4. Das Zeug zum Magischen Ritter
Es war witzig in der Männerrunde. Wir saßen an einem großen, runden Tisch, der an manchen Stellen schon etwas kaputt war. Einige Flecken, die wohl nicht mehr herausgingen, selbst mit Magie, gaben ihm einen alten Look, der zu der zeitlichen Stimmung passte. Die Männer erzählten abwechseln von ihrem Abenteuer, die sie erlebt hatten, während sie immer wieder aus ihren Krügen tranken. Das Kartenspiel war dabei fast schon nebensächlich geworden, viel zu sehr waren wir alle in die Worte der Person vertieft, die gerade am Sprechen war.
Mit mir und Makani zusammen saßen fünf weitere Personen am Tisch. Alles stattliche Männer, von denen die Hälfte ihre besten Tage schon erlebt hatten. Ich war mit Abstand die Jüngste am Tisch aber auch der Windmagier war im Gegensatz zu den anderen noch ein junges Küken, aber das störte hier niemanden.
Der rechte Platz neben mir war noch frei, derjenige, der dort gesessen hatte, war schon vor einer Weile gegangen. Auch wenn hier wohl einige allein hergekommen waren, kam niemand mit in die Runde. Ob sich niemand traute, sich neben sich zu setzten? Irgendwie war die Vorstellung schon witzig, aber ich tat weiterhin einfach so, als würde es mir gar nicht auffallen. Wie auch? Schließlich war ich viel zu sehr von den interessanten Geschichten der Männer abgelenkt.
Es war aber auch faszinierend was sie alle so in ihrem Leben erlebt hatten. Jeder erzählte etwas, so auch ich. Nur war ich bei meinen Geschichten darauf bedacht nicht zu erwähnen, dass ich einem Magischen Ritterorden angehören. Das ging einfach niemanden etwas an, schließlich war ich als ganz normales Mädchen hier. Da Makani seine Uniform trug, war es jedoch offensichtlich, was sein Beruf war. Deshalb ließ er es sich auch nicht nehmen stolz von seinen Missionen zu erzählen. Er ging nie genau ins Detail aber es reichte, um die Kerle zum Staunen zu bringen, schließlich hatten sie nie die Möglichkeit gehabt einem Orden beizutreten.
Die Zeit verging in denen immer mehr Kruge geleert wurden und auch immer mehr der Gäste die Kneipe verließen. Nur unsere kleine Gruppe blieb erhalten. Lachend. Herumalbernd, als würden wir uns schon seit Ewigkeiten kennen obwohl ich noch weit davon entfernt war eine Ewigkeit gelebt zu haben. Graue Strähnen in den Haaren der Männer verraten sie. Bei mir würde das noch eine Weile dauern. Mir graust es schon vor dem Tag, an dem ich mein erstes graues Haar entdecken würde.
Mittlerweile hatte die Dunkelheit die letzten Sonnenstrahlen aus den Straßen vertrieben. Die Nacht war angebrochen, wenn es auch noch nicht so unglaublich spät war. Trotzdem werde ich mich wohl auf den Weg zurück machen. Makani hatte dieselbe Idee, da er ebenfalls Andeutung zum Gehen machte. Wie es aussah, würde die Truppe aber auch nicht mehr lange machen.
Tatsächlich war ich etwas überrumpelt, als uns angeboten wurde die Getränke zu bezahlen. Das Schlussendlich der Windmagier, der mich doch eigentlich zu hassen schien, meine zwei Bier bezahlte, brachte mich noch mehr aus dem Konzept. So sehr, dass ich ihn nur mit leicht geöffnetem Mund ansehen konnte. Ein leises "Dankeschön" konnte ich noch hervorbringen, was Makani nur mit einem Lächeln abtat. Nachdem wir uns von dem Haufen Männer verabschiedetet hatten, verließen wir das Gebäude, zusammen. Fast so wie im Dungeon, aber nur fast. Die Stimmung war wesentlich entspannter, als wäre der Groll, den der Ältere offensichtlich mir gegenüber empfunden hatte, verschwunden. Vom Winde verweht, wie ein Blatt davon getragen, das es nie wieder erscheinen wird. "Ich begleite dich noch zu deinem Hauptquartier", bestimmte der Größere einfach. Ich beschwerte mich nicht, warum auch? So wie Makani die letzten Stunden drauf war, konnte der Rückweg sogar ganz angenehm werden.
