Zwei abgehakt, einen noch, dachte Aurelia bei sich. Eine fiebrige Aufregung hatte sich in ihr breit gemacht. Sie spürte sie war so kurz davor diesen Fall zu lösen. Jetzt musste sie nur noch Tony und Marie davon überzeugen ihr endlich die Wahrheit zu sagen.
Sie klopfte an ihre Tür und Tony öffnete.
Er blickte sie mit überrascht nach oben gezogenen Augenbrauen an.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie nochmal kommen. Nachdem, was ich in der Zeitung gelesen habe."
Aurelia atmete tief ein und aus und straffte die Schultern.
„Doch, gerade deswegen ist es umso wichtiger, dass Sie endlich ehrlich zu mir sind und meine Fragen beantworten. Denn ich bin die einzige, die versucht denjenigen zu finden, der Sie töten will. Aber ich glaube Sie wissen, wer das war."
Tony blickte sie lange an. Dann machte er einen Schritt zur Seite.
„Bitte kommen Sie doch herein."
Aurelia betrat die Wohnung. Marie saß in dem korallfarbenen, verdrehten Sessel und blickte ihr feindselig entgegen. In einer Ecke neben dem Kamin standen zwei gepackte Koffer.
"Verreisen Sie?" fragte Aurelia und deutete auf das Gepäck.
Tony schloss die Tür hinter ihr und setzte sich neben seine Frau in den Froschsessel.
Er deutete auf das gelb-lila Sofa und Aurelia nahm Platz.
"Wir besuchen meine Eltern." sagte Marie und sah ihr provokativ ins Gesicht, als wolle sie sie auffordern zu widersprechen.
Aurelia lächelte bloß höflich.
"Wie schön. Aber bitte halten Sie sich weiter zur Verfügung, es könnte sein, dass ich noch mehr Fragen habe."
Marie kräuselte die Lippen.
„Ich glaube nicht, dass sie die Befugnis haben, uns weiterhin Fragen zu stellen."
„Sie haben Recht, die habe ich offiziell nicht. Deswegen werde ich Ihnen auch keine Fragen mehr stellen, sondern Ihnen erzählen, was meiner Meinung nach passiert ist."
Marie presste dir Lippen aufeinander, sagte jedoch nichts.
„Sie haben zusammen mit Faye, Sameena und Millicent einen Plan geschmiedet, um Ihren Mann zu töten. Vielleicht war es Ihre Idee, vielleicht Fayes, vielleicht Sameenas, vielleicht Millicents, es ist egal. Sie alle hatten einen guten Grund Tony loswerden zu wollen.
Faye wollte ein Geheimnis schützen, Sameena ihre Geschäfte und ihren Ruf, Millicent wollte einen Schuldner loswerden und Sie, Marie, Sie hatten genug von Ihrem Mann. Er hatte nicht nur Ihr Geld verspielt, sondern auch seine Karriere in den Sand gesetzt und damit auch das Leben, das Sie sich erhofft hatten. Außerdem mussten Sie befürchten, dass Tony von Ihrer Affäre erfuhr."
Tony starrte seine Frau an und alle Farbe wich aus seinem Gesicht, in seinen Augen stand der Schmerz so deutlich geschrieben, als hätte er laut aufgeschrien.
Marie leugnete nichts und fixierte das Muster des Teppichs. Aurelia fuhr unbarmherzig fort.
„Sie haben also zusammen einen Plan erarbeitet. Sameena hat, vielleicht mit Sanjits Hilfe, den Gifttrank besorgt und ihn vertauscht. Sie haben den Feuerkelch so manipuliert, dass er zur richtigen Zeit die festgelegte Nummer für den Trank ausspuckte. Sie kannten Tonys Glückszahl und wussten er würde sich als Dritter melden oder vielleicht haben Sie ihn auch dazu überredet."
Tony warf seiner Frau einen schnellen Blick zu, als wolle er taxieren, ob Aurelia Recht hatte, sich aber nicht traute.
„Dann nahm der Abend seinen Gang und Sie mussten nur noch warten. Doch irgendetwas ist schiefgelaufen. Jemand hat kalte Füße bekommen und ihren Plan vereitelt.
Haben Sie selbst Ihren Mann gewarnt?"
Marie ignorierte sie und griff nach der Hand Tonys, der wie betäubt vor sich hinstarrte.
