Kapitel 1
"Der Artikel ist gar nichts. Das kann man nur verbrennen. Nochmal. Was haben wir denn hier? Wie sich unsere Gesellschaft verändert? Das ist wohl nicht ihr Ernst, Meyer. Suchen sie sich am besten gleich ein neues Thema, sonst wird das nichts. Suzie, der Text ist nicht schlecht aber ich brauche noch mehr Fakten. Unsere Leser wollen keine Theorien sondern Enthüllungen. Los geht's, morgen habe ich es auf meinem Tisch! Stolsinski...was mache ich nur mit Ihnen? Wann lernen sie endlich, dass sie ihre Interviews nicht zitieren sondern klar als Interview darstellen sollen? Und bitte schneller, ihr werdet hier nicht fürs Rumstehen bezahlt!"
Unfassbar, dass es keinen Tag gab, an dem ich mal nichts oder nur wenig bemängeln musste. Aber wenn man nun mal nicht alles selbst machte...
Mein Handy klingelte und ich sah auf das Display.
Ruth Parker
Meine Schwester. Normalerweise hätte ich den Anruf ignoriert, da ich wirklich im Stress war, erst Recht wenn es ein Anruf von meiner Familie war, doch Ruth war ausgerechnet die, die mich von meiner ganzen Familie am meisten verabscheute, darum musste es wirklich wichtig sein.
"James Parker, NYS was kann ich...ich meine... Hallo?" meldete ich mich. Ich war mein Festnetzanschluss in meinem Büro gewohnt, darum wurde ich meinen Standartsatz nur schwer los.
"Hey, James. Ruth hier." erwiderte Ruth knapp.
"Ruth, was gibt's? Ich bin im Stress, also ist es wichtig?"
Meine Sekretärin kam herein, ich winkte sie wortlos her und unterschrieb den Zettel den sie mir zeigte.
"Es ist wichtig, aber dich interessiert sowieso nur deine dumme Firma. Hauptsache du schwimmst im Geld, alle anderen sind dir eh egal."
Relativ unbeeindruckt lächelte ich meiner Sekretärin zu als sie verschwand und antwortete gleichzeitig meiner Schwester.
"Hast du nur angerufen um mich zu nerven? Das wüsste ich gerne, dann kann ich auflegen oder dich einfach reden lassen." meinte ich.
"Mom ist tot." platzte sie heraus.
"Was?" Ich konnte nicht glauben was sie da sagte. Ganz sicher hatte ich mich verhört.
"Sie ist gestern gestorben. Wir wussten dass sie krank war, aber dass es so schnell zu Ende gehen würde ahnte keiner."
Ich stützte meinen Kopf auf meinen Arm. Das war ein Schock für mich. Sie war noch viel zu jung, eigentlich im besten Alter. Und von der Krankheit wusste ich gar nichts. Was hatte sie gehabt? Wie lange war sie schon krank gewesen?
"Wann ist die Beerdigung?" fragte ich und meine Stimme war schon nicht mehr so stark wie davor.
"Übermorgen. Um elf. Können wir mit dir rechnen?"
"Ruth, es geht hier um meine Mutter. Für wie kalt hältst du mich eigentlich? Natürlich werde ich kommen."
"Für so kalt wie der Nordpol. Aber das tut hier nichts zur Sache. Kommt deine Familie auch? Ich frage das wegen der Planung."
"Nein, ich bezweifle dass meine Familie mitkommt."
"Natürlich. Hab ich vergessen. Wir Landpummeranzen sind unwichtig für euch."
"Langsam gehst du mir wirklich auf die Nerven." murmelte ich.
"Wie schön. Also wir sehen uns dann morgen." sagte sie unfreundlich zum Abschied und legte dann auf.
"Sally?" fragte ich meine Sekretärin.
"Ich werde heute früher gehen, kommen Sie den restlichen Tag ohne mich klar?"
"Aber Mr. Parker! Es ist doch schon gleich zwei Uhr."
Erstaunt sah ich auf meine Uhr.
"Tatsächlich. Ich bin heute nicht mal zum Mittagessen gekommen. Na was solls. Ich werde gleich gehen und die nächsten Tage bin ich nicht da. Werden sie den Laden hier schmeißen? Sie haben mein vollstes Vertrauen und wenn sie Fragen haben, ich bin erreichbar."
"In Ordnung. Wann werden sie wieder zurück sein?"
"Gute Frage, ich weiß es nicht. Aber falls ich vor dem Druck nicht komme, dann schicken Sie mir bitte die schlimmsten Artikel und ich werde sie korrigieren. So aber ich muss jetzt wirklich los."
