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Eine einstweilige Verfügung
Jahr 2021, April - Seoul
„Natürlich! Wer auch sonst? Es hätte mir eigentlich sofort einfallen sollen."
Taeyong PoV:
03:00 Uhr. Ich sollte dann vielleicht wirklich mal schlafengehen.
Kaum noch in der Lage meine Augen richtig aufzuhalten, klappe ich meinen LapTop, auf dem ich gerade noch meinen Lieblingsfilm „Das wandelnde Schloss" geschaut habe, zu.
Ob er wohl schon schläft? Vielleicht ist er ja auch noch wach? Selbst wenn dies eher unwahrscheinlich ist.
Manchmal stelle ich mir vor, dass wir im selben Moment zum Mond hoch schauen und an den jeweils anderen denken. Dies ist natürlich ausgeschlossen, romantisch ist es allerdings schon.
Vielleicht auch ein wenig kitschig, aber auf alle Fälle romantisch.
Und schon wieder gelingt es mir nicht einzuschlafen. Meine Gedanken sind von ihm bestimmt. Besonders schlimm wird es, wenn ich alleine bin. Dann kann ich mich kaum auf etwas anderes konzentrieren. Wie zum Beispiel jetzt, auf das Einschlafen.
Als ich nach circa 30 Minuten immer noch wach im Bett liege und die Zimmerdecke über mir hypnotisiere, entscheide ich mich letztendlich dazu einen kleinen Spaziergang im Park zu machen, um meinen Kopf ein wenig frei zu kriegen.
„Puh, heute ist es ja besonders schlimm", hauche ich auf den Treppen nach unten und strenge mich beim Verlassen des Hauses an, meine Familie nicht zu wecken.
Vor der Haustür stehend, prüfe ich nochmal, ob ich meine Schlüssel mitgenommen habe, auch wenn es dafür eigentlich schon zu spät wäre. Als ich mit meiner Hand in die Tasche meines Mantels fahre, kann ich den eisernen Schlüsselbund berühren und atme so erleichtert in die von Straßenlaternen gedämpft beleuchteten Gassen aus.
Mein Atem wird deutlich sichtbar. Dabei kommen mir die Temperaturen sogar um diese Uhrzeit eher sommerlich vor.
Während meiner nächtlichen Runde im Park, kann ich schon das ein oder andere Zwitschern der Vögel vernehmen. Auch der Himmel scheint nicht mehr ganz so dunkel zu sein. Mit meinen Händen in den Jackentaschen beende ich meine Runde.
Vor meinem Haus angekommen, entscheide ich mich noch spontan dazu, mich etwas auf eine der Schaukeln, an dem Spielplatz vor unserer Tür zu setzen. Als ich mich auf einer dieser Schaukeln niederlasse, kommen nostalgische Gefühle in mir hoch und ich muss plötzlich an meine Kindheit denken, was mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zaubert.
Während ich so vor mich hinschaukele schaue ich in den Sternenhimmel hinauf, weshalb ich die Zeit ganz vergesse. Schnell hebe ich meinen linken Arm und senke meinen Kopf, um einen Blick auf meine Armbanduhr erhaschen zu können. „Schon 04:00 Uhr, das heißt nur noch zweieinhalb Stunden Schlaf."
Anhand dieser Erkenntnis springe ich schnell auf, laufe zu meiner Haustür und sperre diese so leise wie nur möglich auf. Auf Zehenspitzen trete ich ein und schließe die Tür hinter mir genauso geräuschlos wieder.
Schnell ziehe ich meine Schuhe und den Mantel aus, um noch so viel Schlaf wie möglich abzubekommen.
Heute muss ich ja schließlich wieder um 06:30 Uhr wegen der Schule aufstehen.
In meinem Zimmer angekommen, schmeiße ich mich auf mein Bett und schlafe dieses Mal sogar fast direkt ein.
Ten PoV:
Wann gibt er endlich mal auf? Ein ganzes Jahr nach unserer Trennung ist mein Ex-Freund noch immer wie besessen von mir.
Ich musste schon etliche Male meine Nummer ändern, aber er findet irgendwie immer wieder einen Weg mich mit seinen dummen Morddrohungsnachrichten zu belästigen.
