Im kreise der Elben
Noch bevor das Horn zum ersten Mal ertönte, saß Hailey bereits auf ihrem Lieblingsast der Trauerweide. Sie genoss die Stille der Nacht und blickte sehnsüchtig hinauf zu den Sternen und den beiden Monden.
Eine Sternschnuppe zischte über den Horizont und Hailey wünsche sich zum tausendsten Male den selben Wunsch.
Sie hasste die silber Monde Nacht. Warum wurde sie ausgerechnet in dieser Nacht geboren? Ihre Mutter erzählte ihr immer, das dass ein gutes Zeichen sei. Hailey fand daran allerdings überhaupt nichts Gutes. Sie konnte sich nicht auf ihren Geburtstag freuen. Im Gegenteil, sie hatte Angst. Große Angst davor, ausgewählt zu werden.
Hailey spürte, dass es dieses Mal anders war als sonst. Es lag ein Hauch von Schicksal in der Luft. Sie spielte mit ihren langen Weißblonden Zöpfen. Wie sie es immer tat, wenn sie nervös war.
Die Stimme ihre Mutter holte sie aus ihren wirren Gedanken zurück ins hier und jetzt.
„Hailey, liebes kommst du runter!? Es ist gleich soweit. Wir müssen los. Unser Weg ist weit."
Hailey wusste das Fay nicht ihre richtige Mutter war. Denn Hailey war alles, aber keine Elbe. Dennoch liebte sie Fay. Fay hatte damals einen Magier angefleht, eine Kette für sie herzustellen. Eine wunderschöne Silberne Kette. Mit zwei Edelsteinen, die den Monden ähnlich sahen. Und diese Kette musste Hailey immer tragen. Sie beschwor eine Illusion herauf, die Hailey wie eine Elbe aussehen ließ.
Einmal hat Hailey gefragt wer sie wirklich war. Aber Fay meinte, das müsse sie jetzt noch nicht wissen. Seit jener Zeit hatte Hailey nie wieder danach gefragt. Die Elben waren alle gut zu ihr.
Sie durfte sogar in den Genuss der Ausbildung kommen. Man zeigte ihr wie mit Bogen, Schwert und Dolch gekämpft wurde. Hailey war ziemlich stolz, denn sie kämpfte wie eine wahre Elbe. Man lehrte sie die Kräuterkunde, wie Salben und Tränke hergestellt wurden. Fay erzählte ihr das die Menschen nicht in solch einem Ausmaße Trainieren konnten. Da Fay die Menschen immer mal wieder erwähnte, schloss Hailey daraus zu ihrem Volk anzugehören. Sie nahm noch einmal tief Luft und sprang hinab auf den Waldboden.
„Bin schon da. Werden wir die Pferde nehmen?"
Fay lächelte sie liebevoll an und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
„Natürlich liebes. Aber erst bekommst du noch deinen Schmuck. Ich weiß, du möchtest das nicht. Aber als Elbe in deinem Alter, solltest du schon längst den Körperschmuck der Elben tragen."
Hailey schüttelte energisch den Kopf. Sie hasste es Löcher gestochen zu bekommen. Letztes Jahr hatte man ihr drei Stück ins Ohr gemacht. Sie verstand nicht wozu das gut sein sollte. Aber an Fay's Gesichtsausdruck sah sie, das sie dieses Mal nicht drum rum kommen würde.
„Wenn es sein muss. Wo werde ich gestochen?"
Noch ehe Fay antworten konnte, stand Asuley bereits mit der Nadel lächelnd neben ihr.
Sie mochte ihn, er war nett. Aber seine Berufung fand sie scheiße.
Hailey setzte sich auf den Baumstumpf neben der Trauerweide und schloss ihre Augen. Sie spürte die Kälte der Salbe die Asuley ihr an beiden Seiten ihrer Unterlippe strich. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Musste es grade die Lippe sein? Den eigentlichen Stich spürte sie nicht. Denn Fay hatte die Salbe gemacht. Und Fay war sehr gut darin. Sie betäubt die stellen, die man damit einstrich.
„So, das sieht doch gut aus. Wenn du möchtest kann ich dir noch ein weiteres stechen."
InAsuley's stimme lag ein Schmunzeln. Ohne die Augen zu öffnen boxte Hailey im leicht auf die Schulter. Asuley lachte sein raues lachen.
„Schon gut Hailey, du musst mich nicht gleich verprügeln."
Hailey wollte grade antworten, als das Horn laut und klar ertönte. Sie riss ihre Augen auf und starrte Fay an. Sie wollte schreien, aufstehen und laufen so weit sie ihre Füße trugen. Aber sie wusste das dies nichts ändern würde. Die Dämonen würden sie finden egal wo sie sich versteckte.
Asuley klopfte ihr auf die Schulter. Er war vor fünf Jahren einer der Auserwählten. Asuley sprach nie über diese Zeit, aber es ist nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Viele Narben zierten seinen Körper. Von den seelischen mal abgesehen.
Fay hielt ihr die Hand hin und Hailey nahm sie zitternd. Schweigend liefen sie zu den Pferden, die auf der Wiese grasten. Aruna hob augenblicklich ihren Kopf. Als wenn sie wüsste was Hailey bevor stand. Fay hatte Hailey Aruna geschenkt als sie fünf Jahre alt wurde. Sie liebte ihre schwarze Stute vom ersten Tag an. Und Aruna liebte Hailey. Die stolze Stute rieb ihren Kopf an Hailey's Brust. Sie sprangen auf die Pferde und verließen ihren Wald, den Hailey über alles liebte. Sie konnte auch nicht verstehen warum die anderen Völker lieber in den inneren Kreisen lebten. Dort war es eng und roch nach Krankheit, Tod und Fäkalien. Sie sah zu den anderen Familien ihres Volkes, die sich ihnen anschlossen. Hailey erblickte Lúthien nicht weit von ihr entfernt. Ihr Herz machte einen Sprung. Lúthien war ihre längste und beste Freundin. Sie war so mutig und schlau. Lúthien schwärmte von der Silber Monde Nacht. Sie war die einzige, die Hailey kannte, die gerne eine Auserwählte sein wollte. Als Lúthien Hailey sah, ritt sie augenblicklich zu ihr.
„Hailey! Man ich dachte schon du seist getürmt. Oh, dein neuer Schmuck steht Dir außerordentlich gut. Hat Asuley gestochen?"
Fay funkelte die beiden böse an. Hailey bemerkte jetzt auch, das alle sie beide anstarrten. Klar! Es durfte nicht mehr gesprochen werden. Schnell flüsterte sie Lúthien zu.
„Danke, ich habe es selbst noch nicht gesehen. Asuley hat sie mir eben erst gestochen. Wir sollten jetzt lieber ruhig sein."
Lúthien nickte ihr fröhlich zu, blieb aber bei ihr. Das Horn ertönte ein zweites Mal und Delian wankte und bebte zugleich. Hailey konnte sehen das sie am ende ihres Kreises waren. Ab hier gingen sie zu Fuß weiter. Damit ihre Pferde nicht von den Dämonen gefressenen wurden. Sie betraten das Land der Magier. Nein, es war das Land der Nessaja. Wie gerne hätte sie einen Nessaja kennengelernt. Fay hatte ihr soviel über das Volk erzählt. Mächtige Wesen mit Gottesähnlichen Kräften. Das stärkste aller Völker. Sie wurden alle abgeschlachtet. Aus diesem Grund mochte Hailey auch die Magier nicht. Sie waren hinterhältig. Für Gold und Edelsteine taten sie alles. Insgeheim wünschte sich Hailey auch Kräfte zu haben. Denn Menschen hatten keine Kräfte. Hin und wieder spürte Hailey gewisse Dinge. Aber sie schob es auf ihre Feinfühligkeit. Wobei sich dies in den letzten Wochen häufte. Wenn sie ihre Kette ansah, sah sie eine Art schimmernden Schleier. Ihr Gehör war um einiges besser geworden. Und sie spürte ein kribbeln in ihrem inneren. So als würden tausende Ameisen durch ihre Adern kriechen. Schnell schüttelte sie den Kopf, Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus.
Das Land der Menschen war bereits völlig verlassen und sie konnte schon den Schein des Feuers sehen. Ihre Nervosität steigerte sich mit jedem Schritt. Gleich hatten sie den großen Platz erreicht. Alle Völker Delian's versammelt an einem Platz. Ihr Blick schweifte über die Menge, bis sie ihn sah. Er stand im Schein der Silbernen Monde. Wer war diese junge und warum hatte sie ihn noch nie zuvor gesehen? Wie konnte man ihn überhaupt übersehen?
Ihr Herz hämmerte hart in ihrer Brust. Sie sah ihm direkt in seine wunderschönen blauen Augen. Noch nie hatte sie solche Augen gesehen. Blaue Augen sind sehr selten in Delian. Eine schimmernde Aura umgab ihn und ließ ihn aus der Menge herausstechen. Hailey wollte ihn kennenlernen. Mit ihm sprechen, lachen und weinen. Alles um sie herum blendete sie aus, das Feuer, die Völker und Astaroth. Alles was sie in diesem Moment Interessierte, war dieser Junge.
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