Die Stille war wohltuend. Wir waren wohl beide etwas in Gedanken versunken. Das änderte sich jedoch schlagartig. Ein Schrei erhaschte meine volle Aufmerksamkeit. Ein kurzer Blickwechsel und wir jagten ihm hinterher. Wo mussten wir hin? Noch einmal wurde aufgeschrien, weshalb wir unseren Weg in eine kleine Seitenstraße fortsetzten konnten. Eilig näherten wir uns dem Geschehen.
Eine Frau mittleren Alters und ein kleiner Junge, um die fünf Jahre alt, wurden von drei maskierten Gestalten bedroht. Ich konnte deutlich an der Haltung des Größeren erkennen, dass er eigentlich sofort eingreifen wollte. Jemand kam uns aber zuvor. "Hey", hatte eine auffordernde aber auch wirklich unsichere Stimme gerufen. Nur wenig später tauchte ein junges Mädchen auf. Mit den kurzen braunen Haaren, die sie sich einmal hastig aus den Augen gewischt hatte, und der zierlichen Figur wirkte sie alles andere als bedrohlich. Schützend hatte sie sich vor die beiden Opfer und die Angreifer gestellt. Alleine an ihrer Haltung konnte man erkennen, dass sie verängstigt war. Ihre Hände zitterten ein wenig, aber dennoch hatte sie dieses Funkeln in ihren hellen Augen. Das Kind hatte Kampfgeist, war fest entschlossen die beiden Menschen zu beschützen, da sie ihre Hilfe brauchten.
Das bewunderte ich, wirklich. So sah ein wahrer magischer Ritter aus. Die drei Maskierten begannen jedoch nur das Mädchen auszulachen, das verstummte jedoch, als sie ihr Grimoire zückte. Es glühte hellblau, fast weiß, als die Seiten von allein die richtige Stelle suchten. Lange konnte sie ihr Zauberbuch noch nicht haben, so unbeholfen wie sie den Zauber aussprach. Also war sie vermutlich 15 Jahre alt, vielleicht auch 16 Jahre. Auch wenn der Angriff schwach war, hatte er die Drei etwas außer Konzept gebracht. Zwar nicht lange, aber es reichte wohl, um dem braunhaarigen Mädchen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.
Dieses erlosch jedoch, als die Männer nun deutlich aggressiver wurden. Wütend schnaubten sie ehe auch ihre Bücher neben ihnen zum Vorschein kamen. "Na warte, du kleines Miststück" brummte einer der Maskierten. Das war wohl nun das Zeichen, um einzugreifen. Der Windmagier und ich hatten wohl denselben Gedanken. Seine Finger hatten sich um den Griff seines Schwertes gelegt, jeder Zeit bereit, um zuzuschlagen. "Hey. Lasst sie gefälligst in Ruhe", rief ich in die Runde. Im Gegensatz zum jüngeren Mädchen, war meine Stimme fest und stolz, entschlossen und überzeugt davon, die Grobiane in ihre Schranken zu weisen.
Mit langsamen Schritten näherte ich mich, auch Makani verließ allmählich den Schutz der Schatten. Im Augenwinkel konnte ich deutlich sehen, wie auch sein Grimoire zu glühen begann. Da ich vor dem Windmagier lief, war auch mein Gesicht das erste was sie sahen. Das brachte die widerlichen Gestalten aber nur wieder zum Lachen. Nahmen sie mich etwa nicht ernst? Hielten sie mich für schwach? Allein nur daran zu denken, brachte mein Blut in Wallungen. Ich konnte es nicht leiden schwach genannt zu werden. Ich verabscheute es sogar, denn es stimmte nicht. Ich war nicht schwach und da würde ich diesem Großmaul schon beweisen.