„Nichts davon ist wahr, Tony. Das musst du mir glauben", sagte sie mit eindringlicher Stimme, „ich würde dir nie wehtun wollen."
Tränen sammelten sich in ihren Augen.
„Bitte, Tony, sieh mich an."
Tonys Augen flackerten und er schien sie erst jetzt richtig wahrzunehmen.
Wie aus einem Tunnel klang seine sanfte Stimme.
„Marie hat damit nichts zu tun" sagte er, sah dabei aber nur Aurelia an. Er entzog seiner Frau seine Hände, stand auf und ging hinüber zu einem Regal, auf dem ein paar Quidditch-Auszeichnungen ausgestellt waren. Er griff in ein Kästchen und zog einen Briefumschlag hervor.
„Diesen Zettel habe ich am 29. im Briefkasten gefunden."
Er übergab ihr den Umschlag, auf dem in ordentlicher Schrift „Für Tony" stand.
„Melde dich als Dritter beim Feuerkelch und all deine Schulden sind vergolten" lautete die Nachricht.
Aurelia sah ihn fragend an.
„Ich bin mir sicher, dass der Brief von Millicent kommt. Sie allein wollte mich tot sehen. Sie hat mich und meine Frau schon zuvor bedroht und gestern..." Er stockte, „gestern hat sie einen ihrer Handlanger geschickt, der versucht hat mich umzubringen."
„Was?" Marie schnappte entsetzt nach Luft und starrte ihren Mann an.
„Davon hast du mir gar nichts erzählt."
Tony schüttelte traurig den Kopf.
„Ich wollte dich nicht noch mehr beunruhigen" sagte er leise.
Marie biss sich auf die Lippen und Aurelia meinte sie „so viel zu Ehrlichkeit" murmeln hören.
Sie wandte sich Tony zu.
„Es ist gut, wenn Sie mir endlich die Wahrheit sagen. Nur so kann ich genug Beweise sammeln, um denjenigen, der Ihnen das angetan hat, zur Rechenschaft zu ziehen."
Tony warf einen Seitenblick zu Marie und nickte.
„Schildern Sie mir bitte genau, was an Silvester sowie gestern vorgefallen ist."
Tony rutschte auf seinem Sitz hin und her und begann dann zu erzählen. Er habe Spielschulden bei Millicent gehabt, die er nicht mehr zurückzahlen konnte. Als er die Anweisung erhalten hatte, war ihm klar, dass er sie befolgen musste, also hatte er sich wie gewünscht als Dritter gemeldet, dann jedoch musste er dringend auf die Toilette.
Aurelia unterbrach ihn.
„Bitte, Mr. Thompson. Fangen Sie nicht wieder damit an."
„Es war aber so."
„Ich soll Ihnen also glauben, dass die Tilgung Ihrer Schulden für Sie in greifbarer Nähe war und Sie es nicht noch geschafft haben ein paar Sekunden länger zu warten auf die Toilette zu gehen? Das fällt mir sehr schwer, Mr. Thompson. Wen wollen Sie schützen?"
Er schüttelte stur den Kopf und Aurelia sah die Angst in seinem Blick.
„Ihre Frau? Tony, Sie helfen Ihr nicht, indem Sie mich weiter belügen."
„Marie hat damit nichts zu tun" beharrte er, „ich musste dringend auf die Toilette".
Aurelia seufzte. Wieso bloß blieb er so beharrlich bei seiner Geschichte?
„Können Sie mir dann wenigstens sagen, was gestern Abend vorgefallen ist."
Tony schilderte den Angriff. Aurelia bat ihn darum ihr seine Erinnerung daran zu überlassen und zu ihrer Freude zog er sich einen blauen glitzernden Faden aus der Schläfe und überreichte ihn ihr in einer Phiole. Hiermit, dachte Aurelia bei sich, musste sie doch wohl Bullfrog von der Dringlichkeit einer Untersuchung überzeugen können. Und wenn dieser ihr nicht zuhören wollte, war sie inzwischen bereit bis zu Harry Potter zu gehen. Diese ganze Geschichte musste aufgeklärt werden, bevor erneut jemand zu Schaden kam.
Dennoch ärgerte es Sie, dass Tony ihr nicht alles sagte.
