Boden unter den Füßen
Als Shane die Augen aufschlug, standen die beiden Monde schon hoch am Himmel. Jedoch hatten sie ihren Zenit noch nicht erreicht. Dennoch sahen sie wunderschön aus. Ihr silberner Schein legte sich über das fast gänzlich zerstörte Land und ließ den See wie Diamanten funkeln. Schwerfällig setzte er sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Hatte er wirklich den Rest des Tages verschlafen? Es kostete ihn viel zu viel Kraft wenn er seine Trugbilder beschwor. Er musste wirklich wieder zu trainieren anfangen. Shane ließ seinen Blick schweifen. Seine seltsame Familie lag eng zusammen, damit sie nicht froren. Sally lächelte ihn an, natürlich war sie noch wach. Judy schwamm aufgeregt durch's Wasser. Sie war völlig aufgedreht.
„Fühlst du dich wieder besser, Shane?
Du sahst so mitgenommen aus, deshalb ließ ich dich schlafen. Aber ich hätte dich natürlich geweckt, sobald die Monde ihren Zenit erreicht hätten."
Er fuhr sich durch sein Haar und kratzte sich am Kinn.
„Danke, es geht mir wieder besser. Es kostet mich sehr viel Kraft. Weißt du Sally, ich habe schon mehr als ein Jahr nicht mehr regelmäßig trainiert. Das rächt sich jetzt natürlich. Gab es irgendwelche Zwischenfälle oder Vorkommnisse, von denen ich wissen sollte?"
Selbst wenn er so ein wechselhafter Muffel war, war er doch schwer in Ordnung. Sally mochte ihn wirklich sehr. Sie erinnerte sich daran, dass er früher oft trainiert hatte. Doch dies tat er mittlerweile überhaupt nicht mehr. Obwohl er der einzige war, der sie alle wirklich schützen konnte. Wenn er in guter Verfassung und in top Form war.
Sie hatten großes Glück, das alles glatt gelaufen war. Nicht auszumalen was alles hätte geschehen können, wenn Shane es nicht geschafft hätte. Sally erhob sich und flog auf seine Schulter. Sie gab ihm schnell einen flüchtigen zarten Kuss auf die Wange und legte ihren winzigen Kopf gegen seinen.
„Alles ruhig, Shane. Keine Zwischenfälle oder Vorkommnisse von denen du wissen musst. Du hast uns erneut zum tausendsten Male das Leben gerettet. Was würden wir nur ohne dich machen. Danke dafür und für die etlichen Male davor. Sieh nur, bald ist es soweit. Die Monde haben fast ihren Zenit erreicht."
Shane's harte Schale begann zu bröckeln. Starke Gefühle, für diesen seltsamen Zusammenschluss, was er mittlerweile Familie nannte, kamen mehr und mehr zum Vorschein. Ein Trickster war immer nur auf sein eigenes wohl bedacht. Er half nur wenn er einen Vorteil für sich sah. Doch diese Umstände haben sein Wesen geändert. Sie haben ihn gebrochen und sein eisiges Herz erwärmt. Er folgte dem winzigen Finger und sah hinauf zu den beiden Monden. Die Hoffnung in ihm war groß. Schon bald werden sie die Antwort auf all ihre Fragen bekommen. Sie werden wissen was zu tun ist und sie werden ihre Welt heilen. Vor allem was ihr schadet. Sally flog zu Judy. Ein Schimmer, fast so hell wie Sally's eigener, hüllte Judy vollends ein. Shane stand leise auf und bewegte sich zum Ufer. Er hoffte das Judy keine Schmerzen leiden wird.
„Ich spüre es, meine Beine. Obwohl sie noch keine sind. Es fühlt sich seltsam an, aber es schmerzt nicht. Ihr habt ja keine Ahnung wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe. Ab jetzt wird alles anders, stimmt's?
Sally und Shane nickten ihr bestätigend zu.
Doch in ihrem Inneren verspürte sie Angst. Angst davor, was noch vor ihnen lag. Was wenn sie nie ein Orakel finden werden? Was wenn die Ahriman ihnen schon dicht auf den Fersen waren? Wenn sie in menschlicher Gestalt nicht schnell genug ist? Wenn kein Wasser mehr in ihrer Nähe war, in das sie sich flüchten konnte. Ihr Herz schlug immer härter gegen ihre Brust.
Sally spürte ihr Unbehagen. Sie flog zu ihr hinab und fuhr ihr liebevoll über die Wange.
„Hab keine Angst Judy, wir sind bei dir, immer. Dir wird nichts geschehen, du weißt doch, wir passen aufeinander auf. Alles wird sich verändern, das stimmt. Aber es wird alles gut werden, ab jetzt kann es nur noch besser werden. Wir sind doch schon ganz unten. In ein paar Wochen, Monaten oder Jahren, lachen wir darüber. Du wirst sehen, wir werden es schaffen."
Shane war beeindruckt. Sally hielt diese Gruppe zusammen. Auch wenn sie ihn alle als Anführer sahen, war es nicht Er. Nein, diese kleine Fee war ihr Oberhaupt. Sie hatte immer die besten Ideen, liebe Worte für sie alle und eine Menge Mut. Mehr Mut als sie alle zusammen.
Judy sah zu ihr auf. Augenblicklich fühlte sie sich besser. Sally war eine wahre Freundin geworden. Auf Shane's Lippen lag ein Lächeln. Es war garnicht mehr so ungewohnt wie am Anfang. Seine miese Laune kam immer seltener zum Vorschein und Judy wusste, das sie das Sally zu verdanken hatten. Die war einfach eine Frohnatur. Ob alle Feen so sind wie sie? Judy hoffte das sie alle irgendwann ihresgleichen wiederfinden werden. Wenn überhaupt noch welche lebten. Im See war jedenfalls niemand von ihrem Volk und andere Feen, Gnome oder Trickster hatten sie auch nicht gesehen. Aber sie hoffte darauf.
„Du hast ja recht Sally, danke für deinen Zuspruch. Das hilft mir ungemein. Oh! Es beginnt! Es kribbelt!"
Bölly und Robby erschienen plötzlich neben Sally und sie erschrak fürchterlich. So sehr das sie sich schüttelte und eine Menge Feenstaub über ihnen nieder ging. Augenblicklich begannen sie zu niesen, was sie für einen Moment unsichtbar werden ließ. Shane grinste vor sich hin und hielt Judy an ihren Händen fest. Er hatte sorge, dass sie ohne ihre Flosse untergehen wird. Judy's Flosse begann zu Glitzern, man konnte kurz schemenhaft ihre Beine sehen. Dann wichen sie wieder der Flosse, bevor sie völlig zu sehen waren. Die Verwandlung war ziemlich unspektakulär. Ungläubig befreite sie eine ihrer Hände und ließ sie hinab ins Wasser gleiten. Endlich hatte die Beine, so wie die anderen. Euphorisch hievte sie ihren Oberkörper auf und wollte sich hinstellen. Doch diese Dinger gehorchten ihr nicht. Sie spürte sie zwar, aber Gefühl für sie hatte Judy noch nicht. Shane hielt sie immer noch fest und versuchte sie zu stützen. Immer wieder starteten sie einen neuen Versuch, bis es endlich funktionierte. Sie stand auf ihren Beinen, zum ersten Mal. Shane errötete augenblicklich, als sein Blick hinunter zu ihrer Mitte glitt. Sally bemerkte auch erst jetzt, dass die nach unten völlig nackt war. Daran hatten sie nicht gedacht.
„Ach herrje! Bölly hole mir sofort eine Decke her! Wir benötigten Kleidung für Judy, na los geh schon!"
Auch die Gnome sahen sich Judy genauer an. Das arme Ding stand völlig entblößt vor ihnen. Als sie merkte das die Jungs sie anstarrten, verdeckte sie sich mit einer Hand ihr Geschlecht. Bölly reichte ihr die Decke und Judy band sie sich um.
Dann half Shane ihr aus dem Wasser und zum ersten Mal spürte sie den Boden unter ihren Füßen. Die kleinen Steinchen und Sandkörner die sich in ihre zarte Haut bohrten. Es tat nicht weh, im Gegenteil. Es fühlte sich gut an.
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