"Uh. Ein Magischer Ritter. Das wird ein lustiger Kampf werden. Und du Mädchen, verschwinde bevor es dir noch leidtun wird", seine letzten Worte hatte er an mich gerichtet. "Du auch. Verschwinde, bevor ich dir weh tue" diesmal hatte er mit der braunhaarigen Blitzmagierin gesprochen, die auch erschrocken zurückwich, sich aber dann zu besinnen schien und wieder einen Schritt nach vorne machte. Daraufhin schüttelte der vermeintliche Anführer seinen Kopf, murmelte etwas von "Dummes Gör" und blickte wieder zu Makani und mir.
Auf meinen Lippen hatte sich schon ein überhebliches Grinsen gebildet. "Ja. Du hast Recht. Das wird ein spaßiger Kampf werden. Ich übernehme das Großmaul, du den Linken und du den Rechten", zuerst hatte ich mit dem Windmagier gesprochen, der zwar kurz etwas grummelte, aber dann nickte. Das Mädchen würde den anderen übernehmen. Kräftig hatte sie genickt, als meine Aufmerksamkeit auf ihrem Gesicht lag. Vermutlich war es nicht gerade schlau, ein Kind kämpfen zu lassen aber die Maskierten waren nicht besonders stark, sie würde das sicherlich schaffen, da war ich mir sicher.
Durch ein lautes, metallisches Zischen wurde die Luft durchschnitten und so die Feinde voneinander getrennt. Perfekt. So hatte ich mehr Platz zum Kämpfen. "Ich will lieber gegen den magischen Ritter kämpfen. Was willst du mir schon entgegen setzten?", keifte der Halunke mich an, während sein Grimoire zur richtigen Seite blätterte. Die glühende rote Farbe und die Muster auf der Vorderseite deuteten stark auf einen Feuermagier hin. Dieses Attribut war meines Empfindens nach weit verbreitet im Königreich. Unter den Magischen Rittern gab es es einige mit dieser Magie. "Feuermagie: Kleine Feuerbälle", damit hatte sich meine Vermutung auch bestätigt.
Es brachte mich nur zum Lachen. Er wird schon sehen, was ich ihm entgegen setzten konnte. "Ich brauch nicht mal mein Grimoire, um dich fertig zu machen", provozierte ich arrogant kurz nachdem seine Magie von Wasser aufgehalten wurde. Wassermagie war doch am sinnvollsten gegen seine. Gleichzeitig musste ich aber auch seufzen. Er war schwach und dann spukte er solche Töne? Das Mädchen war noch jung, würde sie ordentlich trainieren würde sie die drei Männer mit Leichtigkeit besiegen. "Ich habe mich getäuscht. Der Kampf wird nicht lustig, sondern öde. Jetzt bin ich dran, machen wir dem Trauerspiel ein Ende.", auch wenn meine Behauptung stimmte, dass ich ihn auch ohne mein Zauberbuch hätte besiegen können, schwebte meines nun neben mir. "Elemtarerschaffungsmagie: Wasserpeitsche", kamen die Worte flüsternd über meine Lippen, ehe sich eine lange Wasserschlange bildete. Das eine Ende wickelte sich um meine rechte Hand, während das andere Ende schon auf den Feind zu raste.
Er konnte gar nicht so schnell reagiere da wurde er schon von meiner Magie getroffen und nach hinten geschleudert. Zu seinem Pech hatte er einen ziemlichen Rechtsdrall, weshalb er unsanft gegen die Wand donnere und schmerzhaft stöhnend liegen blieb. Mit dem Schließen des Buches, verschwand auch die Peitsche in meiner Hand. Schmunzelnd konnte ich feststellen, dass auch Makani mit seinem Kampf erfolgreich war. Ich machte mir jedoch nicht die Mühe den Schlappschwanz zu fesseln. Das wäre Verschwendung von Ressourcen. Da ich keine Fesslungsmagie beherrschte, mussten dann immer andere Gegenstände dafür herhalten und für den musste man die wirklich nicht benutzen. So schnell geht der nirgendswo hin.