„Mr. Thompson, um nochmal auf Silvester zurückzukommen. Eduard hat Sie gesehen, wie Sie auf die Straße gelaufen sind. Kurz darauf ist Ihnen Ihre Frau gefolgt. Was wollten Sie da?"
Aurelia wusste, bevor er ihr überhaupt geantwortet hatte, dass nun eine weitere Ausrede folgen würde.
„Ich wollte mir das Feuerwerk ansehen."
„Natürlich."
Sie seufzte und fuhr dann fort.
„Sie beharren darauf, dass Ihre Frau damit nichts zu tun hat. Aber was ist mit Sameena und Faye? Wussten Sie von Sameenas IVZ-Handel und um welches Geheimnis handelt es sich, mit dem Sie Faye gedroht haben?"
„Ich habe Sameena des Öfteren bei Millicent getroffen. In der Spielehöhle. Sie hat dort ihre Tränke verkauft." gab er zögernd zu
Marie, die die ganze Zeit über mucksmäuschenstill geblieben war, starrte ihn überrascht an.
„Und was Faye betrifft", sagte er und zuckte die Achseln, „kann ich mich ehrlich gesagt gar nicht mehr daran erinnern, wovon Sie sprechen" Dabei schaffte er es jedoch nicht ihr in die Augen zu sehen.
„Sameena will einen Streit zwischen ihnen gehört haben. Einen Riesenstreit. Sie haben Faye damit gedroht, ihr Geheimnis zu verraten. Das können Sie doch nicht vergessen haben"
Tony wurde merklich bleicher, behielt jedoch die Fassung.
„Sameena ist eine alte Lügnerin" ergriff nun Marie das Wort, „Sie sollten ihr nichts glauben, was sie sagt."
Aurelia unterdrückte ein Grinsen. Es war offensichtlich, dass Marie gerade versuchte, sich aus Ihrer Misere zu retten. Sie ignorierte Marie und sah Tony herausfordernd an.
„Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, so wichtig kann es also nicht gewesen sein".
„Wie gesagt, Sameena ist eine eiskalte Lügnerin und wenn sie ja offensichtlich mit IVZs..."
Aurelia schnitt Marie das Wort ab.
„Mrs. Thompson. Mich würde vielmehr interessieren, was Sie von dem ganzen gewusst haben? Wussten Sie von der Nachricht? Gehörte dies zu Ihrem Plan?"
Marie schüttelte vehement den Kopf und blickte hilfesuchend zu Tony, der jedoch nur zu Boden starrte.
„Ich haben Ihnen doch schon gesagt, dass ich niemals,..."
„Wann haben Sie den Feuerkelch verzaubert?" unterbrach Aurelia sie.
„Das...das muss am 27. gewesen sein, gleich nachdem Sameena uns eingeladen hatte."
„Und wo haben Sie den Kelch in der Zwischenzeit aufbewahrt?"
„Naja, hier,..., auf dem Regal." Marie runzelte die Stirn, dann schien ihr ein Licht aufzugehen.
„Und ich haben ihn auch nicht mit irgendwelchen Zaubern geschützt!", rief sie eifrig aus, „es hätte jeder einfach hereinkommen können und ihn manipulieren."
Sie sah Aurelia mit großen Augen eindringlich an, diese ging jedoch nicht darauf ein.
„Ok", sagte sie kurz angebunden, „was haben Sie am 31. in den Stunden vor der Party gemacht?"
Marie biss sich auf die Lippen.
„Tony und ich waren die ganze Zeit hier und haben uns auf die Party vorbereitet, oder?" Unsicher blickte sie zu Tony, der noch immer in den Boden starrte und nickte.
„Und Sie sind dann um 4 zur Party gekommen?"
Marie bestätigte es.
„Gut", Aurelia stand auf und klappte ihren Notizblock zu, „ich muss Sie beide natürlich bitten in Ihrer Wohnung zu bleiben. Sie wissen ja selbst wie gefährlich Millicent und ihre Bande ist. Daher werde ich Ihre Wohnung mit einigen Schutzzaubern versehen, die jedoch nur wirken, wenn Sie hierbleiben, haben Sie das verstanden?"
Aurelia blickte beide eindringlich an. Marie nickte eifrig. All ihre Feindseligkeit schien von ihr abgefallen zu sein. Auch Tony nickte. Aurelia stand auf und belegte ihre Wohnung mit allen möglichen Schutzzaubern.