***
Da ich nicht wesentlich früher dran war als sonst, holte ich erst mal Lucy ab, so wie immer.
Ich parkte an meinem Stammplatz - überall kämpften die Leute um freie Parkplätze, aber diesen hier übersah jeder - und wartete.
Es war ein wirklich schöner Tag eigentlich. Wolkenloser Himmel, die Sonne schien...wenn da nicht diese schreckliche Nachricht gewesen wäre.
"Hey." sagte plötzlich eine Stimme und ich blickte herüber zu einem Mädchen, naja, besser gesagt junger Frau, wahrscheinlich eine Senior-Schülerin, die sich gerade ihre blonden Locken durchschüttelte.
"Ja?" fragte ich verwundert.
"Du bist doch wegen Lucy hier. Ich wollte nur sagen, ich wäre eine viel bessere Partie." sagte sie in einem verführerischen Ton und legte mir einen Zettel auf den Beifahrersitz, bevor die davon stolzierte.
Ich schaute ihr kurz hinterher, dann nahm ich den Zettel. Darauf stand eine Handynummer.
Was zur Hölle? Die war doch höchstens 18!
Als nächstes kam ein Junge vorbei, etwa im gleichen Alter.
"Sie sollten sich schämen! Lucy ist minderjährige und Sie nutzen sie nur aus. Suchen Sie sich lieber eine in ihrem Alter, sie pedophiler Perversling!" rief er und ich konnte gar nicht schnell genug geschockt meine Sonnenbrille abnehmen, da war er auch schon verschwunden. Und ich wusste auch schon, warum: Lucy stand jetzt vor der Beifahrertür.
"Na, endlich, wurde auch langsam Zeit! Ich würde schon angebaggert und als Pedophil beschimpft." meinte ich.
Lucy lachte.
"Wie? Wer hat dich angebaggert?"
"So ne Blonde. Mit dieser Nummer hier." Während sie einstieg, zeigte ich ihr den Zettel und startete den Motor.
"Ach, das ist Caitlin. Sie ist eifersüchtig, weil ich plötzlich beliebter bin als sie."
"Aha. Und wer war der Typ?" fragte ich und fuhr los.
"Brian. Der steht auf mich. Wahrscheinlich hat er dich deswegen beschimpft."
"Wieso glauben alle, dass ich dein Freund bin? Wundert dich das gar nicht?"
"Weil du mich jeden Tag von der Schule abholst und...als das Gerücht aufkam habe ich es nicht abgestritten."
"Warum? Das ist doch..." Mir fiel darauf kein Wort ein.
"Weil ich seitdem viel beliebter bin. Die Mädchen sind neidisch, weil sie dich anscheinend attraktiv finden und die Jungs sind auch netter zu mir. Naja, sie nehmen mich jetzt wahr."
"Du wirst beliebter, wenn alle denken, du hättest eine Beziehung mit einem alten Kerl? Wie krank ist das denn?" Ich war entsetzt.
"Ja, so sind die Teens heute."
"Das ist doch bescheuert!"
"Du hast keine Ahnung, wie schwer es ist und was man alles tun muss, um kein Außenseiter zu werden."
"Aber warum kümmert dich das? Du hast doch Freunde. Zwar keine auf der Schule, aber nach dem Abschluss siehst du die sowieso nie mehr. Konzentrier dich auf de Schule, dann werden deine Noten auch besser." meinte ich.
"Ach, als ob du früher in der Schule so viel gelernt hättest." Lucy verdrehte die Augen.
"Als ich in der Schule war, habe ich alles gemacht, nur nicht gelernt. Da war man nur Außenseiter wenn man ein richtiger Freak war und selbst die hatten oft andere Freaks als Freunde. Aber das war erstens eine andere Zeit und zweitens keine Elite Schule in New York City sondern die einzige High School in dem Kaff, in dem ich gelebt habe."
Da wusste Lucy nichts zu erwidern.
"So, aber nochmal zurück zum Thema: Wieso ist es dir lieber, den Leuten zu sagen, ich wäre dein Freund anstatt dein Vater? Das verstehe ich nicht!"
"Sieh dich doch mal an! Schwarze Sonnenbrille, knallrotes Cabrio und siehst aus wie 25. Wenn nicht der etwas ältere Freund, dann der durchgeknallte Dad mit Midlife-Crisis, obwohl er nur 10 Jahre älter ist als ich."
"Versuchs mal mit 20, Schätzchen." warf ich ein.
"19." korrigierte sie.
