünfundzwanzig Jahren noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. In der Obhut des Jugendamtes blieben wir nur zwei Wochen.

Danach wuchsen wir bei unseren Großeltern, den Eltern unserer Mom, Dorothee und Kirk auf. Unsere Mutter sahen wir nur sehr sporadisch. In der Regel, wenn sie mal clean war oder nach einem ihrer vielen Knastaufenthalte unterkommen musste. Meistens missbilligte sie unsere Anwesenheit. Seitdem wir erwachsen sind und Geld verdienen, insbesondere Lesley, ließ sie sich mehr und mehr blicken, weil sie genau dieses brauchte. Bis heute ist unser Verhältnis sehr angespannt. Wir können ihr nicht verzeihen, dass sie uns im Stich gelassen hat.

Jennas Mom ist die Schulsekretärin der Highschool in Old Colorado, und ihr Dad hat einen kleinen Laden für Skibedarf in der Innenstadt. Sie hat einen jüngeren Bruder, Jackson, der Freestyle-Snowboarder ist. Eine Bilderbuchfamilie aus den Rockys. Die Lakins nahmen mich oft mit in den Urlaub und ließen mich an ihrem Familienleben teilhaben. Meinen Großeltern war das unangenehm, hatten sie doch nie die finanziellen Mittel, Lesley und mir das alles zu bieten. Mrs. Lankin, Jennas Mom, wurde in dieser Zeit zu einer Ersatzmutter für mich. Denn es gab Themen, die konnte ich nicht mit meiner Grandma besprechen.

»Name«, reißt mich der Mann am Eingang der Bar aus meinen Gedanken, und ich sehe zu ihm auf. Er trägt einen schicken schwarzen Anzug, die schwarzen Haare mit Gel zurückgestrichen. Für meinen Geschmack ist er eine Spur zu geleckt. Gar nicht mein Typ. Aber so tot wie mein Liebesleben in den letzten Monaten ist, sollte ich mich wohl glücklich schätzen, wenn ich überhaupt die Aufmerksamkeit irgendeines Mannes auf mich ziehen kann. Ich bin nicht prüde, aber neben einem Supermodel zu bestehen, ist nicht immer leicht. Jenna ist ein Männermagnet. Ich blicke wieder zu dem geleckten Typen. Er flirtet mit Jenna, keine Frage, aber meine Freundin ignoriert es. Sie datet seit ein paar Wochen Pierce Gates, den Running Back der New York Gladiators. Zwar gibt Jenna es nur ungern zu, aber sie ist sehr verliebt in Pierce.

Er ist ein Traumtyp mit seinen Locken, dem stählernen Körper und dem unwiderstehlichen Lächeln. Dazu bringt er noch einen Traumjob für eine Traumfrau mit. Ich bin Pierce schon zwei Mal morgens in der Küche unserer Wohnung in Brooklyn begegnet. Jenna drängt mich darauf, umzuziehen, aber ich will nicht. Die Miete ist günstig, und mit der U-Bahn bin ich in zwanzig Minuten an der Arbeit. Wenn wir nach Manhattan ziehen, kann ich mir erstens die Miete nicht mehr leisten, und zweitens brauche ich ewig zur Einrichtung.

»Oh, und Lilly«, sagt Jenna und dreht sich zu mir herum. Ihre dunkelbraunen Augen sehen mich eindringlich an, und als würde das nicht reichen, beißt sie sich auch noch auf die Lippe. Ich werde sofort skeptisch, und mein Körper spannt sich an. Wenn Jenna mich so ansieht, hat sie etwas hinter meinem Rücken organisiert. Dabei weiß sie, wie sehr ich das hasse. Zum Beispiel hat sie heimlich meine Bewerbungen für die NYU abgeschickt. Ich war mir unsicher, ob ich Grandma und Grandpa allein lassen kann. Vor sieben Jahren gingen sie beide auf die siebzig zu. Auch wenn Lesley in Old Colorado blieb, wollte ich dennoch für sie da sein. Jenna und meine Großeltern sahen das anders. Grandma gab Jenna alle Unterlagen, die ich nicht rausrücken wollte, für die Bewerbung, und als das Vollstipendium da war, musste ich es annehmen.