„Des Weiteren brauche ich von Ihnen beiden eine Schriftprobe. Ich denke Sie werden wohl beide morgen eine Einladung ins Zaubereiministerium bekommen, zur offiziellen Vernehmung. Halten Sie sich bitte bereit."
Marie sah sie mit großen Augen an, ihr Mann nickte nur schwach.
„Vielen Dank für Ihre Kooperation, Mr. und Mrs. Thompson. Ich finde selbst hinaus."
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Die Tür fiel hinter Aurelia Winter ins Schloss. Es herrschte eine fast greifbare Stille. Tony saß zusammengesunken auf demselben Fleck wie zuvor und sein Anblick brach Maries Herz. Schuldgefühle, so groß, dass sie meinte von ihnen erdrückte zu werden, fielen auf sie wie ein Betonklotz und raubten ihr fast die Luft zum Atmen.
Tony nun so vor sich zu sehen, machte ihr klar, was sie ihm angetan hatte.
War es das wert? fragte eine nagende Stimme in ihrem Inneren. Sie wusste in dem Moment selbst nicht mehr, wieso sie sich jemals auf David eingelassen hatte. Es war nichts weiter als eine Ablenkung gewesen, eine Flucht aus ihrer beider Leben. Er hatte zwar so getan, aber geliebt hatte er sie niemals, das wussten sie beide. Ganz im Gegensatz zu Tony. Was auch immer er getan hatte, niemals hatte sie daran gezweifelt, dass er sie liebte. Und alle Rechtfertigungen, die sie sich selbst über die Jahre hinweg eingeredet hatte, verpufften.
Sie ging zu ihm und hockte sich vor ihm auf den Boden. Er sah nicht hoch, als sie nach seinen Händen griff. Sie spürte die vertrauten Schwielen unter ihren Fingern, wo sich seine Hände jahrelang in jedem Wetter an den Besenstiel geklammert hatten und ein Kloß bildete sich in ihrem Hals.
„Es tut mir leid, Tony" sagte sie tonlos.
Endlich sah er sie an und in seinen Augen spiegelte sich ein bodenloser See an Schmerz und Trauer.
„Seit wann?" fragte er sanft und Marie musste die Tränen zurückhalten.
„Ich weiß es nicht mehr genau, es war ein auf und ab. Vielleicht seit 4 Jahren."
Tonys Unterlippe begann zu zittern und er sah sie ungläubig an. Maries Augen brannten. Sie streckte eine Hand aus und wollte sie an seine Wange legen, doch Tony zuckte vor ihrer Berührung zurück.
„Kenne ich ihn?"
Marie nickte.
„David Wilkins" flüsterte sie und nun liefen ihr endgültig die Tränen über die Wangen. Ihr ganzer Körper schien vor Scham zu verbrennen.
„Mein alter Manager?" Tony sah sie mit einer Mischung aus Abscheu und Trauer an und Marie hasste es, ihm diese Schmerzen zugefügt zu haben.
„Es tut mir leid" wiederholte sie, aber Tony wandte seinen Blick ab.
„Wusstest du davon?" fragte er und seine Stimme brach.
„Was?"
„Wusstest du von Millicents Plan?" Seine Augen bohrten sich in die ihren, suchten auf dem tiefsten Grund ihrer Seele nach der Wahrheit und es zerriss ihr Herz, dass er dachte, sie könnte etwas damit zu tun gehabt haben.
„Tony. Ich würde dir nie, nie etwas antun können. Ganz egal, wie wütend ich auf dich war." Sie versuchte all ihre Überzeugungskraft in ihre Worte zu legen und sah ihn zu ihrer großen Erleichterung nicken.
„Aber die Ermittlerin glaubt das", wisperte er, „wir müssen sie davon überzeugen, dass es nicht so ist."
„Ich glaube ich habe eine Idee." Marie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah ihn eindringlich an.
„Sie verdächtigt uns alle, aber sie hat keinen Beweis. Wenn wir alle zusammenarbeiten, können wir ihr diesen Beweis liefern."
Tony sah sie fragend an.
„Wir sollten uns nochmal mit deiner Freundin treffen und dann", sie grinste leicht, „Sameena einen Besuch abstatten".
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