Na gut, allein der Anfang seines Textes hat ihn schon verraten, da er immer mit „Du wirst mich nie los" beginnt.
Hab ich Lust jetzt den Rest der Nachricht zu lesen? Nö! Mach ich es trotzdem aus reiner Neugier, auch wenn ich ungefähr weiß, was in dieser stehen wird? Ja! Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, lese ich mir die Nachricht meines Exes durch.
+82 xxx xxxxxxxx
„Du wirst mich nie los. Ich werde
immer wieder an deine Nummer kommen.
Völlig egal, wie oft du sie wechselst,
oder mich blockierst. Spar dir deine
Mühen endlich und rede mit mir.
Unter vier Augen! Ich warte unten auf dich.
Liebe Grüße, dein Schatz.
03:00
Angewidert und voller Reue, werfe ich mein Handy an das Fußende meines Bettes. „Man, bereue ich es, ihm damals diesen Spitznamen gegeben zu haben!", flüstere ich, während ich mich aufsetze und durch die Gänsehaut, die sein Text mir beschert hat, meine Arme vor dem Körper verschränke.
„Warte mal!", kommt es diesmal etwas lauter aus mir heraus. „Stand da nicht sowas wie „Ich warte vor der Tür"?", realisiere ich erst jetzt und greife schnell nach meinem Smartphone. Und tatsächlich. Vor dem letzten widerlichen Satz steht, dass er anscheinend unten auf mich wartet. „Aber doch nicht jetzt, oder?", ungläubig schüttele ich meinen Kopf.
Aus irgendeinem Grund schleicht sich jetzt ein komisches Gefühl bei mir an. Weswegen ich mich jetzt hektisch in meinem Zimmer umschaue.
Was mache ich denn hier eigentlich? Ich kenne ihn doch und so weit würde er nun auch wieder nicht gehen. Oder?
Ohne weiter darüber nachzudenken, krabbele ich auf dem Boden rüber zu meinem Fenster. Man weiß ja nie. Am Ende steht der da jetzt wirklich unten.
Langsam richte ich mich immer weiter vor meinem Fenster auf. Je größer ich dabei werde, desto schneller schlägt mein Herz. Als ich mit meiner Stirn das Fensterbrett berühren kann, droht es fast zu explodieren. Nachdem ich noch einmal kräftig schlucke, überwinde ich mich endlich dazu, jetzt auch meine Augen über das Fensterbrett gleiten zu lassen.
Vorsichtig lasse ich meinen Blick in der Gegend vor meinem Wohnkomplex hin und her wandern. Und tatsächlich, nach kurzem Suchen trifft mein Blick auf eine von den Straßenlaternen beleuchtete Person, die definitiv Taemin aus der letzten Abschlussklasse „SHINee" und damit auch mein Ex ist.
Dieses Arschloch würde ich aus kilometerweiter Entfernung erkennen.
Plötzlich fängt mein Handy aus dem nichts an, laut zu vibrieren, weshalb ich vor Schreck nach hinten auf meinen Hintern falle. „Ouch", beschwere ich mich leise und sehe dann auf mein nach von vorhin geöffnetes Handy. Schon wieder eine Nachricht von ihm.
+82 xxx xxxxxxxx
Ich kann dich sehen. Komm jetzt runter und
rede mit mir, oder ich garantiere für
garnichts.
03:22
„Fuck, fuck, fuck, fuck!", fluche ich leise und versuche mit meinen Händen vor dem Gesicht meine Gedanken zu fassen. Nach kurzem Überlegen nehme ich dann mein Smartphone in die Hand und fange an zu tippen.
Ich
Was willst du von mir?
03:26
+82 xxx xxxxxxxx
Ich möchte nur mit dir reden.
03:26
Ich
Ich aber nicht mit dir und vor allem nicht
um solche Uhrzeiten.
03:27
Ich
Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?
03:27
+82 xxx xxxxxxxx
Komm jetzt runter!
03:27
Ich
Denkst du wirklich ich treib' mich in der
Dunkelheit, um 03:00 Uhr morgens mit dir
alleine draußen rum?
03:28
+82 xxx xxxxxxxx
Du solltest jetzt lieber runter kommen,
sonst überfalle ich dich irgendwann,
wenn du es am wenigsten vermutest.