»Was hast du gemacht, Jen?« Mein Unwohlsein nimmt zu, und ich merke, wie mein Inneres zu rumoren beginnt. Ich bekomme immer Bauchschmerzen, wenn ich nervös werde.

»Also ich ... ich habe ... ich dachte ...«, stammelt sie herum, und ich ziehe die Augenbrauen hoch. Langsam werde ich ein wenig ungehalten. Jenna hat mir versprochen, dass das ein Mädelsabend wird. So wie wir ihn schon ewig nicht mehr gemacht haben, weil ich in den letzten Wochen viele Doppelschichten in der Einrichtung hatte und sie für zwei Jobs in Asien und Europa war.

»Hi Babe!« Die Stimme lässt mich zusammenfahren, und plötzlich steht Pierce hinter Jenna. Er schlingt seinen linken Arm um ihre Hüfte und küsst sie so unanständig, dass ich am liebsten wegsehen möchte. Das muss doch nicht sein. Jenna und Pierce aber haben alles um sich herum ausgeblendet und stecken sich voller Wollust die Zunge in den Hals.

»Ich habe Pierce auch eingeladen«, sagt Jenna, als sie sich endlich voneinander lösen. Sie weiß genau, dass sie mich damit in eine unmögliche Situation bringt. Ich mag Pierce, keine Frage, aber ich will mich nicht mit ihr und ihrem Freund an einen Tisch setzen. Wie sieht das denn aus? Wenn sie Zeit mit ihm verbringen möchte, kann sie mir das sagen. Ich bin ihr weder böse noch eifersüchtig.

»Hi«, sagt er charmant wie immer und gibt mir einen Kuss auf die Wange.

Pierce ist ein verdammt schöner Mann. Seine sonst lockigen Haare sind kürzer. Auch der Bartschatten auf seinen Wangen ist intensiver als sonst. Dazu trägt er ein weißes T-Shirt, das Frauen und auch einigen Männern nicht viel Fantasie lässt, was sich darunter befindet, und eine ausgewaschene Jeans.

»Schön, dass das klappt«, fügt er seiner Begrüßung an.

»Hi«, erwidere ich und lächle. »Äh ... ja ... schön.«

Jenna ist so unmöglich. Und sowas von tot.

»Brooklyn müsste auch gleich kommen.« Pierce lächelt Jenna an und küsst sie auf die Wange. »Ich frage nach unserem Tisch.« Für einen Mann hat er wahnsinnig viel Einfühlungsvermögen für Situationen, in denen er lieber gehen sollte. Oder ich bin eine so miese Schauspielerin, dass er sich unwohl gefühlt hat. Das wollte ich nicht, aber mich macht die Situation unheimlich sauer. Jenna hat mir versprochen, dass das ein Mädelsabend wird, und sie schleppt ihren Freund, und so wie es aussieht, auch noch dessen Kumpel, an.

Pierce dreht sich herum und spricht einen der Mitarbeiter an.

»Kannst du mir das mal erklären?« Ich packe Jenna am Arm und zerre sie mit mir mit in Richtung der Waschräume. Diese befinden sich in einem kleinen Gang, sodass wir weitestgehend ungestört sind.

»Du hättest Nein gesagt.« Wenigstens hält sie sich nicht mit dämlichen Ausreden auf, wie zum Beispiel, dass Pierce sie so sehr vermisst hat. »Komm schon, Lilly.«

»Nein«, sage ich. »Wenn du Pierce sehen willst, dann ist das okay für mich. Mann, Jenna ... was soll das?«

»Ich dachte nur, dass es nett wird, etwas mit Pierce und seinem Kumpel zu machen.« Betreten sieht sie mich an. Langsam scheint es ihr auch zu dämmern, dass die Aktion absolut nicht cool ist. Ganz im Gegenteil. Es war eine dumme Idee, und am liebsten würde ich abhauen. Aber ich weiß auch, dass Jenna es nur gut meint. Sie glaubt, dass ich einsam bin und wieder einen Mann in meinem Leben brauche. Ganz unrecht hat sie damit nicht, aber doch nicht auf diese Art und Weise. Ich bin in der Lage, einen Kerl kennenzulernen.

»Jen«, flüstere ich und massiere mir meine Schläfen, um wieder ein wenig runterzukommen. »Was meinte Pierce genau damit, dass Brooklyn auch gleich kommt.«

Jenna beißt sich auf die Unterlippe und beginnt zu grinsen. Oh, Herr, erbarme dich und sag mir, dass das kein Doppeldate wird. Noch dazu ein engagiertes Doppeldate mit Brooklyn Webster. Auch wenn ich die Hoffnung darauf längst begraben habe und jede junge Frau – was sage ich da – jede New Yorkerin mit mir tauschen möchte. Brooklyn ist Pierces Quarterback und einer der begehrtesten Junggesellen der Stadt. Und das nicht ohne Grund. Pierce ist schon heiß, aber Brooklyn ist wow. Ich wette, dass der Typ unter seinem Trikot und den Protektoren ein Eightpack zu bieten hat. Seine braunen Haare trägt er meist an den Seiten rasiert und auf dem Oberkopf ein wenig länger. Soweit ich es mitbekommen habe, hat er sich einen Vollbart wachsen lassen in der Sommerpause. Absolut heiß. Dazu ist er mindestens eins fünfundneunzig groß.

»Brook und Pierce sind beste Freunde so wie wir, und ... wusstest du, dass sie sich seit dem Kindergarten kennen, aber ...«

»Komm zum Punkt!« Ich verliere die Geduld mit der Frau und bin auf dem besten Weg, zu gehen und den Abend seinem Schicksal zu überlassen. Vor allem aber Jenna. Soll sie den Jungs mal erklären, warum ich abgehauen bin. Ich bin mir sicher, dass das lustig werden würde.

»Lilly«, sagt Jenna und greift nach meinen Händen. Intensiv mustert sie mich. »Du hattest schon so lange kein Date mehr und ...«

»Und da dachtest du, dass du mir ein Date mit dem heißesten Typen in New York verschaffst, weil er der beste Freund deines Freundes ist?«

»Ich wusste, dass Brook dir zusagt.«

»Jenna!«

»Lillian!«

»Oh nein«, rufe ich fast schon aus und entziehe ihr meine Hände. »Du wirst es nicht wagen, meinen vollen Namen zu benutzen.«

»Okay Lilly«, meint sie und grinst. »Ich wusste, dass Brook dein Typ ist. Er ist Single, du bist Single, und Pierce und ich sind eure Freunde. Was ist schon dabei?«

»Was dabei ist?« Ich glaube, dass ich allmählich durchdrehe. »Es ist so viel dabei, dass wir beide mit Pierce Gates und Brooklyn Webster in einer Bar sitzen.«

»Findest du nicht, dass du ein wenig übertreibst?« Jenna hält ihren Daumen und ihren Zeigefinger einen Millimeter auseinander. »Es wird sicher nett. Und du magst im Gegensatz zu mir sogar Football.«

»Das heißt aber noch lange nicht, dass du mich in so eine unmögliche Situation bringen kannst und ...«

»Jenna, Lilly«, ruft Pierce nach uns und winkt. »Kommt ihr? Brook ist da.«

»Hast du gehört«, trällert Jenna, und ihre Laune ist binnen einer Sekunde wieder auf dem Höhepunkt. Wenn ich genauer darüber nachdenke, wird sie heute Nacht noch mehr als einen Höhepunkt erleben. Denn mit ziemlicher Sicherheit wird sie mir im Verlauf des Abends verkünden, dass sie mit zu Pierce fährt. Was ihr auch gegönnt sei. Dass mein Sexleben eine vage Erinnerung längst vergangener Zeiten ist, ist nicht ihre Schuld. Das ist heute Abend aber auch schon das einzige.

»Komm jetzt!« Jenna greift nach meiner Hand und zieht mich wie ein bockiges Kind hinter sich her. »Das wird nett, du wirst sehen.«

Mit jedem Schritt, den wir Brooklyn und Pierce näherkommen, schlägt mein Herz schneller in meiner Brust. Bisher kenne ich Brooklyn nur von diversen Plakaten in der ganzen Stadt. Mal mit mehr, mal mit weniger Klamotten am Leib. Gerade erst wurde er das neue Gesicht einer großen Unterwäschekampagne, deren Leinwände auf meinem Weg zur Arbeit in der U-Bahn aushängen. Natürlich retuschieren die Firmen immer viel mit Photoshop, das weiß jeder. Ich habe mal gelesen, dass sie sogar Penisse optisch größer machen. Sowie Brüste bei Frauen. Außerdem habe ich den einen oder anderen Klatsch und Tratsch über Brooklyn verfolgt und denke nicht, dass ich sein Typ bin. Er wird Pierce damit einen Gefallen tun, und der wiederum tut es für Jenna. Ich bin ganz unten angekommen, dass meine beste Freundin ihren Freund überreden muss, dass wiederum dessen bester Freund sich auf ein Date mit mir einlässt. Wenigstens ist es ein Doppeldate, und Brooklyn kann sich mit Pierce unterhalten.

»Da sind wir.« Jenna lässt mich los, um Brooklyn zu begrüßen. Während er sie drückt und ihr einen Kuss auf die Wange gibt, habe ich Zeit, ihn zu mustern. Er ist unnatürlich attraktiv. Zum einen ist er riesig, hat ein breites Kreuz, und das weiße T-Shirt fällt lässig über seinen muskulösen Körper. Sein linker Bizeps und die Innenseite seines Unterarms sind mit Tattoos bestückt. Er trägt so wie Pierce eine Jeans.

Doch was mich am meisten fasziniert, sind seine schwarzbraunen Augen, die von einem ebenfalls schwarzen Wimpernkranz umhüllt sind. Sein dunkelbrauner Vollbart ist gepflegt. Die Haare trägt er ein wenig länger, als ich es von Fotos in Erinnerung habe.

»Und das ist Lilly«, stellt Jenna mich vor. Da ich total in Gedanken war, als sie nach meiner Hand greift, stolpere ich ungalant nach vorne und kann es gerade noch verhindern, vor den beiden heißesten Typen New Yorks auf die Nase zu fallen. »Meine beste Freundin. Lilly, das ist Brooklyn.«

Ich schaue auf, und sein Blick trifft wie ein Komet auf meinen. Er schlägt ein und hinterlässt in mir eine Intensität, die ihresgleichen sucht. Mein gesamter Körper kribbelt.

»Hi«, keuche ich und strecke ihm zitternd die Hand entgegen. »Ich ... ich bin ... Lil ... ly.«

Ich klinge, als würde ich soeben einen Schlaganfall erleiden, und mein Sprachzentrum ist das einzige, das in Mitleidenschaft gezogen wird. Es ist furchtbar peinlich, und ich werde knallrot im Gesicht.

»Hallo«, erwidert er und lächelt leicht. Dabei biegen sich seine Mundwinkel unglaublich süß nach oben, und Grübchen bilden sich. »Ich bin Brooklyn. Jenna hat gar nicht gesagt, dass ihre beste Freundin so sexy ist.«

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