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Als ich dann ankam war er noch nicht da. Ich dachte er hätte mich verarscht. Mein Herz brach in mega viele Stücke. Ich dachte, ich hätte endlich einen jungen getroffen, den ich liebte und der mich auch liebte. Aber abscheinend war es nicht so, da ich 5... 10... nein 15 minuten wartete und er kam nicht. Ich dachte es wäre dringend und mir liefen Tränen über das Gesicht. Ich wischte sie mit dem Handrücken weg und wollte schließlich wieder fahren. In diesem Moment dachte ich, alle Jungs verarschen uns Mädchen Doch nur, und dass wird sich nie ändern.
Doch dann kam er mit seinem Damenfahrrad um die Ecke und in meinem Bauch wimmelte es schlagartig wieder von Schmetterlingen. Ich stellte mein Rad wieder ab und ging mit schnellen Schritten auf ihn zu. Bei ihm angekommen begrüßte ich ihn mit einem Lächeln, aber er sah mich nur ernst an. Ein wenig traurig aber auch. Ich fragte erschrocken was los sei.
Und er erzählte mir stockend:
"Es ist wichtig...
Ich kann nicht mehr...
Ich erzähle das jetzt nur dir...
Ich will nicht mehr...
Ich will weg...
Ich...
Einfach nicht mehr leben... "
Darauf hin erschrak ich so, dass ich nach Luft rangen musste. Das hätte ich nie gedacht, da er bei unserer 1. Begegnung voll gut drauf war. Wie konnte Ich das übersehen haben? Ich fragte ihn also wieso er sich umbringen will, da ich mir es einfach nicht vorstellen konnte. Er war perfekt. Sein ganzes Leben musste perfekt sein. Oder?
Er erzählte weiter:
"Mein Dad...
Er...
Er schlug meine Mum...
Sie liegt jetzt...
im Krankenhaus...
Er schlägt deswegen mich...
Ich kann nicht mehr...
Will nicht mehr..."
Das durfte ich nicht zulassen. Ich erklärte ihm, er dürfe sich nicht umbringen und solle seinen Dad einfach anzeigen. Das ist doch nicht so schwer dachte ich mir. Auch wenn es sein Vater ist. Sowas darf man nicht. Sowas geht viel zu weit. Das ist eine Straftat, die angezeigt gehört und für die der Täter ins Gefängnis muss. Wieso fällt es ihm so schwer ihn anzuzeigen?
Darauf antwortete er:
"Geht nicht...
Kann nicht...
Er würde sonst...
Würde sonst wenn er aus dem Gefängnis kommt ...
Meine Mum oder mich umbringen..."
Ihm laufen Tränen die Wangen herrunter. Ich sah ihn jetzt ernst an.
"Du musst es trotzdem machen. Dich umzubringen hilft dir auch nicht weiter." ,versuchte ich ihm klar zu machen. Doch es sollte nicht helfen. Er wollte mich nicht verstehen. Und wie es sein musste, ich ihn auch nicht.
Doch er meinte nur:
"Sag meiner mum was ich gemacht habe...
Werde morgen nicht mehr hier sein...
Hat keinen Sinn mehr...
Bin dann mal weg...
Für immer..."
Ich versuchte alles um ihn umzustimmen, aber es wollte einfach nicht klappen. Ich war verzweifelt. So verzweifelt wie in diesem Moment war ich mein ganzes Leben noch nicht. Ich könnte nie verstehen, weswegen sich Leute umbringen. Ich hatte immer Angst Menschen zu verlieren. Und nun traf alles auf einmal ein. Ich wusste nicht was ich noch tun sollte und mein ganzes Gesicht war voller Tränen. Genauso wie sein Gesicht. Uns liefen die Tränen wie Ein Wasserfall über die Wangen sodass ich alles nur noch verschwommen sah. Ich umarmte ihn und sagte ihm deutlich, dass ich ihn nicht verlieren möchte, aber er ließ sich nicht umstimmen. Ich war frustriert.
Wieso wollte er sein Leben aufgeben? Wieso erzählte er es genau mir?
Dann ging er so schnell er gekommen war und ich konnte nichts mehr machen. Ich hatte versagt. Ich konnte ihn nicht umstimmen. Voller Trauer und Wut setzte ich mich auf einen Stein und fing an noch mehr zu weinen. Dazwischen kamen immer kleine Schluchzer aus mir heraus. Er durfte sich einfach nicht umbringen. Das würde ich nicht aushalten. Ich würde mir für immer eine Mitschuld an seinem Selbstmord geben, da ich die person war, die alles gewusst hatte. Och war diejenige, die es verhindern hätte können. Die Tränen hatten mittlerweile mein ganzes Make-Up verwischt, aber das war mir in diesem Moment egal. Ich dachte nach. Ich dachte über ihn nach. Darüber was ich noch tun könnte.
Plötzlich hatte ich Eine Idee. Eine, die ihm vielleicht das Leben retten könnte. Wieso hatte ich nicht gleich daran gedacht. Ich hätte ihm folgen müssen.
Also schwang ich mich auf mein Rad und folgte dem Weg, den er gefahren ist. Zu meinem Glück, gab es kaum Abzweigungen und ich konnte ziemlich schnell fahren. Nach einer gewissen Zeit kam ich an einer Lichtung vorbei und hätte beinahe sein Rad übersehen, das an einen Baum gelehnt dastand. Ich machte eine Vollbremsung. Hoffentlich war es noch nicht zu spät. Hoffentlich hatte er sich noch nicht umgebracht. Ich hatte keine große Lust, eine Leiche anzutreffen. Also rannte ich in die Richtung, in der sein Rad stand und schrie mehrmals unter lautem Schluchzen seinen Namen. Das alles geschah unter der Hoffnung, das er noch lebte. Nein ich verdrängte sogar den Gedanken, es könnte schon zu spät sein. Ich schrie und schrie. Meine Stimme versagte. Doch es kam keine Antwort.
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