Heimweh
Hailey stand blutverschmiert in ihrem Gemach.
Was war da im Antiquariat grade geschehen? Ein Höllenhund? Das war ernsthaft ein Höllenhund. Fay hatte ihr erzählt, dass die Nessaja, diese dreckigen gefährlichen und kaum zähmbaren Bestien alle getötet hatten. Und doch stand soeben einer der ihren vor ihr. Wie kann dies möglich sein? Haben die Dämonen wirklich einen Weg gefunden, diese Ausgeburten der Hölle neu zu erschaffen? Was würde hier noch alles auf sie zu kommen? Und was ist das für eine Anziehungskraft zwischen ihr und Kayden? Immer wenn sie in seiner Nähe ist, weiß sie nicht was vor geht. Ihr wird alles egal, nur er ist wichtig für sie. Nie hatte Hailey so auf Jungs reagiert. Doch bei Kayden war alles anders. Sie hatte Angst um ihn. Ihm darf nichts zustoßen, das würde Hailey nicht verkraften. Sie mochte ihn mehr, als sie sich wirklich zugestand.
Der metallische Geruch, von dem Sie völlig eingehüllt war, drehte ihr den Magen um. Sie musste diesen Gestank los werden und das so schnell wie möglich. Das heiße Wasser wusch die blutige Haut sauber und der Tiegel, der nach ihrem Zuhause roch, hüllte sie in seinem wundervollen Duft ein. Als sie da so stand und das Wasser auf sie niederprasselte, liefen ihr Tränen die Wangen hinab.
Sie hatte Heimweh. Hailey vermisste Fay und ihre Trauerweide. Sie vermisste die Pferde und die anderen Tiere, die mit den Elben in Einklang lebten. Die frische Luft, die Wälder und erblühenden Felder und Wiesen. Die Schmetterlinge, die um ihren Kopf flogen und die Vögel, die ihre erheiternden Lieder sangen. Sie ging zurück in ihr Gemach, es sah zwar aus wie ihr Zuhause, aber das war es nicht. Ihr fiel der Brief wieder ein, was ihr Herz schneller schlagen ließ. Hailey nahm den Tiegel mit der Salbe und entnahm den Brief daraus. Durch das Pergament, konnte sie die Handschrift ihrer Ziehmutter erkennen. Sie wusste, das dass geschriebene, ihre wahre Identität offenbaren würde. Auch wenn sie es eigentlich längst wusste. Hailey wusste auch das Fay alles tun würde, um sie wiederzusehen. Sie hoffte nur das Fay nichts dummes tun würde, denn ihren Tod könnte Hailey nicht verkraften. Behutsam entfaltete sie das Pergament und begann schweren Herzens die liebevoll geschriebenen Zeilen zu lesen.
Hailey mein Schatz,
es tut mir alles so unendlich leid. Das was du durchmachen musst, ist nicht gerecht.
Du hast schon soviel hinter dir, ohne das du es überhaupt weißt. Es tut mir auch leid, das du es so erfahren musst, ich hätte es dir gerne von Angesicht zu Angesicht gesagt. Doch ob ich dazu je wieder die Möglichkeit bekomme, weiß ich nicht. In jener Nacht, der Silber Monde Nacht vor sechzehn Jahren, als du geboren wurdest, war dies mein schönster und auch der schreckliche Tag, der Delian je widerfahren ist. Du Hailey bist ein Kind der Nessaja, ich habe deiner Mutter bei deiner Geburt unterstützt. Dein Vater stürmte zu uns herein, er war völlig aufgelöst. Die Geschichte des Hinterhalts kennst du ja. Dein Vater hat mich angefleht und gebettelt, ich solle dich in Sicherheit bringen. Mein Herz brach, als ich dich aus den Armen deiner Mutter entriss. Aber ich wusste genauso gut wie sie, dass du nur so eine Chance haben wirst. Ich zog dich mit all meiner Liebe zu dieser wundervollen, starken und mutigen Frau heran. Hailey du bist unsere Hoffnung. Die Hoffnung für ganz Delian, du und Kayden. Auch er ist ein Kind der Nessaja. Du wirst sicher schon längst bemerkt haben, dass ihr anders seid. Halte dich an ihn, zusammen seid ihr stärker als alles was dort im Palast auf euch wartet.
Ich vermisse dich so sehr Hailey und ich werde einen Weg finden, dich bald wiederzusehen. Verlass dich darauf.
Und der Jungdämon, Zagan, vertraut ihm. Er ist ein guter Junge, er wird euch helfen. Sucht nach Verbündeten, die sich eurer Sache anschließen. Du bist mein Herz Hailey, ich hab dich so lieb.
Fay
Schluchzend las Hailey diese Zeilen ein weiteres Mal. Ihr Herz war so schwer, ihre Gedanken verworren. Sie war also tatsächlich eine Nessaja. Sie und Kayden gehörten zu einem Volk das als ausgestorben galt. Dies war auch der Grund für diese Anziehungskraft und das starke Band zwischen ihnen. Und Zagan, sie hatte es von Anfang an gewusst. Er wird Ihnen helfen, Astaroth zu stürzen. Sie konnten ihm also vertrauen, er war nicht ihr Feind. Sie mussten wieder in das Antiquariat, unbedingt. Dort würden sie hoffentlich noch ein paar Antworten auf Ihre fragen finden. Oder ein paar Zauber und Flüche, die für sie nützlich und hilfreich wären. Ein Plan muss her und sie müssen Zagan mit einweihen. Denn er hatte fast überall Zugang und genoss das Vertrauen des Fürsten. Aufgeregt schritt sie in ihrem Gemach umher. Hailey sprang auf ihren Ast und schritt hinaus ins freie. Die Sonne war schon verschwunden und die Monde begannen zu steigen. Dank ihrem guten gehör vernahm sie ein platschen. Wie als wenn jemand in den See gesprungen wäre. Konnte dies sein? Zu dieser Uhrzeit noch? Vielleicht hatte sie sich auch verhört. Hailey starrte sehnsüchtig hinauf zu ihren heiß geliebten Sternen. Sie leuchteten bereits sehr hell am Firmament. Hailey fasste neuen Mut. Wenn sie und Kayden wirklich wahre Kinder der Nessaja waren, würden sie alles tun um Delian zu retten. Durch ihre Hand wird der Völkermörder sterben und Delian wird wieder in neuem Glanz erstrahlen. Ihr Leben, für das aller Bewohner zu geben, machte ihr keine Angst mehr. Solange sie alle anderen in Sicherheit wusste. Aus diesem Grund wurde sie geboren, sie würde alle Schandtaten und Grausamkeiten des Fürsten in Vergessenheit geraten lassen. Hailey wusste das sie auf ihre Freunde zählen konnte, sie werden voll und ganz hinter ihr stehen.
Wie solle sie nun schlafen können? Sie musste einen Weg finden, ihre Kräfte unter Kontrolle zubringen und abzurufen, wenn sie Sie benötigte. Bislang gelang ihr dies nur in Anwesenheit von Kayden. Oder gehörte mehr dazu als nur ihre Energie? Das fühlen von Gefühlen anderer, oder ihr gutes Gehör und die Vorahnungen? War dies alles Teil ihrer Kraft? Hailey benötigte Hilfe, sie musste bei ihrer Gruppe beginnen. Vielleicht hatte Cole ja eine Idee, oder Summer. Vor allem aber benötigten sie einen Platz, an dem sie ungestört ihre Kräfte austesten konnten. Wenn jemand Außenstehendes von ihrer wahren Identität erfahren würde, dann müssten sie sterben, ehe sie auch nur ein Fuß in die Arena setzen konnten. Unentdeckt zu bleiben hatte die höchste Priorität. Morgen hatten sie kein Training zu absolvieren, morgen war der freie Tag. Der Tag an dem sie erneut das Antiquariat aufsuchen würden und hoffentlich etwas nützliches darin fanden. Die beiden Monde standen sehr hoch und hatten den Weg zum Morgen längst beschritten. Doch Hailey war einfach viel zu aufgewühlt um schlafen zu können. Ihr ging soviel durch den Kopf. Auf dem Flur, in dem Gang wo sich ihr Gemach befand, vernahm sie ein Geräusch. Was ihr Herz augenblicklich rasen ließ. Es war ein schleifendes, zischendes fauchen. Angestrengt versuchte sie im schwachen schein der Fackeln, durch den Spalt unter ihrer Tür etwas zu erkennen. Adrenalin pumpte durch ihre Adern, als sie sah wer dieses Geräusch produzierte. Hailey war wie gelähmt vor Angst, mit geweiteten Augen starrte sie auf den Spalt. Wo sich die Bestie manifestierte, wie war das nur möglich?
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