03:29
Ich
Und was dann? Schlägst du mich dann
zusammen, oder versuchst du mich
vielleicht nochmal zu erwürgen?
03:30
Ich
Ich meine bei den leeren Straßen würde es
doch eh keiner mitbekommen. Das ist es doch
weshalb du hier bist, oder?
03:30
+82 xxx xxxxxxxx
Ich hab' doch gesagt, dass ich nur reden
will.
03:31
Ich
Wenn es dafür wenigstens eine Garantie
gäbe. Verschwinde jetzt von meiner Wohnung,
oder ich rufe die Polizei. Ich will dich nur daran
erinnern, dass deine einstweilige Verfügung
immer noch steht.
03:32
+82 xxx xxxxxxxx
Du meinst wohl meine Wohnung.
03:33
Ich
Falls du's vergessen hast. Diese Wohnung
gehört jetzt mir, aber ich kann dich gerne
wieder in dein altes Zuhause namens
Gefängnis zurück befördern, wenn du
jetzt nicht sofort von hier verschwindest.
03:34
+82 xxx xxxxxxxx
Gut. Ich habe wirklich gehofft
diese Methode nicht anwenden
zu müssen, aber du willst es ja
anscheinend nicht anders. Wenn du
jetzt nicht sofort runter kommst, hat
dein Auto, auf das du ja so lange
gespart hast, gleich ganz viele
Dellen und keine Scheiben mehr.
Und dabei ist es mir völlig egal, ob
ich dafür wieder im Knast lande.
Denn ich habe eh keinen Platz mehr
zum Wohnen. Also unterschätze mich
besser nicht.
03:35
+82 xxx xxxxxxxx
In zwei Minuten stehst du hier unten,
oder du kannst dich von dem
Schrotthaufen verabschieden.
03:36
„Verdammter Psychopath!", fluche ich, während ich schnell nach meiner Jacke und meinen Schlüsseln greife. Vor der Tür schlüpfe ich schlampig und mit den Fersen herausstehend in meine Schuhe, ehe ich dann über die Treppen fast schon nach unten schwebe.
Ohne darüber nachzudenken was alles passieren könnte, reiße ich die Tür des Wohngebäudes auf und renne zu meinem Ex-Freund. Mit einem Sicherheitsabstand von ungefähr drei Metern komme ich dann ruckartig vor ihm zum stehen.
„Ist es dir das wirklich wert?", frage ich schnaufend mit den Händen auf den Oberschenkeln.
Sofort macht er drei große Schritte auf mich zu und packt mich anschließend mit seiner rechten Hand am Hals. Noch völlig aus der Puste, bin ich dieser Aktion seinerseits, schutzlos ausgeliefert. Plötzlich verengt mein Gegenüber auch noch seinen Griff und drückt mich dann nach hinten, an einer Straßenlaterne hoch.
Als ich kaum noch Luft bekomme, versuche ich, ihn mit Schlägen und Tritten abzuschütteln. Der Größere von uns beiden lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und krallt sich noch einmal mit seinen Fingernägeln in meinen, jetzt wahrscheinlich blauen, Hals, bevor er dann endlich von mir ablässt.
Keuchend sacke ich auf dem Boden zusammen. Nachdem ich genug Luft geschnappt habe, hebe ich meinen Kopf langsam etwas, um dem Älteren ins Gesicht blicken zu können.
„Von wegen nur reden. Aber was soll's, ich bin ja eh schon dran gewöhnt", raune ich und schenke Taemin dabei ein verschmitztes Grinsen.
„Zu Beginn wollte ich wirklich nur mit dir sprechen, aber du musstest ja wieder so einen Aufstand machen", entgegnet er, deutlich genervt von meiner Reaktion und hält mir dann trotzdem seine Hand zum Aufstehen hin. Diese schlage ich natürlich weg. „Lass mal gut sein", murre ich. „Was willst du jetzt von mir?", frage ich nun wohlwissend, dass das mit meinen acht Stunden Schlaf heute sowieso nichts mehr wird.
„Also..."
Fortsetzung folgt...
So jetzt wisst ihr wer der dude ist, der Ten um 3:00 Uhr Nachts belästigt. Und ja die Rennmaus vom letzten Kapitel könnte noch wichtig werden.
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