Das fremde Mädchen hatte es auch geschafft den Maskierten zu besiegen. Sie war außer Puste, hatte aber dieses Strahlen im Gesicht, das mich zum Lächeln brachte. "Gut gemacht" lobte ich sie auch sogleich, als ich bei ihr angekommen war. Ihre Wangen färbten sich leicht rötlich, dass verstärkte sich auch noch einmal nachdem auch Makani sein Lob ausgesprochen hatte. "Wenn du dich nächstes Jahr als Magischer Ritter bewirbst, wäre es mir eine Ehre dich wieder zu sehen", hatte der Windmagier noch grinsend gesagt, ehe er auf die beiden Opfer zu lief. "Du hast wirklich das Zeug zum Magischen Ritter. Nimm das als Ziel und verlier es bloß nicht aus den Augen" grinste ich sie an, was ihre Augen kurz aufleuchten ließen.
"Gehörst du auch einen der Orden an?" fragte die Braunhaarige dann leise. Ich trug meine Uniform nicht, eine berechtigte Frage. "Ja. Der Goldenen Morgendämmerung aber psst", zwinkerte ich schmunzelnd, als sie mich mit weit geöffnetem Mund ansah. Der Ältere schien fertig zu sein, da die Frau und der kleine Junge davonliefen. "Denk dran. Wir sehen uns nächstes Jahr bei der Aufnahmeprüfung" erinnerte ich sie noch einmal, ehe ich mit Makani ebenfalls die kleine Straße verließ. Da war schon in der Nähe des Stadtausganges waren, dauerte es nicht lange bis wir in der Natur standen. Augenblicke später war der Windmagier schon hinter einem Baum verschwunden, um seinem Mageninhalt auf den Boden zu verteilen. Das brachte mich zum Lachen. Er hatte wohl doch etwas zu viel getrunken.
Als er dann wieder zu mir trat, sah er zufrieden aus. Diese Erleichterung hatte er wohl gebraucht. "Trennen sich hier unsere Wege oder willst du mich noch begleiten?" fragte ich ihn lachend. "Ein Magischer Ritter hält sein Wort" antwortete er nur lächelnd, ehe wir unsere Beine wieder in Bewegung setzten. Nachts draußen zu sein, war einfach das Schönste. Ruhig. Friedlich.
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass wieder Stille zwischen uns herrschte aber der Windmagier hatte andere Pläne. "Der Abend war wirklich schön" meinte er plötzlich, was mich etwas stutzig machte aber gleichzeitig auch zum Lächeln brachte. Da hatte er nicht unrecht. Ehe ich jedoch etwas erwidern konnte, sprach er weiter. "Bevor ich dich morgen wieder angiften werde, wollte ich nur sagen, dass es mir leidtut. Ich...", hier stoppte seine Rede erstmal. Er schien aber noch nicht fertig zu sein, eher dachte er über etwas nach. Angestrengt zog er die Stirn kraus, was ich auch nur von der Seite begutachten konnte. "Ich mag dich. Du bist anders als die anderen" brachte er schließlich hervor. Dabei sah er mich zwar nicht an, es reichte aber, um mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Süß.
"Freut mich zu hören. Ich mag dich auch" schmunzelte ich, im Gegensatz zu Makani, ohne irgendwelche Probleme. Die restliche Zeit schwiegen wir jedoch wieder. Der Nachthimmel war klar, weshalb auch die Sterne leuchteten. Wunderschön. Viel zu schnell konnte ich die Mauern meines Hauptquartiers erblicken. Viel lieber wäre ich noch weiter in der Dunkelheit gewandtert, zusammen mit Makanai. Schließlich hatten wir die Tore erreicht. "War wirklich schön. Wir sehen uns", mit den Worten und einem fröhlichen Lächeln trennten sich unsere Wege, fürs erste. Sofort lief ich in mein Zimmer, wo mich ein Brief erwartete. Eine Einladung zur Ordensverleihung. Sie war morgen. Dann sollte ich wohl schleunigst zu Bett gehen. Ob der Windmagier auch eine erhalten hatte?
Weiter darüber nachdenken tat ich jedoch nicht. Schnell wusch ich grob meinen Körper und schlüpfte dann in meine Schlafsachen. Ich schlief schnell ein, war auch ein ereignisreicher Tag.
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