"Aber auch keine 10. Weil das wäre wirklich krank und verstörend. Dass ich dein Dad bin, dagegen überhaupt nicht."
"Die Jugendlichen von heute können einen wegen allem fertig machen und mit wäre es wesentlich lieber, die lachen über etwas, was ich erfunden habe als über dich und die Wahrheit." erklärte sie.
"Dann lass sie doch lachen. Du kannst über die lachen, weil du reicher als die bist. Was ist mit deinem Selbstbewusstsein?"
Wo ist das Mädchen hin, dass ohne Nachzudenken alles gesagt und getan hat was sie wollte und sich für nichts schämte? Naja, vielleicht wurde man so, wenn sich die eigene Mutter kaum für einen interessierte.
"Keine Ahnung. Vielleicht ist das so, wenn man seit Jahren auf einen Typen steh und für ihn Luft ist und der zum ersten Mal mit dir spricht, wenn du einen gefakten Freund hast." seufzte sie.
"Brian?"
"Nein, Aaron. Brian ist ein totaler Idiot, mit dem würde ich nicht mal ausgehen, wenn er der letzte Mann auf Erden wäre."
"Er hat aber nett auf mich gewirkt."
"Er hat dich als pedophil beschimpft."
"Hmm, könnte lustig werden, wenn du ihn mir offiziell mal vorstellst." grinste ich.
"Oh Gott, Würg! Aber sein Gesicht würde ich wirklich gerne sehen, wenn ich ihm sage, dass du mein Dad bist." lachte Lucy.
"Apropos, ich muss dir was wichtiges sagen." fing ich an. Durch diese seltsame Geschichte habe ich das eigentliche ganz vergessen.
"Was denn?"
"Oma ist gestorben." Ich brachte es erstaunlich gefasst heraus.
"Was? Oh nein. Wann?"
"Gestern. Sie war anscheinend schon länger krank. Ich wusste gar nichts davon, Ruth hat es mir heute gesagt. Wir fahren natürlich zur Beerdigung, ich lasse dich beurlauben von der Schule."
"Super." Sie versuchte noch nicht mal ihre Freude darüber zu verstecken.
"Kommt Mom auch mit?" fragte sie.
"Dreimal darfst du raten."
"Also nein."
"Du hast es erfasst."
"Wenn ich ehrlich bin, bin ich froh. Ich hätte weder Lust, ihren neuen Lover zu sehen, noch dass ihr euch dauernd streitet. Ist es überhaupt legal, einen Freund zu haben, wenn man kurz vor der Scheidung steht?"
"Süße, es ist sogar legal, wenn man noch angebliche glücklich verheiratet ist."
Aber selbst wenn es verboten wäre, hätte Trish mich trotzdem betrogen, da war ich mir sicher.
"Wenn ihr euch scheiden lasst, werde ich dann einen von euch weniger sehen, oder?"
"Nun, deine Mom siehst du ja eh kaum, also wird sich nicht viel ändern."
"Aber es ist blöd. Dann sehe ich sie noch viel seltener."
"Sieh es mal so: Wenn sie dich nur für ein paar Tage hat, dann wird sie die Zeit mit dir sinnvoller verbringen. Das ist doch was, oder?"
"Ich bezweifle es. Hast du Angst, dass Mom das volle Sorgerecht gewinnen könnte?" fragte sie mich.
"Wenn sie es gewinnen sollte, werde ich es auf jeden Fall anzweifeln. Jeder Richter der bei Verstand ist, wird erkennen dass sie sich die letzten Jahre so gut wie gar nicht für dich interessiert hat, also nein, Angst habe ich nicht. Außerdem - nehmen wir mal das schlimmste an, also dass sie das volle Sorgerecht bekommt - dann hole ich dich trotzdem jeden Tag von der Schule ab und wir verbringen den Nachmittag zusammen, bis Trish irgendwann gegen 8 Uhr nach Hause kommt. Auch so wäre es kein Weltuntergang, aber Lucy, du kannst dich auf mich verlassen: Soweit werde ich es auf keinen Fall kommen lassen!"
"Danke. Das ist gut zu wissen. Du weißt, ich hab dich lieb, Dad. Nicht wahr?"
"Du wirst für immer meine Kleine bleiben, egal was passiert. Das verspreche ich dir."
Das war jetzt das 1. Kapitel (über 1.800 😍)
Wie findet ihr es soweit? Ist es lesenswert? Ist der Klappentext ansprechend? Würdet ihr es lesen?
Schreibt es einfach in die Kommentare ❤️😄
Rosie 💋💋💋
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro