Neue Bedienstete
Fassungslos und angewidert sah sie sich um, als sie die Eingangshalle betrat. Dies war kein Ort, an dem man sich freiwillig aufhielt. Der Gestank des Todes kroch in ihre Nase und ließ eine Gänsehaut des Ekels entstehen. Dort hatten sie die armen Kinder hingebracht? Hier soll es Ihnen gut gehen? Dies konnte sie einfach nicht glauben. Alles in ihr widerstrebte sich, hier zu bleiben. Doch einen Rückzieher würde sie nicht machen. Sie musste sich vergewissern, das es Ihnen gut ging. Auch wenn dies bedeutete, hier ihr Leben zu lassen.
Sie sah die widerlichen Dinge, welche die Dämonen den Armen Dienern antaten und hoffte, nicht auch so zu enden. Der jung Dämon, der sie führte, schien auch angewidert.
Sie konnte seinen Zwiespalt deutlich spüren. Verzweifelt suchte sie Gefühle, die sie kannte. Doch leider vernahm sie nicht eins davon. Ihre Angst wuchs, was wenn ihnen etwas zugestoßen ist? Wenn sie zu spät war? Ihr Herz schlug schneller. Sie versuchte aber die Kontenance zu wahren. Ihren Blick richtete sie gegen Boden, so wie es Bedienstete eben tun. Der jung Dämon blieb vor einer Treppe stehen und wendete sich ihr zu.
„Ich weiß das alles hier, sieht im ersten Moment schrecklich aus. Sie werden hier auch nie wieder hin müssen. Ich geleite Sie nun zu ihrem Gemach. Danach zeige ich Ihnen ihren neuen Arbeitsplatz. Ich habe mir sagen lassen, Ihr Kräuter Wissen wäre enorm. Wenn dem so ist und Ihrerseits Interesse besteht, werde ich mich auch dafür einsetzen, dass Sie unsere Kräuter Expertin werden. Die Auserwählten benötigen sehr oft Salben, zur Wundheilung und zum bekämpfen der Schmerzen."
Das war ihre Gelegenheit, ihr Herz hämmerte vor Freude. Sie sah dem Jungen Dämon in die Augen und nickte.
„Das würde ich sehr gerne tun, es wäre mir eine große Ehre."
Der Dämon versuchte sich an einem Lächeln, nickte kurz und führte sie die Treppen hinauf. Die Gänge die sie durchschritten waren in schwummriges Licht der Fackeln getaucht. Mehrere Türen reihten sich aneinander. Erneut kam der Dämon zum stehen.
„Dies ist ihr Gemach, Sie werden feststellen, das es an ihr Zuhause angepasst ist. Ich werde hier warten, während Sie ihr hab und gut verstauen."
Vorsichtig öffnete sie die Tür und trat ein. Der Junge Dämon hatte recht. Vor Fay prangte eine Trauerweide hoch in die Luft. Nur ein kleiner Teil ihres Gemaches war überdacht. Augenblicklich wurde ihr schwer ums Herz. Es sah aus wie ihr zuhause, doch dies war es nicht.
Sie stellte ihren Beutel ab und trat zurück zu dem Jungen Dämon. Fay hatte gehofft, sie würde Zagan begegnen. Das er sie empfängt. Wobei dieser Zolag genau so höflich und nett war, wie Zagan. Er hielt sie vermutlich für irre.
Wer meldete sich schon freiwillig, um im Palast zu dienen? Nach alldem was dort täglich hinter verschlossenen Türen geschieht. Aber dies war Fay's einzige Möglichkeit, Hailey noch einmal zu sehen. Auch wenn sie wusste, das sie selbst hier vermutlich nicht mehr lebend heraus kam. Einmal am Hofe, für immer hier. Sie würden Fay niemals mehr gehen lassen. Ihr wurde bewusst, das sie überheblich und viel zu eilig gehandelt hatte. Doch jetzt war es eh zu spät. Vor einer großen Tür stoppte Zolag abrupt, beinahe wäre Fay in ihn gelaufen.
„Dies ist der Speisesaal der auserwählten und somit Ihr neuer Arbeitsplatz. Dreimal täglich, zur rechten Zeit, muss das Mahl bereit stehen."
Er öffnete die Tür und sie traten ein. Fay staunte, als sie die riesige Tafel sah. Es beruhigte sie zu wissen, das die Kinder wenigstens gut versorgt wurden. Zolag schritt auf die Tür neben der Tafel zu und Fay folgte ihm. Er öffnete sie ebenfalls und sie traten ein.
„Hier befindet sich die Kochstube, von dort aus gelangen sie auch in das angelegte Gewächshaus. Dort finden Sie neben Gemüse und Obst auch Kräuter aller Art. Sehen sie sich in Ruhe um. Wenn Sie etwas benötigen oder etwas wissen möchten, halten Sie sich an Miss Lotte. Sie dient bereits viele Jahre hier am Hofe und wird Ihnen helfen. Bitte entschuldigen Sie mich, ich muss jetzt gehen."
„Ich danke Ihnen, ich werde mein bestes geben."
Zolag stand bereits mit dem Rücken zu Fay, er nickte und schritt davon.
Lotte reichte ihr zittrig ihre knochige Hand. Fay erschrak vor ihrer Kälte. Diese Arme Frau war dem Hungertod nahe. Warum aß sie nichts? Hier gab es doch Nahrung zu genüge.
„Also hier werden wir das Mal Zubereiten. Sowohl für die Auserwählten, als auch für den Fürsten. Das Gewächshaus befindet sich dort drüben. Sie können hier auch ihre Salben herstellen."
„Ich danke Ihnen Lotte. Mein Name ist Fay. Ihnen geht es nicht sonderlich gut, oder? Sie müssen doch am verhungern sein? Dürfen wir uns denn nicht am Essen bedienen?"
Mit geweiteten Augen sah Lotte sie an und schüttelte energisch den Kopf. Während sie panisch umherblickte.
„Fay, ich habe gehört, dass sie sich freiwillig gemeldet haben. Hören sie gut zu, niemand kommt hier wieder lebend raus. Ich habe nie gefragt ob ich mir etwas nehmen darf und es wurde auch nie gesagt. Doch dieses essen ist zu gut für Bedienstete. Hin und wieder bekomme ich etwas von Zagan, er ist ein guter Junge. Doch ich würde mich niemals trauen, mir einfach etwas zu nehmen. Meine Angst ist zu groß. Wir sollten nun zu kochen beginnen. Der Fürst wartet nicht gerne. Ich hoffe sie haben einen stabilen Magen."
Fay verstand ihren letzten Satz nicht. Was wollte sie ihr damit sagen? Sie folgte Lotte in eine weitere Kammer, in deren inneren sich das Fleisch befand. Ihr stockte der Atem. Neben Reh, Pferd und Schwein lagen Menschen, Zauberer und ihresgleichen. Ihr Magen rebellierte tatsächlich. Dies war also das Fleisch, dass dem Fürsten gebührte. Ein kalter Schauer jagte ihr über die Haut. Lotte schlug mit dem Beil, das Bein eines Menschen ab und reichte es Fay. Angewidert nahm Fay es entgegen und drehte ihren Kopf weg. Lotte nahm ein anderes Messer und schnitt vom Reh, Pferd und Schwein mehrere große Stücke heraus. Dann verließen sie die Kammer. Lotte entzündete die Feuerstellen und begann mit dem ausbeinen. Fay schritt voller Inbrunst in das riesige Gewächshaus und erntete mehrere Kräuter, Obst und Gemüse. Sie schnitt Würfel, setzte einen Sud an und hackte die Kräuter.
Interessiert sah Lotte ihr zu.
„Stellen Sie eine Salbe her?"
Fay sah sie Verständnislos an. Wurde hier tatsächlich ohne Gewürze und Kräuter gekocht? Hatten sie keine Elben hier?
„Nein, diese Kräuter eignen sich hervorragend auch zum kochen. Sie geben Geschmack an das Fleisch ab und machen es würziger. Benutzen sie die Kräuter etwa nur zur Salben Herstellung?"
„Bisher ja, diese Methode ist mir nicht bekannt. Wir hatten noch nie eine Elbe hier in diesem Bereich. Ich hoffe sie behalten recht."
Fay nahm den Mörser und zerrieb Majoran, Thymian, Pfefferkörner und Salz klein. Der Sud köchelte bereits vor sich hin. Sie rieb angewidert das Menschenfleisch mit den Gewürzen ein und reichte es Lotte, welche das Fleisch über dem Feuer zuerst anbriet. Den Saft des Fleisches, goss Fay dem Sud hinzu. Danach siebte sie das Gemüse heraus, denn dieses war nicht länger von Nöten. Daraus würde sie einen leckeren stampf kreieren. Das Fleisch kam in den Sud und schmorte vor sich hin.
Diesen Vorgang wiederholten sie nun auch mit dem Fleisch für die Auserwählten. Erstaunlicherweise bereitete es Fay große Freude mit Lotte zu kochen. Sie unterhielten sich gut und kamen schnell voran. Grade als sie die Platte des Fürsten vorbereiteten, ging die Tür auf. Ein alter klappriger Mann trat ein, er hatte einen Servierwagen bei sich. Wortlos stand er da und sah den beiden Frauen zu, wie sie ihn beluden. Danach verschwand er wieder. Fay und Lotte richteten das Essen der Auserwählten an. Fay's Herz schlug wenige Takte schneller. Ihre Hoffnung wuchs mit jeder Sekunde die verstrich. Würde sie Hailey sehen? Würden sie miteinander reden können?
Der Sud war mittlerweile zu einer Sauce angedickt, sie schmeckte köstlich. Auch Lotte probierte sie und war begeistert. Auch wenn sie augenblicklich ein schlechtes Gewissen bekam, da sie das Essen gekostet hatte. Die beiden trugen die Platten zur Tafel und richteten alles an. Soviel essen hatte Fay zuvor noch nie gesehen. Die Zeit ging rasend schnell vorbei und erst jetzt, da alles vor ihr stand, sah sie was Sie heute geleistet hatten. Von diesem Essen wären mindestens einhundert Kreaturen satt geworden. Was eine Verschwendung. Ihr Blick überflog den Raum, doch leider war noch niemand hier. Niemand außer ihr und Lotte. Sie gingen zurück und begannen mit der Säuberung. Plötzlich flog die Tür auf und der Junge Dämon tritt ein. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.
„Wenn ihr mir bitte folgen würdet, der Fürst möchte euch sehen. Euch beide!"
Lotte zitterte am ganzen Leib. Sie hatte Todesangst, das konnte Fay deutlich spüren. Auch ihr war nicht ganz wohl bei der Sache, aber sie taten was ihnen befohlen wurde und folgten Zolag. Fay spürte ein vertrautes Gefühl, ein Gefühl das sie so sehr vermisst hatte. Hailey war hier, doch leider würde Fay sie heute wohl nicht zu Gesicht bekommen.
Zolag führte sie die Treppen hinauf und blieb vor einem riesigen Tor stehen.
„Tretet ein meine Damen, ich werde hier auf euch warten und später zurück geleiten."
Ängstlich griff Lotte den Knauf und schob die Tür auf. Mit gesenkter Haltung betrat sie den riesigen Saal und Fay tat es ihr gleich.
Als das donnern seiner Stimme den Raum erfüllte rückten die beiden zusammen.
„Kommt näher meine Kinder, nehmt Platz!
Ihr seid also diejenigen, welche mir dieses köstliche Abendmahl beschert haben! Nicht so schüchtern, ich beiße nicht, zumindest jetzt nicht mehr. Wie sind eure Namen."
Lotte sprach zuerst, ihr Blick war immer noch gegen Boden gerichtet.
„Mein Name ist Lotte, Herr und das ist Fay. Sie ist erst heute zu uns gestoßen und wird mich in der Küche unterstützen."
Astaroth klatschte wie ein verrückter in die Hände.
„Wundervoll! Fay, die Elbe, die freiwillig an meinem Hofe dient! Ich bin begeistert! Dies war wirklich vorzüglich und ich erwarte ab heute, fortan so bekocht zu werden! Nehmt euch dies zu Herzen, ich denke ihr wisst was sonst geschehen wird! Im Gegenzug dazu gestatte ich euch, ebenfalls euer Essen zu kosten. Sie sehen viel zu mager aus, Lotte!
Und jetzt geht, nehmt das Geschirr mit!"
Lotte verbeugte sich hastig und schob den Wagen vor sich her. Auch Fay beugte sich widerwillig und schritt auf schnellstem Wege zur Tür, wo Zolag auf sie wartete.
Lotte strahlte den gesamten Weg über. Sie schien glücklich. Doch Fay beschlich ein mulmiges Gefühl. Dies wird keine leichte Sache werden. Jeden Tag solch ein Gericht zu kreieren. Sie hoffte für Lotte und sich selbst, dies zu bewerkstelligen. Zurück in der Kammer schritt sie schnell zur Tür des Speisesaals. Einen Spaltbreit öffnete sie die Tür und spähte hindurch. Da saß sie! Ihre Tochter, die sie über alles liebte. So nah und doch so fern. Für die sie alles tun würde, sogar ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Ihr Herz füllte sich mit Freude. Tränen bahnten sich ihren Weg zur Oberfläche. Sie schluckte sie weg, niemand sollte erfahren, das sie Hailey's Mutter war. Denn sie wusste nicht, wem sie trauen konnte. Lotte kam an ihre Seite.
„Wir können abräumen, ihre Teller sind leer."
Lotte öffnete die Tür und schritt richtig Tafel. Fay folgte ihr zittrig.
Hailey hörte die Tür und ließ augenblicklich ihren Blick schweifen. Ihre Gefühle spielten verrückt. Hatte sie Halluzinationen? Konnte dies wirklich sein? Sie war erstarrt. Selbst atmen schien ihr nicht mehr möglich. Ihr Herz begann zu poltern und sie sprang hoch.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro