20. Kapitel
Flammender Dämon vs. Skyla.
Der große Moment ist gekommen. Voller Sorge blickt Skyla in die Zukunft. Der heutige Tag gibt ihr einen krassen Vorgeschmack auf ihre bevorstehende Prüfung. Ob am Grill oder beim Gratinieren mit dem Bunsenbrenner – überall wird sie mit dem Element Feuer konfrontiert. Als wäre dies nicht bereits genug, liegt eine Zeitung im Pausenraum, deren Schlagzeile einem Wohnungsbrand gilt. Die Vorstellung, bei Bewusstsein gebrutzelt zu werden, lässt sie vor Furcht erstarren. Skyla bezweifelt langsam, dass sie die Nacht übersteht, schließlich soll sie als Lockvogel eingesetzt werden.
Mit schlottrigen Beinen tritt Skyla nach Feierabend in ihr Zimmer ein und ist dankbar, dass ihre Eltern den Fernseher laut eingeschaltet haben. Dass erleichtert die Kommunikation mit den Dämonen.
„Agnar, bist du da?", ruft Skyla den Spinnendämon.
Entkräftet und besorgt über die heutige Mission.
„Was für ein köstlicher Anblick. Wie schade, dass ich dich nicht fressen darf", hört sie Agnars Stimme hinter sich.
Eine Drehung und die Suche beginnt. Einige Minuten bis Agnar aus einer dunklen Ecke krabbelt. Tarnen kann sich der Spinnendämon gut. Aber auch beunruhigend.
„Du kannst mich also unsichtbar machen?", will Skyla noch einmal alles klären.
„Ja, Mensch."
„Skyla, wenn ich dich beim Namen nennen soll, dann nenn mich ebenfalls bei meinen Namen."
„In Ordnung, Skyla."
Seine blitzschnelle Einsicht und sein friedvoller Ton überraschen sie zur Abwechslung. Und doch braucht sie ein kleines Ritual. Ein tiefer Atemzug und schon beginnt ihr Kopf, sich den Kampf auszumalen. Als Fantasy-Liebhaber driftet sie gewaltig von der Realität ab. Und doch findet sie Gefallen daran, in die Rolle einer menschlichen Magierin zu schlüpfen, die sich tapfer in den Kampf gegen Dämonen stürzt. In einen Endlevel direkt an einem aktiven Vulkan, von wo eine gigantische Feuerkreatur aufersteht und böse lacht. Kai wäre ein guter Nahkämpfer und doch sieht sie ihren Gefährten mehr als einen ihrer beschworenen Bestien, da sie sich der Geistermagie widmet. Eine coole Ausrüstung muss her, natürlich mit einem prunkvollen Stab und einen lässigen Umhang. Motiviert beginnt Skyla zu grinsen und klatscht die Hände zusammen, bis sie Kai mit der Pfote vor sich wedeln sieht.
„Für einen Moment habe ich befürchtet, Ihr hättet den Verstand verloren!", lässt der freche Dämon ihre Seife zerplatzen. Vor Frust kickt sie ihn fort. Ein Eckschuss.
„Danke, Kai! In meinem Kopf sah ich mich als eine coole Magierin im Kampf."
„War ja klar!"
Die doofe Plüschwatte erweist sich als feige. Sie spottet in ihrem Versteck. Weit kann Kai nicht sein, daher stampft sie Richtung Kommode. Es liegt tatsächlich an Agnar, ihre Albernheit zu unterbrechen. Der Spinnendämon federt sich irre schnell ab und macht einen beeindrucken Sprung, direkt auf die angesteuerte Kommode. Seine Beine heben sich protestartig und aus Reflex hat Skyla im nächsten Moment eine Zeitschrift eingerollt. Bereit, um draufzuhauen. Aber zum Glück erinnert sie sich an die Feuertaufe. Ein Schnauben. Ein Wurf und es trifft genau den Richtigen. Kai bekommt die volle Brandseite der Zeitschrift ins Gesicht geklatscht.
„Hey!"
Sein Ruf erhellt ihre Laune, sodass Skyla den Gast freudig auffordert: „Also gut, wo finde ich unser Ziel?"
„Meine Brüder und Schwestern werden dir den Weg zeigen."
Skyla dreht sich einmal im Kreis und doch sieht sie keine andere Spinne als Agnar. „Und wo sind die Spinnen?"
„Sie warten draußen auf dich."
Gut! Sie sind draußen! Nicht hier in meinem Zimmer! Draußen! Das kann auch ruhig so bleiben.
Schnell möchte Skyla die Sache hinter sich bringen und nicht mehr in die Länge ziehen.
„Gut. Dann mach mich bitte unsichtbar."
„Du bist bereits unsichtbar."
Sie betrachtet sich verwundert. „Ach ja? Davon sehe ich nichts!"
„Dummer Mensch! Blicke in den Spiegel, Skyla!"
Wie groß muss die Verzweiflung sein, dass ihre Beine sie tatsächlich zur Schranktür ihres Kleiderschrankes bringen. Spiegel sind Portale. Mächtige Werkzeuge, die gerne unterschätzt werden. Außerdem befinden sie sich allein mit zwei Dämonen. Skylas Bedenken überwiegen. Daher findet sie nicht den Mut, der Anweisung des Spinnendämons zu folgen. Aus Sorge vor einer List.
„Kai?" Kurz geduldet sich Skyla, bis der Bär aus dem Schatten heraustritt und sie mit großen Augen anvisiert. „Keine List! Du bist mein Schutzgeist und wirst mich im Notfall vor Agnar retten!"
Zuerst legt Kai den Kopf schief, bis seine Augen den Spiegel anvisieren.
„Oh, Ihr fürchtet Euch."
„Sagen wir, ich bin nicht dumm und vertraue dem Wort eines Dämons! Aber auf dich werde ich mich verlassen. Aber auch nur wegen unserem Pakt!"
Mit einem diabolischen Grinsen verbeugt sich das Ungetüm und macht auf edlen Ritter. Daher wendet sich Skyla von ihm ab, um direkt ins Glas zu blicken. Tatsächlich ist ihr Doppelgänger nicht zu sehen. Der Spiegel ist leer. Selbst Kai lässt sich nicht ausmachen. Aber tricksen können Dämonen gut, daher tastet Skyla die kühle Oberfläche entlang.
Das ist wirklich freaky.
„Du kannst Agnar vertrauen", behauptet Kai.
„Ich bin kein Lügner!", brummt Agnar daraufhin.
Aber ein Dämon.
Zögernd tritt Skyla vom Spiegel fern, um sich den Plan zu widmen.
„Also gut, gehen wir voran?"
„Du betrittst den dunklen Keller und fängst an, dich zu fürchten. Ich helfe dir dabei und dann wird sich der Dämon auch schon zeigen. Bitte vermeide es, meine Brüder und Schwestern anzugreifen. Weiche ihnen nur aus, wenn sie sich von der Decke abseilen und nach dir schnappen möchten", bittet Agnar sie höflich.
Skylas Finger fahren unweigerlich hinauf und verhaken sich in ihren Schopf. „Bitte was?"
„Gut, blicke so rein, da läuft einem ja das Wasser im Mund zusammen."
„Mit meinen Fähigkeiten, lass ich die Spinnen wachsen, dass sie ungefähr so groß werden, wie du es bist. Damit wirken sie bedrohlicher auf dich", informiert Kai sie.
„Oh ja, ich wünsche mir ja auch nichts anders!", brummt Skyla.
Irgendwie bereut sie es jetzt schon, zugesagt zu haben.
So leise wie ein Trampel alias Skyla es nur sein kann, folgt sie ihrem Schutzgeist aus dem Zimmer. Kaum die Tür raus und fast bleibt ihr das Herz stehen, denn ihr Vater erhebt sich von der Couch und steuert sie genau an. Mit dem laufenden Plüschbären an ihrer Seite reimt sie sich schon mal eine Ausrede zusammen. Aber zum Glück gibt es Entwarnung. Statt seine Tochter auszumachen, schaut er anscheinend durch sie hindurch. Mit Ignoranz bestraft er sie selbst nach einem Streit nicht, aber nun schenkt er ihr keine weitere Beachtung. Sie tritt ehrfürchtig zur Seite und konzentriert sich auf eine ruhige Atmung. Ein guter Testlauf, um Agnars Fähigkeit auf die Probe zu stellen.
Die Herausforderung wird jedoch die Wohnungstür. Zwar befindet sich am Eingang eine kleine Diele, aber diese ist mit dem Wohnzimmer verbunden. Zum Glück unbeleuchtet, so kann Skyla im Schutz der Dunkelheit verschwinden. Im Schleichmodus schafft sie es unbemerkt in die Diele, doch ein Griff zum Schlüsselbrett und das Geraschel lässt ihre Mutter aufblicken. Die vor Panik geweiteten Augen und das aschbleiche Gesicht machen Skyla misstrauisch. Zuerst fürchtet Skyla aufgeflogen zu sein, aber Kacies Augen wandern schreckhaft umher. Die Couchdecke zieht sie sich enger um ihr Leib und holt einen Rosenkranz hervor. Etwas, das ein Dämon wie Kai nicht ignorieren kann und herausfordernd grinst. Daher donnert Skylas Faust hinab, womit die Kriegsflamme in seinen Augen erlischt.
„Kacie, ich fürchte uns ist der Wein ausgegangen."
Vater Finns Ruf lässt seine Frau aufspringen und im hohen Bogen um die Diele davon schreiten. Eine Gelegenheit, die Skyla nutzt, um schnell zu verduften. Gemeinsam mit ihrem Schutzgeist. Dem Verhalten zu urteilen hat ihre Mutter ebenfalls Kontakt mit der anderen Seite. Anders kann sie sich da Rosenkreuz nicht erklären. Sicherlich betrifft es den Zeitraum, bevor sich ihre Eltern kennen lernten.
Die dunkle Nacht erschwert die Suche nach Agnars Verwandten außerhalb des Hauses. Skyla wandert einige Minuten suchend umher und entdeckt sogar ihren Verfolger. Der schwarzgekleidete Mann sitzt in einem schwarzen Auto und behält die Gegend mit einem Handy am Ohr im Auge. Die dunkle Kapuze verdeckt seine Identität, was Skyla verärgert. Denn sie ist viel zu neugierig, wie ihre Beschatter aussehen.
Kai bemerkt ihren Fund. „Versuche leise zu sein. Sie können dich zwar nicht sehen, aber dafür hören."
In diesem Fall teilt sie seine Meinung und entfernt sich vom schwarzen Wagen, um wenige Meter später vor Schreck zusammenzucken. Der Spinnendämon benutzt sie als Transportmittel und hat sich auf ihrer Schulter breit gemacht. Er blieb bis zu diesem Moment unbemerkt. Nun aber meldet sich seine Ungeduld. Harscht gibt er ihr eine Richtung an und im schwachen Schein der Straßenlaterne wird Skyla fündig. Die Spinnen befinden sich weiter vom Haus entfernt, als sie zuerst annahm. Die vielen Krabbelviecher haben sich an einem benachbarten Müllcontainer ausgebreitet. Im Schutz der Nacht wäre Skyla aufgeschmissen, denn sie sieht die eigene Hand kaum. Wie praktisch, dass Kai zu leuchten beginnt und die Führung übernimmt. Laut ihm könne nur sie sein Leuchten wahrnehmen. Ein alter Dämonentrick zur Jagd. Agnars Familie reagiert auf ihre Ankunft und führt sie in ein kleines Industriegebiet. Gut zwanzig Minuten von ihrem Wohnort entfernt. Ziel ist ein Firmengelände. Es sind zwar keine Nachtwächter zu sehen, aber dafür Kameras. Statt zum Haupteingang des großen mehrstöckigen Hauses biegen die Spinnen in die hinterste Ecke des Geländers ab. Dort, wo sich der Kellereingang befindet.
„Nach diesem Gespräch wirst du wieder sichtbar sein. Ich tauche fürs erste unter. Keine Sorge, die Nachtwächter treffen erst in drei bis vier Stunden ein. Reine Routine und diesen Ort suchen sie immer sehr spät auf. Vorher waren hier keine Nachtwächter, aber die Menschen schicken uns weitere Leckerbissen, wenn hier Leute verschwinden. Wenn du nicht möchtest, dass sich Menschen in unser Vorhaben einmischen, dann beeile dich besser", meldet sich Agnar auf ihrer Schulter.
„Solltest du mit mir zusammenarbeiten, dann stehen Menschen nicht auf deinem Speiseplan", versichert Skyla ihm.
„Was ist mit deinen Feinden? Ich bin sicher, du wirst deine Meinung noch ändern."
Eisern schüttelt Skyla den Kopf, woraufhin die Spinne laut seufzt.
„Nun gut, ich wünsche dir viel Spaß. Verlaufe dich ruhig. Und denk dran: je mehr du verzweifelst, umso besser."
Damit wäre alles für Agnar gesagt. Ein Sprung und er taucht unter seinesgleichen unter. Unter einem Türspalt hindurch kriechen die Spinnen fort. Fort in unbekanntes Terrain. Zurück bleibt eine beklemmende Stille. Das Herz klopft Skyla bis zur Hals, als sie sich der schweren Metalltür nähert. Mit Beulen versehen und dem vielen Rost auf dem Lack unterstreicht diese die schaurige Atmosphäre. Quietschend springt diese von Dämonenhand auf. Ganz langsam, um eine unendliche Schwärze zu präsentieren. Der Bauch einer hungrigen Bestie.
Ein Räuspern und Skyla blickt in Kais teuflische Fratze. Der Bär lächelt böse, denn er leuchtet auf eine Taschenlampe, die hinter der Tür auf dem Präsentierteller liegt. Auf kalten Betonboden. Es meldet sich schlagartig ein Déjà-vu. Das Unheil aus der Tiefgarage. Wie zur Salzsäule erstarrt verharrt Skyla an Ort und Stelle, woraufhin sich Kai ins Innere wagt, um ihr die Leuchthilfe aufzuheben. Ein Wurf, den sie getrost ignorieren will, aber das Ding kommt ihr gefährlich entgegengeflogen. Nicht in der Lage mit ihren klammen Fingern den Fang zu bewältigen, aktiviert sich ihre Fähigkeit. In ihrem Magnetfeld beginnt die Lampe zu schweben und umkreist sie wie der Mond die Erde. Kai hebt übertrieben den Daumen, während er sich leise ins Fäustchen lacht. Dämon halt! Ihre Angst bleibt ihm nicht verborgen und seine wahre Natur bricht durch. Dabei triggert alles an dem Ort ihr Trauma aus der Tiefgarage. Das Atmen fällt schwer und ihre Welt beginnt sich zu drehen. Ferne Geräusche dringen lauter an ihr Ohr. Die Autos auf der Straße, eine Fahrradklingel und die nachtaktiven Fledermäuse – alles verschmilzt miteinander zu einem Orchester des Grauens.
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