In der Nacht kann ich kaum schlafen.
Wenn doch, träume ich von Nayjuan, seinen silbernen Augen, seiner unfassbaren Schönheit...
Seinen Lippen auf meinen.

Doch die meiste Zeit hält mich die Sorge um ihn wach.
Der Wind pfeift nur so um unser Haus und der Regen prasselt zusammen mit dem Hagel gegen die Fensterscheibe.

Ich habe mich nach einem halbstündigen Schlaf ans Fenster, das in Richtung Wald zeigt, gesetzt.
Nun schaue ich den Blitzen zu und frage mich, was Nayjuan macht.
Schlafen tut er bei dem Wetter bestimmt nicht.

Ob es ihm gut geht?
Was, wenn er von einem Baum erschlagen wurde und nun verletzt irgendwo liegt?

Mein sorgenvoller Blick ist starr auf den Wald gerichtet.

Gestern Abend hatte ich bestimmt fünf Mal bereits mein Handy in der Hand um Mila einfach anzurufen und ihr alles zu erzählen, aber ich habe mich jedes einzelne Mal dagegen entschieden.

Die Bäume biegen sich unter der Kraft des Windes und plötzlich ist ein Krachen zu hören, als einer der Bäume nahe unseres Hauses von einem Blitz in zwei Teile gespalten wird.

Am liebsten würde ich in den Wald rennen und Nayjuan mit hierher nehmen - ihn in Sicherheit bringen.
Aber das kann ich bei dem Wetter nicht, es sei denn, ich will mein eigenes Leben riskieren.

So sitze ich nur untätig herum und sehe nicht wenigen Bäumen beim Umstürzen zu.
Vorhin, zu Beginn des Sturms, habe ich meine Eltern sämtlichen sich draußen befindenden Hausrat nach drinnen räumen hören.

Meine Eltern.

Ich habe versucht, ihnen aus dem Weg zu gehen, doch natürlich konnten sie mich doch irgendwie abfangen und sich nach Nayjuan erkundigen.
Natürlich ist mir klar, dass sie gerne wissen würden, mit wem ihre Tochter da rumknutscht, aber ich weiß ja selbst so gut wie nichts über ihn.

Meine Eltern denken jetzt, dass er Nayjuan heißt - was stimmt und sie mir erst nicht glauben wollten, sein Name ist wirklich außergewöhnlich - und in meiner Jahrgangsstufe auf meiner Schule ist - was gelogen ist und sie sofort geglaubt haben.

Viel mehr habe ich ihnen nicht erzählt.
Ich denke ohnehin nicht, dass er so bald wieder meinen Eltern unter die Augen treten wird.
Es scheint, als wäre die Situation, in der sich Nayjuan bei mir zu Hause befindet, eine einmalige gewesen.

Ich weiß nicht genau, warum, aber mir würde es gefallen, wenn er öfter vorbei käme.
Auch wenn er deutlich gemacht hat, dass er mir nichts erklären wird - nicht, warum er sich in einen Wolf verwandeln kann und auch sein Verhalten mir gegenüber nicht - kann und will ich doch nicht auf seine Gegenwart verzichten.

Und vielleicht kriege ich Nayjuan ja irgendwann doch noch dazu, mir alles zu erklären.