41- Narben
Sie fielen Lucy als erst auf, als sie schon drei Tage mit Nico an einem Tisch gesessen hatte. Vielleicht, weil es die letzten Tage ungewöhnlich kalt waren, und das alles plötzlich heraus geholt wurde. Es war das erste Mal, dass sie ihn in Tank-Top sah, ohne seine schwarze Lederjacke.
Zuerst sah sie nur ein Aufblitzen, aber während sie aßen, war sie sich sicher. Lucy streckte ihre Hände aus, nahm seine Handgelenke und drehte die Arme so, dass sie die Innenseite gut sehen konnte. Jedes Gespräch an ihrem Tisch stoppte, und alle starrten Nico an, der nur seufzte.
Wie hatten sie sie nicht bemerken können?
Narben. Und zwar viele. Und Tattoos. Linien zogen sich seine Arme hoch, überdeckten kleine, weiße Narben und wurden von ihnen geteilt.
Auf seinen beiden Unterarmen stand ein Satz. Rechts I'm getting better, links I'm getting worse.
Der linke Unterarm sah schlimm aus. Die Narben waren dicker, die Schnitte tiefer gewesen. Es sah aus, als hätte er wütend auf sie eingehackt, diagonal und senkrecht, nur versucht, etwas von seiner eigenen Haut zu erreichen.
Noch auffälliger waren seine Handgelenke. An beiden war eine Narbe, hell, die sich über die Adern zog. Niemand könnte so einen Schnitt überleben, er würde verbluten.
Auf diesen beiden Narben war eine gestrichelte Linie mit einer kleinen Schere, wie die, die es auf Verpackungen gab, darunter standen zwei Namen in verschnörkelter Schrift.
Bianca und Maria.
"Scheiße Nico.", flüsterte Cecil leise.
"Verdammt Leute, starrt mich nicht so an, okay? Bitte. Ich will kein Mitleid, ich bin sauber, schon seit...seit fast einem Monat. Es geht mir jetzt besser, klar?", sagte Nico, und es war das erste Mal, das er sich nicht vollkommen kontrolliert und sicher anhörte.
"Aber...Warum? Ich meine, sieh dich an. Du bist groß, gutaussehend, selbstbewusst. Warum? Und warum...Ich meine, die meisten verstecken die. Du nicht, warum?", fragte Lou Ellen verwirrt, und Nico lachte.
"Erstens, ich hatte einen Scheiß Start ins Leben, ganz einfach. Es muss keinen Grund geben, traurig zu sein. Es ist so. Es ist egal, wie schlecht es anderen geht, weil es dir schlecht geht. Und...Ich habe mich mein ganzes Leben versteckt, und ich werde mich niemals wieder wegen etwas schämen, das nicht meine Schuld war, oder mich verstecken für etwas, das ich bin. Also, hört auf mich so anzusehen. Klar? Es ist gut, das alles hier ist so, wie es sein soll."
Von da an war es still, und sie wandten sich wieder dem Essen zu, bis Nico aufstand, ein"Ich muss hier raus" murmelte und aus der Mensa ging.
Sie sahen ihn an diesem Tag nicht mehr.
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